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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 01.10.2007
Aktenzeichen: 3 U 28/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 138 Abs. 1
BGB § 138 Abs. 2
BGB § 139
BGB § 535 Abs. 2
BGB § 539 Abs. 1
BGB § 539 Abs. 2
BGB § 543 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 3
BGB § 546 Abs. 1
BGB § 546 Abs. 2
BGB § 546 a Abs. 1
BGB § 570
BGB § 581 Abs. 1 Satz 2
BGB § 581 Abs. 2
BGB § 607 Abs. 1 a.F.
BGB § 608 a. F.
BGB § 812
BGB § 818 Abs. 2
BGB § 985
BGB §§ 987 ff
BGB § 1000
ZPO § 288 Abs. 1
ZPO § 290
ZPO § 531
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 535
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 28/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 01.10.2007

Verkündet am 01.10.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Bunge, den Richter am Oberlandesgericht Hüsgen und den Richter am Amtsgericht Hering

auf die mündlichen Verhandlung vom 5. September 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Versäumnisurteil des Senats vom 30.05.2007 wird aufrechterhalten.

Die weiteren Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 6% und der Beklagte zu 1) zu 94%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils für die Klägerin vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht diese vor ihrer Vollstreckung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche, unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt als Alleinerbin ihres Vaters von den berufungsführenden Beklagten, ihrem Bruder und dessen Ehefrau, Räumung und Herausgabe mehrerer Grundstücksflächen sowie vom Erstbeklagten Zahlung rückständiger Pachten oder Nutzungsentschädigungen, abgerechnete Betriebskosten und die Rückzahlung eines Darlehens nebst Zinsen. Der Erstbeklagte zu 1) (Beklagte) verlangt widerklagend die Zahlung von 10.000,00 € für Wertverbesserungen auf einem gepachteten Grundstück.

Der Vater der Klägerin, der die Klage am 28.01.2000 eingereicht hatte und der am 16.08.2002 verstarb (vgl. Erbschein AG Fürstenwalde vom 09.07.2004 - 22 VI 800/02, 124 GA), verpachtete dem Beklagten gemäß Pachtvertrag vom 01.05.1993 auf einem Grundstück ... Straße 4 in B... eine Scheune und eine Grundstücksfläche von 507 m² zum Betrieb einer Restaurierungsfirma bis zum 01.05.2012 für eine Pacht von 280,00 DM monatlich (vgl. Anlage K 2, Bl. 9 d. GA). Der Erblasser und nach seinem Versterben die Klägerin kündigten den Pachtvertrag wiederholt, die Klägerin zuletzt mit Anwaltsschreiben vom 21.02.2005 (vgl. Bl. 165, 182 d. GA). Die Zweitbeklagte (182 GA) hat unstreitig unmittelbaren Eigenbesitz an der Scheune und den Flächen.

Der Erblasser und die Klägerin rechneten Betriebskosten für die Jahre 1997 und 1998 sowie für die Jahre 2000 bis 2003 ab (vgl. Anlagen K 4, K 5, K 12, K 13, Bl. 157 ff. d. GA). Mit Notarvertrag vom 02.08.2002 (Anl. BK1, Bl. 409 GA) und Genehmigungserklärung vom 07.08.2002 (Bl. 418 ff GA) schenkte der Erblasser der Klägerin das das Pachtobjekt beherbergende Grundstück.

Der Beklagte zu 1) unterzeichnete am 10.12.1992 als Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit seinem Vater als Darlehensgeber über 15.000,00 DM, einen Jahreszins von 12 % und dem 10.12.1995 als Rückzahlungstermin. Die Valuta hat er empfangen.

Die Klägerin hat, teilweise auf der Grundlage einer behaupteten mündlichen Pachterhöhung, rückständige Pachten beansprucht. Weiterhin hat sie abgerechnete Betriebskosten verlangt, die Vertragszinsen auf das Darlehen und die Rückzahlung der Valuta.

