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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 04.12.2001
Aktenzeichen: 2 U 71/00
Rechtsgebiete: NatPUOG, BbgNatSchG, THG, ZPO


Vorschriften:

NatPUOG § 7 Abs. 2 Nr. 8
NatPUOG § 12
NatPUOG § 17
BbgNatSchG § 71 Abs. 2 Satz 2
BbgNatSchG § 71 Absätze 1 u. 2
BbgNatSchG § 71
THG § 11 Abs. 1
THG § 11 Abs. 2
THG § 19-21
ZPO § 91
ZPO § 97 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 108
ZPO § 546 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

2 U 71/00 Brandenburgisches Oberlandesgericht

verkündet am 4. Dezember 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2001 durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Farke, die Richterin am Oberlandesgericht Rohrbach-Rödding und den Richter am Oberlandesgericht Clavée

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird unter Abänderung des am 23. August 2000 verkündeten Grundurteils des Landgerichts Potsdam - 4 O 697/98 - die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung des beklagten Landes durch Sicherheitsleistung in Höhe von 19.000,00 DM abwenden, wenn nicht das beklagte Land zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheiten können auch durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts erbracht werden.

Beschwer der Klägerin: 275.451,00 DM

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt Karpfenzucht in Teichanlagen, die sich in Gebieten befinden, welche unter Naturschutz gestellt wurden. Für im Jahr 1997 erlittene Vermögensschäden aufgrund Fischfraßes durch Kormorane begehrt die Klägerin vom beklagten Land Entschädigung.

Die Klägerin unterhält die Teichwirtschaft "B", wozu die Außenstellen "S" und "Bi" gehören. Die Teiche haben eine Fläche von insgesamt ca. 220 ha. Sie grenzen an den Naturraum des O tales. Wegen der geographischen Lage der Teiche im einzelnen wird auf die Auszüge der topographischen Karte (Bl. 23 - 25 Gerichtsakte) Bezug genommen. In der Nachbarschaft der Teiche der Klägerin liegen natürliche Gewässer. Die nächste künstliche Fischteichanlage liegt etwa 50 km entfernt. Jenseits der Grenze des Bundesgebietes in Polen wird ebenfalls Fischzucht betrieben, teils in offenen Teichen, teils in Käfighaltung.

Jedenfalls seit den sechziger Jahren wird in den genannten Teichen Fischereiwirtschaft betrieben, und zwar während des Bestehens der DDR von dem VEB Binnenfischerei F mit Sitz in J. Wie aufgrund Vertrags im Berufungsverfahren unstreitig ist, wurde der VEB nach der Wiedervereinigung aufgrund des Treuhandgesetzes zunächst in die S gesellschaft im Aufbau umgewandelt. In Abstimmung mit der Treuhandanstalt wurde durch Umwandlungserklärung vom 13.06.1991 der Betrieb als J GmbH weitergeführt. Auf die notarielle Urkunde des Notars St in F vom 13. Juni 1991 (UR ) wird Bezug genommen (Bl. 496 - 500 Gerichtsakten). Sodann wurde die Privatisierung der einzelnen Betriebsteile des ehemaligen VEB betrieben. Am 28.09.1992 wurde die Auflösung der J GmbH beschlossen und am 31. Dezember 1992 die Liquidierung im Handelsregister eingetragen. Die Abwicklung zog sich bis Ende des Jahres 2000 hin. In Zusammenarbeit mit der Treuhandanstalt entschlossen sich die Leiter der früheren Betriebsteile W J B und F, ihre bisherigen Betriebsteile in eine neu zu gründende GmbH einzubringen und die Fischereiwirtschaft fortzuführen. Mit Gesellschaftsvertrag vom 19.11.1992 wurde zu diesem Zweck eine GmbH mit der Firma "F GmbH" gegründet. Auf den notariellen Gesellschaftsvertrag vor der Notarin F in F vom 24.11.1992 (UR-Nr.), wird verwiesen (Bl. 417 ff. Gerichtsakten). Die Firma wurde am 04.05.1993 in "JO GmbH" umgeändert.

Das Grundeigentum an den Teichgebieten, das auf die J GmbH übergegangen war, veräußerte diese teilweise an den Landkreis A, der die Flächen mit Vertrag vom 06.11./16.12.1992 an die J GmbH verpachtete. Auf den Vertragsinhalt wird Bezug genommen (Bl. 503 - 531 Gerichtsakte). Das Eigentum an den Teichgebieten "S" und "Bi" übertrug der Landkreis A später auf die A mbH, welche die Fischteiche an die Klägerin verpachtete. Auf den "Ergänzungsvertrag" vom 28.03.1994 (Bl. 532 Gerichtsakte) wird Bezug genommen. Die Teichgebiete "B" verkaufte der Landkreis A an den N bund e. V. () der wiederum durch "Ergänzungsvertrag" vom 21.04./ 11.05.1994 (Bl. 533 Gerichtsakte) die Grundstücke an die Klägerin verpachtete. Mit Betriebsteilkaufvertrag vom 31.05.1995 kaufte die Klägerin mit Zustimmung der BvS von der J GmbH i. L. bis dahin nicht privatisierte Teile der Teichwirtschaften G, W und J. Auf den notariellen Vertrag vom 31. Mai 1995, Urkundenrolle-Nr. der Notarin F in F (Bl. 534 ff. Gerichtsakte) wird Bezug genommen. Die mit diesem Vertrag angekauften Flächen waren zuvor mit Vertrag vom 26.11.1992 (Bl. 565 - 568 Gerichtsakten) an die Klägerin verpachtet worden.

