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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 08.09.2004
Aktenzeichen: 3 U 110/03
Rechtsgebiete: LPG-G/DDR, EGBGB, BGB, ZGB/DDR
Vorschriften:
LPG-G/DDR § 27 | |
LPG-G § 13 Abs. 3 | |
LPG-G § 27 Satz 2 | |
EGBGB § 2 b Abs. 6 | |
EGBGB § 2 b Abs. 6 Satz 1 | |
EGBGB § 2 b Abs. 6 Satz 2 | |
EGBGB Art 233 § 2 Abs. 1 | |
BGB § 985 | |
BGB § 93 | |
BGB § 94 | |
BGB § 912 | |
BGB § 986 | |
BGB § 892 Abs. 1 Satz 1 | |
ZGB/DDR § 34 | |
ZGB § 459 | |
ZGB § 295 Abs. 2 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht
Im Namen des Volkes
Urteil
verkündet am 8.9.2004
In dem Rechtsstreit
hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. August 2004 durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 5. Mai 2003 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) - Az. 18 O 112/02 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin das Grundstück in ..., B... 1 und 2, eingetragen im Grundbuch von ..., Blatt ..., Flur ..., Flurstücke 166/3, 167, 168/1 und 168/2, mit der darauf befindlichen Kompakthalle (S...halle), dem Sozial- und Bürogebäude mit Verbinder zur S...halle, mit einem Verwaltungsgebäude und einem Barackengebäude herauszugeben.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Herausgabe eines Grundstücks nebst aufstehenden Gebäuden in Anspruch. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Zu ergänzen ist, dass sich die im Antrag genannte S...halle zum Teil auf einem Flurstück (143/3) befindet, das nicht der Klägerin zugeordnet worden ist, sondern im Eigentum eines Herrn ... H... steht. Die Halle steht im Übrigen auf dem Flurstück der Klägerin 168/2. Sie wird insgesamt von der Beklagten genutzt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, wobei es die Frage offen gelassen hat, ob die Klägerin Alleineigentümerin des Grundstücks sei. Es hat ein Recht der Beklagten zum Besitz angenommen, abgeleitet von der Gärtnerischen Produktionsgenossenschaft "..." (künftig: GPG), die jedenfalls von der ursprünglichen Rechtsträgerin, der Kooperativen Versorgungseinrichtung "..." ... (künftig: KVE) zur Vermietung befugt gewesen sei. Das Besitzrecht der Beklagten leite sich aus den ursprünglich zwischen der GPG und der S... GmbH (künftig: S... ) getroffenen Vereinbarungen ab. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des am 6.5.2003 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) verwiesen.
Gegen das ihr am 20.5.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 16.6.2003 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 4.8.2003 mit einem am 1.8.2003 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens in vollem Umfang weiter. Sie rügt Rechtsverletzungen und eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung durch das Landgericht. Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagten stünde kein Besitzrecht zu, weil schon die KVE der GPG die Sachherrschaft über das Grundstück nicht übertragen habe. Auch ein Recht zum Abschluss von Mietverträgen habe der GPG nicht zugestanden. Aus den vom Landgericht herangezogenen Unterlagen ergebe sich lediglich, dass vorbereitende Maßnahmen für eine noch durchzuführende Vermögensauseinandersetzung beabsichtigt gewesen seien.
Weiter meint die Klägerin, selbst bei einer Berechtigung der GPG zur Vermietung sei jedenfalls keine Vertragsübernahme durch die Beklagte wirksam zustande gekommen. Die GPG habe keine Vorab-Zustimmung zur Vertragsübernahme erteilt, sondern nur zur Gebrauchsüberlassung des Grundstücks an Dritte.
Die Klägerin meint, bereits schon aufgrund des Zuordnungsbescheides vom 11.1.2001 Alleineigentümerin des Grundstücks und der aufstehenden Gebäude zu sein. Selbständiges Gebäudeeigentum sei nicht entstanden, was sich schon aus den bestandskräftigen Bescheiden der Oberfinanzdirektion C... über die Ablehnung der Anträge der KVE i.L. auf Feststellung und Zuordnung selbständigen Gebäudeeigentums ergebe. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen für die Entstehung selbständigen Gebäudeeigentums nicht vor. Insbesondere habe die KVE nicht selbst die Gebäude aus eigenen Mitteln errichtet.