Der Beklagte zu 1) hat gegen den vertraglichen Rückgabeanspruch die Nichtigkeit des Pachtvertrages wegen eines formwidrig vereinbarten Vorkaufsrechtes eingewandt und hilfsweise ein Zurückbehaltungsrecht wegen pachtvertraglicher Wertausgleichsansprüche. Gegenüber dem Eigentümerherausgabeanspruch hat er sich unter Hinweis auf § 1000 BGB auf ein Besitzrecht in Verbindung mit Aufwendungsersatzansprüchen für nützliche Verwendungen berufen.

Er hat geltend gemacht, die Pachtforderungen seien mangels wirksamen Pachtvertrages nicht entstanden, hilfsweise rechne er auf mit Werterstattungsansprüchen für Wertverbesserungen auf dem Pachtgrundstück. Die Betriebskostenabrechnungen seien nicht prüfbar.

Der Darlehensvertrag sei nur zum Schein vereinbart worden, damit er die Vertragszinsen steuerlich geltend machen könne.

Die Widerklageforderung hat der Beklagte zu 1) auf letztrangige Ersatzansprüche für Wertverbesserungen auf dem gepachteten Grundstück gestützt sowie hilfsweise auf einen vertraglichen Wertausgleichsanspruch.

Die Klägerin ist den Widerklageforderungen nach Grund und Höhe entgegengetreten. Die Verwendungsersatzansprüche bezögen sich zum Teil auf Flächen und Gegenstände, hinsichtlich derer der Beklagte mangels Pachtvertrages bösgläubig gewesen sei. Die Erforderlichkeit seiner Verwendung sei nicht feststellbar, die Höhe völlig unplausibel. Vertragliche Verwendungsersatzansprüche scheiterten schon an einer fehlenden Zustimmung ihres Vaters mit den zugrunde gelegten Baumaßnahmen.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das Landgericht den Klagen im Wesentlichen stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Der Pachtvertrag sei wirksam, aufrechnungsfähige Wertersatzansprüche seien jedenfalls nicht fällig, die Betriebskosten seien prüfbar abgerechnet und der Höhe nach nicht angegriffen. Der Darlehensrückzahlungsanspruch sei, mit Ausnahme von Vertragszinsen für nachvertragliche Zeiträume, gegeben.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgen die Beklagten ihre erstinstanzlichen Anträge im Umfang ihres dortigen Unterliegens weiter. Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie bestreiten erstmals zweitinstanzlich die Rechtsnachfolge der Klägerin. Der Beklagte zu 1) zieht zur Hilfsaufrechnung erstmals zweitinstanzlich erbrechtliche Ansprüche gegen die Klägerin heran, die er zum Gegenstand eines Prozesskostenhilfegesuchs an das Landgericht Berlin gemacht habe (vgl. Schriftsatz vom 30.09.2005, Anlage BK 3, Bl. 423 d. GA).

Sie beantragen, nachdem der Senat nach teilweisen Klagerücknahmen am 30.05.2007 ein die Berufung zurückweisendes Versäumnisurteil erlassen hat (vgl. Blatt 633 GA), das Versäumnisurteil des Senats vom 30.05.2007 - 3 U 28/06 - aufzuheben und 1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 27.01.2006 - 17 O 34/00 - die Klage abzuweisen; der Beklagte zu 1) darüber hinaus

2. die Klägerin auf die Widerklage zu verurteilen, an ihn 10.000 € nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen; beide Beklagten hilfsweise,

3. die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Landgericht zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

das Versäumnisurteil vom 30.05.2007 aufrechtzuerhalten.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und hält an ihrer Stellung als Alleinerbin fest.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze, sowie auf sein Terminsprotokoll vom 16.08.2006, 16.05. und 05.09.2007.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Versäumnisurteil des Senats vom 30.05.2007 ist, nachdem sich der Rechtsstreit nach form- und fristgerechtem Einspruch der Beklagten in der Lage vor Erlass des Versäumnisurteils befindet (§ 342 ZPO), aufrechtzuerhalten.

