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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 13.12.2006
Aktenzeichen: 3 U 87/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, GKG


Vorschriften:

BGB § 271
BGB § 280
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1 S. 1
BGB § 280 Abs. 3
BGB § 281
BGB § 281 Abs. 1 Satz 1
BGB § 545
BGB § 546a
BGB § 546a Abs. 1
BGB § 566
BGB § 566 Abs. 1
BGB §§ 812 ff
ZPO § 163 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 275 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 282 Abs. 1
ZPO § 296
ZPO § 296 Abs. 1
ZPO § 296 Abs. 1
GKG § 21 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 87/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll 13.12.2006

Verkündet am 13.12.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Bunge, die Richterin am Oberlandesgericht Rohrbach-Rödding und den Richter am Oberlandesgericht Hüsgen

auf die mündliche Verhandlung vom 08.11.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 21.04.2006 - 12 O 337/05 - aufgehoben und die Sache unter Aufhebung des Verfahrens zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

2. Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens werden niedergeschlagen. Die Kostenentscheidung im Übrigen wird dem Landgericht vorbehalten.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Entschädigung für die rechtsgrundlose Nutzung eines Gewerbegrundstücks im Dezember 2004 sowie Schadensersatz für Räumungskosten.

Der Beklagte mietete gemäß schriftlichem Gewerbemietvertrag vom 01.02.2000 von einer Autohof J... GmbH auf dem Grundstück ...straße 8 b in R... eine Lagerhalle mit einer Fläche von 220 m², einen Sozialraum mit einer Fläche von 50 m² und eine Freifläche von 250 m² zum Betrieb einer Export-Import Handels Agentur für monatlich 600,00 DM netto zzgl. Mehrwertsteuer (vgl. Anlage K 2, Bl. 23 d. GA). Mit Schreiben vom 30.01.2004 (Anlage K 3, Bl. 25 d. GA) kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis wegen Mietrückständen fristlos, verbunden mit der Aufforderung, das Mietobjekt bis spätestens 29.02.2004 zu räumen und unter gleichzeitigen Widerspruch einer stillschweigenden Verlängerung gemäß § 545 BGB. Mit Notarvertrag vom 17.09.2004 (Anlage K 18, Bl. 89 d. GA) kaufte die Klägerin das das Mietobjekt beherbergende Grundstück von einer Frau K... W..., einer Frau F... W... und einem Herrn J... J.... Die Klägerin wurde am 13. Juli 2005 als Grundstückseigentümerin im Grundbuch eingetragen (vgl. Bl. 80 d. GA).

Im Anschluss an ein Schreiben des Beklagten vom 29.11.2004 (vgl. Anlage K 9, Bl. 37 d. GA), der auf dem Grundstück verblieben war, gewährte die Klägerin dem Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 30.12.2004 (vgl. Klägerschreiben vom 29.11.2004).

Mit Schreiben vom 14.01.2005 (vgl. Anlage K 15, Bl. 45 d. GA) kündigte die Klägerin an, am 16.01.2005 mit der Entrümpelung aller ehemals vom Beklagten genutzten Bereiche und Freiflächen zu beginnen.

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe eine Lagerfläche von insgesamt 1.281,57 m² und eine Freifläche von insgesamt 2.928,28 m² im Dezember 2004 bis zum 31.12.2004 genutzt und erst an diesem Datum geräumt. Das ortsübliche Entgelt betrage monatlich 2,04 € pro m² Innenfläche und 0,50 € je m² Außenfläche (vgl. Bl. 11 d. GA). Nach dem Grundstückskaufvertrag stünde der Klägerin seit Übergabe des Grundstücks im November 2004 die Nutzung des Grundstücks zu (vgl. Bl. 10 d. GA).

Der Beklagte hat die Nutzungsberechtigung der Klägerin für den streitgegenständlichen Monat bestritten. Er habe seinen Mietvertrag vom 01.10.2000 fortgeführt, die von der Klägerin behaupteten Flächen zu keiner Zeit genutzt und das Gelände im Übrigen am 22.12.2004 ordentlich beräumt und gesäubert zurückgegeben. Das Angebot der Klägerin, die ihm mit Schreiben vom 25.10.2004 eine Gesamtfläche von 2.150 m² auf der Grundlage von 2,04 € je m² monatlich für Lagerflächen und 0,5 € pro m² monatlich für Freiflächen angeboten hatte (vgl. Anlage B 1, Bl. 63 d. GA), sei überzogen gewesen. Die Klägerin habe ihn zu keiner Zeit unter Fristsetzung und Androhung einer Ersatzvornahme zu einer Beräumung des Grundstücks aufgefordert.

