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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 18.04.2007
Aktenzeichen: 4 U 102/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291 Satz 1 letzter Halbsatz
BGB § 488 Abs. 1 Satz 2
BGB § 488 Abs. 3 Satz 1
BGB § 488 Abs. 3 Satz 2
BGB § 779
BGB § 779 Abs. 1
ZPO § 538 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 102/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 18.04.2007

Verkündet am 18.04.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21.03.2007 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. Chwolik-Lanfermann, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schäfer und die Richterin am Amtsgericht Dr. Lammer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 16.06.2006 im Hinblick auf den Zinsanspruch dahingehend abgeändert, dass die Beklagte auf den zugesprochenen Betrag von 71.580, 86 € an die Klägerin Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz erst seit dem 09.10.2006 zu zahlen hat. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges trägt die Klägerin, die Kosten der Berufungsinstanz hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern die Gegenseite nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch.

Die Beklagte ist die Schwiegertochter der Klägerin. Die Ehe der Beklagten mit dem Sohn der Klägerin, Herrn N... Sch..., befindet sich zur Zeit in Scheidung. Das Trennungsjahr endete am 08.10.2004. Die Beklagte ist Alleineigentümerin des Hausgrundstücks U...straße ... in F....

Die Klägerin behauptet, der Beklagten zum Erwerb der bzw. für Investitionen in die Immobilie Gelder als Darlehen zur Verfügung gestellt zu haben.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat der Klage in großem Umfang stattgegeben. Es hat die Beklagte zur Zahlung von 71.580,86 € (= 140.000,00 DM) verurteilt. Den darüber hinausgehenden Klageantrag hat das Landgericht wegen Verjährung der Darlehensforderungen abgewiesen. Das Landgericht stützt die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 140.000,00 DM auf den Darlehensvertrag vom 04.12.2000. Das Landgericht begründet seine Entscheidung damit, dass diese Urkunde den Charakter eines Schuldscheins habe. Dies werde daraus deutlich, dass die Beklagte in der Urkunde erklärt habe, von der Klägerin "bis zum 04. Dezember 2000 ein Darlehen in Höhe von 140.000,00 DM erhalten" zu haben.

Die Unterzeichnung und Aushändigung einer Schuldurkunde an den Gläubiger führe in der Regel dazu, dass der Schuldner nunmehr darzulegen und zu beweisen habe, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung eines Darlehensbetrages tatsächlich nicht entstanden sei, dass also entgegen dem Inhalt der Urkunde die Darlehenssumme nicht an ihn ausgezahlt worden sei.

Die Darlegung der Beklagten sei jedoch nicht dazu geeignet, die Beweisführung durch die Klägerin zu erschüttern. Darauf, ob die Beklagte bei Unterzeichnung des bereits ca. 3 Jahre vorher geschlossenen Darlehensvertrages vom 10.10.1997 aufgrund einer lebensbedrohlichen Erkrankung veranlasst gewesen sei, eine Regelung schriftlich festzuhalten, die nicht der Realität entsprochen habe, käme es nicht an. Denn maßgebend sei nicht die Situation bei Unterzeichnung des Darlehensvertrages vom 10.10.1997, sondern die Situation bei Unterzeichnung des Vertrages vom 04.12.2000. Dass und aus welchen Gründen insoweit für die Beklagte nach wie vor eine psychische Ausnahmesituation vorgelegen haben solle, habe die Beklagte nicht dargelegt.

Soweit sich die Beklagte zum Beweis dafür, dass sie die 140.000,- DM nicht erhalten habe, auf die Parteivernehmung der Klägerin sowie das Zeugnis ihres Ehemannes N... Sch... berufen habe, sei diesem Beweisantritt nicht nachzugehen gewesen. Denn eine Beweiserhebung hätte vorausgesetzt, dass die Beklagte vorgetragen hätte, wann, wo und in wessen Anwesenheit die Urkunde unterschrieben worden sei und warum entgegen ihrem Inhalt erklärt worden sei, dass die Beklagte die angegebene Geldsumme als Darlehen erhalten habe. Dies sei seitens der Beklagten jedoch nicht erfolgt.