1. Die Klägerin hat einen pachtvertraglichen Rückgabeanspruch gegen die Beklagten (§§ 546 Abs. 1, Abs. 2; 581 Abs. 2 BGB)

Der Abschluss des Pachtvertrages vom 01. Mai 1993 sowie die Überlassung des Pachtobjekts an den Beklagten und dessen weitere Mitüberlassung an die Beklagte zu 2) sind unstreitig.

a) Die Rechtsnachfolge der Klägerin auf Verpächterseite steht fest.

Abgesehen davon, dass das Landgericht die Rechtsnachfolge der Klägerin auf Verpächterseite auf S. 6 seines Urteils im dortigen Tatbestand bindend festgestellt hat (§ 529 Abs. 1 ZPO) und dass die Beklagten keine Tatbestandsberichtigung beantragt haben, ist die Rechtsnachfolge der Klägerin in die Verpächterstellung ohnedies erstinstanzlich zugestanden (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2003 - XII ZR 100/00 = NJW-RR 2003, 1578). Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.10.2004 behauptet, Alleinerbin des am 16.08.2002 verstorbenen Klägers zu sein (vgl. 122 GA). Der Beklagte hatte die Richtigkeit dieser Angaben mit Schriftsatz vom 02.12.2005 (vgl. 202 GA) bestätigt, indem er dort auf seine Ansprüche auf Vermächtniserfüllung/Pflichtteil gegen die Klägerin Bezug nahm und indem er mit Schriftsatz vom 13.12.2005 (vgl. 234 GA) eine unbedingte Widerklage gegen die Klägerin als Alleinerbin des Erblassers erhob. Auf diese Schriftsätze hat der Beklagtenvertreter im nachfolgenden Termin am 16.12.2005 (vgl. 260 GA) Bezug genommen. Damit liegen die Voraussetzungen des § 288 Abs. 1 ZPO vor. Die Voraussetzungen, unter denen § 290 ZPO den Widerruf eines Geständnisses zulässt, liegen nicht vor. Damit bleiben die Beklagten an ihr Geständnis gebunden, und zwar auch für die Berufungsinstanz, § 535 ZPO.

Zudem wären die erstmals zweitinstanzlich erhobenen Angriffe gegen die Erbenstellung der Klägerin ohnedies unzulässig, § 531 Abs. 2 ZPO. Das Bestreiten der Rechtsnachfolge der Klägerin in die Vertragsstellungen des Erblassers durch die Beklagten stellt ein neues Verteidigungsmittel dar, und die Zulassungsvoraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht gegeben. Ihre Ausführungen, der Erbschein der Klägerin vom 09.07.2004 sei kraftlos geworden, nachdem sie einer Einziehung durch freiwillige Herausgabe an das Nachlassgericht zuvorgekommen sei, ist mit den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten nicht in Übereinstimmung zu bringen. Wie die Klägerin dem Senat in der mündlichen Verhandlung vom 16.05.2007 erklärt und wie der Nachlassrichter auf telefonische Nachfrage dem Berichterstatter bestätigt hat (vgl. Berichterstattervermerk vom 04.07.2007, 662R GA), wurde der Erbschein lediglich im Rahmen einer einstweiligen Anordnung zur Nachlassakte gereicht. Das Einziehungsverfahren beim Amtsgericht Fürstenwalde - 22 VI 133/07 - dauert an.

Ferner hat die Verfügung der Rückgabe des Erbscheins zu den Akten auch nicht die Wirkung einer Einziehung, selbst wenn sie durch einstweilige Anordnung erfolgt (vgl. BGH, Beschluss vom 5.7. 1963 - V ZB 7/63 = BGHZ 40, 54; Palandt/Edenkofer, BGB, 66. Auflage § 2361, Rn. 9). Eine darauf beruhende Rückgabe berührt den öffentlichen Glauben des Erbscheins nicht (Mayer, in Müko, 4. Auflage, § 2361, Rn. 44 m.w.N.).

