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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 21.03.2007
Aktenzeichen: 3 W 73/06
Rechtsgebiete: ZPO, GVG


Vorschriften:

ZPO § 240
ZPO § 240 Satz 1
ZPO § 252
ZPO § 261
ZPO § 280 Abs. 2
ZPO § 511
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 568 Satz 2
ZPO § 574 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 574 Abs. 2
ZPO § 574 Abs. 3 Satz 1
GVG § 122 Abs. 1
GVG § 133
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

3 W 73/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch Richter am Amtsgericht Hering als Einzelrichter am 21.3.2007 beschlossen:

Tenor:

I. Der Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 20.11.2006 - Az. 10 O 292/06 - in der Gestalt des Nichtabhilfe-Beschlusses vom 6.12.2006 wird aufgehoben.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Mit dem Vortrag, er habe dem Beklagten verschiedene, im Einzelnen bezeichnete Darlehen gewährt, verlangt der Kläger vom Beklagten mit der am 11.7.2006 eingereichten Klage die Zahlung von insgesamt 31.418,83 EUR nebst Zinsen. Bereits mit Beschluss vom 9.8.2005 (Az. 35 IK 549/05) hatte das Amtsgericht Potsdam das (Verbraucher-)Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten eröffnet und einen Treuhänder bestellt. Das Landgericht hat mit dem vom Beklagten im Wege der sofortigen Beschwerde angegriffenen, im Tenor genannten Beschluss festgestellt, dass das Verfahren gemäß § 240 ZPO unterbrochen sei.

II.

Da die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter getroffen wurde, entscheidet auch das Beschwerdegericht - kraft Gesetzes - durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter (§ 568 Satz 1 ZPO). Gründe, die gemäß § 568 Satz 2 ZPO eine Übertragung des Verfahrens auf den Senat als Kollegium in der Besetzung nach § 122 Abs. 1 GVG erfordern, liegen im Streitfall nicht vor. Denn die Sache weist weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf noch hat sie grundsätzliche Bedeutung.

Das Rechtsmittel des Beklagten ist als sofortige Beschwerde zulässig. Gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 252 ZPO findet gegen Entscheidungen, die aufgrund gesetzlicher Bestimmung die Aussetzung des Verfahrens anordnen, die sofortige Beschwerde statt. Entsprechend wird bei Entscheidungen, die die Unterbrechung des Rechtsstreits wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei feststellen, ebenfalls die sofortige Beschwerde für zulässig erachtet (vgl. OLG München, NJW-RR 96, 229; zustimmend Baumbach-Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 252 Rn. 4; ebenso Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 252 Rn. 1) Aus der im Nichtabhilfebeschluss zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (ZIP 04, 2399) kann nicht abgeleitet werden, dass die sofortige Beschwerde gegen Beschlüsse, die eine Unterbrechung des Rechtsstreits gemäß § 240 ZPO feststellen, unzulässig ist. Mit der genannten Entscheidung bejaht der Bundesgerichtshof die Zulässigkeit des Rechtsmittels der Berufung gemäß § 511 ZPO, wenn die Verfahrensunterbrechung durch Zwischenurteil gemäß § 280 Absatz 2 ZPO ausgesprochen wurde. Diese Entscheidung ist auf die vorliegende Verfahrenssituation nicht übertragbar, in der das Landgericht eine angebliche Unterbrechung des Verfahrens durch Beschluss festgestellt hat.

Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels; es wurde von dem Beklagten insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 569 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie Abs. 2 ZPO).

In der Sache selbst hat die sofortige Beschwerde Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Landgericht hat die Unterbrechung des Rechtsstreits gemäß § 240 Satz 1 ZPO wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beklagten zu Unrecht bejaht. Die Voraussetzungen für eine Unterbrechung des Rechtsstreits gemäß § 240 Satz 1 ZPO lagen nicht vor. Eine Unterbrechung des Rechtsstreits nach vorgenannter Vorschrift tritt nur ein, wenn der Rechtsstreit zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits gem. § 261 ZPO rechtshängig ist. Wenn das Insolvenzverfahren bereits vor Klageerhebung eröffnet wurde, gilt § 240 ZPO nicht (vgl. etwa Zöller-Greger, ZPO, 26. Aufl., Vor § 239 Rn. 7; Baumbach-Hartmann, ZPO, § 240 Rn. 6; Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung (Schumacher), Vor §§ 85 bis 87, Rn. 42). Vorliegend wurde das Insolvenzverfahren bereits am 9.8.2005 eröffnet. Dem Rechtsstreit liegt eine nachfolgend erhobene Klage zugrunde. Die Annahme seiner Unterbrechung gemäß § 240 Satz 1 ZPO schied hiernach aus.

Eine gegenteilige Betrachtungsweise kann auch nicht der Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16.6.1999 (NJW-RR 99, 1428) entnommen werden. Denn die genannte Entscheidung, die eine analoge Anwendung des § 240 ZPO bei Eröffnung des Gesamtvollstre-ckungsverfahrens vor Zustellung eines Mahnbescheides bejaht, bezieht sich ausdrücklich auf die frühere Rechtslage unter der Geltung der Gesamtvollstreckungsordnung. Die genannte Entscheidung stellt klar, dass nach Inkrafttreten der Insolvenzordnung am 1.1.1999 kein Wahlrecht eines Gläubigers mehr besteht, eine die Masse betreffende Forderung außerhalb eines Insolvenzverfahrens gegen den Insolvenzschuldner geltend zu machen.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind Kosten des Rechtsstreits (vgl. OLG München, NJW-RR 96, 228; Baumbach, ZPO, 65. Aufl., § 252 Rz. 9).

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen; es fehlt an den gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Rechtsbeschwerdegericht. Die Entscheidung beruht im Wesentlichen auf einer Würdigung der Umstände des Einzelfalles.

Ende der Entscheidung

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