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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 25.05.2005
Aktenzeichen: 3 U 130/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 138 Abs. 1
BGB § 312
BGB § 312 Abs. 1 Satz 1
BGB § 312 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 355
BGB § 355 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
3 U 130/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 25.05.2005

verkündet am 25.05.2005

Im Namen des Volkes Urteil

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts unter Mitwirkung

der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht ..., der Richterin am Oberlandesgericht ... und des Richters am Oberlandesgericht ...,

auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27. Mai 2004 verkündete Urteil des Landgerichts Cottbus - 6 O 332/03 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Prozessparteien streiten darum, ob die Klägerin von der Beklagten die Herausgabe von näher bezeichneten Wertpapieren - Aktien und Investmentzertifikaten - verlangen kann, die sich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz in ihrem bei der Beklagten geführten Bankdepot Nr. ... befunden haben und die Gegenstand der beiden Verpfändungserklärungen der Klägerin vom 04./05. Dezember 2002 (Kopie Anlage K5 = GA I 44 f.) und 19./23. Dezember 2002 (Kopie Anlage K7 = GA I 46 f.) sind.

Zur näheren Darstellung des Tatbestandes und der bisherigen Prozessgeschichte wird zunächst auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfange stattgegeben; die der wirksamen Pfandrechtsbestellung zugrunde liegende schuldrechtliche Sicherungsvereinbarung sei - so hat die Zivilkammer begründend ausgeführt - in einer Haustürsituation zustande gekommen und erfolgreich widerrufen worden. Aufgrund der vorläufig vollstreckbaren Entscheidung erster Instanz hat die Klägerin - unter Vorlage einer Prozessbürgschaft - die Übertragung der streitgegenständlichen Wertpapiere zur Verwahrung bei einer anderen Bank veranlasst. Im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 27. April 2005 ist von den Prozessparteien übereinstimmend zu Protokoll erklärt worden, die Verpfändung sei ausschließlich wegen des Darlehens gemäß Vertrag vom 19. Dezember 2002 in Höhe von € 115.000,00 erfolgt (GA I 299, 300).

Das landgerichtliche Urteil, auf das auch wegen der Entscheidungsgründe im Einzelnen Bezug genommen wird, ist der Beklagten am 30. Juni 2004 zu Händen ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten zugestellt worden. Sie hat am 29. Juli 2004 mit anwaltlichem Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel durch einem am 09. August 2004 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen Anwaltsschriftsatz begründet.

Die Klägerin ficht das landgerichtliche Urteil - unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens - in vollem Umfange an. Sie trägt insbesondere Folgendes vor:

Die Eingangsinstanz habe sich mit dem ursprünglich von der Klägerin allein geltend gemachten Anspruch aus positiver Vertragsverletzung nicht auseinandergesetzt und keine Feststellungen dazu getroffen, in welcher finanziellen Situation sich die ... GbR befunden habe und was der Klägerin davon bekannt gewesen sei. Einen Widerruf nach § 355 BGB gebe es von Letzterer im Zusammenhang mit den Verpfändungserklärungen - entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil - nicht. Die Feststellungen der Zivilkammer dazu, wo die Verpfändungserklärungen abgegeben wurden, seien indifferent. Für die Annahme eines plötzlichen Herbeirufens der Klägerin fehle eine tatsächliche Grundlage; sie - die Beklagte - habe eingewandt, dass die Klägerin auf beide Termine vorbereitet gewesen sei, und der Vorschlag zu deren Durchführung in den Geschäftsräumen der ... GbR aus dem klägerischen Lager stamme. Der Schutzbereich des Widerrufsrechts bei Haustürgeschäften werde - ausgehend von der höchstrichterlichen Rechtsprechung - im Streitfall nicht berührt; zudem fehle es an einer so genannten Haustürsituation. Schließlich sei ein eventuelles Widerrufsrecht jedenfalls längst gemäß § 355 Abs. 3 BGB erloschen gewesen, als der vorliegende Rechtsstreit begonnen habe.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt - ihr erstinstanzliches Vorbringen ebenfalls wiederholend und vertiefend - das angefochtene Urteil. Dazu trägt sie insbesondere Folgendes vor:

