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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 17.04.2007
Aktenzeichen: 3 W 8/07
Rechtsgebiete: ArbGG, HGB, GVG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d
ArbGG § 5 Abs. 3
ArbGG § 5 Abs. 3 Satz 1
HGB § 92 a
HGB § 92 a Abs. 1 Satz 1
GVG § 17 a Abs. 4 Satz 1
GVG § 17 a Abs. 4 Satz 3
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 569
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

3 W 8/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Beschwerdeverfahren

hat der 3. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Bunge und die Richter am Oberlandesgericht Jalaß und Hüsgen

am 17.04.2007

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Cottbus, Kammer für Handelssachen, vom 04.01.2007 - 11 O 124/05 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Der Gebührenstreitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs.

Der Beklagte vermittelte für die Klägerin aufgrund eines Vermögensberater-Vertrages im Außendienst der Klägerin Finanzdienstleistungen. Gem. Ziff. I des Vermögensberater-Vertrags bedurfte der Beklagte für die Ausübung einer anderweitigen Beratungs-, Vermittlungs- oder Verkaufstätigkeit der vorherigen schriftlichen Einwilligung der Klägerin; sonstige Erwerbstätigkeiten hatte er ihr schriftlich anzuzeigen. Das Vertragsverhältnis endete mit Ablauf des 30.09.2005. Der Beklagte erhielt zwischen April und September 2005 insgesamt 991,93 € Provisionszahlungen (vgl. Bl. 172 d. GA).

Die Klägerin begehrt:

1. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr dadurch entstanden ist, oder noch entsteht, dass der Beklagte vor der rechtlichen Beendigung des Vertragsverhältnisses am 30.09.2005 seine Vermittlungstätigkeit für sie eingestellt und/oder eine Konkurrenztätigkeit entwickelt hat,

2. den Beklagten zu verurteilen, ihr für den Zeitraum bis zum 30.09.2005, Auskunft darüber zu erteilen, welche Geschäfte er in welchem Umfange für andere Unternehmen als ihres vermittelt hat, insbesondere dabei Vertragstyp, Abschlusssumme, provisionspflichtige Summe, Laufzeit, Unternehmen, das Vertragspartner geworden ist, und ein individuelles Kennzeichen des vermittelten Geschäfts, beispielsweise Name des Kunden, zu benennen

3. festzustellen, dass das Vertragsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 26.06.2005 nicht vorzeitig, vor Ablauf des 30.09.2005, sein Ende gefunden hat.

Der Beklagte hält den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für gegeben.

Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das Landgericht den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Cottbus verwiesen. Dessen Zuständigkeit folge aus § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG. Der Beklagte gehöre aufgrund der vertraglich vereinbarten Tätigkeitseinschränkungen zum Personenkreis des § 92 a HGB und er habe in den nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 15.02.2005 - 5 AZB 13/04) maßgeblichen letzten sechs Monaten des Vertragsverhältnisses monatlich unter 1.000,00 € verdient.

Gegen diesen ihr am 08.10.2007 (vgl. Bl. 256 d.GA) zugestellten Beschluss richtet sich die am 11.01.2007 beim Landgericht eingegangene sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie dessen Aufhebung und den Ausspruch der Zulässigkeit des bestrittenen Rechtsweges begehrt. Das Landgericht habe ein Tätigkeitsverbot nach § 92 a HGB und den für § 5 Abs. 3 ArbGG maßgeblichen Zeitraum fehlerhaft bejaht und einen Selbstwiderspruch der höchstrichterlichen Rechtsprechung sowie die Einschlägigkeit des UWG verkannt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft, §§ 17 a Abs. 4 Satz 1, Satz 3 GVG, 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, und auch im Übrigen zulässig, § 569 ZPO. In der Sache bleibt sie ohne Erfolg.

Der Beklagte war Einfirmenvertreter im Sinne von § 92 a HGB. Aufgrund der vertraglichen Regelung war ihm die Ausübung einer anderweitigen Beratungs-, Vermittlungs- oder Verkaufstätigkeit nur nach vorheriger schriftlicher Einwilligung durch die Klägerin gestattet. Der Beklagte durfte damit nicht für weitere Unternehmer tätig werden, weil eine Genehmigung der Klägerin nicht vorlag. Auf diese Rechtslage stellt § 92 a HGB ab (vgl. BAG, Beschluss vom 15.02.2005 - 5 AZB 13/04 = NJW 2005, 1146 m.z.w.N.). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.

