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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 25.08.2004
Aktenzeichen: 4 U 185/03
Rechtsgebiete: HOAI, BGB, ZPO


Vorschriften:

HOAI § 15
BGB § 195 a.F.
BGB § 222 Abs. 1 a.F.
BGB § 252 Satz 2
BGB § 254 Abs. 1
BGB § 254 Abs. 2 Satz 1
BGB § 254 Abs. 2 Satz 2
BGB § 278
BGB § 423
BGB § 649
BGB § 635 a. F.
BGB § 638 Abs. 1 Satz 1 a.F.
BGB § 638 Abs. 1 Satz 2 a.F.
ZPO § 287 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 185/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 25.08.2004

Verkündet am 25.08.2004

in dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28.07.2004 durch

die Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richtern am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 06.11.2003 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 12 O 206/99 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das am 06.11.2003 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 12 O 206/99 - abgeändert: Die Hilfswiderklage wird abgewiesen.

3. Die Anschlussberufung der Beklagten gegen das am 06.11.2003 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 12 O 206/99 - wird als unzulässig verworfen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug werden der Beklagten auferlegt.

Hinsichtlich der Kosten der Streithelfer (Nebenintervenienten) im ersten Rechtszug verbleibt es bei der getroffenen Kostenentscheidung.

Die Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszug tragen die Streithelferin zu 1) zu 49/50 und die Beklagte zu 1/50. Die Kosten der Streithelferin zu 1) trägt diese selbst. Die Kosten der Streithelfer zu 2) und 3) trägt die Beklagte.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrte von der Beklagten im ersten Rechtszug Architektenhonorar, die Beklagte vom Kläger Schadensersatz wegen mangelhafter Architektenleistung. Im zweiten Rechtszug stehen ausschließlich die Schadensersatzansprüche der Beklagten gegen den Kläger im Streit.

Nach den Feststellungen im ersten Rechtszug ist der zwischen den Parteien geschlossene Architektenvertrag, gerichtet auf Planungsleistungen einschließlich der Leistungsphasen 8 und 9 des § 15 HOAI betreffend zwei Mehrfamilienhäuser in T..., durch mit Schreiben des Klägers vom 01.12.1996 akzeptierte Kündigung der Beklagten vom 29.11.1996 beendet worden.

Das Landgericht hat bei dieser Sachlage angenommen, dass der mit Schriftsatz vom 10.10.2002 erhobenen (Zahlungs- und Feststellungs-) Widerklage die mit Schriftsatz vom 04.02.2003 erhobene Verjährungseinrede entgegengehalten werden könne, da die fünfjährige Verjährungsfrist aus § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. bereits mit der Vertragskündigung in Lauf gesetzt worden und folglich Anfang Dezember 2001 vollendet gewesen sei.

Dagegen sei die im April 2001 und damit in unverjährter Zeit erhobene Hilfswiderklage begründet, die durch die Annahme einer (materiell-rechtlichen) Unzulässigkeit einer Hilfsaufrechnung (vertragliches Aufrechnungsverbot) bedingt war und einen erstrangigen Teilbetrag der Widerklage von 9.714,54 € nebst anteiligen Zinsen zum Gegenstand hat. Nach den zugrunde liegenden Feststellungen hat sich der Kläger gegenüber der Beklagten dadurch schadensersatzpflichtig gemacht, dass er das durch die B... Ingenieurgesellschaft m. b. H. erstellte Bodengutachten vom 21.02.1996 seiner Entwurfs- und Genehmigungsplanung zugrunde gelegt hat, obwohl aufgrund innerer Widersprüche in den sachverständigen Feststellungen eindeutig erkennbar gewesen sei, dass zusätzlich zur Abdichtung gegen Bodenfeuchtigkeit und nicht drückendes Wasser planerische Vorsorge gegen drückendes Wasser getroffen werden musste. Das Landgericht hat den Schaden nach insoweit plangemäßer Errichtung der Mehrfamilienhäuser in den Kosten für die Herstellung einer neuen Bodenplatte gesehen, die es sachverständig beraten mit 27.000,00 € je Haus veranschlagt hat. Hierauf hafte der Kläger neben "den weiteren Beteiligten" gesamtschuldnerisch. Ein Mitverschulden der Beklagten für den Sonderfachmann und die Zahlung von insgesamt 300.000,00 DM, die in Erfüllung eines zwischen ihr, dem Sonderfachmann und den Streithelfern zu 2) und 3) geschlossenen "Gesamtvergleichs" geleistet wurden, hat die Kammer dabei außer Betracht gelassen. Auch Feststellungen zur Schadenshöhe im übrigen, von den Mängelbeseitigungskosten abgesehen, sind im ersten Rechtszug nicht getroffen worden. Insoweit wird auf den in den Schriftsätzen vom 10.10.2002 und 27.06.2003 enthaltenen Schadensvortrag der Beklagten Bezug genommen.