Die Klägerin beantragt nunmehr sinngemäß,
unter Abänderung des am 5.5.2003 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 18 O 112/02, die Beklagte zu verurteilen, an sie das Grundstück in ... B... 1 und 2, eingetragen im Grundbuch von ..., Blatt ..., Flur ..., Flurstücke 166/3, 167, 168/1 und 168/2, mit der darauf befindlichen Kompakthalle (S...halle), dem Sozial- und Bürogebäude mit Verbinder zur S...halle, einem Verwaltungsgebäude und einem Barackengebäude herauszugeben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte nimmt ebenfalls auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug und verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend. Sie meint, aus der Gesamtschau der überreichten Unterlagen sowie dem damaligen Lebenssachverhalt habe das Landgericht den zutreffenden Schluss gezogen, dass die Nutzung der Gebäude der GPG übertragen worden sei. Dadurch habe die GPG das Eigentum erworben. Selbständiges Gebäudeeigentum sei zuvor bereits nach § 27 LPG-G/DDR entstanden. Die Beklagte behauptet, die KVE sei Investitionsträgerin, Auftraggeberin und Errichterin der Gebäude gewesen. Sie meint, in der Übergabe des Besitzes an die GPG liege eine Eigentumsübertragung, wobei Formfehler nach dem Übergangsrecht gem. Art. 233 § 2 b Abs. 6 EGBGB unschädlich seien. Die Beklagte ist weiter der Ansicht, die Bestandskraft der Bescheide der Oberfinanzdirektion C... , mit der die Zuordnung selbständigen Gebäudeeigentums auf die KVE i.L. abgelehnt worden war, stünde der Feststellung des selbständigen Gebäudeeigentums im vorliegenden Rechtsstreit nicht entgegen. Eine endgültige Bereinigung der Eigentumsverhältnisse an den fraglichen Grundstücken und Gebäuden sei mit dem Inhalt dieser Bescheide nicht ausgeschlossen worden. Entscheidend sei der Eigentumserwerb auf der Grundlage des LPG-Gesetzes.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Ihr steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Herausgabe von Grundstück und Gebäuden gemäß § 985 BGB zu.
Die Klägerin ist Alleineigentümerin der mit der Klage herausverlangten Flurstücke und der Gebäude. Sie kann sich insoweit allerdings nicht allein auf die erfolgte Vermögenszuordnung durch bestandskräftigen Bescheid der Oberfinanzdirektion B... vom 11.1.2001 berufen, weil die Zuordnung unbeschadet privater Rechte Dritter (§ 2 Abs. 1 a VZOG) ergeht. Für das alleinige Eigentum der Klägerin am Grundstück streitet allerdings schon der öffentliche Glaube des Grundbuchs, § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Beklagte hat die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht bewiesen.
Das Grundstück steht nicht in gemeinschaftlichem Eigentum der Klägerin und der Beklagten gemäß § 34 ZGB/DDR in Verb. mit Art 233 § 2 Abs. 1 EGBGB. Art. 34 ZGB selbst regelt nicht die Entstehung von Mit- bzw. Gesamteigentum, sondern setzt diese voraus. Gesamteigentum ist auch nicht durch Errichtung der Gebäude auf dem Grundstück durch die KVE entstanden. Zwar stand das Eigentum an der Kooperativen Versorgungseinrichtung gesamthänderisch den Trägerbetrieben der KVE zu (§ 13 LPG-G/DDR; LPG-Recht, Lehrbuch 1976, Ziffer 7.2.3). Die KVE "..." war selbst gemäß § 13 Abs. 3 LPG-G in Verbindung mit ihrem Statut eine juristische Person. Als solche war sie nicht Eigentümerin, sondern Rechtsträgerin des früheren Volkseigentums an dem streitgegenständlichen Grundstück. Gesamteigentum der Trägerbetriebe der KVE an dem Grundstück ist nicht entstanden. Gesamteigentum bestand lediglich am Vermögen der KVG insgesamt. Diese besaß aber das Eigentum an dem Grundstück nicht, da es weiterhin im Eigentum des Volkes stand. Durch die Teilhabe an der KVE konnte somit die GPG als einer der Trägerbetriebe nicht (gemeinschaftliches) Eigentum an dem Grundstück selbst erlangen.