Ein Anspruch aus positiver Forderungsverletzung stehe ihr unabhängig vom Widerrufsrecht gemäß § 312 BGB zu. Die Beklagte habe sich in einem Interessenkonflikt befunden: Die Absicherung ihres Kredits sei nur mit der Verpfändung anderer Guthaben zu erlangen gewesen und sowohl bei den Kreditnehmern als auch bei der Sicherheitengeberin habe es sich um ihre Kunden gehandelt. Unter solchen Umständen erwachse der Bank - speziell bei einer prekären wirtschaftlichen Situation des Darlehensnehmers - die Verpflichtung, den Sicherungsgeber auf die Wirkungen und Folgen einer Verpfändungserklärung hinzuweisen. Ein Widerruf im Sinne von § 355 BGB liege bereits im klägerischen Schreiben vom 17. April 2003 (Kopie GA I 55 f.), mit dem die Verpfändung angefochten und die Herausgabe des Depots verlangt worden sei. Auch die später hier im Prozess abgegebenen Erklärungen könnten nicht anders verstanden werden. Vorsorglich mache sie nochmals explizit von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch. Die erstinstanzlichen Feststellungen zu den örtlichen Verhältnissen seien nicht zu beanstanden. Aus dem Parteivorbringen habe das Landgericht ferner zutreffend geschlussfolgert, dass sie - die Klägerin - plötzlich herübergerufen worden sei. Auf keinen Fall habe die Unterzeichnung der Verpfändungserklärungen auf ihren Wunsch in den Geschäftsräumen der ... GbR stattgefunden. Das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften müsse zumindest dann unabhängig von der Art des abzusichernden Kreditgeschäfts Anwendung finden, wenn - wie hier - die Verpfändungserklärung faktisch das gesamte Vermögen des Sicherungsgebers umfasse und der Darlehensvertrag ebenfalls in einer Haustürsituation abgeschlossen worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der bisherigen Prozessgeschichte wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, auf die Terminsprotokolle beider Instanzen und auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

A. Das Rechtsmittel der Beklagten ist zulässig; es wurde von ihr insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). In der Sache selbst hat es ebenfalls Erfolg. Es führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und zur Abweisung der Klage. Die Klägerin kann von der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die Herausgabe der streitgegenständlichen Wertpapiere verlangen. Letztere sind wirksam zur Sicherung der Ansprüche der Beklagten gegen die ... GbR aus dem Darlehensvertrag vom 19. Dezember 2002 verpfändet worden. Einen Anspruch auf Rückgängigmachung der Verpfändung hat die Klägerin nicht. Die Beklagte ist weder zur Rückabwicklung der der Pfandrechtbestellung zugrunde liegenden schuldrechtlichen Sicherungsvereinbarung als Haustürgeschäft nach erfolgreichem Widerruf verpflichtet (§ 346 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 1 Satz 1 und § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB), noch muss sie entsprechende Naturalrestitution gewähren wegen positiver Forderungsverletzung (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder wegen eines Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen (§ 280 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB). Dass die Klägerin zwischenzeitlich die Übertragung der Wertpapiere zur Verwahrung bei einer anderen Bank veranlasst hat, ist für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Bedeutung; die Erfüllungswirkung bleibt bis zum Eintritt der Rechtskraft in der Schwebe, wenn der Schuldner - wie hier die Beklagte - erkennbar zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem lediglich vorläufig vollstreckbaren Titel leistet (vgl. Jauernig/Stürner, BGB, 10. Aufl., § 362 Rdn. 4; Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 362 Rdn. 12; jeweils m.w.N.). Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Die Klägerin kann die der Pfandrechtbestellung zugrunde liegende schuldrechtliche Sicherungsvereinbarung nicht mit Erfolg als Haustürgeschäft widerrufen.

a) In Fällen der hier streitgegenständlichen Art besteht kein Widerrufsrecht nach § 312 Abs. 1 Satz 1 BGB.

aa) Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH, Urt. v. 17.03.1998 - C-45/96, WM 1998, 649 = NJW 1998, 1295) und des Bundesgerichtshofes (BGHZ 139, 21) fällt ein Bürgschaftsvertrag, der von einer außerhalb des Rahmens einer Erwerbstätigkeit handelnden Personen geschlossen wird, nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie 85/577/EWG beziehungsweise des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften, wenn er die Rückzahlung einer Schuld absichert, die der Hauptschuldner bei seiner Erwerbstätigkeit begründet hat (vgl. hierzu auch Mackenthun in Rösler/ Mackenthun/Pohl, Handbuch Kreditgeschäft, 6. Aufl., S. 755). An die Stelle des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften sind mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts am 01. Januar 2002 die entsprechenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches getreten. Dass unter die Richtlinie 85/577/EWG lediglich eine Bürgschaft für eine Verbindlichkeit fallen kann, die ein Verbraucher im Rahmen eines Haustürgeschäfts gegenüber einem Gewerbetreibenden als Gegenleistung für Waren und Dienstleistungen eingegangen ist, hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften aus dem Wortlaut der Richtlinie 85/577/EWG und aus dem akzessorischen Charakter dieses Sicherungsmittels geschlossen (EuGH, Urt. v. 17.03.1998 - C-45/96, WM 1998, 649 = NJW 1998, 1295, Tz 22; vgl. dazu Nobbe, Bankrecht - Aktuelle höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung, Rdn. 879). Die Frage, ob das deutsche Recht eine Regelung enthält, deren Schutzbereich über diejenige der Richtlinie 85/577/EWG hinausgeht, ist vom Bundesgerichtshof ebenfalls geprüft und verneint worden (vgl. BGHZ 139, 21, 25 f.).