Mit ihrer namens der Beklagten geführten Berufung wendet sich die Streithelferin zu 1) gegen die Abweisung der Widerklage in Höhe von 511.438,75 € nebst anteiligen Zinsen mit der Begründung, dass kraft Nebenpflichtverletzung und in Ermangelung der Voraussetzungen des § 638 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. die regelmäßige Verjährungsfrist nach § 195 BGB a. F. zugrunde zu legen sei, nach § 6.2 der "Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Einheits-Architektenvertrag (AVA)" der Verjährungsbeginn ausnahmslos an eine Abnahme geknüpft sei und nach neuerer Rechtsprechung des BGH auch der gekündigte Bauvertrag hinsichtlich der erbrachten Leistungen abnahmefähig und regelmäßig auch -bedürftig sei.

Die Streithelferin zu 1) beantragt,

das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass der Kläger verurteilt wird, an die Beklagte 511.438,75 € nebst 14,8 % Zinsen seit dem 23.10.2002 zu zahlen.

Der Kläger und die Streithelfer zu 2) und 3) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen, der Kläger zudem im Wege der Anschlussberufung, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass die Hilfswiderklage abgewiesen wird.

Die Beklagte und die Streithelferin zu 1) beantragen,

die Anschlussberufung zurückzuweisen, die Beklagte zudem im Wege der Anschlussberufung, das angefochtene Urteil dahingehend abzuändern, dass der Kläger zusätzlich zu dem Antrag der Streithelferin zu 1) verurteilt wird, weitere "5 % Verzugszinsen und Zinseszinsen ab der jeweiligen Fälligkeit zu zahlen",

sowie (sinngemäß) festzustellen,dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten den weiteren Schaden zu ersetzen, der sich (insbesondere) aus der Erbringung unzulänglicher Abdichtungsarbeiten an den Mehrfamilienhäusern in ... T..., ...str. 3 und ...str. 4 ergibt.

Die Beklagte hat auf Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung auf die Unzulässigkeit einer solchen Anschlussberufung mitgeteilt, dass sie ihre Anträge gleichwohl nicht als Erweiterung der Hauptberufung verstanden wissen will. Im nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz hat sie zudem die Auffassung vertreten, dass die Feststellungswiderklage bereits mit Berufungsantrag der Streithelferin zu 1) zur Entscheidung gestellt worden sei.