Jedenfalls bis 1997 zog die Klägerin Karpfen getrennt nach einzelnen Altersklassen auf. Dabei wuchsen im ersten Zuchtjahr die Karpfen (K 1) auf ein Gewicht von ca. 30 g heran, im zweiten Zuchtjahr (K 2) auf ca. 300 g, im dritten Zuchtjahr (K 3) auf ca. 1.500 g. K 3 ist der sogenannte Speisekarpfen. Bezüglich der eingesetzten und abgefischten Fische erstellte die Klägerin jährlich Besatzpläne.

Am 12.09.1990 erließ der Ministerrat der DDR die "Verordnung über die Festsetzung von Naturschutzgebieten und einem Landschaftsschutzgebiet von zentraler Bedeutung mit der Gesamtbezeichnung Biosphärenreservat S" (GBl 1990 I, S. 1979 ff.). Die Fischteiche "B" gehören zu diesem Naturschutzgebiet und liegen innerhalb der Schutzzone II. Gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 25 der genannten Verordnung werden die Fischteiche "E" als Naturschutzgebiet ausgewiesen "zur Erhaltung und Wiederherstellung von Lebensräumen bedrohter Tier- und Pflanzenarten, insbesondere auch als Nahrungs- und Rastgebiet bedrohter Wasservögel". Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung ist es in Schutzzone II u. a. verboten, "wildlebende Tiere zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Entwicklungsform, Nist- und Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören". Gemäß § 8 der Verordnung kann von den Verboten des § 6 im Einzelfall auf Antrag Befreiung gewährt werden.

Am 06.03.1992 erließ das beklagte Land die "Verordnung zur einstweiligen Sicherung des Gebietes "U O tal" als zukünftiger Nationalpark" (GVBl 1992 II, S. 142 ff.). Innerhalb des Gebietes der Schutzzone II liegen die von der Klägerin bewirtschafteten Teiche "S", In § 5 Abs. 1 werden alle Handlungen untersagt, die zu einer nachteiligen Veränderung, Beschädigung oder Zerstörung des Schutzgebietes führen können; in § 5 Abs. 3 Ziff. 3 wird insbesondere die Jagd auf Wasservögel verboten. § 7 enthält die Möglichkeit, auf Antrag eine Befreiung zu gewähren. Am 28.06.1995 erließ der Landtag das "Gesetz zur Errichtung eines Nationalparkes U O tal" - im folgenden NatPUOG - (GVBl 1995 I, S. 114 ff.). Die Teichwirtschaft "S" liegt wiederum in Schutzzone II. In § 7 Abs. 2 Nr. 8 NatPUOG ist das Verbot des Jagens, Tötens und Störens von Tieren enthalten. Nach § 12 NatPUOG ist die traditionelle Teichwirtschaft in vorhandenen Teichen weiter gestattet.

In den Gebieten der von der Klägerin bewirtschafteten Teiche hielten sich bereits in den Jahren vor der Wende Kormorane auf. Mit staatlicher Erlaubnis wurden bis 1990 jährlich bis zu 150 Kormorane getötet. Kormoranbrutbestände im Bereich U 0, Landkreis U, gab es in den Jahren 1989 - 1991 nicht. Nach 1991 wurden die Teichgebiete der Klägerin zunehmend von Kormoranen aufgesucht. Ab 1992 siedelten sich Brutbestände im Bereich U O an, nämlich zunächst 70 Paare. 1993 sank der Bestand auf 20 Paare, um dann stetig anzusteigen, und zwar bis auf 370 in 1997 und 802 im Jahr 1999. (Im übrigen wird auf die Datenerhebung des Landesumweltamtes, Bl. 106 Gerichtsakten, verwiesen).

Im Rahmen von Vertragsnaturschutzmaßnahmen ließ die Klägerin bereits 1995 zwei Teiche, in denen sie Karpfen des ersten Aufzuchtjahres hielt, total überspannen, um Kormorane abzuwehren. Aus technischen Gründen kann eine Totalüberspannung nur bis zu einer Maximalfläche von 1 ha erfolgen. Außerdem ließ die Klägerin 1997 Teiche von insgesamt 12 ha Größe teilweise überspannen. Bereits im Jahr 1994 hatte die Klägerin versuchsweise vier Feldhüter zur Vertreibung von Kormoranen eingesetzt, welche 14 ha Teichfläche zu betreuen hatten. In acht Monaten fielen Lohnkosten von insgesamt 65.440,00 DM an.

