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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 20.12.2006
Aktenzeichen: 3 U 93/06
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO, BGB, EGBGB, ZGB


Vorschriften:

ZPO § 257
ZPO § 264 Nr. 2
ZPO § 296 a
ZPO § 313 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 531
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 540 Abs. 2
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 533
EGZPO § 26 Nr. 9 Satz 1
BGB § 546 Abs. 1
BGB § 581 Abs. 2 n.F.
BGB § 985
BGB § 986
EGBGB Art. 229 § 5
EGBGB Art. 233 § 2 a
ZGB § 459
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

3 U 93/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 20.12.2006

Verkündet am 20.12.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29.11.2006 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Bunge, die Richterin am Oberlandesgericht Rohrbach-Rödding und den Richter am Oberlandesgericht Jalaß

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte zu 2. zur Räumung und Herausgabe erst ab dem 01.04.2007 verpflichtet ist.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten je zur Hälfte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 540 Abs. 2 und § 543 Abs. 1 ZPO sowie § 26 Nr. 9 Satz 1 EGZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten zu 1. der erstinstanzlich zuerkannte Räumungs- und Herausgabeanspruch zu; gegenüber der Beklagten zu 2. besteht er - nach einer zwischenzeitlich getroffenen Vereinbarung der Parteien - erst ab dem 01.04.2007.

Der Anspruch gegenüber der Beklagten zu 1. ergibt sich aus §§ 546 Abs. 1 BGB, 581 Abs. 2 BGB n.F. in Verbindung mit Art. 229 § 5 EGBGB. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist das Pachtverhältnis zwischen den Parteien durch wirksame Kündigung der Klägerin (gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB n.F.) beendet worden, so dass die Beklagte zu 1. vertraglich zur Herausgabe und Räumung verpflichtet ist. Dem kann die Beklagte zu 1. nicht entgegenhalten, sie sei Eigentümerin der auf dem Grundstück der Klägerin aufstehenden Gebäude.

Zur Entstehung von selbständigem Gebäudeeigentum hat die Beklagte zu 1. nicht ausreichend vorgetragen. Ihr Vortrag dazu in der Berufungsinstanz ist neu und kann gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen werden. Der Vortrag im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 24.10.2005, der in zweiter Instanz in vollem Umfang wiederholt wird, war zu Art, Umfang und Zeitpunkt der vorgenommenen Baumaßnahmen nicht lediglich eine Konkretisierung im Hinblick auf den früheren Vortrag. Die Beklagte zu 1. hatte zunächst lediglich pauschal behauptet, die Gebäude seien zum großen Teil von ihrem Rechtsvorgänger aufgrund eines Nutzungsrechts errichtet worden. Mit Schriftsatz vom 13.01.2005 sind zwar einzelne Gebäude mit Errichtungsjahr genannt worden, jedoch ist auch dieser Vortrag pauschal geblieben. Erst im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 24.10.2005 ist dargelegt worden, welche Gebäude bereits zuvor vorhanden gewesen sein sollen und in wieweit Neuerrichtungen bzw. Umbauten vorgenommen worden sein sollen. Auch sonstige Unterlagen, wie etwa Prüfbescheide des Rates des Kreises sind erstmals mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vorgelegt worden. Da es sich um eine erstmalige nachvollziehbare Sachverhaltsschilderung handelte, kann nicht von einer bloßen Konkretisierung früheren Vortrags ausgegangen werden. Der Vortrag erfolgte überdies aufgrund der Hinweise des Landgerichts im Termin vom 27.09.2005. In diesem Termin hatte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten keinen Schriftsatznachlass beantragt, weshalb das Landgericht zu Recht den späteren Vortrag gemäß § 296 a ZPO zurückweisen konnte. Das nunmehr im Berufungsrechtszug wiederholte Vorbringen gilt deshalb als neu im Sinne des § 531 ZPO. Ein Grund für dessen Zulassung in zweiter Instanz gemäß § 531 Abs. 2 ZPO wird nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.

