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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 10.07.2006
Aktenzeichen: 3 W 29/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 91a | |
ZPO § 91a Abs. 2 Satz 1 | |
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1 | |
ZPO § 567 Abs. 3 Satz 1 | |
BGB § 861 Abs. 1 | |
BGB § 869 Satz 2 Halbsatz 1 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss
In dem Beschwerdeverfahren
hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Richter am Oberlandesgericht Hüsgen als Einzelrichter am 10. Juli 2006
beschlossen:
Tenor:
Auf die Anschlussbeschwerde der Verfügungsbeklagten und unter Zurückweisung der Beschwerde der Verfügungsklägerin wird der Beschluss des Landgerichts Cottbus vom 28. Februar 2006 - 3 O 437/05 - aufgehoben.
Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens hat die Verfügungsklägerin zu tragen.
Der Beschwerdewert entspricht den Verfahrenskosten erster Instanz.
Gründe:
I.
Die Verfügungsklägerin wendet sich mit der sofortigen Beschwerde, die Verfügungsbeklagte mit der Anschlussbeschwerde gegen eine Kostenentscheidung des Landgerichts gemäß § 91a ZPO nach Erledigung eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Der polizeilich gesuchte Zeuge D. unterzeichnete am 30.08.2005 als Geschäftsführer einer M.gesellschaft Ltd. auf Mieterseite einen Mietvertrag über Gewerbeflächen zum Betrieb einer Diskothek. In dieser Eigenschaft hat ihm die vermietende Verfügungsbeklagte die Räume gemäß Übergabeprotokoll vom 15.10.2005 übergeben. Nachdem Lieferantenrechnungen an die Verfügungsklägerin - eine GbR - unbeglichen blieben und an diese verkaufte indessen noch unbezahlte Waren aus den Mieträumen entwendet wurden, wandte sich ein vom Zeugen D. angestellter Mitarbeiter der Verfügungsklägerin, den der Zeuge D. zuvor vergebens gebeten hatte, die Gaststättenkonzession auf seinen - des Angestellten - Namen zu beantragen und der bislang gleichfalls noch keine Vergütung erhalten hatte, Anfang Dezember 2005 an die Verfügungsbeklagte und übergab ihr einen Schlüssel für das Mietobjekt. An diesem ließ die Verfügungsbeklagte sodann die Schlösser austauschen unter gleichzeitiger fristloser Kündigung des Mietverhältnisses gegenüber der M. gesellschaft Ltd. Unter Vorlage der Ablichtung eines Vertragsexemplars, auf dem der Zeuge D. unter den Vertragseingang einen Rundstempel der Verfügungsklägerin eingefügt hatte, beantragte diese Wiedereinräumung des Besitzes an sich, u.a. mit der Begründung, sie habe den Zeugen D. mit ihren Geschäftsführungsaufgaben betraut und die Verfügungsbeklagte verhalte sich widersprüchlich, wenn sie die Mietereigenschaft der Verfügungsklägerin trotz dieses Stempels im Hinblick auf die im Vertragseingang genannte Gesellschaftsform verneine.
Nachdem das Landgericht eine einstweilige Verfügung zur Herausgabe des Mietobjekts an die Verfügungsklägerin erlassen hatte, hat die Verfügungsbeklagte dieses an einen nicht herausgabebereiten Dritten vermietet, woraufhin die Parteien im Verfahren nach Widerspruch den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Das Landgericht hat die Kosten in einer Entscheidung nach § 91a ZPO gegeneinander aufgehoben mit der Begründung, die Erfolgsaussichten der Verfügungsklägerin seien von der Feststellung ihrer Mieterstellung abhängig und diese bei Fortgang des Verfahrens offen gewesen.
Hiergegen wendet sich die Verfügungsklägerin mit der Beschwerde, die Verfügungsbeklagte mit der Anschlussbeschwerde.
II.
Von den nach den §§ 91a Abs. 2 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 ZPO statthaften und auch im Übrigen zulässigen Beschwerden hat diejenige der Verfügungsbeklagten Erfolg.
Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes hatte der Antrag der Verfügungsklägerin keine Erfolgsaussichten. Der Verfügungsklägerin stand schon der geltend gemachte Verfügungsanspruch nicht zu.
Die Voraussetzungen eines Wiedereinräumungsanspruches nach § 861 Abs. 1 BGB lagen ihr gegenüber nicht vor. Diese Bestimmung schützt nur den unmittelbaren Besitzer. Die Verfügungsklägerin war nicht unmittelbarer Besitzer der Mieträume. Sie ist nach Geschäftsaufnahme als oHG kraft Geschäftsbeginns einzustufen (§ 123 Abs. 2 HGB). Die oHG übt Besitz durch ihre Organe aus (vgl. Müko-Joost, BGB, 4. Aufl., § 854 Rn. 23 m.w.N.). Die Organe der Verfügungsklägerin hatten keinen unmittelbaren Besitz (§ 854 BGB). Die tatsächliche Sachherrschaft lag vielmehr bei dem Zeugen D.. Dieser war bei Austausch der Schlösser noch im Besitz des verbliebenen Schlüssels, wie die Verfügungsklägerin mit Schriftsatz vom 23.01.2006 auf Seite 5 (Bl. 312 GA) selbst vorträgt. Zuvor war das Mietobjekt ihm übergeben worden (vgl. Übergabeprotokoll vom 15.10.2005, AS 3, Bl. 91 d. GA), und zwar, wie die Verfügungsklägerin ausführt, als der mit den Geschäftsführungsaufgaben betrauten Person, die im Übrigen auch den Mietvertrag alleinverantwortlich unterzeichnet hatte. Die Geschäftsführungsbeauftragung durch die Verfügungsklägerin begründet ihr gegenüber ein Besitzmittlungsverhältnis (§ 868 BGB), da der Zeuge D. ihr den Besitz vermitteln wollte. Für eine gesellschaftsrechtliche Organstellung gibt sie nichts her.
Als mittelbare Besitzerin hat die Verfügungsklägerin bei der hier geltend gemachten Besitzentziehung nur Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes an den bisherigen Besitzer, § 869 Satz 2 Halbsatz 1 BGB. Einen derartigen Anspruch hat die Verfügungsklägerin nicht geltend gemacht.
Die Mieterstellung des Besitzers ist für einen possessorischen Besitzschutz unerheblich. Selbst der erschlichene Besitz eines Mietfremden wäre possessorisch zunächst geschützt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Der Beschwerdewert entspricht dem Interesse beider Parteien, nicht mit den Kosten des Verfahrens erster Instanz belastet zu werden.
Ende der Entscheidung
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