Eine Übertragung der Rechtsträgerschaft am Grundstück auf die GPG hat zu keiner Zeit stattgefunden. Selbst wenn man den überreichten Unterlagen aus der Zeit der Auflösung der KVE die Absicht eines Rechtsträgerwechsels entnehmen könnte, so wäre dieser nicht formgemäß erfolgt. Nach der Anordnung über die Rechtsträgerschaft an volkseigenen Grundstücken vom 7.7.1969 (RTAO - GBl DDR 1969 Teil II, S. 433), die bis zum 2.10.1990 in Kraft war, bedurfte ein Rechtsträgerwechsel der Mitwirkung des Rates der Gemeinde und bestimmter Förmlichkeiten (§§ 3 ff. RTAO), die sämtlich nicht eingehalten worden sind. Jedenfalls ist hierfür durch die Beklagte auch auf einen Hinweis im Termin vom 25.2.2004 nichts vorgetragen worden.
Miteigentum der Beklagten ist auch nicht nach § 459 in Verbindung mit § 295 Abs. 2 ZGB entstanden. Hiernach konnte Miteigentum nur an vertraglich genutzten Grundstücken erworben werden. Die Bebauung eines volkseigenen Grundstücks, das in Rechtsträgerschaft einer sozialistischen Genossenschaft stand, führte nicht zum Entstehen von Miteigentum zu Gunsten der Genossenschaft (Kimme, Offene Vermögensfragen, § 3 VZOG Rz. 41; BGH, ZIP 1996, 56).
Die Klägerin ist auch Eigentümerin der auf dem Grundstück aufstehenden Gebäude. Dies folgt aus §§ 93, 94 BGB. Selbständiges Gebäudeeigentum ist nicht entstanden. Sollte die KVE selbst und mit eigenen Mitteln die Gebäude errichtet haben, worüber die Parteien streiten, so käme zwar grundsätzlich ein Erwerb selbständigen Gebäudeeigentums nach § 27 Satz 2 LPG-G in Betracht. Der Senat geht davon aus, dass eine Kooperative Versorgungseinrichtung grundsätzlich selbständiges Gebäudeeigentum auf Grund der genannten Vorschrift erwerben konnte (so auch: Brandenburgisches Oberlandesgericht, 8. Zivilsenat, OLG-NL 1995, 201 f.; 5. Zivilsenat, OLG-NL 1998, 138/139; Thüringer Oberlandesgericht, OLGR 1998, 450 ff.). Auch in dem Musterstatut für Kooperative Einrichtungen (GBl. DDR 1972 Teil II, S. 782 ff.), dem das Statut der KVE ... entsprach, war in Ziffer 57 Abs. 4 ausdrücklich bestimmt, dass die von der Kooperativen Einrichtung errichteten Gebäude und Anlagen unabhängig vom Eigentum am Grund und Boden Eigentum der kooperativen Einrichtung werden. Der Senat hatte dem Beweisantritt der Beklagten hinsichtlich der Errichtung der Gebäude durch die KVE gleichwohl nicht nachzugehen, weil dem die bestandskräftigen Bescheide der Oberfinanzdirektion C... vom 24.5.2002, 28.5.2002 und 30.5.2002 entgegenstehen, mit denen jeweils der Antrag der KVE i.L. auf Zuordnung gesonderten Gebäudeeigentums abgelehnt worden ist. Der Senat folgt insoweit der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des 5. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, wonach die Zivilgerichte grundsätzlich Existenz und Inhalt eines Verwaltungsaktes zu beachten haben, so lange er nicht von Amts wegen oder auf einen Rechtsbehelf hin in dem dafür vorgesehenen Verfahren aufgehoben worden ist. An der Bindungswirkung ändert sich auch dann nichts, wenn der Bescheid nicht gegenüber allen Betroffenen wirksam zugestellt worden ist (BGH, NJW 1998, 3055 ff.; siehe auch: BGH, VIZ 1995, 592 ff.; OLG Brandenburg, 8. Zivilsenat, OLG-Report 2002, 296; Schmidt-Räntsch/Hiestand, Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, § 2 VZOG Rz. 37 ff.). Die Bindungswirkung hinsichtlich des Bescheids vom 24.5.2002, betreffend den Kompaktbau mit Verbinder (zum Sozialgebäude) entfällt nicht deshalb, weil im ersten Absatz des Teils III der Begründung ausgeführt worden ist, eine Zuständigkeit der Zuordnungsbehörde sei nicht gegeben. Die Oberfinanzdirektion C... hat die beantragte Zuordnung, wie sich aus dem Gesamtinhalt der Begründung ergibt, nicht wegen Unzuständigkeit abgelehnt, sondern eine inhaltliche, materiell-rechtliche Prüfung vorgenommen und in deren Ergebnis festgestellt, dass selbständiges Gebäudeeigentum nicht entstanden sei. Die Ablehnung beruht auf einer sachlichen, inhaltlichen Prüfung und nicht auf der Verneinung der Zuständigkeit der Behörde. An diese inhaltliche Entscheidung ist der Senat als Zivilgericht gebunden. Die übrigen Bescheide enthalten eine derartige, scheinbar einschränkende Formulierung ohnehin nicht. Auf die inhaltliche Begründung der Bescheide und darauf, ob diese zutrifft, kommt es nicht an. Die Bindungswirkung tritt ein, solange nicht der Bescheid im Verwaltungsweg aufgehoben worden ist. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Die KVE i.L. hat sich vielmehr, soweit ersichtlich, gegen die Bescheide nicht gewandt. Die Beklagte, die ihr Besitzrecht von einem Gebäudeeigentum, das ursprünglich in der Person der KVE entstanden sein soll, ableitet, muss sich daher ebenfalls an der bestandskräftigen Versagung der Zuordnung von gesondertem Gebäudeeigentum festhalten lassen.