Die Beklagte strebt mit der Berufung die Aufhebung des Urteils des Landgerichts und Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht des ersten Rechtszuges, hilfsweise die Abweisung der Klage in vollem Umfang, an. Sie stützt die Berufung darauf, dass das Landgericht keinem ihrer Beweisangebote nachgegangen sei und eine Vielzahl von Beweisantritten nicht einmal in die Entscheidungsfindung einbezogen habe.

Die Klägerin trage die Beweislast für die erfolgte Hingabe des Darlehens auch dann, wenn die Beklagte den Empfang der 140.000,- DM als Darlehen am 04. Dezember 2000 schriftlich bestätigt habe. Durch die Privaturkunde vom 04. Dezember 2000 sei lediglich die Abgabe der Erklärung der Beklagten, 140.000,00 DM darlehensweise von der Klägerin erhalten zu haben, bewiesen. Hieraus resultiere jedoch keine Beweislastumkehr hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit der Erklärung zu Lasten der Beklagten.

Die Beklagte stützt ihre Rechtsauffassung hilfsweise auf die analoge Anwendung des § 779 BGB.

Schließlich habe das Landgericht die Ausführungen der Beklagten zur rechtlichen Bewertung der Zuwendungen der Schwiegermutter als "Zuwendungen eigener Art" nicht berücksichtigt.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 16. Juni 2006, AZ.: 17 O 160/05 im Umfang seiner Anfechtung aufzuheben und den Rechtstreit zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Frankfurt/Oder zurückzuweisen;

hilfsweise das angefochtene Urteil im Umfang seiner Anfechtung abzuändern und die Klage im vollen Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Die Klägerin verteidigt das Urteil des Landgerichts.

II.

Die Berufung ist zulässig, jedoch nur in geringem Umfang begründet.

Dem Antrag der Beklagten auf Zurückverweisung der Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges war nicht zu entsprechen, da die Voraussetzungen des § 538 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

Auch dem hilfsweise gestellten Antrag der Beklagten kann nur hinsichtlich eines Teils der Zinsen und der Kosten entsprochen werden.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehensbetrages in Höhe von 71.580, 86 € (= 140.000,- DM).

Die Beklagte hat die sich aus dem Darlehensvertrag vom 04.12.2000 ergebenden Indizien, die für eine Valutierung des Darlehens in Höhe von 140.000,- DM sprechen, nicht erschüttert.

Zwar trägt grundsätzlich der Darlehensgeber, der die Rückzahlung des Darlehens geltend macht, die Beweislast dafür, dass ein Darlehen vereinbart und an den Darlehensnehmer ausgezahlt worden ist (BGH, v. 10.06.1985, III ZR 178/84, juris Rn. 21).

a) Die Klägerin hat jedoch durch Vorlage der Urkunde vom 04.12.2000 hinreichend unter Beweis gestellt, dass die Beklagte das vereinbarte Darlehen tatsächlich ausgezahlt bekommen hat. Das als Darlehensvertrag bezeichnete Schriftstück vom 04.12.2000 stellt nach Form und Inhalt einen Darlehensschuldschein dar, also eine Urkunde, die zum Zwecke der Beweissicherung die Schuld bestätigt (vgl. BGH, v. 14.04.1978, V ZR 10/77, juris Rn. 7). Die Aushändigung einer solchen Urkunde an den Gläubiger führt dazu, dass der Gläubiger den Gegenbeweis dahingehend führen muss, dass entgegen dem Inhalt der Urkunde die Darlehenssumme nicht an ihn ausgezahlt worden ist ( BGH, v. 10.06.1985, III ZR 178/84, juris Rn. 22).