Überdies hätte die Alleinerbenstellung der Klägerin vom Beklagten als Erbprätendenten trotz Vorliegens eines Erbscheins bestritten werden können (vgl. Palandt/Edenkofer, BGB, 66. Auflage, § 2365, Rn. 4 m.w.N.). Warum dies erstinstanzlich unterblieben ist, lässt sich dem Beklagtenvorbringen nicht entnehmen.

Schließlich enthält das Vorbringen der Beklagten auch keine nachvollziehbaren Ausführungen dazu, warum das Testament des Erblassers vom 15.03.1983 (vgl. BK2, 422 GA) Vorrang vor dem geänderten letzten Willen des Erblassers vom 20.02.2002 (vgl. BK4, 430 GA) haben sollte. Noch in der Berufungsbegründung hat der Beklagte zu 1) die Änderung des ursprünglichen Testamentes vom 15.03.1983 unter dem 20.02.2002 zugunsten der Klägerin selbst vorgebracht (vgl. 400 GA).

Von einer Aussetzung der Verhandlung (§§ 148, 149 ZPO) hat der Senat abgesehen. Der Erblasser hatte die Klage bereits am 28.01.2000 eingereicht. Die erst 2007 in offensichtlich auswegloser Prozesslage eingeleiteten Verfahren des Beklagten lassen aus Sicht des Senates keinen greifbaren Verdacht auf eine strafbare Handlung (§ 149 ZPO) der Klägerin zu. Eine Aussetzung wäre auch im Übrigen im Hinblick auf allenfalls geringe Erfolgsaussichten des hiesigen Beklagten im Erbrechtsstreit unangemessen (§ 148 ZPO).

b) Der Pachtvertrag ist entgegen der Auffassung der Beklagten wirksam.

(1) Eine Nichtigkeit wegen Wuchers nach § 138 Abs. 2 BGB liegt entgegen dem Beklagtenvorbringen (vgl. 401 GA) nicht vor. Die Ausbeutung einer Zwangslage, einer Unerfahrenheit, des Mangels des Urteilsvermögens oder einer erheblichen Willensschwäche des Beklagten durch dessen Vater lässt sich nicht feststellen. Der Beklagte hat den Gewerbepachtvertrag als selbständiger Diplomrestaurator geschlossen und bei selbständigen Gewerbetreibenden liegen derartige Umstände, die der Beklagte im Übrigen nicht einmal einlassungsfähig dargetan hatte, ohnedies fern.

Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit wegen eines wucherähnlichen Geschäftes nach § 138 Abs. 1 BGB sind nicht hinreichend vorgetragen und bei einer monatlichen Pacht von 280,00 DM für eine Scheune und zugehörige Grundstücksfläche von 507 m², also bei 55 Pfennig pro Quadratmeter im Jahre 1993 auch nicht ersichtlich.

(2) Der Vertrag ist auch nicht wegen formnichtiger Vereinbarung eines Vorkaufsrechts nach § 139 BGB insgesamt nichtig. Die Parteien haben in seinem § 11 Satz 2 für den Fall der Teilnichtigkeit einer Bestimmung die Gültigkeit des Restvertrages vereinbart. Die Vereinbarung dieser salvatorischen Erhaltungsklausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen begegnet keinen Bedenken (vgl. BGH, Urteil vom 06.04.2005 - XII ZR 131/03 = NJW 2005, 2225).

