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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 06.06.2002
Aktenzeichen: 2 Ws (Reha) 12/02
Rechtsgebiete: VermG, VwRehaG, StrRehaG


Vorschriften:

VermG § 1 Abs. 1
VermG § 1 Abs. 7
VermG § 1 Abs. 8 Buchstabe a
VwRehaG § 1
VwRehaG § 1 Abs. 1 S. 3
StrRehaG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

2 Ws (Reha) 12/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rehabilitierungsverfahren

hat der 2. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

am 6. Juni 2002

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Kammer für Rehabilitierungsverfahrens des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 19. Dezember 2001 wird als unbegründet verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

Gründe:

I.

Der Betroffene, der Vater des Antragstellers, war Eigentümer der Klosterbrauerei N..., der Schlossbrauerei A... und des Grundstücks "P..." in B... . Am 29. September 1945 wurde er von einer Operationsgruppe des NKWD verhaftet und in dem ehemaligen KZ Buchenwald interniert; von dort wurde er am 15. August 1948 entlassen. Während der Zeit dieser Internierung wurden die drei Grundstücke auf Grund des SMAD-Befehls Nr. 124 vom 30. Oktober 1945 beschlagnahmt und anschließend enteignet. Die Enteignung der Klosterbrauerei N... und des Grundstücks "P..." beschloss die brandenburgische Provinzialkommission am 21. Juni 1946; sie wurde - laut Enteignungsurkunde der Landesregierung Brandenburg vom 15. Juli 1948 - durch den SMAD-Befehl Nr. 124 vom 17. April 1948 bestätigt. Die Schlossbrauerei A... wurde durch Beschluss der brandenburgischen Landeskommission vom 11. März 1948 als "analoger Fall" enteignet. Diese Enteignung wurde - laut Enteignungsurkunde der Landesregierung Brandenburg vom 30. November 1948 - durch die Deutsche Wirtschaftskommission gemäß dem SMAD-Befehl Nr. 64 bestätigt.

Durch Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation vom 14. April 1995 wurde der Betroffene nach einem Gesetz der Russischen Föderation "über die Rehabilitierung der Opfer politischer Repressionen" vom 18. Oktober 1991 "rehabilitiert". In diesem Bescheid heißt es, dem Betroffenen sei durch die Verhaftung am 29. September 1945 "unbegründet die Freiheit ... auf der Grundlage einer Verfügung des Operationsbevollmächtigten der Operationsgruppe des NKWD des Kreises Guben, das heißt durch ein außergerichtliches Organ" entzogen worden; er "wurde ohne Anklageerhebung im Speziallager Nr. 2 des NKWD der UdSSR auf dem Territorium Deutschlands festgehalten, als Propagandist der NSDAP".

In einem weiteren Schreiben der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation an den Antragsteller wird ausgeführt, dass in den Archiven des NKWD keine Dokumente über die Sequestrierung und Enteignung des Vermögens des Betroffenen zu finden seien. "Das Verfahren der Sequestrierung und des Entzugs des Vermögens und anderen Eigentums der Bewohner Deutschlands in Ausführung der Befehle Nr. 124 vom 30. Oktober 1945 und Nr. 64 vom 17. April 1948 der Sowjetischen Militäradministration wurde unmittelbar vorbereitet und durchgeführt durch deutsche Organe der örtlichen Selbstverwaltung, die Deutsche Wirtschaftskommission und die Regierungen der Länger der Ostzone Deutschlands. Die Sie im Zusammenhang damit interessierenden Vermögensprobleme müssen nach unserer Auffassung der Sache nach von den entsprechenden deutschen Organen auf der Grundlage der geltenden Gesetzgebung der BRD entschieden werden."