bb) Soweit es - wie hier - um die schuldrechtliche Verpflichtung zur Bestellung eines dinglichen Pfandrechts geht, das gleichermaßen streng akzessorischen ist (arg. § 1252 BGB; vgl. Jauernig aaO, § 1204 Rdn. 2; Palandt/Bassenge aaO, § 1204 Rdn. 1 und 13), kann nichts Abweichendes gelten. Denn es ist kein Grund ersichtlich, der eine Unterscheidung zu rechtfertigen vermag. Aus der Beantwortung der Frage, ob das Versprechen, zur Absicherung eines Geschäftskredits eine Grundschuld zu bestellen, in den Anwendungsbereich der Richtlinie 85/ 577/EWG und damit des § 312 BGB fällt, lässt sich für Sachverhaltskonstellationen der vorliegenden Art nichts herleiten. Die Existenz einer Grundschuld hängt - ähnlich wie die Wirksamkeit einer Sicherungsübereignung - ausdrücklich nicht vom Bestand der zu sichernden Forderung ab (arg. § 1196 BGB; vgl. Jauernig aaO, § 1191 Rdn. 6 und 8 f.; Palandt/Bassenge aaO, § 1191 Rdn. 14). Die Entscheidung BGHZ 131, 1 ff. ist im Übrigen, wie der Senat im Termin der mündlichen Verhandlung mit beiden Seiten erörtert hat, vor dem oben zitierten EuGH-Urteil ergangen; nachfolgend hat sich der Bundesgerichtshof - soweit ersichtlich - zur Geltung des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften für die Verpflichtung zur Bestellung einer Sicherungsgrundschuld betreffend Verbindlichkeiten, die der persönliche Schuldner im Rahmen von beruflicher oder gewerblicher Tätigkeit eingegangen ist, noch nicht geäußert. In anderem Zusammenhang wurde von ihm allerdings ausgesprochen, dass das Schutzbedürfnis desjenigen, der eine Grundschuld bestellt oder Vermögenswerte verpfändet, geringer ist als das eines Bürgen, weil der dingliche Sicherungsgeber regelmäßig nur einen Bruchteil seines gegenwärtigen Vermögens einsetzt und - vor allem - weil er niemals sein künftiges Vermögen verlieren kann (vgl. BGH, Urt. v. 24.06.1997 - XI ZR 288/96, WM 1997, 1615 = NJW 1997, 2677; Beschl. v. 04.10.2001 -IX ZR 174/99, WM 2002, 919 = WuB I F 2 Pfandrechte 2.03). Auch die zur Sittenwidrigkeit einer Bürgschaft entwickelten Grundsätze sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf die Bestellung einer Sicherungsgrundschuld prinzipiell nicht übertragbar, weil die Vorschrift des § 138 Abs. 1 BGB den Sicherungsgeber nicht davor bewahren will, einen Vermögensgegenstand als Sicherheit zur Verfügung zu stellen, selbst wenn er, was bezüglich der hier allein streitgegenständlichen Wertpapiere ohnehin nicht zutrifft, bei dessen Verwertung neben wirtschaftlichen Nachteilen persönliche - wie beispielsweise den Verlust des langjährig genutzten Eigenheimes - erleidet (vgl. BGHZ 152, 147, 150 f.).

cc) Das Darlehen gemäß Vertrag vom 19. Dezember 2002 über € 115.000,00, das Anlass für die Verpfändung der in dem Depot bei der Beklagten verwahrten Aktien und Investmentzertifikate durch die Klägerin war, hat die ... GbR bei der Beklagten zweifelsfrei im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit aufgenommen. Ob der Darlehensvertrag mit den Gesellschaftern der persönlichen Schuldnerin in einer sogenannten Haustürsituation im Sinne von § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB zustande gekommen ist, spielt - entgegen der Auffassung der Klägerin - keine maßgebliche Rolle. Eine so genannte zweifache Haustürsituation (Palandt/Heinrichs aaO, § 312 Rdn. 8) allein genügt nach der - bereits oben zitierten - neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, nicht für ein Widerrufsrecht nach der Richtlinie 85/577/EWG beziehungsweise nach § 312 BGB.