Dass die Parteien dessen ungeachtet den Pachtvertrag als Ganzes verworfen hätten, lässt sich nicht feststellen. Dass der Verpächter sich im Jahre 1993 mit künftigen Grundstücksverkaufsabsichten getragen hätte - nur dann hätte die Vereinbarung eines Vorkaufsrechts bedeutungsvoll sein können -, hat der Beklagte schon nicht hinreichend vorgetragen, obwohl er in Ansehung der vertraglich vereinbarten Geltungserhaltung für einen nur noch als Ausnahme denkbaren Geltungswegfall darlegungs- und beweisbelastet ist. Das vom Beklagten vorgelegte Testament des Erblassers vom 15.03.1983 (vgl. Anlage BK 2, Bl. 422 d. GA) spricht vielmehr greifbar gegen eine Grundstücksveräußerungsabsicht des Erblassers ebenso wie das gleichfalls vom Beklagten vorgelegte Schreiben des Erblassers vom August 1998 (vgl. Anlage B 3, Bl. 42 d. GA). Nach diesem Schreiben wollte der Erblasser das Grundstück gerade vor der Weiterveräußerung schützen. Selbst im Jahre 1998 ging das Interesse des Verpächters noch immer dahin, die Veräußerung des Grundstücks selbst vor dem Hintergrund eines nunmehr in den Blick genommenen Erbfalles zu vermeiden.

Soweit der Beklagte auf die Vorbemerkung in seinem Vertragsangebot vom 30.12.1999 (Anl. B1, 31 GA) verweist, erscheint dies wenig stichhaltig. Vielmehr ergibt sich schon aus Nr. 1 der Vorbemerkung, dass eine Verkaufsabsicht des Vaters im Jahre 1992 und 1993, also zum maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, mit Sicherheit auszuschließen war. Spätere Willensänderungen sind für die Ermittlung dessen, was die Parteien bei Vertragsabschluss gewollt haben, grundsätzlich unerheblich.

Überdies ist die Klägerin der Behauptung des Beklagten, der Erblasser und der Beklagte hätten den Pachtvertrag am 01.05.1993 entgegen dem ausdrücklichem Vertragswortlaut für den Fall der Formnichtigkeit einer Vorkaufsvereinbarung nur mit eingeschränktem Geltungswillen geschlossen, entgegengetreten und der darlegungs- und beweislastbelastete Beklagte ist beweisfällig geblieben.

c) Das Pachtverhältnis ist spätestens aufgrund der Kündigung der Klägerin vom 21.02.2005 beendet.

Der Zugang der Kündigungserklärung ist unstreitig. Der Kündigungsgrund ergibt sich aus den §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 3, 581 Abs. 2 BGB. Die Nichtzahlung der Pachten ab Mai 2002 bis Dezember 2004 ist unstreitig. Soweit § 2 des Pachtvertrages eine Abmahnung erfordern sollte, ist diese ausweislich des Kündigungsschreibens vom 21.02.2005 (vgl. Bl. 165 d. GA) erfolgt.

d) Der Rückgabeanspruch der Klägerin aus den §§ 546 Abs. 1, 581 Abs. 2 BGB ist fällig.

Wie der Beklagte ersichtlich verkennt, schließt § 570 BGB in Verbindung mit § 581 Abs. 2 BGB ein Zurückbehaltungsrecht des Pächters aus.

Gegenüber der Zweitbeklagten folgt der Herausgabeanspruch der Klägerin aus § 546 Abs. 2 BGB. Der Mitbesitz der Beklagten zu 2), die mit dem Erstbeklagten das Pachtobjekt bewohnt, ist unstreitig.

2. Die Klägerin hat darüber hinaus einen Eigentümerherausgabeanspruch gegen die Beklagten aus § 985 BGB. Die Eigentümerstellung der unstreitig als solche im Grundbuch eingetragenen Klägerin (vgl. Bl. 126 GA) ist nicht wirksam bestritten (vgl. § 891 BGB). Der Besitz der Beklagten ist unstreitig.

Ein mögliches Zurückbehaltungsrecht des Erstbeklagten aus § 1000 BGB wegen angeblicher Verwendungsersatzansprüche nach den §§ 987 ff BGB scheitert am Fehlen einer Vindikationslage während der behaupteten Verwendungsvornahme, und an einer deliktischen Besitzerlangung, soweit der Beklagte pachtfremde Sachen ergriffen hat.