Der Antragsteller beantragte zunächst eine Rückgabe der Grundstücke auf der Grundlage des Vermögensgesetzes. Diese Anträge wurden durch das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen abgelehnt, die dagegen gerichteten Klagen vor den Verwaltungsgerichten Cottbus und Frankfurt (Oder) zurückgewiesen. Die Revision des Antragstellers gegen eines dieser Urteile - es betraf die Klosterbrauerei N... und das Grundstück "P..." - hat das Bundesverwaltungsgericht am 25. Februar 1999 verworfen (der Beschluss ist veröffentlicht in ZOV 1999, 243); das weitere verwaltungsgerichtliche Urteil hat der Antragsteller offenbar nicht angefochten. Zur Begründung heißt es in dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts, die streitigen Vermögenswerte seien von der Landesregierung Brandenburg nach Maßgabe der SMAD-Befehle Nr. 124 und 64 und damit auf besatzungshoheitlicher Grundlage enteignet worden. Das Vermögensgesetz finde daher - auf Grund des Restitutionsausschlusses bei Enteignungen auf besatzungsrechtlicher und besatzungshoheitlicher Grundlage in § 1 Abs. 8 Buchstabe a VermG - keine Anwendung. Der Rückgabeanspruch könne auch nicht auf § 1 Abs. 1 VermG gestützt werden. Zwar könne auch die Aufhebung einer rechtsstaatswidrigen Entscheidung nach ausländischen Vorschriften eine nach "anderen Vorschriften erfolgte Aufhebung" im Sinne von § 1 Abs. 7 VermG sein. Dies setze - im Falle einer russischen Rehabilitierung - aber voraus, "dass es sich erstens um eine Enteignung oder sonstige Vermögensentziehung handelt, die durch Gerichte, Verwaltungsbehörden oder sonstige staatliche Stellen der Sowjetunion (als der Rechtsvorgängerin der Russischen Föderation) selbst verfügt wurde, sei es als Begleitentscheidung zu einer politischen Verfolgungsmaßnahme (z. B. strafrechtliche Verurteilung mit Vermögensentzug), sei es als ausschließlich vermögensentziehende Entscheidung eines Organs der Besatzungsmacht. Zweitens muss die russische Rehabilitierungsbehörde (auch) die vermögensentziehende Maßnahme aufgehoben oder jedenfalls eine Entscheidung getroffen haben, der - erforderlichenfalls im Wege der Auslegung - zu entnehmen ist, dass (auch) die Vermögensentziehung als unbegründete politische Verfolgung angesehen wird und daher keinen Bestand haben soll (...). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Der Vater des Klägers wurde durch eine deutsche staatliche Stelle, nämlich die Landesregierung Brandenburg, auf der Grundlage der SMAD-Befehle Nr. 124 und Nr. 64 enteignet. Die von der Besatzungsmacht angeordnete Maßnahme war demgegenüber die Internierung in einem sowjetischen Speziallager. Nur auf diesen Unrechtsakt bezieht sich die dem Kläger erteilte Rehabilitierungsbescheinigung vom 14. April 1995. Zu der Enteignung verhält sich die Bescheinigung nicht. Vielmehr wird in dem Schreiben der russischen Generalstaatsanwaltschaft vom 16. April 1996 an den Kläger ausgeführt, dass es sich um eine Maßnahme deutscher Stellen gehandelt habe und insoweit in den Archiven des NKWD keine Unterlagen aufzufinden seien" (ZOV 1999, 241).

Am Ende dieses Beschlusses zog das Bundesverwaltungsgericht eine Rehabilitierung des Betroffenen nach dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz in Betracht; es heißt dort: "Freilich hält es der erkennende Senat nicht für von vornherein ausgeschlossen, dass eine Rehabilitierung nach dem russischen Rehabilitierungsgesetz unter bestimmten Voraussetzungen auch zu vermögensrechtlichen Ansprüchen in Bezug auf die von deutschen Stellen beschlossenen Enteignungen auf besatzungshoheitlicher Grundlage führen kann. Wurden diese Enteignungen - wie bei den auf die SMAD-Befehle Nr. 124 und Nr. 64 zurückgehenden Enteignungen - mit dem Vorwurf begründet, Kriegsverbrecher oder Naziaktivist gewesen zu sein, und wird die betreffende Person hinsichtlich dieses Vorwurfs von russischer Seite rehabilitiert, so ist gewissermaßen der sowjetische Unrechtsbeitrag zu dieser Entscheidung nachträglich beseitigt. Dies könnte die Frage aufwerfen, ob die Entscheidung nunmehr als eine nur noch deutschrechtliche Verwaltungsentscheidung anzusehen ist, die unter den Voraussetzungen des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes einer Rehabilitierung zugänglich wäre. Ob das Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz, etwa mit Blick auf die Bestimmung des § 1 Abs. 1 S. 3 VwRehaG (...) derartige Fälle erfassen will oder ob der Gesetzgeber dies ausdrücklich regeln müsste, hat der erkennende Senat nicht zu entscheiden, denn diese Frage wäre in einem etwaigen Rehabilitierungsverfahren und nicht im vorliegenden vermögensrechtlichen Verfahren zu prüfen" (a.a.O., 242).