Der Kläger und die Streithelfer zu 2) und 3) beantragen,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Der Kläger und die Streithelfer zu 2) und 3) verteidigen das angefochtene Urteil in der Verjährungsfrage. Der Kläger vertritt zudem die Auffassung, dass er die inhaltliche Überprüfung des Bodengutachtens erst bei der Ausführungsplanung nach Leistungsphase 5 des § 15 HOAI geschuldet habe. Auch sei ihm lediglich eines der beiden Bodengutachten für die beiden Mehrfamilienhäuser bekannt gegeben worden. Weiterhin hätte die von ihm planerisch übernommene Bauleistungsbeschreibung mit einer Ausführung der erdberührten Teile bzw. der Kellerwände in WU-Beton eine genügende Abdichtung gegen drückendes Wasser dargestellt. Vor Inanspruchnahme auf Schadensersatz hätte ihm ferner, zumindest in Befolgung des Gebots widerspruchsfreien Verhaltens, eine Nachbesserungsmöglichkeit eingeräumt werden müssen. Auch sei der Zurechnungszusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schadenseintritt spätestens unterbrochen worden, als die Bodenbeschaffenheit bei Aushub der Baugrube offenbar geworden sei. Schließlich sei die Schadenshöhe von der Beklagten insbesondere wegen Nichtberücksichtigung der Sowieso-Kosten unschlüssig dargelegt worden.

II.

1. Die form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Rechtsmittel der Streithelferin zu 1) und des Klägers sind zulässig. Der Streithelfer kann namens der Hauptpartei, d. h.: für diese, Rechtsmittel einlegen und begründen(§§ 74 Abs. 1, 67 ZPO, vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 67 Rdnr. 5; Zöller-Gummer, ebd., vor § 511 Rdnr. 24). Eine genügende Beschwer ergibt sich ohne weiteres aus dem Unterliegen der Beklagten mit ihrem Widerklageantrag. Zur Entscheidung des Senats ist die Widerklage freilich nur im ausdrücklich beantragten Umfang angefallen. Eine Auslegung gegen Antragswortlaut kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Streithelferin zu 1) spätestens den Hinweis des Senats auf die Unzulässigkeit der Anschlussberufung der Beklagten zum Anlass genommen hätte, die Hauptberufung um die Feststellungswiderklage zu erweitern, falls sie eine Entscheidung auch über diesen Streitgegenstand gewollt hätte.

Die Anschlussberufung der Beklagten ist unzulässig, weil sie unstatthaft ist. Eine Anschließung ist weder an das eigene Rechtsmittel noch an die Anschlussberufung des Gegners möglich (KG, VersR 1975, 452 f.; BGHZ 88, 360 ff.). Daran hat das ZPO-RG nichts geändert. Von dem mit der Abschaffung der selbständigen Anschlussberufung verfolgten Vereinfachungszweck abgesehen, war eine Änderung der geltenden Rechtslage nicht beabsichtigt (BT-Drs. 14/4722, S. 70). Zwar wird eine solche Anschlussberufung regelmäßig als Erweiterung des Hauptberufung auszulegen sein, wenn sie sich innerhalb der Berufungsbegründung hält. Das ist von der Beklagten indes ausdrücklich nicht gewollt worden.

2 a) Die Anschlussberufung des Klägers ist auch in der Sache erfolgreich. Denn die Hilfswiderklage ist unbegründet. Dabei kann der Senat auf sich beruhen lassen, ob das Landgericht dem Grunde nach zutreffend einen Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB a. F. gegen den Kläger bejaht hat. Es lässt sich nämlich nicht feststellen, dass der Beklagten (noch) ein liquidierungsfähiger Vermögensschaden verbleibt. Diese Feststellung lässt sich selbst unter den weiteren, für die Beklagte günstigen Annahmen nicht treffen, dass der Kläger um beide Bodengutachten für beide Mehrfamilienhäuser wusste,sich die Beklagte die fehlerhaften Bodengutachten der B... Ingenieurgesellschaft m. b. H. nicht gemäß den §§ 254 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2, 278 BGB als mitwirkendes Verschulden bei der Schadensverursachung zurechnen lassen musste (vgl. BGH, ZIP 2003, 1990 ff.) und der zwischen der Beklagten,dem Sonderfachmann und den Streithelfern zu 2) und 3) geschlossene "Gesamtvergleich" über insgesamt 300.000,00 DM keine (beschränkte) Gesamtwirkung nach § 423 BGB entfaltet (vgl. BGH, RuS 1993, 188 ff.). Denn die Beklagte hat keinen Schaden dargelegt, der die ihr in Erfüllung dieses Vergleichs zugeflossenen 300.000,00 DM übersteigt. Ihr Schadensersatzanspruch ist daher jedenfalls durch Leistung dieses Betrages erloschen (§§ 362 Abs. 1, 422 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Mangelbeseitigungskosten. Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf das gerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten schlüssig Mangelbeseitigungskosten in Höhe von (2 x 27.000,00 =) 54.000,00 € dargelegt. Dagegen erinnert der Kläger mit Ausnahme des Nichtansatzes von sogenannten Sowieso-Kosten nichts, die er indes auch nicht annäherungsweise beziffert, obwohl er hierfür als Unterfall des Vorteilsausgleichs darlegungsbelastet ist.

