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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 24.10.2007
Aktenzeichen: 3 U 60/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 195 a.F.
BGB § 196 Abs. 1 a. F.
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 6 a.F.
BGB § 201 S. 1
BGB § 214 Abs. 1
BGB § 398
BGB § 546
BGB § 546 Abs. 1
BGB § 546a
BGB § 557 Abs. 1 a.F.
BGB § 557 Abs. 1 Satz 1 a.F.
BGB §§ 987 ff.
BGB § 988
ZPO § 301 Abs. 1
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 60/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 24.10.2007

Verkündet am 24.10.2007

in dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Bunge und die Richter am Oberlandesgericht Jalaß und Hüsgen auf die mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Landgerichts Potsdam vom 22.2.2007 - 51 O 193/04 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils für die Beklagte vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht diese vor ihrer Vollstreckung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche, unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung eines Entgeltes für die Benutzung einer im Eigentum der Klägerin stehenden Apothekeneinrichtung, die die Beklagte geleast hatte und nach Kündigung des Leasingvertrages nicht zurückgab.

Die Beklagte leaste gemäß Vertrag vom 30.8./07.09.1998 von der S... B... GmbH (S...) eine Apothekeneinrichtung für die Zeit vom 30.08.1994 bis 29.08.1999 (60 Monate; vgl. Anlage K1, Blatt 10,11 BA). Mit Schreiben vom 05.03.1998 kündigte die S... den Vertrag wegen rückständiger Leasingraten fristlos (vgl. Anlage K2, Blatt 6 BA). Unter dem 07./08.09.1998 verkaufte die S... der Klägerin ihre Forderungen aus dem eben genannten Leasingvertrag nebst Kosten, Zinsen und sonstiger Nebenrechte sowie die in ihrem Eigentum befindliche Apothekeneinrichtung, den Leasinggegenstand (vgl. Anlage K1, Blatt 5,6 GA). Trotz Aufforderung gab die Beklagten die Apothekeneinrichtung nicht zurück.

Mit der hiesigen Klage beansprucht die Klägerin, die in einem Vorprozess - OLG Brandenburg, Urteil vom 17.11.2004, Aktenzeichen 7 U 64/02 - Leasingraten von 04/98 - 08/99 als Schadensersatz erstritten hatte, für die 72 Monate Januar 1999 - Dezember 2004 Nutzungsentschädigung.

Die Beklagte hat gegenüber den Forderungen bis zum 31.12.2001 die Verjährungseinrede erhoben.

Mit dem angefochtenen Teilurteil hat das Landgericht die Klageforderung für die Monate Januar 1999 bis Dezember 2001 abgewiesen. Diese Ansprüche der Klägerin seien verjährt. Die Klägerin müsse sich die kurze Verjährungsfrist für vertragliche Ansprüche (§§ 186 Abs. 1 Nr. 6 BGB; 557 Abs. 1 S. 1 BGB a.F.) entgegenhalten lassen, da die letztgenannte Bestimmung als abschließende Regelung der Vertragsabwicklung Ansprüchen aus den §§ 987 ff. BGB vorgehe und die kurze vertragliche Verjährungsfrist jedenfalls auch für etwaige konkurrierende Ansprüche aus den §§ 987 ff. BGB gelte.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Zahlungsbegehren im Umfang ihres Unterliegens uneingeschränkt weiter. Sie hält den Erlass des Teilurteils wegen drohender Widersprüchlichkeit in Form der Präjudizialität für unzulässig.

Materiellrechtlich habe das Landgericht das Fehlen eines Miet- oder Leasingvertrages zwischen den Parteien verkannt. Die Klägerin habe nur aufgrund ihrer Eigentümerstellung die Beklagte zur Herausgabe der Gegenstände aufgefordert, ohne dass leasing- oder mietrechtliche Bestimmungen für ihr Verhältnis zur Beklagten einschlägig seien. Auch habe das Landgericht die Verjährungsfrist für ihren Nutzungsherausgabeanspruch zu Unrecht nach § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB a.F. bemessen, statt richtigerweise nach § 195 BGB a.F.

Sie beantragt,

In Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 22.2.2002 - 51 O 193/04 - die Beklagte zu verurteilen, an sie 50.112 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über den Basiszinssatz seit dem 14.12.2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

Die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze sowie auf sein Terminsprotokoll vom 10.10.2007.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.

1. Die Klage und ihr im Berufungsrechtszug angefallener Teil sind hinreichend bestimmt, nachdem die Klägerin im Termin klargestellt hat, dass sie die von ihr beanspruchten Nutzungsentschädigung für die 72 Monate Januar 1999 bis Dezember 2004 geltend macht.