Ein eigenes Besitzrecht oder eine eigene Einwendung gegen den Herausgabeanspruch macht die Zweitbeklagte nicht einmal geltend.

3. Der Pachtzahlungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten ergibt sich in Höhe von 7.202,01 € aus § 581 Abs. 1 Satz 2 BGB oder aus den §§ 546 a Abs. 1, 581 Abs. 2 BGB, falls man die früheren Kündigungen des Erblassers durchgreifen lässt.

a) Die Parteien haben im Pachtvertrag vom 01.05.1993 eine monatliche Pacht von 143,16 € (280,00 DM) ohne Mehrwertsteuer vereinbart.

Die Pachtansprüche der Klägerin errechnen sich damit folgendermaßen:

 Pacht Januar 1998 bis Juni 1999 (18 x 143,16 €) 2.576,88 €
April 2002 (143,16 € - 99,15 €) 44,01 €
Mai 2002 bis Dezember 2004 (32 x 143,16 €) 4.581,12 €
Summe 7.202,01 €

Eine Zahlung von 99,15 € auf die April-Pacht 2002 hat die Klägerin eingeräumt (vgl. Bl. 153 d. GA). Ihre weitergehenden Pachtforderungen hat sie zurückgenommen.

b) Die Zahlungsansprüche der Klägerin sind nicht durch Aufrechnung erloschen (§§ 387 ff BGB). Erstinstanzlich fehlt es gleichermaßen an einer Aufrechnungserklärung, wie an einer hinreichenden Bestimmtheit einer etwaigen Gegenforderung. Davon abgesehen stehen dem Beklagten zu 1) keine aufrechenbaren Zahlungsansprüche gegen die Klägerin zu.

(1) Ein Aufwendungsersatzanspruch nach den §§ 539 Abs. 1, 581 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag wegen Veränderungen an der Scheune steht dem Beklagten nicht zu. Nach § 5 Abs. 5 des Pachtvertrages durfte der Pächter bauliche Veränderungen oder Neueinrichtungen nur mit schriftlicher Zustimmung des Verpächters ausführen. Ausführungen ohne schriftliche Zustimmung widersprechen schon daher dem Interesse des Verpächters. Dieser hatte sein schriftliches Zustimmungserfordernis gegenüber dem Beklagten auch ausdrücklich betont und hervorgehoben (vgl. etwa Schreiben vom 06.05.1999, K13, Bl. 90 GA).

Soweit der Beklagte die Ansicht vertritt, der Verpächter hätte im Hinblick auf den vertraglich vereinbarten Pachtzweck erstattungspflichtigen Baumaßnahmen zustimmen müssen, verkennt er die Rechtslage grundlegend. Eine aus dem Mietzweck abgeleitete Duldung- oder Genehmigungspflicht betreffend Umbauten eines Pächters bezieht sich regelmäßig nur auf die Vertragszeit und soll dem Pächter die Nutzung der Pachtsache entsprechend seinen Vorstellungen und Zielen ermöglichen; sie bedeutet jedoch schon nicht, dass der Pächter die Sachen in einem veränderten Zustand zurückgeben darf (vgl. Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rn. 1006 m.w.N.) und erst recht lässt sich allein hieraus noch keine Ausgleichspflicht des Verpächters herleiten. Nimmt der Beklagte als Pächter ohne die vertraglich vereinbarten Genehmigungen Umbaumaßnahmen vor, so tut er dies auf eigenes Risiko und muss sich gegebenenfalls mit seinem Wegnahmerecht aus § 539 Abs. 2 BGB begnügen, oder mit einem Bereicherungsanspruch aus § 812 BGB wegen verbesserter Vermietbarkeit aufgrund eines vorzeitig zurückerlangten Mietobjekts.