Am 08.08.1997 beantragte die Klägerin beim Landesumweltamt des Beklagten eine Genehmigung zum Abschuß von Kormoranen in der Teichwirtschaft "B". Mit Schreiben vom 06.10.1997 teilte der Beklagte mit, am 21.10.1997 finde eine Beratung zur Frage der Befreiungsgenehmigung statt. Am 10.11.1997, als die Klägerin ihre Teiche bereits nach Saisonende abgefischt hatte, war über den Antrag noch nicht entschieden. Die Klägerin nahm daraufhin ihren Antrag zurück. Einen erneuten Antrag auf Abschußgenehmigung vom 14.01.1998 wies der Beklagte mit Bescheid vom 09.03.1998 zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf dessen Begründung, Bl. 75 ff. Gerichtsakten, Bezug genommen.

Für Schäden in der Teichwirtschaft aufgrund Kormoranfraßes leistete das beklagte Land aufgrund einer vorläufigen "Richtlinie über die Gewährung einer Zuwendung zur Minderung von außergewöhnlichen wirtschaftlichen Belastungen infolge von Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen und in der Fischereiwirtschaft, die durch geschützte und wandernde Tierarten verursacht werden" in den Jahren 1993 - 1996 an die Klägerin Zahlungen zwischen rund 18.900,00 und 206.500,00 DM. Wegen des Inhalt der Richtlinie wird auf Bl. 569 - 573 Gerichtsakte Bezug genommen. Die Richtlinie trat am 30.01.1997 außer Kraft. Unter dem 04.11.1997 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten Zahlungen zum Ausgleich von Ertragsverlusten durch Kormoranfraß für 1997, und zwar betreffend die Fischteiche "S" in Höhe von 101.003,00 DM und betreffend die Fischteiche "B" in Höhe von 174.448,00 DM. Das beklagte Land wies den Antrag zurück. Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin einen Entschädigungsanspruch in Höhe von insgesamt 275.451,00 DM weiter.

Die Klägerin hat behauptet, es seien im Jahre 1997 an ihren Teichen große Mengen Kormorane eingefallen und hätten ihren Nahrungsbedarf, der bei täglich bis zu 500 g Fisch liegt, an diesen Karpfen gedeckt. Stichprobenweise Zählungen des Bundesnaturschutzes an 13 Tagen des Jahres 1997 zwischen dem 21. April und dem 7. Oktober hätten mindestens 1.514 Kormorane an den Teichen der Klägerin ergeben. Neben Schäden durch den Fischfraß seien an den überlebenden Tieren Verletzungen durch Schnabelhiebe sowie Streßerscheinungen aufgrund der Bejagung aufgetreten. Dies habe sich negativ in der Wachstumsentwicklung der überlebenden Tiere ausgewirkt. Die Klägerin hat weiter behauptet, sie habe sämtliche zumutbaren und erlaubten Abwehrmaßnahmen versucht. Diese hätten jedoch keinen nachhaltigen Effekt gehabt, allerdings mit Ausnahme der Totalüberspannung von Teichen. Insbesondere hätten sich Teilüberspannungen und Ablenkteiche aufgrund der Anpassungsfähigkeit der Kormorane als wirkungslos erwiesen.

Die Klägerin hat weiter behauptet, seit der Unterschutzstellung der Teichgebiete und der umliegenden Flächen seien Kormorane in großer Zahl in ihr Gebiet gelockt worden. Sie fänden dort wegen des umfassenden Schutzes ideale Rast- und Ruheplätze. Da der Kormoran - unstreitig - seinen Nahrungsbedarf nahezu ausschließlich in künstlichen Gewässern decke, seien ihre Teiche ideale Nahrungsquellen für die Vögel. Seit der Unterschutzstellung der Gebiete gehe der Fischzuwachs (= Abfischgewicht ./. Einsatzgewicht) kontinuierlich zurück. Dieser Rückgang korrespondiere mit dem Zuwachs der Kormoranbrutbestände. Die Klägerin sei durch den Kormoranfraß in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. Dies ergebe sich auch aus dem Gutachten des Sachverständigen, welches im Mai 1999 durch das beklagte Land eingeholt worden sei (wegen der Einzelheiten dieses Gutachtens wird Bl. 200 - 214 Gerichtsakte Bezug genommen).

