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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 21.08.2003
Aktenzeichen: 3 W 41/03
Rechtsgebiete: GVG, StPO
Vorschriften:
GVG § 181 Abs. 1 | |
GVG § 177 | |
GVG § 178 | |
GVG § 178 Abs. 1 Satz 1 | |
StPO § 467 Abs. 1 | |
StPO § 473 Abs. 3 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss
3 W 41/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht ... sowie die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
am 21. August 2003
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Verfügungsbeklagten zu 1. wird der Beschluss des Amtsgerichts Rathenow über die Verhängung eines Ordnungsgeldes vom 30.6.2003 - Az. 4 C 408/03 - aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der darin der Verfügungsbeklagten zu 1. erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Landeskasse zur Last.
Beschwerdewert: 100,00 €
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin ist Beklagte in einem einstweiligen Verfügungsverfahren, in dem vor dem Amtsgericht Rathenow am 30.6.2003 Termin zur mündlichen Verhandlung stattfand. Der Aushang für den entsprechenden Sitzungssaal im Gebäude des Amtsgerichts Rathenow enthielt folgende Passage: "Vor Betreten des Saales sind Handys abzuschalten! Bei Zuwiderhandlung droht Ordnungsgeld!" Während der Erörterung der Sach- und Rechtslage stellte die zuständige Amtsrichterin fest, dass ein Mobiltelefon läutete. Sie erlegte daraufhin der Antragsgegnerin zu 1. ein Ordnungsgeld in Höhe von 100,00 € auf. Der entsprechende Beschluss wurde in der Sitzung verkündet. Hiergegen richtet sich die am 1.7.2003 eingegangene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie habe den Aushang vor dem Sitzungssaal nicht gelesen. Das Mobiltelefon, welches geklingelt habe, stehe im Eigentum des Zeugen T... M..., der es angeschaltet in einer Aktentasche abgelegt habe, die die Beschwerdeführerin vor sich abgestellt hatte. Davon habe sie jedoch nichts bemerkt. Im Übrigen handele es sich bei Herrn T... M... um einen Dolmetscher, der bei Gerichten und Sicherheitsbehörden des Landes gelistet sei und ständig zur Verfügung stehen müsse.
II.
Die gemäß § 181 Abs. 1 GVG zulässige Beschwerde ist begründet.
Der Beschluss über die Verhängung eines Ordnungsgelds ist rechtsfehlerhaft ergangen. Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 30.6.2003 ist der Beschwerdeführerin vor Erlass des Beschlusses kein rechtliches Gehör gewährt worden. Dieses muss jedoch grundsätzlich vor Verhängung von Ordnungsmitteln gewährt werden, Art. 103 Abs. 1 GG. Es ist ganz allgemein anerkannt, dass die Bedeutung, die dem Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör zukommt, darin liegt, dass ihm die Möglichkeit gegeben werden muss, eine Handlung, die Ungebühr begründen kann, zu erläutern und sich gegebenenfalls zu entschuldigen. Nur in seltenen Ausnahmefällen kann das Gericht von der Gewährung rechtlichen Gehörs absehen, wenn mit Rücksicht auf die Intensität oder die Art der Ungebühr eine Anhörung dem Gericht nicht zugemutet werden kann oder wenn die Anhörung entbehrlich ist, weil dem Betroffenen die Festsetzung vorher ausdrücklich angedroht oder schon vorher gegen ihn wegen der gleichen Art Ungebühr Maßnahmen oder Ordnungsmittel gemäß §§ 177, 178 GVG verhängt worden sind (Kissel, GVG, 3. Aufl., § 178 Rz. 45 f. m.w.N.; OLG Hamm, NStZ-RR 2001, 116/117). Die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Anhörung liegen hier nicht vor. Das Klingeln eines Mobiltelefons in einer abgestellten Aktentasche stellt keine besonders grobe Verletzung der Ordnung der Sitzung dar. Es kann auch auf einem bloßen Versehen beruhen, wie dies häufiger vorkommt. Es war nicht einmal ersichtlich, ob die Beschwerdeführerin überhaupt für das nicht abgeschaltete Mobiltelefon verantwortlich war. Der Hinweis in der Sitzungsrolle war nicht geeignet, die Notwendigkeit einer Anhörung entfallen zu lassen, da nicht davon auszugehen ist, dass jeder Verfahrensbeteiligte diesen Hinweis auch zur Kenntnis nimmt. Der Beschluss über die Verhängung des Ordnungsgeldes war schon aufgrund dieses erheblichen Verfahrensfehlers aufzuheben. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob überhaupt eine Ungebühr im Sinne des § 178 Abs. 1 Satz 1 GVG festgestellt werden kann und ob der Beschwerdeführerin daran ein Verschulden zuzurechnen ist.
Die Entscheidung über die Beschwerde gegen den Ordnungsmittelbeschluss ergeht gerichtsgebührenfrei; die entstandenen notwendigen Auslagen waren jedoch in entsprechender Anwendung der §§ 467 Abs. 1, 473 Abs. 3 StPO der Landeskasse aufzuerlegen (Kissel, a.a.O., § 181 Rz. 18, Wieczorek/Schütze, ZPO und Nebengesetze, 3. Aufl., § 182 GVG Rz. 16; Löwisch-Rosenberg, Die StPO und das GVG, 25. Aufl., § 181 GVG Rz. 15; OLG Hamm, Entscheidung vom 23.1.1992 zum Az. 2 Ws 417/91; KG, Entscheidung vom 6.11.1996 zum Az. 4 Ws 179/96).
Ende der Entscheidung
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