Auch die S...halle steht im Eigentum der Klägerin, obwohl sie zu einem großen Teil auf einem fremden Grundstück steht. Insoweit hat die Klägerin vorgetragen, die Halle befinde sich "zu 56 % der umbauten Fläche" auf dem in ihrem Eigentum stehenden Flurstück 168/2 und im Übrigen auf dem Flurstück 143/3 des Herrn H... . In erster Instanz hat die Beklagte erwidert, die Halle befinde sich "maßgeblich" auf dem Grundstück des Herrn H... . Dabei handelt es sich nicht um substanziiertes Bestreiten der konkreten Behauptung der Klägerin. Die Beklagte hätte genau vortragen müssen, welcher Anteil der Halle auf dem fremden Grundstück sehen soll. Der Senat geht daher davon aus, dass sich die Halle überwiegend auf dem Grundstück der Klägerin befindet. Hierauf kommt es jedoch nicht einmal entscheidend an, da die Überbauung jedenfalls unstreitig vom Grundstück der Klägerin ausgegangen ist. Somit steht ihr das Eigentum an der gesamten Halle gemäß §§ 93, 94, 912 BGB zu, weil der Eigentümer des Grundstücks, von dem der Überbau ausgegangen ist, Eigentümer des Gesamtgebäudes wird, unabhängig davon, zu welchem Anteil das Gebäude auf welchem Grundstück steht.
Der Beklagten steht weder am Grundstück oder an Teilen desselben noch an den aufstehenden Gebäuden ein Besitzrecht gemäß § 986 BGB zu. In Betracht kommt lediglich die Ableitung eines Besitzrechtes, das sich aus einem Mietvertrag zwischen der GPG und der S... ergeben könnte. Die GPG konnte jedoch nicht rechtswirksam über den Besitz an Grundstück und Gebäuden verfügen. Es fehlt an einer Berechtigung der GPG zur Vermietung. Eine solche könnte sie allenfalls von der ursprünglich verfügungsberechtigten KVE ableiten. Die GPG hatte weder das Eigentum am Grundstück (s.o.), noch ist sie von der KVE zur Vermietung bevollmächtigt worden. Gebäudesondereigentum konnte die GPG schon deshalb nicht erwerben, weil dieses nicht entstanden war. Unabhängig davon ist es aber zu einer Übertragung von Gebäudesondereigentum - unterstellt, dieses wäre entstanden - mangels Einigung zwischen der KVE und der GPG nicht gekommen.