Die Klägerin hat zur Schadensberechnung weiter behauptet, in den Teichwirtschaften im Norden Deutschlands sei ein Normverlust in Fischteichwirtschaften von 10 % bei Speisekarpfen und von 30 bis 35 % bei Karpfen des zweiten Zuchtjahres anzusetzen. Schäden aufgrund dieses Normverlustes mache sie nicht geltend. Wegen der Berechnung der Schäden im einzelnen wird auf den Inhalt der Klageschrift sowie des Schriftsatzes der Klägerin vom 27.07.1999, jeweils mit Anlagen, Bezug genommen (Bl. 2, 3, 11, 12, 80 - 85 Gerichtsakte).

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, aufgrund der Naturschutzunterstellung der Teichgebiete und insbesondere der Verbote betreffend die Vergrämung von Kormoranen werde sie in ihrem Gewerbebetrieb in einem Ausmaß eingeschränkt, welches weit über die Sozialbindung des Eigentums hinausgehe. Das beklagte Land schulde ihr dafür eine angemessene Entschädigung.

Die Klägerin hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an sie 275.451,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 17.10.1998 zuzahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat zunächst die Ansicht vertreten, es stehe allein in seinem Ermessen, ob im Hinblick auf die aktuelle Haushaltslage Entschädigungen gewährt würden. Weiter hat es behauptet, die vermehrte Ansiedlung des Kormorans im Umfeld der Teiche der Klägerin sei nicht die Folge der Naturschutzunterstellung im Land B sondern Folge des vorhandenen erhöhten Nahrungspotentials. Teichanlagen, wie sie die Klägerin betreibe, übten geradezu eine Sogwirkung auf fischfressende Vögel aus. Der Teichwirt setze deshalb mit seiner Bewirtschaftungsweise selbst die Bedingungen für seine Verluste, indem er naturfern und ungeschützt in der freien Natur produziere. Ursächlich für die starke Kormoranvermehrung sei ferner die Unterschutzstellung des Kormorans durch die EG-Vogelschutzrichtlinie. Nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa vermehre sich der Kormoran sprunghaft.

Außerdem hat das beklagte Land die Ansicht vertreten, die von der Klägerin gewählte Berechnungsmethode der im übrigen bestrittenen Schäden sei unzulässig. Es müsse anstelle einer Schadensberechnung aufgrund betriebswirtschaftlicher Daten eine solche aufgrund ornithologischer Daten erfolgen. Weiter hat das beklagte Land behauptet, die von der Klägerin geltend gemachten Schäden beruhten im wesentlichen nicht auf Fischfraß, sondern auf der Umstellung des klägerischen Betriebes auf eine nachhaltige Produktionsweise in den Jahren nach der Wende. Dies zeige schon der Umstand, daß der von der Klägerin vorgebrachte Schaden sich seit 1993 nicht in Korrespondenz zu den steigenden Kormoranzahlen erhöht habe. Außerdem betrügen die Normausfälle in der Produktion von K 2-Fischen bei der Klägerin 50 %, in der K 3-Produktion mehr als 10 %. Die Verluste der Klägerin müßten auf andere Ursachen, wie Fischkrankheiten, Umweltprobleme oder Nahrungsmangel zurückgeführt werden. Schließlich habe die Klägerin die ihr zumutbare Eigenvorsorge unterlassen, da sie nicht genügend wirksame Abwehrmaßnahmen ergriffen habe.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A S K H und U K. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 02.08.2000 (Bl. 314 - 320 Gerichtsakten) Bezug genommen. Es hat durch Grundurteil vom 23.08.2000 auf der Basis der in I. Instanz unstreitigen Rechtsnachfolge der Klägerin nach dem VEB Binnenfischerei F die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Dabei ist das Landgericht davon ausgegangen, daß die Unterschutzstellungsmaßnahmen des Landes B zu einer verstärkten Ansiedlung von Kormoranen im Gebiet der Teichwirtschaft der Klägerin geführt haben und daß diese aufgrund der Naturschutzbestimmungen nicht in der Lage war, hinreichende Abwehrmaßnahmen gegen die Vögel zu ergreifen. Das Landgericht hat deshalb in den Ertragsverlusten der Klägerin ein Sonderopfer festgestellt, welches das beklagte Land grundsätzlich zu entschädigen habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Gegen das ihm am 04.09.2000 zugestellte Urteil hat das beklagte Land mit einem am 02.10.2000 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die es mit einem am 04.12.2000 eingegangenem Schriftsatz begründet hat, nachdem zuvor die Begründungsfrist bis zu diesem Tag verlängert worden war.

Das beklagte Land verfolgt mit seiner Berufung seinen Klageabweisungsantrag unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Es ist der Ansicht, der Klägerin stehe schon deshalb kein Entschädigungsanspruch zu, weil die Klägerin zu einem Zeitpunkt neu gegründet worden sei, in dem die Unternaturschutzstellung der fraglichen Teichgebiete bereits festgestanden habe. Die Klägerin habe die Teichwirtschaft in Kenntnis der Risiken aufgenommen, welche sich durch die Naturschutzgesetze und Verordnungen des beklagten Landes ergäben. Insbesondere ist das beklagte Land der Ansicht, die Klägerin sei nicht als Rechtsnachfolgerin des früheren VEB Binnenfischerei F anzusehen, so daß sie auch insoweit nicht schützenswert sei.