Aus der Verständigungsvereinbarung über Wertverbesserungen in § 5 des Pachtvertrages folgt nichts anderes, namentlich noch kein Erstattungsanspruch des Beklagten. In § 5 Abs. 7 des Pachtvertrages haben die Parteien die Pflicht des Verpächters zur Duldung der eben erörterten Wegnahme (§ 539 Abs. 2 BGB) modifiziert durch ein Recht des Verpächters auf Übernahme der Sachen. Indessen hat die Klägerin von diesem Übernahmerecht bislang noch keinen Gebrauch gemacht. Sollte sie das tun, so hätte erst dann gemäß § 5 Abs. 8 des Pachtvertrages über die Wertverbesserung eine Verständigung zu erfolgen. Innerhalb der erst dann eröffneten Verhandlungspflicht wären im Übrigen, worauf die Klägerin bereits zutreffend hingewiesen hat, nur Maßnahmen mit schriftlicher Zustimmung des Verpächters überhaupt ansatzfähig.

Aus der Einverständniserklärung des Erblassers vom 22.12.1999 (vgl. 52 GA) ergibt sich entgegen der Ansicht des Beklagten keineswegs eine Genehmigung aller Veränderungsmaßnahmen, sondern lediglich die der Verlegung eines separaten Anschlusses für Elektro und Wasser. Aber selbst insoweit ist nicht einmal der Verhandlungsanspruch des Beklagten fällig, da dieser eine wirtschaftlich nachvollziehbare bezifferbare Verhandlungsposition hierzu nicht eingenommen hat. Davon abgesehen, dass hier ansatzfähige Kosten schon nicht beziffert sind, wäre es der Klägerin auch nicht zuzumuten, über das ihr nach § 5 Abs. 7 des Mietvertrages verbliebene Wiederherstellungverlangen bereits abschließend zu befinden. Ihr Wiederherstellungsrecht folgt aus der Rückgabepflicht des Mieters (§ 446 Abs. 1 BGB). Danach sind Einrichtungen, mit denen der Mieter die Mietsache versehen hat, zu entfernen, auch wenn sie mit Zustimmung des Vermieters eingebaut sind (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Auflage, § 546, Rn. 6 m.w.N.). Solange der Beklagte den Umfang der schriftlich genehmigten Baumaßnahmen nicht nachvollziehbar darstellt, kann sich die Klägerin über die Ausübung ihres Beseitigungsverlangens schon nicht sinnvoll klar werden. Eine Entscheidung über einen Verbleib vereinzelter schriftlich genehmigter Baumaßnahmen, die überhaupt erst im bejahenden Fall eine Verhandlungspflicht über einen Wertausgleich begründen würde, ist ihr bis dahin nicht zuzumuten.

(2) Bereicherungsansprüche gegen die Klägerin wegen eines vorzeitigen Endes des Pachtvertrages sind nicht feststellbar. Bei Investitionen eines Pächters im Rahmen eines auf längere Zeit geschlossenen Pachtvertrages kann bei vorzeitiger Beendigung des Vertragsverhältnisses nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ein Bereicherungsanspruch des Pächters gegen den Verpächter gegeben sein, der darauf beruht, dass der Verpächter vorzeitig in den Genuss des durch Pächterleistungen geschaffenen erhöhten Ertragswertes gelangt. Die Höhe dieses Anspruchs bemisst sich indessen nicht nach den vom Mieter aufgewandten Kosten; sie bestimmt sich vielmehr gemäß § 818 Abs. 2 BGB danach, inwieweit der Vermieter durch die Investitionen in die Lage versetzt wird, bei einer anderweitigen Verpflichtung die fraglichen Leistungen gewinnbringend zu nutzen (vgl. BGH-Urteil vom 25.10.2000 - XII ZR 136/98 = NZM 2001, 425 m.w.N.). Für eine verbesserte Verpachtbarkeit hat der Beklagte nichts dargetan und Anhaltspunkte hierfür sind auch nicht ersichtlich. Der vom Beklagten beauftragte Gutachter Schmidt hat in seinem Verkehrswertgutachten keinerlei berücksichtigungsfähige Mieteinnahmen angesetzt (vgl. Gutachten, Bl. 8, Bl. 62 d. GA), und dies sogar, obwohl tatsächlich ein Pachtvertrag für das Grundstück bestand.

