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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 13.11.2001
Aktenzeichen: 2 U 85/00
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, GG, BbgStrG


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 101
ZPO § 296 Abs. 1
ZPO § 527
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 546 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
BGB § 839
GG Art. 34
BbgStrG § 49 a Abs. 2 Satz 1
BbgStrG § 49 a Abs. 5 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

2 U 85/00 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 13. November 2001

verkündet am 13. November 2001

In dem Rechtsstreit

hat der 2. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2001 durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 25. Oktober 2000 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 4 O 189/99 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithilfe hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschwer der Klägerin: 4.500,00 DM.

Ohne Tatbestand gemäß § 543 Abs. 1 ZPO.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Der Klägerin steht kein Anspruch gegen die Beklagte aus dem Gesichtspunkt der Amtspflichtverletzung zu, § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG.

Die Beklagte hat nicht hinreichend dargelegt, daß sie in einem Bereich der B... Straße in P... gestürzt ist, für den die Beklagte räum- und streupflichtig war. Die Beklagte hat den Winterdienst für die B... Straße wirksam teilweise auf die Anlieger übertragen. Die Straßenreinigungssatzung vom 22.11.1996 enthält in § 1 Abs. 3 folgende Regelung: "Zur Reinigung gehört auch der Winterdienst. Dieser umfaßt die Verpflichtung, Fahrbahnen und Gehwege vom Schnee zu räumen und bei Glätte zu streuen. Näheres bestimmt die Satzung "Kommunaler Winterdienst der ... Stadt P..." in der jeweils gültigen Fassung.". Damit kommt es für den Umfang des Winterdienstes maßgeblich allein auf die Satzung über den kommunalen Straßenwinterdienst vom 12.03.1991 an. Diese ist als speziellere Satzung für den Winterdienst wirksam in der Satzung vom 22.11.1996 in bezug genommen worden. Deshalb gelten auch die in der Satzung vom 22.11.1996 gesetzten Prioritäten sowie die Regelungen über die Übertragung von Reinigungspflichten auf die Anwohner nicht für den Winterdienst. Dieser ist vielmehr speziell in der Satzung vom 12.03.1991 unter Ziff. 1.2.3. geregelt. Darin ist die Übertragung der Räum- und Streupflicht auf die Anlieger enthalten, und zwar bei breiten Gehbahnen mindestens in einer Breite von 1,50 m. Gegen die Wirksamkeit dieser Regelung bestehen angesichts § 49 a Abs. 5 Nr. 2 BbgStrG keine Bedenken. Im Zusammenhang mit § 49 a Abs. 2 Satz 1 BbgStrG ergibt sich auch hinreichend deutlich, daß von den Anliegern ein Streifen von 1,50 m Breite entlang der Grundstücksgrenze zu räumen und zu streuen ist. Für einen Sturz der Klägerin in diesem Bereich haftet die Beklagte deshalb nicht. Eine Haftung käme in Betracht, soweit sich der Sturz der Klägerin in einem Bereich zugetragen hat, der weiter als 1,50 m von der Hauswand entfernt war. Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit, wo sich der Sturz genau ereignet haben soll. So hat die Klägerin in der Klageschrift angegeben, sie sei auf den Gehwegplatten der Fußgängerzone gestürzt. Im Schriftsatz vom 25. Juni 1999 hat sie Beweis dafür angetreten, sie sei "etwa zwei Meter von der Hauseingangstür ... entfernt" zu Fall gekommen. Bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Landgericht am 26.01.2000 hat die Klägerin ausgesagt, sie sei etwa drei Schritte vor die Haustür gegangen und dann ausgerutscht. Sie sei nicht ganz gerade gegangen, sondern leicht schräg. Sie sei nicht auf dem Pflasterbelag ausgerutscht, der sich unmittelbar vor der Haustür befinde, sondern auf der ersten Platte des dahinter angrenzenden Plattenbelages. Aus diesen Angaben läßt sich nicht entnehmen, ob die Klägerin bereits denjenigen Bereich erreicht hatte, für den die Beklagte winterdienstpflichtig war. Es ist nicht auszuschließen, daß bei etwa drei Schritten oder auch "etwa zwei Metern" in schräger Richtung sich die Klägerin noch auf einem ca. 1,50 m breiten Streifen entlang den Häuserfronten befand. Insbesondere hat die Klägerin auch nicht angegeben, wie breit der gepflasterte Bereich, der heute nicht mehr vorhanden ist, gewesen sein soll. Zwar schließt der Vortrag der Klägerin nicht aus, daß sie sich in Bereich befunden haben könnte, für den die Beklagte winterdienstpflichtig war, wie im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 25. Oktober 2001 ausgeführt wird; da die Klägerin aber in vollem Umfang für alle anspruchsbegründenden Tatsachen darlegungspflichtig ist, gehen die verbleibenden Unklarheiten zu ihren Lasten.

Soweit der Vertreter der Klägerin im Senatstermin vom 23. Oktober 2001 behauptet hat, zwischen Grundstücksgrenze und Plattenteil der Fußgängerzone, auf dem es zum Sturz gekommen sei, hätte ein Abstand von mehr als 1,50 m bestanden und hierfür Beweis angetreten hat, ist dieser Vortrag verspätet. Die Beklagte hatte bereits in der Berufungsbegründung vom 2. Februar 2001 (S. 5 f.) auf die sich aus der Winterdienstsatzung zu Ziff. 1.2.3. ergebenden rechtlichen und tatsächlichen Fragen hingewiesen. Der Klägerin wäre es daher ohne weiteres möglich gewesen, hierzu bereits rechtzeitig vor dem Termin am 23.10.2001 vorzutragen. In diesem Fall hätten die benannten Zeuginnen zum Termin geladen werden können, so daß eine Erledigung der Sache hätte stattfinden können. Bei Berücksichtigung des neuen Vorbringens vom 23.10.2001 wäre dagegen ein weiterer Beweistermin erforderlich, so daß die Erledigung des Rechtsstreits verzögert würde. Der neue Vortrag ist deshalb gemäß § 527 i. V. m. § 296 Abs. 1 ZPO als verspätet nicht zu berücksichtigen.

Im übrigen gab auch der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 25.10.2001 keinen Anlaß zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 101 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO und die Festsetzung des Werts der Beschwer auf § 546 Abs. 2 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 4.500,00 DM

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