b) Soweit die Beklagte sich darauf beruft, aus der Urkunde ergebe sich lediglich, dass die Beklagte das in der Urkunde enthaltene Empfangsbekenntnis abgegeben hat, ist dies zwar richtig, gibt jedoch die aus der Urkunde resultierenden Rechtfolgen nur teilweise wieder.

aa) Die Urkunde beweist die von der Beklagten abgegebene Erklärung (§ 416 ZPO). Will die Beklagte sich darauf berufen, diese Erklärung tatsächlich nicht abgegeben zu haben, muss sie dies im Wege des Vollbeweises widerlegen.

bb) Hinsichtlich der materiellen Beweiskraft der Urkunde gilt hingegen der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Die Urkunde enthält ein Indiz für die Wahrheit der zugestandenen Tatsache, denn erfahrungsgemäß pflegt niemand ohne Not eine ihm ungünstige Tatsache zuzugeben, der nicht von ihrer Wahrheit überzeugt ist (BGH, v. 14.04.1978, V ZR 10/77, juris Rn. 7). Dieses Indiz kann durch jeden Gegenbeweis entkräftet werden. Einen solchen muss der in der Urkunde als Schuldner bezeichnete jedoch nicht in Form eines Vollbeweises führen; es genügt, dass der Beweis aus der Urkunde erschüttert wird. Dass die zu beweisende Tatsache als unwahr erwiesen wird oder sich auch nur eine zwingende Schlussfolgerung gegen sie ergibt, ist nicht erforderlich (BGH, a.a.O., juris Rn. 8; v. 28.09.1987, II ZR 35/87 juris Rn. 12, v. 03.04.2001, XI ZR 120/00, juris Rn. 27).

(1) Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass hier besondere Umstände vorliegen, die den Beweiswert der Urkunde von vornherein erschüttern. Zwar führt ein Schuldschein dann nicht zu einer Beweislastverlagerung zu Lasten des Schuldners, wenn besondere Umstände den Beweiswert der Urkunde von vornherein so erschüttern, dass Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass der Inhalt der Urkunde den tatsächlichen Gegebenheiten nicht entspricht. Derartige besondere Umstände sind nach der Rechtsprechung z.B. gegeben, wenn feststeht, dass es neben der streitgegenständlichen Urkunde weitere schriftliche Darlehensverträge gibt, denen aber unstreitig keine entsprechende Auszahlung eines Darlehensbetrages zugrunde lag (BGH, v. 03.04.2001, XI ZR 120/00, juris Rn. 10; OLG Köln, WM 1998, 1682 ff (1683)). In dem vom BGH entschiedenen Fall war das Darlehen überhaupt nicht ausgezahlt worden, dem Urteil des OLG Köln lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem der Schuldschein auf einen deutlich höheren als den tatsächlich ausgezahlten Betrag ausgestellt worden ist.

Hiermit vergleichbare Umstände liegen hier jedoch nicht vor. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass der Darlehensvertrag vom 10.10.1997 Ungereimtheiten aufweise, weil dieser die Formulierung enthält, dass die Beklagte 130.000,- DM "erhält", während sie nach dem eigenen Vortrag der Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits 50.000,- DM erhalten haben soll, ist einzuräumen, dass ein Formulierungsfehler vorliegt. Die Beklagte kann diesen Fehler jedoch nicht dahingehend für sich fruchtbar machen, dass hierin ein Umstand begründet sei, der den Beweiswert der Urkunde vom 04.12.2000 erschüttert. Aus der Tatsache, dass die Klägerin einen Darlehensvertrag vorlegt, in dem sich die Klägerin verpflichtet, an die Beklagte 130.000,- DM auszuzahlen, obgleich sie nach eigenem Bekunden, von den 130.000,- DM bereits vorher 50.000,- DM an die Beklagte ausgezahlt haben will, lässt sich gerade nicht folgern, dass bereits vorher zum Nachteil der Beklagten Scheinverträge geschlossen worden sind. Ebenso verhält es sich mit der Urkunde vom 18.02.1993. Hier wird die Auszahlung eines Darlehens in Höhe von 20.000,- DM bestätigt, während nach dem Vortrag der Klägerin tatsächlich insgesamt 30.000,- DM ausgezahlt worden sein sollen. Auch hier verschlechtern die Urkunden die Beweissituation der Klägerin und nicht der Beklagten.