Im übrigen vertritt das Land nach wie vor die Ansicht, die Unterschutzstellung im Land B sei nicht ursächlich für die Vermehrung der Kormorane geworden, da deren Zahl europaweit stark angestiegen sei. Auch das Abschußverbot für Kormorane gelte für alle Teichgebiete in Deutschland, so daß die Klägerin insoweit nicht schlechter gestellt sei als etwaige Konkurrenten. Schließlich sei auch die nur schuldrechtliche Ausübung des Fischereirechts nicht ausreichend für die Geltendmachung eines Anspruches nach § 71 Abs. 2 Satz 2 BbgNatSchG.

Das beklagte Land beantragt nunmehr,

in Abänderung des Urteils des Landgerichts P vom 23.08.2000 zum Aktenzeichen 4 O 697/98 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auch die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie ist der Ansicht, aufgrund der in Übereinstimmung mit der früheren Treuhandanstalt und späteren BvS durchgeführten Privatisierung Rechtsnachfolgerin des VEB Binnenfischerei F zu sein. Außerdem vertritt sie weiter die Ansicht, die Tatsache, daß die Kormorane ihre Teiche ohne Abwehrmöglichkeit aufsuchten könnten, liege nur in den Gesetzen und Verordnungen des Landes B begründet. Die Schutzvorschriften des beklagten Landes seien weitergehender als die Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes. Das beklagte Land sei sich dessen auch bewußt gewesen und habe aus diesem Grund in den Jahren 1993 bis 1996 Ausgleichszahlungen geleistet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und insbesondere auf die Niederschrift der persönlichen Anhörung des Geschäftsführers der Klägerin vom 06.11.2001 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des beklagten Landes hat in vollem Umfang Erfolg. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Entschädigung aus § 10 der "Verordnung über die Festsetzung von Naturschutzgebieten und einem Landschaftsschutzgebiet von zentraler Bedeutung mit der Gesamtbezeichnung Biosphärenreservat S" vom 12.09.1990 bzw. aus § 17 NatPUOG i.V.m. § 71 Absätze 1 und 2 BbgNatSchG zu.

Wie das Landgericht in seinem angefochtenen Urteil auf Seiten 10 und 11 unter 2. und 3. zutreffend darstellt, ist aufgrund der genannten Vorschriften ein Anspruch auf Entschädigung nur gegeben, wenn durch die jeweiligen Naturschutzgesetze bzw. Verordnungen oder Maßnahmen aufgrund dieser Gesetze einem Betroffenen Beschränkungen auferlegt werden, die über die Sozialbindung des Eigentumes hinausgehen. Voraussetzung für einen Anspruch der Klägerin ist somit, daß sie durch die genannten Unterschutzstellungen des beklagten Landes in dem von ihr eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb derart eingeschränkt wird, daß die Sozialbindung des Eigentums weit überschritten wird und von einem Sonderopfer der Klägerin auszugehen ist. Die Kriterien für die Abgrenzung zwischen Sozialbindung und Sonderopfer hat das Landgericht auf Seite 11 seines Urteiles ausführlich und zutreffend unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofes dargestellt. Der Senat nimmt hierauf Bezug. Unter Anwendung der genannten Grundsätze kann ein Sonderopfer der Klägerin jedoch nicht festgestellt werden.

Entgegen der Ansicht des beklagten Landes kommt es allerdings nicht entscheidend darauf an, daß die Klägerin im Hinblick auf einen großen Teil der von ihr bewirtschafteten Teiche nicht Eigentümerin, sondern lediglich schuldrechtlich Berechtigte war. Der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb fällt als solcher unter den Eigentumsbegriff des Artikels 14 Grundgesetz, auch wenn der Betreiber nicht Eigentümer der zum Gewerbebetrieb gehörenden Grundstücke ist. Ausübungsberechtigte der Fischereiwirtschaft ist zweifelsfrei die Klägerin. Zum anderen stellen die Verordnung über das Biosphärenreservat S und § 71 BbgNatSchG bereits in ihrem Text nicht nur auf den Eigentümer, sondern auch auf den Nutzungsberechtigten ab. Die von dem Landgericht genannten Voraussetzungen für eine erhebliche Beeinträchtigung sind demnach sinngemäß auch auf Nutzungsberechtigte anzuwenden.