2. Das Teilurteil ist zulässig, § 301 Abs. 1 ZPO. Teilbarkeit des auf Geldzahlung gerichteten Streitgegenstandes und Entscheidungsreife des abtrennbaren Teiles liegen vor, auch unter Beachtung des Verbotes möglicher widersprüchlicher Entscheidungen. Die Entscheidungsreife fehlt insoweit nur, wenn für die Entscheidung im Schlussurteil Fragen erheblich werden, die bereits im Teilurteil aufgeworfen und beantwortet worden sind (vgl. Musielak/Musielak, ZPO, 5. Auflage, § 301 Rn. 11 m.w.N.). Eine dem Erlass eines Teilurteils entgegenstehende Präjudizialität liegt danach vor, wenn das Teilurteil eine Frage entscheidet, die sich im weiteren Verfahren über die anderen Ansprüche noch einmal stellt (BGH, Urteil vom 28. 11. 2002 -VII ZR 270/01= NJW-RR 2003,303 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Das Teilurteil beschränkt sich in den tragenden Gründen auf Fragen der Verjährung von Forderungen bis 2001.

Das verbliebene Verfahren betrifft demgegenüber Ansprüche aus späteren Zeiträumen, gegen die die Verjährungseinrede nicht erhoben ist und die im Übrigen vor Ablauf der Verjährungsfrist eingeklagt worden sind.

3. Hinsichtlich der ausgeurteilten Forderungen ist die Beklagte nach Eintritt der Verjährung berechtigt, die Leistung zu verweigern, § 214 Abs. 1 BGB. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Nutzungsherausgabe wegen unterlassener Rückgabe des in ihrem Eigentum stehenden Leasinggutes durch die Beklagte aus § 988 BGB ist für Forderungen aus der Zeit bis zum 31.12.2001 mit Ablauf des 31.12.2003 verjährt, §§ 196 Abs. 1 Nr. 6, 201 S. 1 BGB a. F., Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB.

Ob § 557 Abs. 1 BGB a.F. den Anspruch der Klägerin aus § 988 BGB verdrängte, kann dahinstehen, ist unerheblich und hierauf beruht das landgerichtliche Urteil auch nicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin galt auch für den Anspruch aus § 988 BGB, soweit man diese Anspruchsgrundlage mit § 557 Abs. 1 BGB a. F. konkurrieren ließ, hier die kurze Verjährungsfrist der letztgenannten Bestimmung, wie das Landgericht zutreffend und tragfähig ausgeführt hat.

Der BGH ließ nichtvertragliche Ansprüche, die mit dem Entschädigungsanspruch des § 557 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. konkurrieren, im Interesse alsbaldigen Rechtsfriedens in der für die vertragliche Vorschrift geltenden kurzen Frist verjähren (vgl. BGH, Urteil vom 27.04.1977 -VIII ZR 246/75 = BGHZ 68, 307, juris Tz. 29). Dem tritt der Senat bei. Anders ließ sich der gesetzgeberische Zweck, die Rechtsbeziehungen zwischen Vermieter und Mieter nach Beendigung des Vertrages in überschaubarer Zeit abschließend zu bereinigen, nicht erreichen.

In Anwendung dieser Grundsätze ist der hier geltend gemachte Anspruch in der kurzen Frist aus § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB a. F. verjährt, denn der Anspruch des Eigentümers auf Nutzungsherausgabe aus § 988 BGB konkurrierte mit dem Anspruch des Vermieters auf Nutzungsentschädigung aus § 557 Abs. 1 S. 1 BGB a. F., wenn die herauszugebende Sache dem Vermieter gehörte. Anspruchsgrundlagen konkurrieren, wenn sie bei vergleichbaren Tatbeständen vergleichbare Rechtsfolgen gewähren. Das ist hier der Fall. Mit Beendigung des Mietverhältnisses und Vorenthaltung der Mietsache durch den Mieter, also deren weiterer Nutzung trotz Herausgabeverlangens des Vermieters, den Tatbestandsvoraussetzungen des § 557 Abs. 1 S. 1 BGB a. F., ist zugleich der Wegfall des Besitzrechtes des Mieters und dessen rechtsgrundlose Nutzung, die der unentgeltlichen Nutzung im Sinne des § 988 BGB gleichsteht, also der Tatbestand der letztgenannten Norm gegeben. Die als Rechtsfolge entstehenden Ansprüche auf Nutzungsentschädigung (§ 557 Abs. 1 S. 1 BGB a. F.) des Vermieters und auf Nutzungsherausgabe (§ 988 BGB) im Falle des Vermietereigentums sind Forderungen, die fortlaufend entsprechend der Dauer der Vorenthaltung anwachsen und sich an der Höhe des in diesen Zeitabschnitten erzielbaren Mietzinses für die vorenthaltenen Sachen errechnen.