b) Selbst wenn man - was nicht zutrifft - Fälle der streitgegenständlichen Art als vom sachlichen Geltungsbereich der zitierten verbraucherschutzrechtlichen Vorschriften erfasst ansähe, so würde dies der Klägerin nicht weiterhelfen. Denn ein Widerrufsrecht besteht - soweit hier in Betracht kommend - nur bei solchen Verträgen, zu deren Abschluss der Verbraucher durch mündliche Verhandlungen bestimmt worden ist (§ 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB). Die Haustürsituation und das damit verbundene Überraschungsmoment müssen zu den entscheidenden Beweggründen für die Abgabe der Willenserklärung durch den Verbraucher gehören, also zumindest mitursächlich dafür geworden sein (vgl. dazu Palandt/Heinrichs aaO Rdn. 13). Das lässt sich hier jedoch nicht feststellen. Die Klägerin ist - aufgrund eines vorherigen Gesprächs mit ihrem Ehemann - schon vor dem Eintreffen des damaligen Kreditabteilungsleiters der Beklagten, S... M..., auf dem Areal ... in S... damit konfrontiert worden, dass sie ihr erst vor kurzem erlangtes Wertpapierdepot vorübergehend durch Verpfändung zur Verfügung stellen soll, um einen finanziellen Engpass zu überbrücken, zu dem es durch Außenstände bei der W.. B.. AG gekommen war (LGU 2; GA I 137). Hierzu ist sie dann offensichtlich auch bereit gewesen, ohne dass es noch entsprechender Einwirkungen durch den Kreditabteilungsleiter bedurfte. Ihr wurde, wie sie selbst vorträgt (GA I 176; ferner GA I 137), lediglich gesagt, "sie solle dies unterschreiben und dann wäre es gut", was sie nachfolgend - ohne Brille und ohne zu lesen - getan habe. Ob von S... M... am 05. Dezember 2002 gegenüber der Klägerin geäußert wurde, sie solle sich wegen des Risikos, das Depot zu verlieren, keinerlei Sorgen machen, kann dahinstehen. Die maßgebliche Verpfändungserklärung, aus der allein die Beklagte ihre Rechte herleitet, ist - worauf die Klägerin ausdrücklich hinweist (GA I 176) - erst unterzeichnet worden, als der Kreditabteilungsleiter in der zweiten Dezemberhälfte 2002 erneut erschien. Dass eine Verpfändung die Gefahr in sich birgt, den Pfandgegenstand bei Eintritt des Sicherungsfalles zu verlieren, war der Klägerin - ausweislich ihrer persönlichen Erklärungen im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 12. Februar 2004 (GA I 137) - schon bewusst, als sie erstmals von ihrem Ehemann darauf angesprochen wurde, ob sie den finanziellen Engpass mit ihrem Wertpapierdepot überbrücken könne. Sie konnte nicht damit rechnen, dass ihr die Beklagte dieses Risiko abnehmen werde.

2. Schadensersatzansprüche aus positiver Forderungsverletzung oder wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen stehen der Klägerin ebenfalls nicht zu.

a) Aufklärungs- und Beratungspflichten obliegen den Banken nicht generell, sondern lediglich in besonderen Situationen. Eine Vermögensanlageberatung war im Streitfall von der Beklagten nicht geschuldet; die Klägerin wollte sich nicht an der ... GbR beteiligen. Das streitgegenständliche Wertpapierdepot hatte die Klägerin erst kurz zuvor von einer Verwandten erhalten. Wegen dessen Verpfändung war sie nach den Feststellungen des Landgerichts von ihrem Ehemann angesprochen worden (LGU 2; GA I 137). Unter den im Streitfall gegebenen Umständen dürfen Banken regelmäßig davon ausgehen, dass derjenige Ehegatte, der eine Sicherheit stellt, hinreichend über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens informiert ist, das von dem anderen Ehegatten und dem gemeinsamen Sohn in Form einer Gesellschaft betrieben wird. Hier wusste die Klägerin jedenfalls, dass es bei der ... GbR einen finanziellen Engpass gibt, der überbrückt werden musste, weil die W... B... AG ihren Zahlungsverbindlichkeiten nicht nachgekommen war. Allgemein bekannt ist ferner, dass ein Gegenstand, den man verpfändet, bei Eintritt des Sicherungsfalles verwertet werden und somit verloren gehen kann; dies wusste auch die Klägerin. Dass es tatsächlich nicht zur Pfandverwertung kommt, ist eine Erwartung, die regelmäßig jeder Verpfänder hat. Mit der Stellung einer dinglichen Sicherheit zeigt er indes, dass er über Vermögenswerte verfügt, die er zu Sicherungszwecken einzusetzen bereit ist.