Für die Beurteilung der Situationsgebundenheit der betroffenen Grundstücke ist die bisherige Nutzung des Gebiets vor der Unterschutzstellung maßgeblich bzw. es ist darauf abzustellen, welche Nutzungmöglichkeiten sich nach Art und Beschaffenheit des Grundstücks objektiv anbieten. Sämtliche Teichgebiete sind, was zwischen den Parteien unstreitig ist, bereits in den sechziger Jahren bis heute ununterbrochen für die Fischzucht in Teichen genutzt worden. Eine derartige Nutzung bietet sich auch an, da sie mit den natürlichen Gegebenheiten der Landschaft in Einklang steht. Auch insoweit tritt der Senat den Ausführungen des Landgerichts auf Seiten 12 und 13 seines Urteiles bei. Daß die von der Klägerin ausgeübte Nutzung der Grundstücke in Einklang mit deren Situationsgebundenheit steht, kommt ihr jedoch nicht zugute. Das beklagte Land hat durch die Unterschutzstellung der betreffenden Gebiete nicht in eine bestehende Rechtsposition der Klägerin eingegriffen. Zwar übt die Klägerin die Teichwirtschaft tatsächlich in ununterbrochener Folge nach dem VEB Binnenfischerei F aus. Sie ist jedoch nicht dessen Rechtsnachfolgerin und hat den Betrieb der Teichwirtschaft selbst erst zu einem Zeitpunkt aufgenommen, zu dem die Unterschutzstellung bereits erfolgt war.

Der VEB ist zunächst kraft Gesetzes in eine GmbH im Aufbau umgewandelt worden, § 11 Abs. 1 THG. Auf diese ging gemäß § 11 Abs. 2 THG das gesamte Vermögen des bisherigen VEB über. Sodann erfolgte offenbar aufgrund der §§ 19-21 THG vor dem Stichtag 30.06.1991, nachdem die GmbH im Aufbau kraft Gesetzes in eine Liquidationsgesellschaft umgewandelt worden wäre (§ 22 THG), die Umwandlung in die J GmbH gemäß Umwandlungserklärung vom 13.06.1991 statt. Diese GmbH war damit Gesamtrechtsnachfolgerin des VEB. Die J GmbH ist jedoch in der Folgezeit bewußt liquidiert worden, und zwar bevor die Privatisierung vollständig durchgeführt worden war. Die Klägerin ist zwar in Verfolg des Privatisierungsauftrages der ehemaligen Treuhandanstalt gegründet worden, jedoch nicht als Rechtsnachfolgerin der J GmbH. Die Privatisierung erfolgte vielmehr in der Weise, daß die Klägerin neu gegründet wurde, wie sich aus dem Gesellschaftsvertrag vom 19.11.1992 ergibt. Ausweislich dieses Vertrages haben vier Privatpersonen die damals unter F GmbH firmierende Gesellschaft gegründet und das Stammkapital in bar eingezahlt. Irgendwelche Betriebs(teil)übernahmen des ehemaligen VEB bzw. der in Liquidation befindlichen J GmbH sind in dem Gesellschaftsvertrag nicht vereinbart worden. Zum Zweck der Privatisierung wurden vielmehr zunächst durch die J GmbH i. L. Grundstücke an verschiedene Dritte veräußert, die diese zu verschiedenen Zeitpunkten an die Klägerin zum Zwecke des Fischereibetriebs verpachtete. Schließlich kaufte die Klägerin mit Vertrag vom 31.05.1995 einige bis dahin noch nicht privatisierte Teile des ehemaligen VEB an. Damit ist die Klägerin zwar infolge Privatisierung rein tatsächlich Nachfolgerin des ehemaligen VEB in dessen Tätigkeitsbereich geworden, jedoch nicht dessen Rechtsnachfolgerin.