Entgangener Gewinn. Dagegen hat die Beklagte entgangenen Gewinn, auch unter Berücksichtigung der ihr nach den §§ 252 Satz 2 BGB, 287 Abs. 1 ZPO zugute kommenden Darlegungserleichterungen, zumindest in der geltend gemachten Höhe nicht schlüssig dargelegt, wie der Kläger bereits im ersten Rechtszug zutreffend gerügt hat und worauf der Senat nochmals in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, ohne dass sie sich hierzu erklärt oder Schriftsatznachlass beantragt hat. Die Beklagte leitet einen Gewinnentgang im wesentlichen nur aus einem Vergleich des Kaufpreisniveaus laut Auskunft des Gutachterausschusses des Landkreises P...-M.... vom 30.05.2002 zu den tatsächlich erzielten Kaufpreisen her. Von inneren Unklarheiten des Rechenwerks abgesehen, die aus der (offenbar) schadenserhöhenden Berücksichtigung einer Balkonsperrung, des Zusatzes 10.000,00 DM wegen einer vorübergehenden Büronutzung einer Wohnung durch die Beklagte selbst und des Ansatzes eines bloß zeitweisen Mängeleinbehalts resultieren, wendet der Kläger mit Recht ein, dass damit noch nicht die von ihm bestrittene Kausalität zwischen Bauwerksmangel und Mindererlös hinreichend dargetan ist. Konkrete Anhaltspunkte für einen solchen Gewinnentgang werden überhaupt nur für zwei der insgesamt sechs Einfamilienwohnungen vorgetragen, nämlich in Form eines Abschlags in einem notariellem Kaufvertrag (von - allerdings nur - 236.000,00 DM - statt 284.000,00 DM - auf 200.000,00 DM) und des Schreibens eines Kaufinteressenten vom 30.09.1999 betreffend die Abstandnahme vom Kauf wegen der Wasserschäden (mit einem behaupteten Schaden von 126.000,00 DM, wovon allerdings noch die 10.000,00 DM wegen der Büronutzung abzuziehen wären).