Aufgrund der unterbliebenen Unterscheidung zwischen erhaltenem und noch zu erhaltenem Geld im Vertrag vom 10.10.1997 könnte zwar darauf geschlossen werden, dass bei Aufsetzen der Darlehensverträge insgesamt nicht exakt auf die verwendete Formulierung geachtet wurde. Das Landgericht hat diese Ungereimtheit in dem Vertrag aus 1997 jedoch zutreffend als einmaligen redaktionellen Fehler bewertet. Denn der Vertrag aus dem Jahr 1997 bezieht sich auf zwei Tranchen: 50.000,- DM, die bereits ausgezahlt wurden, und 80.000,- DM, die noch auszuzahlen waren. Der Vertrag aus dem Jahr 2000 soll jedoch ausschließlich die Valutierung eines Gesamtdarlehens in Höhe von 140.000,- DM bestätigen. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass ein Vertrag, in dem die Formulierung, die Beklagte "erhält" 140.000,- DM, gewählt worden wäre, mit dem von der Beklagten behaupteten Motiv für die Unterzeichnung des Schuldscheines nicht in Einklang zu bringen wäre. Die Reduzierung des Nachlasswertes konnte nur mit einem valutierten Darlehen erreicht werden, denn nur dieses begründet eine den Nachlasswert vermindernde Verbindlichkeit der Beklagten.

(2) Auch der übrige Vortrag der Beklagten ist nicht geeignet, den Beweiswert des Schuldscheines zu erschüttern.

Der Vortrag der Beklagten, dass sie für die erforderlichen Investitionen an dem Mehrfamilienhaus Bankdarlehen aufgenommen hat, lässt das Gericht nicht daran zweifeln, dass die Beklagte den Darlehensbetrag ausgezahlt bekommen hat. Denn es ist sowohl möglich, dass die Gelder aus dem Bankdarlehen, aber auch, dass die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Beträge zur Bezahlung von Verbindlichkeiten, für die keine Rechnungen zu den Akten gereicht wurden, oder für andere Zwecke als die Sanierung der Immobilie verwendet wurden.

Selbst wenn der Sohn der Klägerin - wie von der Beklagten behauptet wird - die gesamte Baumaßnahme betreut und die hiermit verbundenen finanziellen Belange abgewickelt hat, ließe sich hieraus nicht folgern, dass die Beklagte das Darlehen nicht erhalten habe, denn die Beklagte war die Hauseigentümerin.

Schließlich kann die Beklagte auch nicht für sich fruchtbar machen, dass zwischen den Parteien unstreitig geblieben ist, dass die Beklagte von der Klägerin kleinere Darlehen erhalten hat, die die Beklagte jeweils zum vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt zurückgeführt hat. Denn hieraus ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte das streitgegenständliche, größere Darlehen nicht erhalten hat.

(3) Soweit sich die Beklagte zum Beweis für ihre Behauptung, den Darlehensbetrag von 140.000 ,- DM nicht erhalten zu haben, auf das Zeugnis des Sohnes der Klägerin und die Vernehmung der Klägerin als Partei beruft, war diesem Beweisangebot nicht nachzugehen, da dies einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dargestellt hätte.

Ausgehend von dem o.g. Grundsatz, dass niemand ohne Not etwas ihn Belastendes bestätigt, genügt es für einen schlüssigen Vortrag der Beklagten nicht, dass sie lediglich bestreitet, das Geld erhalten zu haben und dafür Beweis anbietet. Vielmehr hätte es der Beklagten zunächst oblegen vorzutragen, warum sie sich entgegen dieser Regel zu Unrecht belastet hat. Die Beklagte hat jedoch nicht nachvollziehbar dargelegt, aufgrund welcher Umstände und Beweggründe sie den Darlehensvertrag vom 04.12.2000 unterzeichnet hat.