Das Landgericht hat ohne richterliche Unterschrift unter das Verkündigungsprotokoll vom 21. April 2006 (vgl. Bl. 114 d. GA) den Parteien Urteilsausfertigungen zugestellt. Nach dem Wortlaut der Ausfertigungen hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Es hat ausgeführt, dass die Klägerin habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 4.731,21 € aus § 546 a Abs. 1 BGB, da sie durch den Kaufvertrag "Vermieterin" des Beklagten geworden sei (§ 566 Abs. 1 BGB). Die Höhe der danach beanspruchbaren Nutzungsentschädigung richte sich nach dem bislang gezahltem Mietzins oder der üblicherweise zu zahlenden Nutzungshöhe. Da die Klägerin "für die Lagerfläche einen Quadratmeterpreis von 2,04 € und für die Außen- und Innenfläche eine von 0,50 € beanspruche", belaufe sich der Mietzins auf 4.731,10 €. Das Bestreiten des Beklagten, das Grundstück in behauptetem Umfang genutzt zu haben sei gemäß § 296 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit §§ 275 Abs. 1 Satz 2, 282 Abs. 1 ZPO verspätet, da der Beklagte, dem mit der am 29. November 2005 zugestellten Ladungsverfügung aufgegeben worden sei, binnen einer Frist von drei Wochen durch Anwaltsschriftsatz zu erwidern, erst mit Schriftsatz vom 08. März 2006 erwidert und die Verspätung nicht entschuldigt habe. Der Beklagte und seine Terminsvertreterin hätten in der mündlichen Verhandlung am 13.03.2006 zur Entschuldigung der Verspätung keine Erklärung abgegeben. Die Räumungskosten könne die Klägerin gemäß § 280 Abs. 1 BGB beanspruchen, da der Beklagte das gemietete Objekt nicht geräumt habe und die Klägerin die dort befindlichen Gegenstände habe abtransportieren lassen müssen.

Nach dem Terminsprotokoll vom 13.03.2006 war der Beklagte, ein vietnamesischer Staatsangehöriger, der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig um ausreichende Vergleichsgespräche zu führen. Der Einsatz einer Terminvertreterin war erforderlich geworden, nachdem das Landgericht einem Terminsverlegungsantrag des Hauptbevollmächtigten, den das Landgericht Schweinfurt am Verhandlungstag um 08:30 Uhr als Strafverteidiger in einem dortigen Strafverfahren geladen hatte, nicht stattgegeben hatte. Die Klägerin hatte in einem nachgelassenen Schriftsatz vom 24. März 2006, den das Landgericht ausweislich der Zustellungsurkunde dem Beklagten erst gemeinsam mit dem Scheinurteil vom 24.03.2006 zustellen ließ (vgl. Bl. 131 d. GA), den Nutzungsumfang unter Beweis gestellt.

Mit seiner Berufung verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter, hilfsweise erbittet er die Aufhebung des Verfahrens und seine Zurückverweisung an das Landgericht, das sein Vorbringen zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen habe, zumal es sich im Termin vom 18.03.2006 ersichtlich um einen Durchlauftermin gehandelt habe.

Der Beklagte beantragt:

1. Unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen;

2. hilfsweise die Sache unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

1. Die Berufung ist zulässig. Bei der den Parteien zugestellten Entscheidung handelt es sich um ein Scheinurteil. Scheinurteile sind mit der Berufung angreifbar, da sich so der Rechtsschein eines Urteils beseitigen lässt und ohne dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen im Übrigen gegeben sein müssen (vgl. Musielak-Ball, ZPO, 4. Aufl., § 511 Rn. 8 m.w.N.).