Zinsschaden. Schon deshalb hat die Beklagte auch einen mangelkausalen Zinsschaden, bezogen auf den vorbezeichneten Gewinnentgang, zumindest in der wider-klagegegenständlichen Höhe nicht schlüssig dargelegt. Soweit sich die Beklagte auf einen mit ihrem Prozessbevollmächtigten geschlossenen sogenannten "Globalen" Darlehensvertrag vom 15.01.1995 beruft, wonach die ausgekehrten Darlehensbeträge bei Meidung von 19,8 Zinsen p. a. (einschließlich Verzugszins) bis zum 31.12.1997 zurückzuzahlen waren, fehlt es überdies an einer Darlegung der einzelnen Darlehensgewährungen, worauf der Kläger wie auch der Senat hingewiesen haben. Wenn bereits in dem "Globalen" Darlehensvertrag selbst auf die gemäß einer Anlage 1 "erhaltenen konkreten Darlehensbeträge" Bezug genommen wird, muss die lediglich pauschale Behauptung einer Valutierung per 31.06.2002 von mehr als 1.000.000,00 € unverständlich bleiben, und dies sicherlich umso mehr, als der Prozessbevollmächtigte der Beklagten selbst die in Rede stehenden Darlehensbeträge ausgereicht haben will. Vor diesem Hintergrund kann sich der Senat auch unter Berücksichtigung des nachgereichten Schreibens der Steuerberaterin der Beklagten vom 16.06.2003, wonach sich aus den "von Ihnen vorgelegten Unterlagen ergibt", dass "seit 1998 (und vorher) Darlehensverpflichtungen von mehr als 500.000,00 € bestehen und bisher nicht unterschritten wurden", nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugen, dass im fraglichen Zeitraum tatsächlich Darlehen in der behaupteten Höhe begeben und nicht getilgt worden sind. Von daher kommt es nicht mehr darauf an, ob die Beklagte zudem nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB gehalten gewesen wäre, die vereinnahmten Verkaufserlöse, aber auch die vergleichsweise vereinnahmten 300.000,00 DM zur Tilgung der vermeintlichen Darlehen zu verwenden, wie der Kläger pauschal und trotzdem erheblich einwenden kann, weil sie selbst insoweit unter Sphärengesichtspunkten (sekundär) darlegungsbelastet ist.

Mängelbeseitigungschäden. Schließlich ist auch der Vortrag der Beklagten zu Schäden, die ihr aufgrund mangelhafter Mängelbeseitigungsarbeiten Dritter entstanden sein sollen, nicht prüf- und subsumtionsfähig. Auch hierauf hat der Senat im Verhandlungstermin hingewiesen, ohne dass weiterer Sachvortrag erfolgt oder Schriftsatznachlass beantragt worden ist. Streitgegenständlich sind insoweit allein die Gewerke einer Fa. G... & Sohn und Fa. D... Der Verweis auf gegen diese Auftragnehmer deswegen anhängige Gerichtsverfahren, wovon eines überdies nicht sämtliche hier beklagten Schäden zum Gegenstand hat, und die (auszugsweise) Beibringung dort eingeholter Sachverständigengutachten genügen offensichtlich nicht den Anforderungen, die an den Sachvortrag einer darlegungsbelasteten Partei zu stellen sind. Auch wenn die zusätzlichen Kosten einer fehlgeschlagenen Mängelbeseitigung grundsätzlich durch den Gewährleistungspflichtigen zu tragen sind, bedarf es hierfür doch zumindest der durch konkreten Sachvortrag des Auftraggebers getragenen Feststellung, dass und welche Mängelbeseitigungsmaßnahmen fehlerbehaftet waren und welche Zusatzkosten ihm dadurch entstanden sind. Zudem wäre durch den Auftraggeber der Vorrang der Nachbesserung (bzw. nach neuem Recht: Nacherfüllung) zu beachten, so dass sich ein monetarisierbarer Vermögensschaden auch bei gescheitertem Mängelbeseitigungsversuch nicht von selbst versteht, zumal der Auftraggeber seinen hiernach zunächst fortbestehenden Erfüllungsanspruch dem Auftragnehmer unter Zurückbehaltung der Gegenleistung entgegenhalten kann und unter Berücksichtigung seiner dem (primär) Schadensersatzpflichtigen gegenüber obliegenden Schadensminderungspflicht auch muss.

Der mangels eines entsprechenden Antrags nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 29.07.2004 rechtfertigt nicht die Wiedereröffnung der Verhandlung (§§ 296a Satz 2, 156 ZPO). Zudem wird darin lediglich näher zum beklagten Zinsschaden ausgeführt, der zunächst von der Berechtigung der Schadensposition entgangener Gewinn abhängt.

b) Schon aus den unter a) genannten Gründen ist auch die mit der Berufung weiterverfolgte Widerklage unbegründet.