Die Klägerin ist nach ihrem Vorbringen Inhaberin beider Ansprüche und kann sich auf ihren Eigentumserwerb erst nach Ende des Leasingvertrages gegenüber der Beklagten hier nicht berufen. Sie hat beide Ansprüche - mit, wie sie verkennt, bereits konkurrierenden Verjährungsfristen - ihrem Vorbringen zufolge nach Maßgabe des Kaufvertrages vom 07./08.09.1998 gleichzeitig von der Leasinggeberin erworben, die zugleich Eigentümerin des Leasinggutes war. Sie muss sich damit als Inhaberin des leasingrechtlichen Rückabwicklungsanspruches die für diesen geltende kurze Verjährungsfrist entgegenhalten lassen (vgl. § 404 BGB). Ihre Forderungsinhaberschaft an den vertraglichen Abwicklungsansprüchen hat die Klägerin im Vorprozess selbst geltend gemacht (vgl. 3 BA) und das OLG Brandenburg hat mit Urteil vom 17.11.2004 - 7 U 64/02 - der Klägerin die vertraglichen Schadensersatzansprüche unter Hinweis auf § 398 BGB, also als Zessionarin, zugesprochen (1024 BA). Hierauf hat die Klägerin im vorliegenden Verfahren ausdrücklich Bezug genommen (vgl. 2 GA). Die zu Grunde liegende Abtretung umfasst nach Nr. 2 des Kaufvertrages vom 07. /08.09.1998 alle Forderungen der zedierenden Leasinggeberin gegen die Beklagte aus dem Leasingvertrag Nr. 310192 vom 30.08./07.09.1998 (vgl. 5 GA).

Der leasingrechtliche Abwicklungsanspruch richtet sich nach den §§ 546, 546a BGB (vgl. Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Auflage, Rn. 1943 m.w.N.), ist abtretbar und umfasst den Anspruch auf Nutzungsentschädigung gemäß § 546a BGB (vgl. Wolf/Eckert/Ball, a.a.O. Rn. 974 m.w.N.). Der Anspruch auf Nutzungsentschädigung ist unter Zugrundelegung des Klägervortrags erst mit Rückgabe gemäß § 546 Abs. 1 BGB im Februar 2005 erloschen (vgl. Palandt/Weidenkaff 66. Auflage 546a Rn. 13). Die Geltung des § 196 Abs. 1 Nr. 6 BGB a. F. für den leasingrechtlichen Nutzungsentschädigungsanspruch aus § 557 Abs. 1 BGB a.F. und dass die Frist des § 196 Abs. 1 BGB a. F. bei Klageerhebung bereits abgelaufen war, hat das Landgericht für die in der Berufung angefallenen Forderungen rechtsfehlerfrei und von der Berufung insoweit auch unbeanstandet festgestellt.

4. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97 Abs. 1; 708 Nr. 10; 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Der Senat weicht von keiner höchstrichterlichen Rechtsprechung ab. Aus dem Urteil des BGH vom 18.07.2003 - V ZR 275/02 = NZM 2003, 912 ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nichts anderes; der BGH hat die Anwendbarkeit der damals dreißigjährigen Regelverjährungsfrist für den Anspruch aus § 988 BGB auf Nutzungsherausgabe in dem von ihm entschiedenen Fall gerade mit dem Fehlen vertraglicher Beziehungen zwischen Gläubiger und Schuldner begründet (juris Tz. 11). Vertragliche Abwicklungsansprüche bestanden nicht und hierfür geltenden Verjährungsfristen konnten nicht mit denjenigen für Herausgabeansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis konkurrieren. Zudem betrifft die Frage konkurrierender Verjährungsfristen für Entschädigungsansprüche aus § 546a BGB und für Nutzungsentschädigungsansprüche aus den § 988 BGB auslaufendes Recht. Die Ansprüche auf Nutzungsherausgabe aus § 988 BGB beruhen auf einem gesetzlichen Schuldverhältnis und verjähren jedenfalls nunmehr ebenso wie vertragliche Primär- und Sekundäransprüche in der Regelfrist des § 195 BGB (vgl. BGH, a.a.O., juris Tz. 10; Palandt/Heinrichs 66. Auflage § 197 Rn. 3; Grothe, in: Müko BGB, 5. Auflage, 197 Rn. 7 m.w.N.).

Die Gebührenstreitwert für die II. Instanz wird auf 50.112 € festgesetzt.

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