b) Aus den Erklärungen, die die Klägerin nach ihrem Vorbringen am 05. Dezember 2002 abgegeben hat, musste die Beklagte ebenfalls nicht darauf schließen, dass sie hinsichtlich der wirtschaftlichen Situation der ... GbR über einen konkreten Wissensvorsprung verfügt, weil sich die Klägerin und ihr Ehemann zur Vermeidung von Streit nicht über geschäftliche Fragen unterhielten (GA I 145). Es oblag vielmehr in aller erster Linie der Klägerin selbst, sich - im eigenen Interesse (§ 254 Abs. 1 BGB) - zunächst innerhalb der Familie hinreichend zu informieren, bevor sie ihre Aktien und Investmentzertifikate zur Sicherung von Verbindlichkeiten der BGB-Gesellschaft verpfändet. Im Übrigen kann schon nach der Lebenserfahrung nicht angenommen werden, dass die Beklagte als Bank bereit war, der ... GbR ein neues Darlehen auszureichen, dessen Rückgewähr nach ihrer eigenen Einschätzung allenfalls durch die Verwertung von Sicherheiten möglich war. Dass es anlässlich des zweiten Besuchs des Kreditabteilungsleiters, bei dem die hier maßgebliche Verpfändungserklärung vom 19./23. Dezember 2002 durch die Klägerin unterschrieben wurde, zu Erörterungen zwischen den Prozessparteien kam, ist nicht dargetan worden. Unter Berücksichtigung aller vorgenannten Umstände lässt sich auch nicht feststellen, dass S... M... die mit der Verpfändung des Depots verbundenen Gefahren, die - wie bereits oben ausgeführt wurde - erheblich geringer sind als bei der Übernahme einer Bürgschaft, pflicht- und wahrheitswidrig verharmlost hat.

B. Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Danach hat die Klägerin als unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

C. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils folgt aus § 708 Nr. 10 sowie § 711 Satz 1 und 2 i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO. Art und Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt der Senat gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung der in § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO und in § 239 Abs. 2 BGB enthaltenen Rechtsgedanken.

D. Die Revision wird vom Senat - unbeschränkt - zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Dieser Zulassungsgrund liegt vor, wenn eine klärungsbedürftige Rechtsfrage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten steht (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 543 Rdn. 11, m.w.N.). Hier kommt es darauf an, ob die schuldrechtliche Verpflichtung, zur Absicherung eines Geschäftskredits ein dingliches Pfandrecht zu bestellen, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH, Urt. v. 17.03.1998 - C-45/96, WM 1998, 649 = NJW 1998, 1295) und des Bundesgerichtshofes (BGHZ 139, 21) in den Anwendungsbereich des § 312 Abs. 1 Satz 1 BGB fällt. Sollte dies - entgegen der vom Senat vertretenen Auffassung - zu bejahen sein, stellt sich die Frage nach der Mitursächlichkeit einer Haustürsituation im Sinne von § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB für den Vertragsabschluss in Fällen der vorliegenden Art, in denen der Verbraucher vor dem Eintritt der Situation von seinem Ehegatten oder einem anderen Familienangehörigen mit dem Anliegen des Unternehmers vertraut gemacht wird.

E. Der Gebührenstreitwert für den zweiten Rechtszug beträgt € 115.000,00 (§ 6 ZPO i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 48 Abs. 1 Satz 1 und § 72 Nr. 1 2. Halbs. GKG n.F.). Ausgehend von der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, die dem Streitwertrecht zugrunde liegt, ist bei Klagen auf Herausgabe eine Pfandes oder eines sicherungsübereigneten Gegenstandes auf die Höhe der gesicherten Forderung - ohne Nebenansprüche - abzustellen, sofern nicht der Sachwert geringer ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 6 Rdn. 6, m.w.N.). Dies gilt auch bei der Verpfändung von Wertpapieren, die sich - wie hier - in einem Bankdepot befinden.

Ende der Entscheidung

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