Das den Parteien zugestellte Schriftstück stellt ein Scheinurteil dar, nämlich einen bloßen Urteilsentwurf, da es an einer ordnungsgemäßen Urteilsverkündung (§ 310 Abs. 1 Satz 1 ZPO) fehlt. Die für eine ordnungsgemäße Urteilsverkündung unverzichtbare Protokollierung (§ 160 Abs. 3 Nr. 7 ZPO) ist unterblieben. Das Verkündungsprotokoll ist entgegen § 163 Abs. 1 Satz 1 ZPO von dem verkündenden Richter nicht unterschrieben worden. Auf dem Verkündungsprotokoll auf Blatt 114 d. GA fehlt die Unterschrift des verkündenden Richters. Es findet sich dort allenfalls ein Anfangsbuchstabe (Paraphe). Die Abzeichnung des Protokolls nur mit dem Anfangsbuchstaben (Paraphe) genügt nicht (Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 163 Rn. 2; Musielak-Stadler, ZPO, 4. Aufl., § 163 Rn. 2 m.w.N.). Das Fehlen einer Unterschrift ergibt sich zweifelsfrei aus einem Vergleich des Schriftzeichens mit den voll ausgeführten Unterschriften auf Seite 8 des Urteils (vgl. Bl. 122 d. GA) und auf der Verfügung vom 24.11.2005 (vgl. Bl. 52 d. GA). Besonders augenfällig wird der Gebrauch des Schriftkürzels anhand des Vergleiches der voll geleisteten Unterschrift unter dem Terminsprotokoll vom 13.03.2006 und der gleichfalls dort befindlichen Verfügung vom 30.03. ohne Jahresangabe (Bl. 48 d. GA).

Von einer Rückreichung der Akte an das Landgericht zur Nachholung der Unterschrift unter das Verkündungsprotokoll hat der Senat abgesehen, denn der Urteilsentwurf begegnet erheblichen inhaltlichen Bedenken.

2. Die vom Landgericht für den Hauptanspruch herangezogene Anspruchsgrundlage des § 546a Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht. Nach § 566 Abs. 1 BGB tritt der Erwerber nur dann in die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein, wenn er das Grundstück vom Vermieter erwirbt. Die Klägerin kann schon deswegen nicht entsprechend § 566 BGB in das vertragliche Abwicklungsverhältnis zwischen Vermieterin und Beklagten eingetreten sein (vgl. hierzu Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rn. 1355), weil die Vermieterin das Grundstück gar nicht veräußert hat. Vermieterin war die Autohof J... GmbH (vgl. Mietvertrag vom 01.02.2000, Anlage K 2, Bl. 23 d. GA), nicht hingegen waren es die veräußernden Grundstückseigentümer (vgl. Notarvertrag vom 17.09.2004, Bl. 90 d. GA; Grundbuchausdruck vom 20.07.2005, S. 8, Bl. 60 d. GA).

Die Ausführungen des Landgerichts, die Klägerin sei durch Abschluss des Grundstückskaufvertrages "Vermieterin" des Beklagten geworden, wären zudem selbst innerhalb des hier ohnehin verschlossenen Anwendungsbereichs des § 566 BGB nicht tragfähig. Maßgeblich für den in § 566 Abs. 1 BGB genannten gesetzlichen Vermieterwechsel ist der Zeitpunkt der Eintragung des Erwerbers in das Grundbuch (§ 873 BGB). Demgegenüber ist der Termin, den die Parteien des Grundstückskaufvertrages für den Übergang der Nutzung festlegen, für den Zeitpunkt des Übergangs der Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis grundsätzlich ohne Bedeutung. Eine Vermieterstellung lässt sich schuldrechtlich ohne Mitwirkung des Mieters nicht ändern (vgl. Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rn. 1303 m.w.N.).

Schließlich hat § 546 a BGB auch deswegen auszuscheiden, weil der ganz überwiegende Teil der streitgegenständlichen Flächen schon nach dem Klägervortrag dem Beklagten überhaupt nicht vermietet gewesen war.

3. Erachtet man die Klägerin im Hinblick auf die Übergaberegelung in § 8 des notariellen Kaufvertrages (vgl. Bl. 100 d. GA) und im Hinblick auf die Kaufpreisüberweisungen vom 19. und 29.11.2004 ab Dezember 2004 für nutzungsberechtigt, wäre ein Bereicherungsanspruch der Klägerin als Nutzungsberechtigte nach den §§ 812 ff BGB denkbar (vgl. BGH-Urteil vom 15.12.1999 - XII ZR 154/94 = NJW-RR 200, 382). Danach kommt bei vertragslosem Gebrauch ein Bereicherungsanspruch des Nutzungsberechtigten in Betracht, auch wenn sich ein Mietausfallschaden nicht feststellen lässt. Allerdings reicht der bloße Besitz der Sache für einen Bereicherungsanspruch nicht aus. Der Besitzer muss den Nutzungswert, der sich nach dem objektiven Mietwert der Sache bemisst und für den der Nutzungsberechtigte darlegungs- und beweispflichtig ist, nur vergüten, soweit er die Sache tatsächlich genutzt hat.