Unter Bezug auf diese rechtlichen Erwägungen beantragte der Antragsteller im März 1999 bei der Rehabilitierungsbehörde die Aufhebung der Beschlüsse der brandenburgischen Provinzialkommission vom 21. Juni 1946 und der brandenburgischen Landeskommission vom 11. März 1948. Diese Beschlüsse seien rechtsstaatswidrige Verwaltungsentscheidungen deutscher Stellen im Sinne von § 1 VwRehaG. Auf Grund der Rehabilitierung seines Vaters durch die russische Generalstaatsanwaltschaft hätten die durch jene Beschlüsse angeordneten Enteignungen ihre besatzungshoheitliche Grundlage verloren, so dass § 1 Abs. 1 S. 3 VwRehaG ihrer Aufhebung nicht mehr entgegenstünde.

Diesen Antrag lehnte die Rehabilitierungsbehörde ab. Seine dagegen gerichtete Klage vor dem Verwaltungsgericht nahm der Antragsteller am 5. Mai 2002 zurück, nachdem der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in einem Urteil vom 21. Februar 2002 entschieden hatte, dass die vom 7. Senat - in dem zitierten Beschluss vom 25. Februar 1999 - erwogene einschränkende Auslegung der Ausschlussregelung in § 1 Abs. 1 S. 3 VwRehaG die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreiten würde.

Bereits zuvor beantragte der Antragsteller bei der Rehabilitierungskammer des Landgerichts Frankfurt (Oder), die genannten Beschlüsse der Provinzial- und der Landeskommission als rechtsstaatswidrige strafrechtliche Maßnahmen nach § 1 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 5 StrRehaG aufzuheben. Diese Beschlüsse seien strafrechtliche Maßnahmen, weil sie sich nicht schlicht gegen Vermögensobjekte, sondern gegen eine Person, den Betroffenen, gerichtet hätten, der als "Kriegs- und Naziverbrecher" angesehen worden sei. Die auf den SMAD-Befehlen Nr. 124 und 64 beruhenden Enteignungen hätten Bestrafungscharakter gehabt; auch in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts würden diese Enteignungen so qualifiziert.

Diesen Antrag hat die Rehabilitierungskammer zurückgewiesen, indem sie sich im Wesentlichen auf frühere Beschlüsse des Brandenburgischen Oberlandesgerichts bezog. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

Es kann hier offen bleiben, ob die angegriffenen Beschlüsse der Enteignungskommissionen als Entscheidungen einer deutschen Stelle im Sinne des strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes anzusehen sind, obwohl sie, wie das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, auf "besatzungshoheitlicher Grundlage" (§ 1 Abs. 8 Buchstabe a VermG) getroffen wurden. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob, wie der Antragsteller meint, jene Beschlüsse ihre besatzungshoheitliche Grundlage auf Grund der Rehabilitierung seines Vaters durch die russische Generalstaatsanwaltschaft verloren haben. Denn diese Beschlüsse sind jedenfalls keine strafrechtlichen Maßnahmen im Sinne des strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes.

Strafcharakter hat eine Maßnahme dann, wenn ein inhaltlicher und thematischer Zusammenhang zwischen ihr und dem Vorwurf einer nach Recht oder Rechtspraxis der Sowjetzone oder der DDR strafbaren oder wenigstens von den Behörden als strafwürdig angesehenen Handlung bestand (so der 1. Senat in seiner Entscheidung vom 29. August 1995 - 1 Ws (Reha) 58/95 - OLG-NL 1996, 20, mit Hinweis auf frühere Entscheidungen des Senats). Die Beschlagnahme und Enteignung von Vermögenswerten auf der Grundlage des SMAD-Befehls Nr. 124 erfüllt, wie der 1. Senat ebenfalls bereits entschieden hat, diese Voraussetzung nicht, weil, wie sich aus dem Wortlaut dieses Befehls ergibt, diesen Maßnahmen das Vermögen ohne Rücksicht darauf mit Beschlag belegten, ob sich die in dem Befehl genannten Personen oder Organisationen strafrechtlich verfolgbarer Handlungen schuldig gemacht hatten (a.a.O.).

