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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 26.10.2005
Aktenzeichen: 4 U 194/04
Rechtsgebiete: InVorG, AGBG, BGB, EGBGB


Vorschriften:

InVorG § 8 Abs. 2 Satz 2
InVorG § 13 Abs. 1 Satz 3
InVorG § 14 Abs. 2 Satz 2
AGBG § 1 Abs. 1
AGBG § 4
AGBG § 5
AGBG § 9
BGB § 286 Abs. 1 Satz 1
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 313 Abs. 2
BGB § 339 Satz 1
BGB § 340 Abs. 1 Satz 1
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 194/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 26.10.2005

Verkündet am 26.10.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21.09.2005 durch

die Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 12.10.2004 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az.: 12 O 529/03, wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Zahlung einer Vertragsstrafe aus einem Grundstückskaufvertrag mit Investitionsverpflichtung in Höhe von 324.276,65 € (= 634.230,00 DM) in Anspruch. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem am 12.10.2004 verkündeten Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

In dem angegriffenen Urteil hat das Landgericht Frankfurt (Oder) die Beklagten zu der Zahlung der geforderten Vertragsstrafe verurteilt. Zur Begründung hat das Landgericht die Wirksamkeit der Vertragsstrafenvereinbarung bejaht. Die zu übertragenden Flächen seien bei Vertragsschluss "noch anmeldebehaftet" im Sinne des InVorG gewesen. Dies ergebe sich insbesondere aus der Bescheinigung des ARoV vom 07.05.1997 und dem Investitionsvorrangbescheid vom 23.07.1997. Die Verpflichtung zur Zahlung der Vertragsstrafe sei auch nicht nachträglich weggefallen. Die Durchführungsfiktion nach § 13 Abs. 1 Satz 3 InVorG lasse den hiervon unabhängigen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe unberührt, da es sich hierbei im öffentlichen Interesse um ein (weiteres) Mittel zur Erreichung des investiven Zwecks handele. Das Vorbringen der Beklagten, die Investitionsverpflichtung sei nur wegen der vermögensrechtlichen Ansprüche vereinbart worden und habe daher keine eigenständige Bedeutung, entspreche nicht den weiteren vertraglichen Regelungen. Eine Störung der Geschäftsgrundlage sei nicht zu erkennen. Die Vertragsstrafe sei auch fällig. Ein nachhaltiger Beginn der Investitionsmaßnahme könne nicht festgestellt werden. Die Beklagten hätten lediglich in die Planung und die Bauvorbereitung investiert. Nicht voraussehbare dringende betriebliche Gründe, die die Beklagten an der Einhaltung der Frist zur Erfüllung der Investitionsverpflichtung gehindert hätten, seien nicht ausreichend vorgetragen. Die Vertragsstrafe sei schließlich auch nicht unangemessen hoch.

Mit der Berufung rügen die in der I. Instanz unterlegenen Beklagten das Verfahren und die materielle Rechtsanwendung. Die Beklagten sind weiterhin der Auffassung, die Investitionszusage sei ausschließlich mit der fehlenden Anmeldefreiheit des Grundstücks verknüpft, da die Investitionen auf den "anmeldebehafteten Flächen" durchzuführen gewesen seien. Sie behaupten, die Investitionsverpflichtung in § 8 des notariellen Grundstückskaufvertrages vom 20.03.1997 sei ausschließlich deshalb in den Vertrag aufgenommen worden, um die während der Kaufvertragsverhandlungen bekannt gewordenen Anmeldungen auf Rückübertragung des Kaufgegenstandes nach dem VermG zu überwinden. Die Parteien seien sich bei Vertragsschluss darüber einig gewesen, dass die Investitionsverpflichtung nicht selbständig sein und damit nicht ungeachtet der Ansprüche aus dem Vermögensgesetz bestehen sollte.