Hier ist der Vortrag der Klägerin zur konkreten Nutzung durch den Beklagten schon unklar. Überdies hat der Beklagte den Umfang der von der Klägerin ihrer Klage zugrunde gelegten Flächen bestritten, desgleichen die Dauer seines Besitzes und schließlich auch das von der Klägerin behauptete ortsübliche Entgelt, wie sich aus seiner Klageerwiderung ergibt. Dort hat er das Angebot der Klägerin ausdrücklich als überzogen beanstandet.

4. Das Landgericht durfte seinem Entscheidungsentwurf die klägerisch genannten und als ortsüblich behaupteten Entgelte unter keinem Gesichtspunkt zugrunde legen, nachdem der Beklagte diesem Vortrag von Anfang an entgegen getreten und die Klägerin insoweit trotz Schriftsatznachlasses beweisfällig geblieben war. Zudem ist, abgesehen davon, dass die Summe der im landgerichtlichen Urteil genannten Beträge von 332,70 € und 1.698,40 € keine 4.731,10 € ergibt, unter keinem Gesichtspunkt nachvollziehbar, wieso dieser Betrag als Mietzins zu qualifizieren wäre.

5. In seinem Urteilsentwurf hat das Landgericht ferner das Bestreiten des Beklagten in der Klageerwiderung vom 08.03.2006, wonach dieser die von der Klägerin aufgezählten Flächen zu keiner Zeit genutzt und das Gelände bereits am 22.12.2004 geräumt habe, zu Unrecht als verspätet nach § 296 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen.

a) Für die Anwendung des § 296 Abs. 1 ZPO bleibt bei sogenannten "Durchlaufterminen" von vornherein kein Raum (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13.08.1991 -I BvR 72/91 = NJW 1992, 299, 300 m.w.N.). Dass das Landgericht bei seiner Terminsbestimmung vom 24. November 2005 bereits einen verfahrensabschließenden Haupttermin ansetzen wollte, erscheint vor dem Hintergrund des Fehlens eines jeglichen Hinweises an die Klägerin trotz erheblicher Schlüssigkeitsdefizite für einen Anspruch aus § 546 a BGB und des gänzlichen Fehlens der in § 281 BGB aufgestellten Schadensersatzvoraussetzungen fernliegend.

b) Ob das Landgericht gleichwohl einen das Klägervorbringen ausschöpfenden, verfahrensabschließenden Haupttermin auch ohne die verfahrensrechtlich gebotenen Hinweise an die Klägerin hat ansetzen wollen, könnte hier im Ergebnis ohnedies dahinstehen. Nur eine wirksam gesetzte Frist kann die Folgen des § 296 ZPO auslösen (Musielak- Huber, ZPO, 4. Auflage, § 296, Rn. 11 m.w.N.). In diesem Fall scheiterte eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens nach § 296 Abs. 1 ZPO schon am Fehlen einer wirksamen Fristsetzung. Die Verfügung des Landgerichts vom 24. November 2005 enthält keine wirksame Fristsetzung. Der verfügende Richter hat keine der in dem von ihm verwendeten Verfügungsvordruck vorgesehenen Alternativen zur Setzung einer Klageerwiderungsfrist angekreuzt oder sinnvoll ausgefüllt (vgl. Bl. 51 d. GA).

c) Ferner ließe sich das nach § 296 Abs. 1 ZPO unverzichtbare Verschulden der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten (§§ 51 Abs. 2, 85 Abs. 2 ZPO) an der Fristversäumung nicht feststellen. Der Beklagte persönlich konnte sich hierzu nicht äußern, da er ausweislich des Terminsprotokolls vom 13.03.2006 der deutschen Sprache nicht einmal hinreichend mächtig war, um Vergleichsgespräche zu führen (vgl. Bl. 67 d. GA). Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten konnte sich nicht äußern, da das Landgericht dessen Terminsverlegungsantrag nicht stattgegeben hatte. Woher die ihn vertretende terminsbevollmächtigte Rechtsanwältin entsprechende Kenntnis erlangt haben sollte, lässt sich den Ausführungen des landgerichtlichen Urteilsentwurfes nicht entnehmen und ist auch so nicht ersichtlich.