Eine Rechtsposition der Klägerin, in welche das Land hätte eingreifen können, ist auch nicht deshalb entstanden, weil im wesentlichen dieselben Personen im Rahmen des VEB und später nach dessen Auflösung die Fischerei betrieben haben. Auch bei wertender Betrachtung, die aufgrund der besonderen Situation der mit der Wiedervereinigung verbundenen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten geboten ist, geht der Senat von der fehlenden Schutzbedürftigkeit der Klägerin aus. Zwar kann man aufgrund der vorgelegten "Ergänzungen" zum Pachtvertrag vom 06.11./l6.12.1992 annehmen, daß die Klägerin von einer Rechtsnachfolge nach dem VEB ausgegangen sein könnte. Nachdem der ursprüngliche Pachtvertrag zwischen dem Landkreis A und der J GmbH (der Rechtsnachfolgerin des VEB) geschlossen worden war, gehen die Ergänzungsverträge von einer bloßen "Umfirmierung" auf Pächterseite aus, obwohl nicht die J GmbH anders firmierte, sondern mit der Klägerin eine andere Rechtsperson an ihre Stelle getreten war. Daraus könnte geschlossen werden, daß sich die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der J GmbH ansah. Der Senat ist jedoch nach Anhörung des Geschäftsführers der Klägerin auf der Grundlage der vorgelegten Unterlagen davon überzeugt, daß die Gründungsgesellschafter der Klägerin sich - wenn auch auf Betreiben der ehemaligen Treuhandanstalt - entschlossen hatten, nicht die Rechtsnachfolgerin des VEB, die J GmbH weiterzuführen, sondern eine GmbH zum Zwecke des Betriebes der Teichwirtschaften neu zu gründen. In diese Gesellschaft war kein Vermögensgegenstand des ehemaligen VEB eingebracht worden, vielmehr wurden durch Verträge in den Jahren 1992 - 1995 die Teichgrundstücke angepachtet bzw. angekauft. Zu dieser Zeit war aber das Biosphärenreservat S längst errichtet. Auch die Unterschutzstellung des Gebietes "U O tal" stand aufgrund der Verordnung vom 06.03.1992 bereits fest, zumindest mußte mit ihr auf der Grundlage und im Umfang der vorläufigen Unterschutzstellung gerechnet werden. Anhaltspunkte dafür, daß die Schutzmaßnahmen etwa im Bereich unteres O tal noch gelockert werden würden, bestanden nicht. Im Gegenteil war den Gesellschaftern der Klägerin von Anfang an bekannt, daß die Gebiete dem Naturschutz dienen sollten. Wie der Geschäftsführer der Klägerin im Senatstermin vom 06.11.2001 ausgeführt hat, war es Bestandteil des Gesamtkonzepts, daß Grundstücke, die zum Fischereibetrieb gehörten, an den N verkauft werden sollten. Die Problematik einer solchen Unterschutzstellung war der Klägerin bzw. ihren Gründungsmitgliedern auch durchaus bewußt, denn der Geschäftsführer der Klägerin hat ausgeführt, man habe noch besonders darauf hingewirkt, daß in die entsprechenden Gesetze bzw. Verordnungen die Befugnis zum Fischereibetrieb aufgenommen wurde. Neben der Tatsache des besonderen Naturschutzes, dem die Gebiete unterstanden, war der Klägerin auch bekannt, welche Folgen diese Schutzmaßnahmen für den Fischbestand infolge Kormoranfraß haben könnten. Die Klägerin selbst hat das Gutachten des Sachverständigen H S vom Februar 1992 vorgelegt. Dieses Gutachten war vom Landrat des Kreises A im Vorfeld des Ankaufs der Grundstücke eingeholt worden. Zu diesem Zeitpunkt stand bereits fest, daß die Anlagen des Gebietes "B" als Naturschutzinformationszentrum genutzt werden sollten. Dies ergibt sich aus Ziffer I des Gutachtens. Unter Ziffer V. stellt der Sachverständige dar, daß das Gebiet "B" in die Schutzzone II des Naturschutzgebiets eingestuft sei. Mit der Unterschutzstellung des Bereichs "S" in den Nationalpark "U O" sei zu rechnen. Weiter führt der Sachverständige aus, da das Naturschutzgebiet auch als Wasservogelreservat ausgewiesen sei, seien Abschuß und Vergrämung in Zukunft ausgeschlossen. Im Gegenteil sollten Vögel sogar angezogen werden und müßten ernährt werden. Zwar könne man keine Prognose über Art und Menge der einfallenden Vögel stellen, es lasse sich jedoch mit Sicherheit sagen, daß nur Fische über 600 g Gewicht eine Überlebenschance beim Kormoran haben würden. Deutlich weist der Sachverständige auf voraussichtliche Schäden durch Kormoranfraß und Streß bei den Fischen hin. Dieses Gutachten war den Gründungsgesellschaftern der Klägerin, die erst über ein halbes Jahr nach Erstellung dieses Gutachtens errichtet wurde, bekannt. Die Klägerin wußte somit von Beginn an, auf welche Risiken sie sich bei der Bewirtschaftung von Teichen in Naturschutzgebieten im Hinblick auf möglichen Fischfraß durch Kormorane einzustellen hatte. Daß die genaue Größenordnung noch nicht absehbar war, ändert nichts daran, daß sie die grundlegende Problematik kannte. Sollte sich die Klägerin darauf verlassen haben, daß aufgrund des Gesamtkonzeptes, welches Naturschutz und Fischereiwirtschaft im Einklang vorsah, regelmäßig Ausgleichszahlungen geleistet werden würden oder aber daß wirksame Vergrämungsmethoden zugelassen werden würden (wozu allerdings nicht konkret vorgetragen worden ist), so wäre dies auf der Basis der der Klägerin bei Gründung bereits bekannten Faktoren lediglich eine unternehmerische Fehleinschätzung gewesen, die eine Abwälzung des bewußt eingegangenen Risikos der wirtschaftlichen Betätigung auf das beklagte Land nicht zu begründen vermag.