Der erkennende Senat sieht auch angesichts der von dem Antragsteller genannten Argumente und Hinweise auf die Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts keinen Grund, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

a) Der Text des SMAD-Befehls Nr. 64, durch den die von der Deutschen Wirtschaftskommission vorgelegten Listen enteigneter Vermögenswerte bestätigt wurden, stellt diese Rechtsprechung nicht in Frage. Zwar heißt es in der Präambel dieses SMAD-Befehls, es seien "Betriebe und sonstiger Besitz der Nazi- und Kriegsverbrecher, darunter auch aller großen Monopolvereinigungen, enteignet" worden, und ferner: "Diese Betriebe gehörten vor allem den großen Monopolherren - Göring, Siemens, Flick und anderen -, die die bedeutendsten industriellen Reichtümer des Landes in ihren Besitz gebracht und zur imperialistischen Aggression benutzt hatten. Als Eigentum des Volkes werden jetzt diese Betriebe zur Grundlage für den Wiederaufbau und die Entwicklung der Friedenswirtschaft in der sowjetischen Besatzungszone. Sie werden nicht mehr für imperialistische Aggression und zum Schaden des deutschen Volkes ausgenutzt werden können." Doch zeigt auch dieser Text nur, dass die Enteignungen durch die Zugehörigkeit der Betroffenen zu einer bestimmten Gruppe gerechtfertigt werden sollten (zur Gruppe der "Monopolherren", "Nazi- und Kriegsverbrecher") und nicht als Ahndung individuellen Verhaltens gemeint waren. Auch der Verweis auf die "imperialistische Aggression" ändert daran nichts. Er gehört zur sowjetischen Erklärung der Entstehungsbedingungen des zweiten Weltkriegs und kann nicht als Strafgrund im strafrechtlichen Sinne - als Grund für die rechtliche Missbilligung und Ahndung individuellen Verhaltens - verstanden werden.

Dass für eine strafrechtliche Maßnahme im Sinne von § 1 StrRehaG solch ein Bezug zu individuellem Verhalten erforderlich ist, hat auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss zum Fürstenenteignungsgesetz festgestellt. Der Gleichheitssatz des Artikels 3 Abs. 1 GG gebiete nicht die strafrechtliche Rehabilitierung der Opfer dieser Enteignungen; denn "die Opfer des Fürstenenteignungsgesetzes unterscheiden sich von den Opfern strafrechtlicher Maßnahmen dadurch, dass sie einer allein an ihren Status anknüpfenden, pauschalen Diskriminierung ohne individuellen Vorwurf ausgesetzt waren, während strafrechtliche Maßnahmen die staatliche Reaktion auf den individuellen Vorwurf eines für strafwürdig erachteten Verhaltens darstellen" (VIZ 1999, 499).

b) Auch aus Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich, entgegen der Ansicht des Antragstellers, kein Grund dafür gewinnen, die beiden Enteignungsbeschlüsse als strafrechtliche Maßnahmen zu bewerten.

aa) In einer Entscheidung vom 28. Januar 1999 hatte das Bundesverwaltungsgericht die Frage zu klären, ob Richtlinien der Deutschen Wirtschaftskommission zum SMAD-Befehl Nr. 64, nach denen deutsche Stellen möglicherweise erstmals auf das Vermögen Dritter hätten zugreifen können, noch als Richtlinien zur "Durchführung" dieses SMAD-Befehls verstanden werden konnten. Diese Frage hat das Bundesverwaltungsgericht mit folgendem Argument verneint: "Um die bloße Durchführung des SMAD-Befehls Nr. 64 ging es jedoch bei dem nachfolgenden erstmaligen Zugriff deutscher Stellen auf betrieblich genutztes Vermögen Dritter nicht. Denn die in dem Befehl bestätigten Unternehmsenteignungen waren nicht nur gegenstandsbezogen, sondern auch und sogar erster Linie durch die Absicht gekennzeichnet, die als "Kriegs- und Naziverbrecher" bezeichneten Unternehmenseigentümer für ihr Verhalten zur Rechenschaft zu ziehen; gerade aus diesem Grund wurden (zunächst) nicht immer sämtliche Gesellschaftsanteile enteignet." (VIZ 2000, 288).