Dem Landgericht ist insoweit zuzustimmen, dass die Beklagte keine plausible Erklärung für ihr Verhalten im Dezember 2000 gegeben hat. Die Beklagte hat zwar ausführlich dargelegt, dass sie den vorhergehenden Darlehensvertrag vom 10.10.1997 über 130.000,- DM, der von dem Vertrag vom 04.12.2000 mit umfasst wird, unterzeichnet habe, da sie zu jenem Zeitpunkt akut an einem Mamakarzinom erkrankt war und im Hinblick auf die geringen Genesungschancen einen Weg gesucht habe, ihren Nachlass durch die vorgegebene Darlehensforderung belastet erscheinen zu lassen, damit der Wert des Nachlasses unterhalb der Freibeträge eines erbenden Ehemannes bleibe. Hierbei dürfte dahingestellt bleiben, ob -wie die Klägerin argumentiert - diese Erklärung in Anbetracht der Bewertung von Grundstücken in Nachlässen nach dem Einheitswert und der Höhe der Freibeträge überhaupt plausibel ist. Denn dieser Vortrag kann ohnehin allenfalls als Erklärung dafür dienen, warum die Beklagte im Jahr 1997 den Darlehensvertrag über 130.000,- DM unterzeichnet hat. Dass die akute Lebensgefahr, die 1997 bestanden haben mag, nach erfolgreicher Operation und Behandlung noch bei Unterzeichnung des entscheidenden Vertrages vom 04.12.2000 angehalten haben soll, wurde nicht schlüssig belegt. Andere Erklärungen dafür, warum die Beklagte schriftlich bestätigt hat, 140.000 DM darlehenshalber erhalten zu haben, obgleich dieses Geld ihr tatsächlich nicht zugeflossen sein soll, wurden von der Beklagten nicht gegeben.

2. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es sich bei den von der Klägerin erhaltenen Zahlungen um sog. unbenannte Zuwendungen gehandelt habe.

a) Zwar kann es sich um eine unbenannte ehebedingte Zuwendung nicht nur bei Zuwendungen zwischen Ehegatten handeln, sondern auch bei Zahlungen von Schwiegereltern, die mit Rücksicht auf die Ehe des Empfängers mit deren Abkömmling zur Begünstigung des ehelichen Zusammenlebens geleistet werden (BGH v. 12.04.1995, XII ZR 58/94, juris Rn. 11).

Eine unbenannte Zuwendung liegt vor, wenn nach dem erkennbaren Willen des Zuwenders die Leistung nicht zu einer den Empfänger einseitig begünstigenden und frei disponiblen Bereicherung führen, sondern auf Dauer der ehelichen Gemeinschaft dienen und damit auch von deren Bestand abhängig sein soll (OLG Köln, v. 07.02.2001, juris Rn. 11).

b) Hier liegt jedoch keine unbenannte Zuwendung vor. Denn hier blieb die Zuwendung gerade nicht unbenannt, vielmehr wurde sie ausdrücklich als Darlehen bezeichnet.

Hinzu kommt, dass eine unbenannte Zuwendung voraussetzt, dass das Geld zur Verfügung gestellt wurde, ohne dass während des Bestandes der Ehe eine Rückforderung des Betrages möglich sein sollte (vgl. Brandenburgisches OLG, v. 21.07.2004, 7 U 185/03, juris Rn. 19). Hier haben sich die Parteien jedoch auf eine darlehensweise Hingabe des Geldes geeinigt. Die Verwendung des Begriffes Darlehen setzt inzidenter voraus, dass das Darlehen gekündigt werden und der Rückzahlungsanspruch fällig gestellt werden kann.

3. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass dem Darlehensvertrag ein unwirksamer Vergleich gem. § 779 Abs. 1 BGB zugrunde liege, kann dem nicht gefolgt werden. Denn die Beklagte hat weder vorgetragen, aufgrund welchen Streits oder welcher Ungewissheit die Parteien den Darlehensvertrag geschlossen haben sollen, noch hat sie dargelegt, welchen unzutreffenden Sachverhalt die Parteien bei Vertragsabschluss als zutreffend angenommen haben.

4. Die Rückzahlung des Darlehens ist jedoch erst zum 09.10.2006 fällig gewesen.

Der Darlehensvertrag vom 04.12.2000 enthält keine Regelung dazu, wann die Rückzahlung des Geldes erfolgen sollte. Fehlt es an einer Fälligkeitsregelung, so hängt die Fälligkeit des Darlehens gem. § 488 Abs. 3 Satz 1 BGB grundsätzlich von der Kündigung des Darlehensvertrages ab. Die Kündigung des Darlehensvertrages ist mit Schreiben vom 08.11.2004 erfolgt, die dreimonatige Kündigungsfrist gem. § 488 Abs. 3 Satz 2 BGB wäre vor Anhängigkeit der Klage (14. 04. 2005) abgelaufen gewesen.

a) Indes ergibt sich aus den besonderen Umständen der Darlehensgewährung, dass das Darlehen nicht jederzeit kündbar sein sollte.

Die gesamten Umstände der Darlehensgewährung, insbesondere die Höhe der Summe und der Zweck der Finanzierung einer Immobilie, in der die Eheleute wohnten, in der sich aber auch die Gewerberäume des Sohnes der Klägerin befanden, und die Tatsache, dass hinsichtlich kleinerer Darlehen, die die Klägerin der Beklagten unstreitig gewährt hatte, konkrete Tilgungsbedingungen geregelt waren, lassen darauf schließen, dass das Darlehen langfristig gewährt werden und nicht jederzeit unter Einhaltung der gesetzlichen dreimonatigen Frist gekündigt werden können sollte.

b) Andererseits spricht gegen die Annahme, dass die Langfristigkeit des Darlehens gänzlich unabhängig vom Bestand der Ehe der Beklagten mit dem Sohn der Klägerin gelten sollte, der von der Klägerin mit der Darlehenshingabe verfolgte Zweck, nämlich die finanzielle Hilfe für die Beklagte als Ehefrau ihres Sohnes. Die Parteien haben bei der langfristigen Hergabe des Darlehens lediglich den Fall stillschweigend geregelt, dass die Ehe der Beklagten mit dem Sohn der Klägerin Bestand haben würde. Es fehlt jedoch an einer Regelung über die Dauer der Darlehensgewährung für den Fall, dass es zu einer Auflösung der Ehe kommt.

aa) Mangelt es an einer - auch nur stillschweigenden - Vereinbarung, ist die Vertragslücke nach dem hypothetischen Willen der Parteien auszufüllen. Es ist unter Berücksichtigung des im Vertrag bereits zum Ausdruck gekommenen Parteiwillens, insbesondere des Vertragszweckes, zu ermitteln, was von den Parteien als redlichen Vertragspartnern vereinbart worden wäre, wenn sie den ungeregelt gebliebenen Fall der Scheidung der Ehe mitgeregelt und hierbei die Gebote von Treu und Glauben und der Verkehrssitte beachtet hätten (vgl. BGH v. 05.02.1973, III ZR 203/71, juris Rn. 24f.).

(1) Hierbei ist einmal zu berücksichtigen, dass der Beklagten das Darlehen zur Finanzierung eines Immobilienerwerbes bzw. -ausbaus dienen sollte. Hätte die Beklagte einen Immobilienkredit bei einer Bank aufgenommen, hätte sie keinesfalls eine kurzfristige Kündigungsmöglichkeit akzeptiert. Deshalb hätten die Parteien sich auch für den Fall eines Scheiterns der Ehe nicht darauf geeinigt, dass die Beklagte den Kredit kurzfristig zurückzuzahlen hätte.