Davon abgesehen ist der widerklagegegenständliche Anspruch verjährt. Der Kläger ist deshalb nach § 222 Abs. 1 BGB a. F. zur Verweigerung der Leistung berechtigt.

aa) Als Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB a. F. unterliegt er der fünfjährigen Verjährungsfrist nach § 638 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F.

Die Beklagte beklagt keinen Schaden, der aus einer Nebenpflichtverletzung des Klägers herrührt und folglich nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung zu liquidieren wäre, mithin der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a. F. unterfiele. Vielmehr betrifft die unterlassene Überprüfung des durch die B... Ingenieurgesellschaft m. b. H. erstellten Bodengutachtens vom 21.02.1996, auf die die Beklagte ihren Schadensersatzanspruch stützt, das eigentliche Architektenwerk und damit eine zu dessen Kernbereich rechnende Hauptleistungspflicht des Klägers. Die Beklagte wirft dem Kläger nämlich gerade vor, dass dieses Gutachten in seine Entwurfs- und Genehmigungsplanung nach Leistungsphasen 3 und 4 des § 15 HOAI eingeflossen ist, obwohl die darin enthaltenen Aussagen zur Abdichtung der Bauwerke nur gegen Bodenfeuchtigkeit und nicht drückendes Wasser offenkundig falsch gewesen seien. Im übrigen wird die Prüfung des Baugrundes bereits dann zu den Hauptleistungspflichten des Architekten gerechnet, wenn er mit der Grundlagenermittlung nach Leistungsphase 1 des § 15 HOAI beauftragt war, mit der weiteren Folge, dass er im Verletzungsfalle dem Auftraggeber aus § 635 BGB auf Schadensersatz haftet (OLG Hamm, NJW-RR 1997, 1310 ff.; ferner OLG Düsseldorf, NJW-RR 1992, 156 f.; OLG Hamm, BauR 1997, 876 ff.). Die Haftung für Mängel eines Gutachtens richtet sich darüber hinaus jedenfalls dann nach den werkvertraglichen Gewährleistungsregeln, wenn die vom Sonderfachmann zu begutachtende Frage nach den Bodenverhältnissen zum aufgrund des Architektenvertrags geschuldeten Werkerfolg gehört, was gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln ist (BGH, NJW 1997, 2173 f.). So liegen die Dinge hier. Nach dem Inhalt des Architektenvertrags hatte der Kläger die dem Sonderfachmann obliegende Leistung "Bodengutachten (Gründungsberatung)" zum einen "fachlich zu koordinieren, mit seinen Leistungen abzustimmen und in diese einzuarbeiten", was zumindest eine Evidenzkontrolle auf inhaltliche Richtigkeit bedingt. Zudem war die Unrichtigkeit des Gutachtens, wie das Landgericht, insoweit gerade dem Vortrag der Beklagten folgend, sachverständig beraten festgestellt hat, aufgrund der widersprüchlichen Feststellungen "eindeutig" erkennbar. Besondere Fachkenntnisse waren hierzu also nicht erforderlich, was ebenfalls für eine primäre Leistungspflicht des Klägers spricht. Demgegenüber kann dem Umstand, wer den Sonderfachmann formal beauftragt hat, keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden.

bb) Zu Unrecht verneint die Berufung auch die Voraussetzungen des § 638 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F.