6. Der vom Landgericht zuerkannte Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.750,00 € für Räumungsaufwendungen der Klägerin lässt sich entgegen der Ansicht des Landgerichts aus § 280 Abs. 1 BGB nicht herleiten.

a) Die Anwendbarkeit des § 280 BGB setzt eine Sonderverbindung voraus. Ein Mietvertrag zwischen den Parteien hat aus den bereits erörterten Gründen auszuscheiden. Ein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis kommt vor Eintragung der Beklagten in das Grundbuch mangels Eigentumserwerbs nicht in Betracht.

b) Selbst wenn man ein vertragsähnliches oder gesetzliches Schuldverhältnis in Betracht zöge, könnte sich die Klägerin nicht auf § 280 Abs. 1 S. 1 BGB stützen, sondern Schadensersatz statt der Leistung gemäß § 280 Abs. 3 BGB nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281 BGB verlangen. Mit der Klage beansprucht sie Aufwendungsersatz für Kosten einer ihrem Vorbringen nach unterbliebenen Räumung als Schadensersatz. Bejahte man überhaupt eine Räumungsverpflichtung des Beklagten gegenüber der Klägerin, so wäre diese Verpflichtung jedenfalls einer Nacherfüllung zugänglich gewesen. Einschlägig für die Erstattung der Ersatzvornahmekosten wegen Nichterfüllung einer nacherfüllbaren Leistungspflicht wäre insoweit § 281 BGB (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 280 Rn. 18 m.w.N.).

c) Die nach § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche Fristsetzung zur Leistung oder Nacherfüllung fehlt. Sie muss zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem die Leistung bereits fällig ist. Eine Nachfristsetzung vor Fälligkeit ist demgegenüber grundsätzlich unwirksam und wird auch durch den nachträglichen Eintritt der Fälligkeit nicht geheilt (vgl. Müko-Ernst, BGB, 4. Aufl., § 281 Rn. 13 und 27 m.w.N.).

Die Fälligkeit lag hier auf dem 30.12.2004, 13:00 Uhr. Sie bestimmt sich nach § 271 BGB. Mit Schreiben vom 30.11.20004 (Anlage K 12, Bl. 40 d. GA) hatte die Klägerin die Räumungsfrist auf den 30.12.2004, 13:00 Uhr festgesetzt. Dass sie in geboten eindeutiger Weise eine vorherige Räumung beansprucht hätte, lässt sich auch ihrem Anwaltsschreiben vom 10.12.2004 nicht entnehmen, zumal sie in diesem Schreiben unverändert auf der Zahlung des Nutzungsentgeltes für Dezember 2004 in Höhe von 4.357,21 € beharrt hat (vgl. Bl. 44 d. GA).

Eine Fristsetzung der Klägerin gegenüber dem Beklagten nach Fälligkeit, also nach dem 30.12.2004, ist nicht vorgetragen (§ 281 Abs. 1 S. 1 BGB). Ihr Schreiben vom 14.1. 2005 enthält keine Aufforderung an den Beklagten zur Bewirkung der Leistung, sondern die Bekräftigung eines Hausverbotes. Die Voraussetzungen für die Entbehrlichkeit einer Nachfristsetzung (§ 281 Abs. 2 BGB) sind nicht dargetan und nicht ersichtlich.

7. Die Nichterhebung der Gerichtskosten beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG. Die Prozesswidrigkeit der Zustellung des nicht verkündeten landgerichtlichen Entscheidungsentwurfes ist offenkundig und die zahlreichen Verstöße des Landgerichts gegen eindeutige materiell- und prozessrechtliche Normen liegen offen zu Tage.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da ihre Entscheidung von keiner Beantwortung einer höchstrichterlich bisher noch unentschiedenen Frage abhängt. Sie gibt auch keine Veranlassung in den berührten Rechtsgebiet neue Leitsätze aufzustellen, Gesetzeslücken zu füllen oder von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung abzuweichen.

Ende der Entscheidung

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