Diese Kennzeichnung der Enteignungen - die als "Kriegs- und Naziverbrecher" bezeichneten Unternehmenseigentümer sollten damit für ihr Verhalten zur Rechenschaft gezogen werden - ist für das Bundesverwaltungsgericht der Grund dafür, sie als "nicht nur gegenstandsbezogen" anzusehen, was wiederum für weitere Fragen von Bedeutung ist. Die Frage hingegen, ob es sich bei den auf den SMAD-Befehlen Nr. 124 und 64 beruhenden Enteignungen um strafrechtliche Maßnahmen im Sinne von § 1 StrRehaG handelt, wird von dem Bundesverwaltungsgericht nicht behandelt oder auch nur berührt.

bb) In einer Entscheidung des Gerichts vom 3. Juni 1999 kam es für die Bestimmung der Reichweite einer durch den SMAD-Befehl Nr. 64 bestätigten Enteignung ebenfalls darauf an, ob sie als gegenstandsbezogen oder als personenbezogen zu qualifizieren war. Auch in diesem Fall bewertete sie der Senat als personenbezogen: "Denn Voraussetzung für die Enteignung war die Eigenschaft der Unternehmenseigentümer als "Kriegs- oder Naziverbrecher". Diese Personengruppe sollte durch die Enteignung für ihr früheres Verhalten zur Rechenschaft gezogen und aus dem wirtschaftlichen Leben in der sowjetischen Besatzungszone entfernt werden, damit ihre Betriebe, wie sich die Besatzungsmacht in der Präambel zum Befehl Nr. 64 ausdrückte, "nicht mehr für imperialistische Aggressionen und zum Schaden des deutschen Volkes ausgenutzt werden" konnten" (ZOV 1999, 395).

Auch diese Kennzeichnung der Enteignung verwendet das Gericht allein zur Entscheidung der Frage, ob es sich um eine gegenstandsbezogene oder personenbezogene Enteignung handelt; ob sie als strafrechtliche Maßnahme nach § 1 StrRehaG anzusehen ist, wird in diesem Beschluss nicht erörtert.

c) Auch Gründe der Gesetzessystematik sprechen dagegen, die beiden Enteignungsbeschlüsse als strafrechtliche Maßnahmen zu qualifizieren.

Der Vater des Antragstellers ist, soweit es um seine Internierung ging, durch die russische Generalstaatsanwaltschaft rehabilitiert worden. Die Internierung war eine strafrechtliche Maßnahme, wenn auch nicht einer deutschen Stelle, so dass sie allein aus diesem Grund nicht unter das strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz gefallen wäre. Wäre aber der Betroffene von einer deutschen Stelle interniert und nach dem strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz rehabilitiert worden, so hätte die Rückgabe der Grundstücke nur unter den Voraussetzungen des § 1 Abs. 7 VermG erfolgen können. Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt. Es fehlt der in dieser Vorschrift vorausgesetzte "Zusammenhang" zwischen der rechtsstaatswidrigen Maßnahme und der Entziehung des Vermögenswertes, wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem auf die Revision des Antragstellers ergangenen Beschluss vom 25. Februar 1999 entschieden hat. Wenn aber eine Rehabilitierung nach dem strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz wegen der strafrechtlichen Maßnahme der Internierung nicht zu einer Rückgabe der Grundstücke hätte führen können, so kann dieses Ergebnis auch nicht dadurch erreicht werden, dass die Enteignung selbst als strafrechtliche Maßnahme qualifiziert wird; dies wäre mit dem systematischen Zusammenhang, der zwischen dem Vermögensgesetz auf der einen Seite und dem strafrechtlichen und dem verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz auf der anderen Seite besteht, nicht zu vereinbaren.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 14 Abs. 1 StrRehaG.

Ende der Entscheidung

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