Die Missachtung von Formvorschriften, die hier jedenfalls nicht eingehalten worden sind, wäre allerdings unschädlich, weil eine Heilung nach Art. 233 § 2 b Abs. 6 Satz 1 und 2 EGBGB in Betracht kommen könnte. Nach dieser Regelung werden jedoch nur nicht eingehaltene Formvorschriften geheilt. Andere Mängel eines Erwerbsgeschäfts werden nicht umfasst (vgl. nur: Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., Art. 233 § 2 b Rz. 7). Der Senat kann den durch die Parteien vorgelegten Unterlagen über die Verhandlungen bei Auseinandersetzung der KVE nicht mit hinreichender Klarheit entnehmen, dass zwischen der KVE und der GPG Einigkeit darüber bestanden hat, eventuell entstandenes Gebäudesondereigentum auf die GPG zu übertragen. Ebenso wenig ergibt sich aus den Unterlagen die Überlassung des Besitzes am Grundstück und die Übertragung des Rechts zur Vermietung an die GPG. Der vom Landgericht vorgenommenen Auslegung vermag der Senat nicht zu folgen. Heranzuziehen sind, wie dies auch das Landgericht getan hat, die "Konzeption zur Beendigung der Tätigkeit der Kooperativen Versorgungseinrichtung "... " ... " vom 8.3.1990 (Bl. 151 ff. GA), das Protokoll der 30. Beratung des Rates der KVE vom 21.3.1990 (Bl. 143 GA), der Inhalt der gefassten Beschlüsse in der Ratssitzung der KVE vom 13.6.1990, wobei letztere - wie vom Landgericht auf Seite 3 unten seines Urteils festgestellt - zwischen den Parteien unstreitig sind, wenn auch ein entsprechendes Protokoll hier nicht vorgelegt wurde, sowie der Löschungsantrag betreffend die KVE vom 20.6.1990 (Bl. 205 GA). Aufgrund dieser Unterlagen und des Sachvortrags der Parteien ergibt sich für den Senat aus der Konzeption vom 8.3.1990 zunächst, dass die KVE beabsichtigte sich aufzulösen und zu diesem Zweck das Vermögen auf die Trägerbetriebe aufzuteilen. Dabei sollten auch die Grundmittel geteilt werden. Es waren bestimmte Förmlichkeiten für die Aufteilung vorgesehen, nämlich sogenannte "Übergabe-/Übernahmeinventuren", die "protokollarisch aufgenommen" werden sollten (S. 3 der Konzeption). Hinsichtlich der Grundstücke war ins Auge gefasst, jeweils einen Rechtsträgerwechsel vorzunehmen und die gesetzlich dafür vorgesehenen Förmlichkeiten einzuhalten (S. 4 der Konzeption, erster Anstrich). Gleiches sollte für die "Objekte und Einrichtungen der KVE" gelten. Diese Konzeption sollte mit Beschlussfassung des Rates der KVE vom 21.3.1990 in Kraft treten und sodann die Löschung der KVE erfolgen (S. 7 am Ende). Aus der Anlage zu dieser Konzeption ergibt sich weiter, dass hinsichtlich der Anlage M...dorf, die die hier streitgegenständlichen Flurstücke umfasst, ebenfalls eine sogenannte Übergabe-/Übernahmeinventur erfolgen sollte, und zwar bis zu einem bestimmten Datum, soweit leserlich, dem 19.3.1990. Eine solche vorgesehene Übergabe-/Übernahme-inventur ist in diesem Rechtsstreit nicht vorgelegt worden. Die Parteien haben auch nicht behauptet, dass es eine solche Inventur tatsächlich gegeben hat und welchen konkreten Inhalt sie gehabt haben soll. Aus dem Protokoll über die Ratssitzung der KVE vom 21.3.1990 ergibt sich, dass die Konzeption über die Auflösung der KVE beraten und bestätigt worden ist. Es ist darüber hinaus festgehalten worden, dass die Termine der Inventuren zur Übergabe an die Trägerbetriebe "abgestimmt und eingehalten" worden seien (S. 1 des Protokolls). Nähere Angaben dazu fehlen. Weiter wird nur erwähnt, dass "zur Zeit" in ... die Übergabe "des Stützpunktes" an die GPG "..." erfolge. Auf Seite 6 der Anlage zum Protokoll heißt es sodann, die Termine für die Durchführung der Übergabeinventuren seien mit den künftigen Trägerbetrieben abgestimmt. Zum Schluss wird festgehalten, dass die Aufteilung bis zum 30.6.1990 abgeschlossen sein solle. Schließlich ergibt sich aus dem zwischen den Parteien unstreitigen Inhalt einer Ratssitzung vom 13.6.1990, dass die GPG Gebäude und Anlagen der Betriebsstätte erwerben wolle. Die übrigen Trägerbetriebe seien damit einverstanden gewesen, woraufhin der GPG der Wert der Gebäude und Anlagen in der Aufstellung über die Vermögensaufteilung zugerechnet worden sei als "bereits erhalten". Für die übrigen Trägerbetriebe seien entsprechend ihren Anteilen Forderungen an die GPG ausgewiesen worden.