Das Landgericht habe es - ungeachtet seiner Verkennung der Beweislast - jedenfalls versäumt, den Beweisantritten der Beklagten zur Anmeldefreiheit der Flächen zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Kaufvertrages nachzugehen. Die Beklagten seien zudem mit ihrem Investitionsvorhaben nicht in Verzug gekommen, da das Vorhaben bereits vor dem Ablauf der vertraglich vereinbarten Frist nach der Fiktion des § 13 Abs. 1 Satz 3 InVorG als durchgeführt galt. Die Vertragsstrafe habe daher gar nicht mehr verwirkt werden können. Bei der vertraglichen Vereinbarung der Parteien handele es sich um keine selbständige Vertragsstrafenabrede. Im übrigen seien die Darlegungen der Beklagten zu den nicht voraussehbaren dringenden betrieblichen Gründen für die Verzögerung des Investitionsvorhabens ausreichend. Zudem sei die Klägerin verpflichtet gewesen, die Durchführungsfrist zu verlängern. Die Vertragsstrafe sei unangemessen hoch. Schließlich verstoße die Vereinbarung auch gegen § 9 AGBG.

Die Beklagten beantragen,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 12 O 529/03 - vom 12.10.2004 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil, hält das Verfahren des Landgerichts und seine Anwendung des materiellen Rechts für fehlerfrei und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Der Senat hat auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom 01.06.2005 durch die Vernehmung der Zeugen R... und D... Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 21.09.2005 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der vertraglich vereinbarten Vertragsstrafe aus § 8 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 des Grundstückskaufvertrages vom 20.03.1997 i. V. m. §§ 339 Satz 1, 340 Abs. 1 Satz 1 BGB in der von dem Landgericht ausgeurteilten Höhe.

a) Das Vertragsstrafeversprechen ist zwischen den Parteien wirksam vereinbart worden.

aa) Den Beklagten ist im Ergebnis der Beweisaufnahme nicht der Nachweis gelungen, dass die Parteien die Klausel über die Vertragsstrafe in § 8 Abs. 2 Satz 2 des Grundstückskaufvertrages bei Vertragsschluss übereinstimmend dahin verstanden haben, dass die Investitionsverpflichtung nicht selbständig sein und damit nicht ungeachtet der Ansprüche aus dem Vermögensgesetz bestehen solle, da sie ausschließlich deshalb in den Vertrag aufgenommen worden sei, um die während der Kaufvertragsverhandlungen bekannt gewordenen Anmeldungen auf Rückübertragung des Kaufgegenstandes nach dem VermG zu überwinden.

(1) Aus den Bekundungen der Zeugen D... und R..., die damals auf Verkäuferseite mit den Beklagten verhandelt haben, ergibt sich nicht, dass die Parteien bei Vertragsschluss die Vereinbarungen in § 8 des Grundstückskaufvertrages derart einschränkend verstanden haben könnten. Der Zeuge D... hat zwar ausgeführt, dass die Anmeldung vermögensrechtlicher Ansprüche an dem Grundstück Anlass für die Aufnahme einer Investitionsverpflichtung gewesen sei, da in solchen Fällen eine Veräußerung des Grundstücks auf der Grundlage des InVorG nur auf diese Weise möglich gewesen sei. Ansonsten hätte eine Grundstücksverkehrsgenehmigung nicht erteilt werden dürfen. Insoweit diente die Investitionsverpflichtung der Überwindung der geltend gemachten Ansprüche aus dem Vermögensgesetz. Die hieraus von den Beklagten gezogene Schlussfolgerung, die Verpflichtung zur Durchführung von Investitionen - und damit auch zur Zahlung einer Vertragsstrafe bei Nichterfüllung der Verpflichtung - sei nur für den Fall der Berechtigung der vermögensrechtlichen Ansprüche in den Vertrag aufgenommen worden, hat der Zeuge D... indes nicht bestätigt. Er hat vielmehr - in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des Vertrages - durchaus glaubhaft ausgeführt, dass die Vertragsstrafe die Nachhaltigkeit der Investitionsverpflichtung sichern sollte und beides nicht nur "pro forma" vereinbart worden sei. Bei dem Vertragsschluss der Parteien sei seiner Erinnerung nach auch nicht darüber gesprochen worden, dass die Vertragsstrafenansprüche entfallen sollten, wenn die vermögensrechtlichen Ansprüche sich nicht als erfolgreich herausstellen würden. Eine derartige Absprache wäre ansonsten in den schriftlichen Vertrag aufgenommen worden. Auch der Zeuge R... hat die Behauptung der Beklagten mit seiner Aussage nicht bestätigt. Er hat vielmehr über die Angaben des Zeugen D... hinaus bekundet, dass die Summe der in dem Vertrag vorgesehenen Investitionen für die Beklagten damals kein Problem dargestellt habe, da sie stark an dem Erwerb des Grundstücks interessiert gewesen seien und ohnehin vorhatten, hierauf nach dem Abriß der vorhandenen Gaststätte Wohnungen zu errichten. Über die Vertragsstrafe sei mit ihnen bei den Kaufvertragsverhandlungen nicht gesprochen worden.