Somit ergibt sich auch unter Abwägung der tatsächlichen Gegebenheiten nach der Wende keine schützenswerte Rechtsposition der Klägerin, in die das beklagte Land durch den Naturschutz der Gebiete "S" oder "U O tal" eingegriffen hätte. Der Klägerin ist somit auch kein Sonderopfer im Vergleich zu sonstigen Teichwirtschaftsbetrieben auferlegt worden. Ein solches wäre überdies auch dann nicht gegeben, wenn zugunsten der Klägerin von einer geschützten Rechtsposition auszugehen wäre. Ein Sonderopfer, also eine unverhältnismäßig oder im Verhältnis zu anderen unzumutbar belastende Einwirkung liegt nur dann vor, wenn die in Ansehung der Situationsgebundenheit des Grundeigentums gebotene wertende Beurteilung der Kollision zwischen den Belangen der Allgemeinheit und den betroffenen Interessen des Eigentümers eine wesentliche Beschränkung des Eigentümers ergibt (vgl. nur: BGHZ 133, 271/276). Eine derart unerträgliche Belastung liegt jedoch nicht schon in jedem Eingriff in einen ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb. Kann der Betroffene durch wirtschaftlich zumutbare Umstellungen seines Betriebes auf den Eingriff reagieren und dadurch die negativen Auswirkungen zumindest in erheblichem Umfang auffangen, so ist ihm dies auch im Interesse der Allgemeinheit zuzumuten. Ein entschädigungspflichtiges Sonderopfer liegt nur dann vor, wenn eine Veränderung der Betriebsstruktur in Ansehung der Naturschutzunterstellung nicht möglich oder nicht zuzumuten ist. Auch anderweitige Nutzungsmöglichkeiten sind dabei in Betracht zu ziehen (BGH, a.a.O., S. 279 f.). So hat der Bundesgerichtshof in seiner angeführten Entscheidung vom 19.09.1996 es durchaus für möglich gehalten, daß ein landwirtschaftlicher Betrieb, der überwiegend Bullenmast betreibt, durch Reduzierung der Mastbullenhaltung und Erweiterung der sonstigen landwirtschaftlichen Tätigkeit wirtschaftlich weitergeführt werden kann und deshalb ein teilweiser Eingriff in die Mastbullenhaltung nicht als entschädigungspflichtiges Sonderopfer anzusehen sein könnte. Ähnlich liegt der Fall hier. Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, sind Fische ab einer gewissen Größe vor Kormoranen sicher, da sie von diesen nicht mehr verschluckt werden können. Es ist einem Betrieb wie demjenigen der Klägerin möglich, durch Verzicht auf die eigene Anzucht und Ankauf von entsprechend großen Jungkarpfen ihre Wirtschaftsweise so umzustellen, daß sie von der Zunahme von Kormoranen nicht mehr wesentlich betroffen wird. Die Möglichkeit einer solchen Betriebsumstellung ergibt sich schon daraus, daß die Klägerin diese Umstellung inzwischen vorgenommen hat, wie ihr Geschäftsführer im Senatstermin ausgeführt hat. Diese Art der Betriebsumstellung lag auch schon aufgrund der bereits bei Gründung der Klägerin bekannten Problematik nahe, wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen S ergibt. Eine solche Betriebsumstellung mag sicherlich mit Aufwendungen verbunden sein und kann durchaus auch negative Gesichtspunkte mit sich bringen, wie der Geschäftsführer der Klägerin ebenfalls erläutert hat. Es kann jedoch nicht festgestellt werden, daß diese Umstellung - gegebenenfalls auch schon zu einem früheren Zeitpunkt - für die Klägerin nicht zumutbar gewesen sein könnte. Ein Sonderopfer ist aber erst dann gegeben, wenn die Schwelle der Zumutbarkeit bereits überschritten wird. Dafür ist jedoch nichts ersichtlich, auch wenn sich das beklagte Land nunmehr finanziell an der Betriebsumstellung beteiligt hat. Da das Weiterbetreiben der Fischereiwirtschaft auch im Hinblick auf den Naturschutz gewünscht war, ist es nicht von der Hand zu weisen, daß das beklagte Land sich auch bei einer frühzeitigeren Umstellung fördernd beteiligt hätte. Jedenfalls aber gibt der Vortrag der Klägerin nichts dafür her, daß es ihr nicht zumutbar gewesen wäre, ihre Produktionsweise schon früher umzustellen. Ein Sonderopfer liegt damit ebensowenig vor wie ein Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb der Klägerin. Die Klage war deshalb insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Für die Anwendung von § 97 Abs. 2 ZPO war kein Raum, obwohl das beklagte Land zu der fehlenden Rechtsnachfolge der Klägerin nach dem VEB erst im Berufungsverfahren vorgetragen hat. Der Erfolg seines Rechtsmittels beruht jedoch nicht allein darauf, sondern auch auf der bislang fehlenden Feststellbarkeit eines Sonderopfers.

Die Entscheidung über die Sicherheitsleistung beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO und die Festsetzung der Beschwer folgt aus § 546 Abs. 2 ZPO.

Streitwert: 275.451,00 DM

Ende der Entscheidung

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