Aus diesen Anhaltspunkten vermag der Senat zum Einen nicht darauf zu schließen, dass die KVE und die GPG sich darüber einig waren, der GPG Eigentum an den streitgegenständlichen Grundstücken (oder Gebäuden) zu übertragen. Zum anderen kann den schriftlichen Niederlegungen nicht mit hinreichender Klarheit entnommen werden, dass der GPG der Besitz an den Grundstücken mit Willen des Rates der KVE übertragen worden ist. Zwar ist die ursprünglich bestehende entsprechende Absicht der KVE klar dokumentiert worden, deren Vollzug ist jedoch äußerst unklar. Insbesondere ergeben sich daraus Zweifel, dass die mehrfach erwähnte Übergabe-/Übernahmeinventur nicht vorgelegt worden ist. Auch zu deren Inhalt ist nichts vorgetragen worden. Der Inhalt des Protokolls vom 21.3.1990 lässt nicht klar erkennen, ob hinsichtlich der Anlage ...dorf die Übergabe schon abgeschlossen war oder erst unmittelbar bevorstand. Flurstücke werden nicht bezeichnet. Auch der Ratsbeschluss vom 13.6.1990 ist nicht eindeutig. Von den Grundstücken ist darin überhaupt nicht die Rede, sondern lediglich von Gebäuden, die auch noch von der GPG gekauft werden sollten. Dazu ist es in keinem Fall gekommen. Schon eine einverständliche Besitzübergabe ist demnach zweifelhaft. Der weitergehende Schluss darauf, dass die GPG aber jedenfalls berechtigt sein sollte, im eigenen Namen Mietverträge über Grundstücke und Anlagen abzuschließen, kann keinesfalls gezogen werden. Die vom Landgericht herangezogene Begründung, der GPG habe auf diese Weise eine Sicherung ihrer Solvenz zukommen sollen, entbehrt tatsächlicher Anhaltspunkte im Vortrag der Parteien. Es ist auch nicht erkennbar, dass der Rat der KVE sich Gedanken über das Vorgehen für den Fall gemacht haben könnte, dass es nicht zu einem Ankauf durch die GPG - wie offenbar vorgesehen - kam. Eine Berechtigung der GPG zur Vermietung lässt sich somit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mit hinreichender Sicherheit feststellen.
Mangelt es bereits an der Verfügungsbefugnis der GPG, so kommt es auf die Fragen, ob ein wirksamer Mietvertrag zwischen der GPG und der S... unter dem 7.3.1991 abgeschlossen worden ist, ob eine wirksame Vertragsübernahme und damit ein Eintritt der Beklagten als Mieterin anstelle der S... mit Vertrag vom 2.1.1992 zustande gekommen ist und ob das Mietverhältnis gegebenenfalls wirksam gekündigt worden sein könnte, nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht. Zwar war zunächst in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob ein bestandskräftiger Bescheid im Zuordnungsverfahren nach dem VZOG in jedem Fall Bindungswirkung entfaltet, auch bei Beteiligung Dritter an einem folgenden Rechtsstreit. Diese Frage ist jedoch jedenfalls nach den oben bereits zitierten Entscheidungen des 5. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs als höchstrichterlich geklärt anzusehen. Im Übrigen kommt es auf diese Streitfrage im vorliegenden Fall auch deshalb nicht entscheidend an, weil die Beklagte letztendlich von der Antragstellerin im Zuordnungsverfahren ihr Recht ableitet und eine Bindungswirkung im Hinblick auf die verfahrensbeteiligte KVE jedenfalls nach ganz allgemeiner Ansicht besteht.
Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz beträgt gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 2 Satz 1 GKG a.F. Art. 1 § 72 Nr. 1 KostRMoG 15.338,76 €. Der Senat macht zugleich von der Befugnis gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 GKG a.F. Gebrauch und setzt den Gebührenstreitwert für die Eingangsinstanz unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Beschlusses vom 12.3.2003 von Amts wegen ebenfalls auf 15.338,76 € fest. § 16 Abs. 2 Satz 1 GKG a.F. ist anwendbar, wenn der Kläger die Räumung zwar nur aufgrund seines Eigentums verlangt, der Beklagte jedoch das Bestehen eines Nutzungsverhältnisses einwendet, weil in einem solchen Fall das Gericht auch die Frage der Beendigung des Nutzungsverhältnisses klären muss (Hartmann, Kostengesetze, 31. Aufl., § 16 GKG Rz. 28; BGHZ 48, 177 ff.). Es kommt mithin auf den einjährigen Nutzungswert an, und zwar für Grundstück und Gebäude. Die Klägerin trägt hierzu vor, die Jahresmiete betrage "wie beklagtenseitig behauptet" 30.000,00 DM. Da die Klägerin selbst nicht dazu vorträgt, dass ein höheres Nutzungsentgelt ortsüblich sei, ist von diesem Wert auszugehen.
Ende der Entscheidung
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