(2) Andererseits hätte die Beklagte auch nicht verlangen können, dass das Scheitern der Ehe ohne Einfluss auf die Laufzeit des Kredites bliebe. Eine solche Regelung hätte nämlich unbeachtet gelassen, dass die Klägerin allein deshalb ein Interesse an der Kreditgewährung hatte, weil die Beklagte ihre Schwiegertochter war, und der Kredit auch dem Sohn der Klägerin zugute kommen sollte. Als redliche Vertragspartner hätten sich die Parteien darauf verständigen müssen, dass für den Fall des Scheiterns der Ehe die Beklagte das Darlehen nicht sogleich zurückzahlen müsste, sie jedoch gehalten ist, alles in ihren Kräften Stehende und ihr unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen Zumutbare zu tun, um durch Umschuldung oder auf sonstige Weise Mittel in die Hand zu bekommen, die ihr eine Rückzahlung des Darlehens an ihre Schwiegermutter ermöglichen (vgl. BGH, a.a.O, Rn. 27).

bb) Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 05.02.1973 (a.a.O.) ausgeführt, dass eine Regelung, wonach zwei Jahre nach Rechtskraft des Scheidungsurteils eine Rückzahlung des Darlehens zu erfolgen hat (dort: Investitionszuschuss für die Errichtung eines Reitstalls), von dem Darlehensnehmer als redlichem Vertragspartner hätte hingenommen werden müssen (a.a.O., Rn. 27).

Die Entscheidung des BGH erging, bevor das 1. EheRG am 01.07.1977 in Kraft getreten ist. Die Parteien des vorliegenden Falles hätten sich jedoch, wenn sie bei Abschluss des Darlehensvertrages die Möglichkeit des Scheiterns der Ehe bedacht hätten, bei der Regelung der Fälligkeit des Darlehens im Scheidungsfall von den gesetzlichen Wertungen des bei Vertragsabschluss geltenden Scheidungsrechts leiten lassen. Im Trennungsjahr sollen die Eheleute Gelegenheit haben zu prüfen, ob die Ehe tatsächlich gescheitert ist (§ 1565 Abs. 1 BGB). Das Scheitern der Ehe wird - von Ausnahmen abgesehen- frühestens nach Ablauf des Trennungsjahres vermutet (§ 1566 Abs. 1 BGB). Unter Berücksichtigung dieser gesetzlichen Wertungen hätten die Parteien keine Regelung getroffen, die die Beklagte verpflichtet hätte, sich bereits in dem Zeitraum, in dem die Eheleute die Möglichkeit einer Versöhnung prüfen sollen, um eine Umschuldung zu bemühen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Trennungsjahr am 08.10.2004 endete. Ab diesem Zeitpunkt lief die Zwei-Jahres-Frist, innerhalb derer es der Beklagten als Darlehensnehmerin zumutbar war, sich um die Umschuldung eines Darlehens zu bemühen, auch wenn hierdurch ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet wird (vgl. BGH, a.a.O., juris Rn. 26 i.V.m. Rn. 27).

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 291 Satz 1 letzter Halbsatz BGB. Das Urteil des Landgerichts war hinsichtlich des Zinsbeginns zu ändern, da Prozesszinsen nicht vor Fälligkeit der Hauptforderung zugesprochen werden können.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin hat die Kosten der ersten Instanz zu tragen, da die Klageforderung zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht noch nicht fällig und die Klage damit zum damaligen Zeitpunkt nicht begründet war. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung aufweist, noch die Entscheidung des Revisionsgerichts zum Zwecke der Rechtsvereinheitlichung oder Rechtsfortbildung erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Insbesondere liegt keine Abweichung zur Rechtsprechung des BGH vor, da die Entscheidung des 3. Zivilsenats die Wertungen des 1. EheRG noch nicht berücksichtigen konnte.

Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 71.580, 86 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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