(3) Aufrechenbare Verwendungsersatzansprüche nach den §§ 987 ff BGB scheitern am Fehlen einer Vindikationslage, und an einer deliktischen Besitzerlangung, soweit der Beklagte pachtfremde Sachen ergriffen hat, wie bereits erörtert.

(4) Die Verteidigung durch eine Hilfsaufrechnung mit erbrechtlichen Ansprüchen gegen die Klägerin und die hilfsweise hierauf gestützte Widerklage stellen ein neues Verteidigungsund Angriffsvorbringen nach § 531 ZPO dar. Die danach erforderlichen Zulassungsvoraussetzungen sind nicht dargetan. Die erstinstanzliche Erwähnung dieser Ansprüche erfolgte nicht zur Klageverteidigung oder Anspruchsbegründung. Die Klägerin ist diesem zweitinstanzlichen Vorbringen entgegen getreten, und Umstände, die einer Geltendmachung bereits in erster Instanz entgegen gestanden hätten, sind nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.

4. Die Summe der nach §§ 535 Abs. 2 BGB; 1 Pachtvertrag beanspruchbaren Betriebskosten beträgt 2.298,83 €. Wegen der Herleitung dieses Betrages im Einzelnen verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 21.03.2007 im Prozesskostenhilfeverfahren unter 2 b) (vgl. Bl. 535, 536 d. GA). Die übersetzten Positionen lassen sich problemlos aus den formal ordnungsgemäßen Abrechungen herausrechnen und ändern damit nichts an deren Fälligkeit (vgl. BGH ZMR 1990, 97). Ihre ursprünglich insoweit um 2.859,62 € übersetzte Klageforderung hat die Klägerin zurückgenommen.

5. Die Klägerin hat gegen den Beklagten in ausgeurteilter Höhe einen Darlehensrückzahlungsanspruch, der wegen der empfangenen Valuta aus § 607 Abs. 1 BGB a.F., wegen der Vertragszinsen aus § 608 BGB a. F. folgt.

Der Abschluss der Darlehensvereinbarung ist unstreitig. Sie ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht unwirksam. Die Voraussetzung eines Scheingeschäfts (§ 117 BGB) liegen schon nach dem Beklagtenvorbringen nicht vor. Kein Scheingeschäft liegt vor, wenn der von den Parteien erstrebte Rechtserfolg gerade die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts voraussetzt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 117, Nr. 4 m.w.N.). Das ist hier der Fall, da die vom Beklagten selbst vorgetragene angestrebte steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit die Geltung des Darlehensvertrages vorausgesetzt hat.

Die Valutierung ist unstreitig. Die Fälligkeit ist auf den 10.12.1995 vertraglich vereinbart (vgl. Anl. K3, Bl. 11 d. GA); zudem läge in der klageweisen Rückforderung eine Kündigung.

Die Darlehensforderung ist nicht durch Aufrechnung erloschen. Dem Beklagten stehen, wie bereits oben erörtert, keine aufrechenbaren Gegenansprüche zu.

Soweit der Beklagte erstmals zweitinstanzlich erbrechtliche Ansprüche gegen die Klägerin aufrechnen will, handelt es sich um neues Verteidigungsvorbringen im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO, ohne dass dessen Zulassungsvoraussetzungen dargetan oder ersichtlich wären, wie gleichfalls bereits erörtert.

6. Die Widerklage wegen angeblicher Erstattungsansprüche hat das Landgericht aus den bereits dargestellten Gründen im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

7. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 3, Abs. 4; 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und gibt keine Veranlassung, in den berührten Rechtsgebieten neue Leitsätze aufzustellen, Gesetzeslücken zu füllen oder von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abzuweichen. Im Übrigen beruht sie auf einer Würdigung der Umstände des Einzelfalles.

Ende der Entscheidung

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