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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 27.11.2001
Aktenzeichen: 2 Ws 412/01
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 112 Abs. 2 Nr. 2
StPO § 112 a Abs. 1 Nr. 2
StGB § 263 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

2 Ws 412/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Strafsache

wegen Betruges u. a.,

hat der 2. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

am 27. November 2001

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Angeklagten gegen den Haftfortdauerbeschluss des Landgerichts Neuruppin vom 18. Juli 2001 wird als unbegründet verworfen.

Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Neuruppin erließ am 20. Juni 2000 einen Haftbefehl gegen den Angeklagten, in dem ihm Betrug in drei Fällen und die Verletzung eines Berufsverbotes zur Last gelegt wird. Er soll als faktischer Geschäftsführer einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts im November 1999 und Februar 2000 Aufträge über Bauleistungen erteilt haben, obwohl die Gesellschaft unfähig gewesen sei, die Leistungen zu bezahlen. Das Berufsverbot hatte das Amtsgericht etwa ein Jahr zuvor, in einem Urteil vom 11. Mai 1999, angeordnet; danach war ihm die Ausübung eines Berufs einschließlich einer Geschäftsführertätigkeit im Bereich des Baugewerbes einschließlich der Bauüberwachung, der Bauplanung und des Verkaufs schlüsselfertiger Bauten, verboten. Das Amtsgericht hatte mit diesem Urteil ferner gegen den Angeklagten wegen Betruges in sechs Fällen und anderer Straftaten eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

Am 26. Juli 2000 wurde der Angeklagte auf Grund des Haftbefehls festgenommen; am 15. September 2000 setzte das Amtsgericht den Haftbefehl außer Vollzug.

Anfang Januar 2001 hatte die Staatsanwaltschaft einen Anklageentwurf fertiggestellt, der mittlerweile von 13 vollendeten Betrugstaten des Angeklagten ausging. Auf Grund dieses Ermittlungsergebnisses und des Verdachts, der Angeklagte habe nach Außervollzugsetzung des Haftbefehls erneut gegen das Berufsverbot verstoßen, setzte das Amtsgericht am 15. Januar 2001 den Haftbefehl wieder in Vollzug und passte ihn dem Anklageentwurf an. Dieser Entwurf war auch Grundlage der Anklage vom 22. Januar 2001. Am 24. Januar 2001 wurde der Angeklagte auf Grund des Haftbefehls erneut festgenommen; seitdem befindet er sich in Untersuchungshaft.

Am 18. Juli 2001 verurteilte ihn das Landgericht wegen Betruges in neun Fällen, versuchten Betruges in drei Fällen und anderer Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt, über die noch nicht entschieden ist. Im Anschluss an das Urteil beschloss die Strafkammer, den Haftbefehl aufrechtzuerhalten. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Angeklagten vom 18. Oktober 2001, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. Die Voraussetzungen der Untersuchungshaft sind weither hin erfüllt.

1. Der Angeklagte ist auf Grund des Urteils der in dem Haftbefehl genannten Taten dringend verdächtig. Dieser Verdacht wird auch von der Verteidigung nicht angegriffen.

2. Auf Grund der Strafe, mit der der Angeklagte für den Fall der Rechtskraft des Urteils rechnen muss, und des für diesen Fall auch zu erwartenden Widerrufs der Aussetzung der zweijährigen Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 11. Mai 1999, besteht auch zunächst Grund zu der Annahme, dass der Angeklagte sich der möglichen Strafvollstreckung entziehen würde, sollte der Haftbefehl aufgehoben oder außer Vollzug gesetzt werden. Auf der anderen Seite hat die Strafkammer festgestellt, dass "er in gefestigten sozialen Verhältnissen lebt und zwei relativ kleine Kinder hat, an denen er ganz offensichtlich sehr hängt" (UA S. 39); diese Bindung wird aus Sicht des Senats ein - aus der Straferwartung resultierendes - Fluchtmotiv soweit entkräften, dass von einer Fluchtgefahr im Sinne von § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO derzeit nicht gesprochen werden kann.

Doch besteht gegen den Angeklagten der Haftgrund der Wiederholungsgefahr nach § 112 a Abs. 1 Nr. 2 StPO.

Der Angeklagte ist auf Grund der Urteilsfeststellungen dringend verdächtig, wiederholt Betrugsstraftaten begangen zu haben, die die Rechtsordnung schwerwiegend beeinträchtigen. Vier der abgeurteilten Betrugsstraftaten hat die Strafkammer als schwere Fälle im Sinne von § 263 Abs. 3 StGB bewertet.

Die Gefahr, dass der Verurteilte, sollte der Haftbefehl aufgehoben oder außer Vollzug gesetzt werden, weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begehen würde, ist dadurch begründet, dass er früher bereits Betrugsstraftaten im Baubereich, und zwar überwiegend - wie ihm auch jetzt zur Last gelegt wird - Liquiditätsbetrügereien, begangen hat, wofür ihn das Amtsgericht Neuruppin, wie erwähnt, am 11. Mai 1999 zu einer Freiheitsstrafe verurteilte. Auch schon vor diesem Urteil wurde er wegen Betrugs bestraft: Am 10 Oktober 1991 verhängte das Amtsgericht ... gegen ihn wegen Betruges in sechs Fällen eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und setzte deren Vollstreckung zur Bewährung aus.

Die Wiederholungsgefahr wird zusätzlich dadurch begründet, dass auf Grund mehrerer - in dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls (Band IV Blatt 741 d. A.) im Einzelnen aufgeführter - Zeugenvernehmungen starke Indizien dafür sprechen, dass der Angeklagte nach Außervollzugsetzung des Haftbefehls weiterhin als faktischer Geschäftsführer der alten Gesellschaft aufgetreten ist und dadurch gegen das Berufsverbot verstoßen hat.

3. Die Fortdauer der Untersuchungshaft steht zur Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe auch nicht außer Verhältnis (§ 120 Abs. 1 S. 1 StPO). Dies gilt auch angesichts des Todesfalls in der Familie des Angeklagten, über den der Verteidiger dem Senat berichtet hat.

Ende der Entscheidung

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