Liegt ein nicht mehr nachbesserungsfähiger Mangel des Architektenwerks vor, richtet sich die Verjährung des Schadensersatzsanspruchs aus § 635 BGB vor Abnahme zwar nach § 195 BGB a. F. (BGH, NJW 2000, 133 f.). Der Abnahme steht aber, wie im dem genannten Erkenntnis weiter ausgeführt ist, eine ernsthafte und endgültige Abnahmeverweigerung gleich, ohne dass es darauf ankommt, ob die Verweigerung zu Recht oder zu Unrecht erfolgt. Eine solche Abnahmeverweigerung hat der BGH zudem, wie er ausdrücklich hervorhebt, namentlich in Fällen der Kündigung eines Architektenvertrages angenommen (ebd. unter Verweis auf VII ZR 233/61). Dem steht auch nicht die neuere Rechtsprechung des BGH entgegen. Das Urteil vom 19.12.2002 (NJW 2003, 1450 ff.) verhält sich weder zu der Frage, unter welchen Umständen in einer Kündigung eines Werkvertrags eine ernsthafte und endgültige Abnahmeverweigerung liegt, noch dazu, ob durch eine solche Erklärung die Verjährungsfrist in Lauf gesetzt wird. Ihr lässt sich nur entnehmen, dass die Kündigung selbst, also als solche, keine konkludente Abnahme darstellt. Begründet wird dies damit, dass die Kündigung des Auftragnehmers nicht die Erklärung enthält, dass er das bis zur Kündigung erbrachte Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß anerkennt, weil die Kündigung regelmäßig auf einer Vertragsverletzung des Auftragnehmers beruht. Der Kündigung kann also im Einzelfall durchaus, gegebenenfalls in Verbindung mit weiteren, für ihre Auslegung bedeutsamen Umständen, ein über ihre unmittelbaren Rechtswirkungen, nämlich den Werkvertrag mit Wirkung für die Zukunft zu beenden, hinausreichender Erklärungswert zukommen. Auch kann etwa einer freien Kündigung nach § 649 BGB nicht ohne weiteres entnommen werden, dass die Abnahmefrage unberührt bleiben soll. Selbst eine Kündigung aus wichtigem Grund kann durch Vertragsverletzungen oder andere Umstände wie etwa Vermögensverfall des Auftragnehmers motiviert sein, die nichts mit der Beschaffenheit des geschuldeten Werks zu tun haben.

Die Besonderheiten des Streitfalls rechtfertigen die Annahme, dass der Kündigung der Beklagten in diesem Sinne Abnahmewirkung zukam. Zum Kündigungszeitpunkt hatte der Kläger sämtliche Leistungen der Leistungsphasen 1-4 des § 15 HOAI bereits erbracht. Ausweislich dessen Schreibens vom 01.12.1996 war die Genehmigungsplanung bereits übergeben und bei der Bauaufsichtsbehörde eingereicht worden. Dem ist die Beklagte inhaltlich nicht entgegengetreten. Sie hatte den Kläger vielmehr bereits mit Schreiben vom 16.11.1996 zur Rechnungslegung einschließlich der Leistungsphase 4 des § 15 HOAI aufgefordert. Wäre der Kläger nur mit der Erbringung von Leistungen der Leistungsphasen 1-4 des § 15 HOAI beauftragt gewesen, stünde die Billigung seines Werks als im wesentlichen vertragsgemäß mithin außer Frage. Dieser Erklärungswert konnte namentlich dem Schreiben vom 16.11.1996 nur deshalb nicht beigemessen werden, weil der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch die Leistungen der übrigen Leistungsphasen des § 15 HOAI schuldete und Teilabnahmen insoweit nicht bedungen waren. Mit der Kündigung vom 29.11.1996 erschien dies in einem anderen Licht. Hiernach war klar, dass der Kläger keine weiteren Leistungen mehr erbringen sollte. Da die Beklagte die Leistungen der Leistungsphasen 1-4 des § 15 HOAI bereits zuvor gebilligt hatte, kam der Kündigung nunmehr der Erklärungswert einer Abnahme dieser Leistungen zu.

Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger zum Kündigungszeitpunkt bereits Leistungen nach Leistungsphase 5 des § 15 HOAI erbracht hatte, die ihrem Umfang nach überhaupt abnahmefähig waren. Der Kläger hat solche Leistungen jedenfalls nicht abgerechnet. Sie waren auch nicht Gegenstand seiner Honorarklage. Auch sonst fehlt konkreter Sachvortrag zu solchen Leistungen. Noch mit der Berufungsreplik verweist die Streithelferin zu 1) vielmehr darauf, dass die Beklagte die Genehmigungsplanung "über Jahre als mangelfrei angesehen" habe und die Kündigung "unstreitig nicht wegen Mängeln erfolgte". Dem ist die beklagte Hauptpartei mit ihrem Berufungsvorbringen vom 21.07.2004 nicht entgegengetreten. Doch selbst wenn die Kündigung, wie die Beklagte nach den Erörterungen im Verhandlungstermin darzulegen sucht, wegen der Mangelhaftigkeit des Architektenwerks insbesondere in der Leistungsphase 5 erfolgt sein sollte, begann die Verjährung spätestens mit ihrer Annahme durch den Kläger zu laufen. Dann läge in ihr nämlich eine ernsthafte und endgültige Abnahmeverweigerung. Denn wenn die Beklagte deswegen das "Vertrauensverhältnis" zu dem Kläger zerstört sah, wenn dessen Verfehlungen mithin so schwer wogen, dass sie sich dieZusammenarbeit mit ihm nicht mehr zumuten wollte, konnte sie etwa auch an einer etwaigen Nacherfüllung hinsichtlich der im Kündigungszeitpunkt erbrachten Leistungen ersichtlich kein Interesse mehr haben.

Unerheblich ist die Regelung in § 6.2 der "Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Einheits-Architektenvertrag (AVA)", wonach die Verjährung mit "der Abnahme der letzten Leistung" beginnen sollte. Denn damit wird ersichtlich nur der Regelungsgehalt des § 638 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. aufgegriffen. Eine weitergehende Bedeutung kommt der Vertragsbestimmung erkennbar nicht zu. Ihr lässt sich insbesondere nicht entnehmen, dass hiermit die an eine ernsthafte und endgültige Abnahmeverweigerung anknüpfenden Abnahmewirkungen abbedungen werden sollten. Bloßem Schweigen zu diesem "Abnahmesurrogat" lässt sich dieser Erklärungswert entgegen der Auffassung der Berufung schon deshalb nicht entnehmen, weil sich auch § 638 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F.hierzu nicht ausdrücklich verhält und es gleichwohl gesicherter Rechtsprechung entspricht, dass eine solche Abnahmeverweigerung der Abnahme in ihren Wirkungen gleichsteht.

cc) Die im April 2001 und damit noch in unverjährter Zeit erhobene Hilfswiderklage führt in ihrer Eigenschaft als Teilklage nur zur Unterbrechung der Verjährung in Höhe des teilklagend geltend gemachten Betrages, ohne dass es darauf ankommt, ob der Schadensersatzanspruch seinem gesamten Umfang nach dargelegt und die Geltendmachung des Restes ausdrücklich vorbehalten wird.

dd) Dem Kläger ist es schließlich nicht nach den Grundsätzen der sogenannten Sekundärhaftung des Architekten verwehrt, sich auf die Verjährungseinrede zu berufen. Nach der Rechtsprechung obliegt dem umfassend beauftragten Architekten zwar die objektive Klärung der Mängelursachen, selbst wenn zu diesen eigene Planungsfehler gehören. Anknüpfungspunkt dieser Haftung ist jedoch die Objektüberwachung und Objektbetreuung nach den Leistungsphasen 8 und 9 des § 15 HOAI (BGH, NJW 2002, 288 ff.). An dieser Haftungsbegründung fehlt es naturgemäß, wenn der Architektenvertrag zuvor durch Kündigung beendet worden ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 analog, 101 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.

Der Streitwert wird auf 511.438,75 € für die Berufung der Streithelferin zu 1), auf 9.714,54 € für die Anschlussberufung des Klägers und auf 10.000,00 € für die Anschlussberufung der Beklagten, mithin 531.153,29 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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