Selbst wenn zu Gunsten der Beklagten unterstellt würde, dass selbständiges Gebäudeeigentum aufgrund des § 459 ZGB entstanden ist, könnte sich die Beklagte zu 1. darauf nicht berufen. Nach dieser Vorschrift kann allenfalls Volkseigentum an den Gebäuden entstanden sein. Dieses hätte sodann nach den Vorschriften des Vermögenszuordnungsgesetzes behandelt werden müssen (Soergel/Rauscher, BGB, 13. Aufl., Art. 233 § Rz. 35 EGBGB). Hier hat jedoch eine derartige Zuordnung auf die Beklagte zu 1. nicht stattgefunden. Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz hat die Beklagte nicht geltend gemacht.

Schließlich kann ein etwaiges Besitzrecht aufgrund Art. 233 § 2 a EGBGB dem Rückgabeanspruch aus einem Pachtverhältnis nicht entgegengesetzt werden, da ein Besitzrecht gemäß § 986 BGB dem schuldrechtlichen Anspruch auf Herausgabe nicht entgegensteht. Das Moratorium beinhaltet keinen Besitzverschaffungsanspruch, so dass ein daraus Berechtigter auch nicht darauf berufen kann, ihm müsse der Besitz unmittelbar wieder eingeräumt werden (Sorgel, a.a.O., § 2 a Rz. 58).

Der Herausgabeanspruch gegenüber der Beklagten zu 2. beruht auf § 985 BGB. Die Beklagte zu 2. kann nicht für sich in Anspruch nehmen, Eigentümerin der Gebäude zu sein und daraus ein Besitzrecht abzuleiten. Ein Besitzrecht für einen beschränkten Zeitraum, nämlich bis zum 31.03.2007, steht ihr allerdings aufgrund des Vergleichs der Parteien, den diese im Rechtsstreit vor dem Landgericht Frankfurt (Oder), Az.: 13 O 314/04, am 28.09.2006 geschlossen haben, zu. Da für die Zeit danach ausdrücklich keine Regelung getroffen worden ist, hat die Beklagte zu 2. kein weitergehendes Besitzrecht nach diesem Zeitpunkt. Ein von der Beklagten zu 1. abgeleitetes Besitzrecht steht ihr schon deshalb nicht zu, weil für ein solches kein tatsächlicher Anhaltspunkt vorgetragen worden ist. Im Übrigen ergibt sich aus den vorstehenden Darlegungen, dass der Beklagten zu 1. selbst kein Besitzrecht zusteht, so dass sie ein solches der Beklagten zu 2. auch nicht vermitteln kann. Soweit die Klägerin ihre Klage auf Herausgabe und Räumung gegenüber der Beklagten zu 2. in zweiter Instanz auf künftige Leistung abgeändert hat, war dies zulässig, § 257 ZPO. Soweit darin eine Klageänderung zu sehen sein sollte, wogegen § 264 Nr. 2 ZPO spricht, wäre diese jedenfalls sachdienlich und kann auf Tatsachen gestützt werden, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, § 533 ZPO. Insbesondere ist der Vergleich zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2., der zu einem zwischenzeitlichen Besitzrecht der Beklagten zu 2. führte, erst im Verlauf des Berufungsrechtszugs geschlossen worden, so dass die entsprechenden Tatsachen gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zu berücksichtigen sind. Im Übrigen sind sie zwischen den Parteien unstreitig und schon deshalb im Berufungsverfahren beachtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Umstellung der Klage gegen die Beklagte zu 2. auf künftige Leistung führt nicht zu einem anteiligen Unterliegen der Klägerin, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO entsprechend.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil es an den gesetzlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO fehlt. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs als Revisionsgericht. Das Berufungsurteil beruht im Wesentlichen auf einer Würdigung der Umstände des konkreten Einzelfalls.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 11.043,96 € (12 x 920,33 €) festgesetzt, §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1, 41 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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