Der Beklagte hat die im Jahre 2005 gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG maßgebliche Verdienstgrenze von monatlich 1.000,00 Euro im Durchschnitt der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses nicht überschritten. Diese Grenze ist auch dann maßgebend, wenn der Handelsvertreter in diesen Monaten nicht arbeitet und nichts verdient. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des Gesetzes. Es ist allein auf den rechtlichen Bestand des Vertragsverhältnisses abzustellen (BAG, Beschluss vom 05.02.2005 - 5 AZB 13/04 = NJW 2005, 1146 m.w.N.). Der Senat schließt sich auch dieser Rechtsprechung an.

Soweit die Klägerin ihre Ansprüche auf Wettbewerbsverstöße zu stützen versucht, folgt hieraus nichts anderes. Wie sie verkennt, stellen Verstöße gegen das UWG unerlaubte Handlungen dar, für die, soweit sie - wie hier - mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen, die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig sind, § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d ArbGG (vgl. Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 2, Rn. 2.4), wobei der Begriff der unerlaubten Handlung weit auszulegen ist (vgl. Matthes in: Germelmann u.a, ArbGG, 5. Aufl., § 2, Rn. 73 m.w.N.).

III.

Die Rechtsbeschwerde (§§ 17 a Abs. 4 Satz 4 GVG, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) lässt der Senat nicht zu. Er weicht entgegen der Auffassung der Klägerin von keiner Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes oder des gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe des Bundes ab (vgl. § 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG). Der von der Klägerin wahrgenommene Widerspruch zwischen dem Urteil des BAG vom 15.12.1999 - 5 AZR 3/99 = NZA 2000, 534 und dem Beschluss vom 15.02.2005 - 5 AZB 13/04 = NJW 2005, 1146 beruht auf einer grundlegenden Verkennung der Rechtslage. Das dem Urteil aus 1999 zugrunde liegende Verfahren betraf eine Statussache, bei der der klagende Einfirmenvertreter auf Feststellung seiner Arbeitnehmereigenschaft angetragen hatte, und die deshalb im arbeitsgerichtlichen Verfahren materiellrechtlich zu beurteilen war. Prozessual, und damit für die Rechtswegszuständigkeit maßgeblich, wird die Arbeitsnehmereigenschaft eines Einfirmenvertreters, in § 5 Abs. 3 ArbGG fingiert, wenn eine Einfirmenvertretung vorliegt. Dass die Fiktion des § 5 Abs. 3 ArbGG nicht greifen soll, wenn sich der materiellrechtliche Arbeitnehmerstatus eines Einfirmenvertreters als fehlend herausstellt, lässt sich dem von der Klägerin herangezogenen Urteil aus 1999 nicht entnehmen. Das BAG hat vielmehr die Geltung der zuständigkeitsbegründenden Fiktion des § 5 Abs. 3 ArbGG für diese Fälle nochmals ausdrücklich festgestellt (vgl. BAG, Urt. v. 24.10.2002 - 6 AZR 632/00 = NJW 2003, 2627).

Die für die Rechtswegszuständigkeit allein maßgebliche Einfirmenvertretung hat das BAG in seinem Urteil im Statusverfahren aus 1999 im Übrigen auch nicht verneint, sondern vorausgesetzt (vgl. Urteilsgründe II.2. c., NZA, 534, 538). Einen vergleichbaren Zustimmungsvorbehalt hat es schon im damaligen Urteil als Tätigkeitsverbot im Sinne des § 92 a Abs. 1 Satz 1 HGB gewertet und diesem Verbot bereits erhebliche grundgesetzliche Bedenken entgegengehalten (BGH, a.a.O., S. 539).

Den Gebührenstreitwert für das Beschwerdeverfahren setzt der Senat auf 1/5 des Hauptsachestreitwertes fest (vgl. BGH, Beschluss vom 19.12.1996 - III ZB 195/96 = NJW 1998, 909; Musielak/Heinrich, ZPO, 5. Aufl., § 3 Rn. 33).

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