(2) Aufgrund dieser Bekundungen der Zeugen steht für den Senat kein von dem Vertragstext abweichender Wille der Vertragsparteien fest, der der Auslegung des schriftlichen - auch notariellen - Vertrages gemäß § 4 AGBG vorgehen könnte (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 22.03.2002, NJW 2002, 2102, 2103).

bb) Das Vertragsstrafeversprechen des § 8 Abs. 2 Satz 2 des Grundstückskaufvertrages steht zudem im Einklang mit den gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB anwendbaren Bestimmungen des AGBG.

(1) Bei investiven Verträgen mit der Treuhandanstalt und ihren Unternehmen ist regelmäßig das Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Sinne von § 1 Abs. 1 AGBG zu vermuten (vgl. BGH, Urteil vom 22.03.2002, aaO.). Die Richtigkeit dieser Vermutung auch im vorliegenden Fall haben die Zeugen D... und R... bestätigt, indem sie erläuterten, dass damals der Kaufvertrag durch das Zusammensetzen bereits vorhandener, regelmäßig verwendeter Bausteine geschrieben wurde.

(2) Eine Vertragsstrafe, die in einem investiven Vertrag der Treuhandanstalt oder ihrer Unternehmen versprochen wird, verstößt jedoch selbst bei einer verschuldensunabhängigen Ausgestaltung nicht gegen § 9 AGBG, wenn ihre Höhe an den Umfang der geschuldeten Leistung, deren Erfüllung sie sichern soll, anknüpft und durch ihn nach oben begrenzt wird, weil dies durch gewichtige Gründe gerechtfertigt ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 26.05.1999, BGHZ 141, 391 = NJW 1999, 2662; Urteil vom 09.02.2000, VIZ 2000, 377; Urteil vom 06.12.2002, VIZ 2003, 307; so auch Palandt-Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 307 Rn. 152; § 309 Rn. 39, § 339 Rn. 3 m. w. N.).

Die Höhe der zwischen den Parteien vereinbarten Vertragsstrafe ist angesichts dieser Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, nicht zu beanstanden. Mit der vorliegenden Ausgestaltung der Vertragsstrafe in § 8 Abs. 2 Satz 2 des Grundstückskaufvertrages in einer Höhe von 20 % der nicht investierten Summe wird dem Zweck des Kaufvertrages, zur Investition anzuhalten, in besonderem Maße Rechnung getragen. Bei investiven Verträgen über Vermögen aus dem Bereich der Treuhandanstalt kommt es ganz besonders auf die Sicherstellung der Investitionen an, um leistungs- und konkurrenzfähige Wirtschaftsstandorte und damit im Ergebnis sichere Arbeitsplätze zu schaffen. Dieses Anliegen kann es sogar im Einzelfall rechtfertigen, dem Erwerber durch eine investitionsadäquate Höhe der Vertragsstrafe den Anreiz zu nehmen, von seinem, der Veräußerung zugrunde liegenden Vorhaben abzugehen (so für eine 100 %-ige Vertragsstrafe: OLG Naumburg, Urteil vom 10.02.2004, VIZ 2004, 246).

b) Die vertraglich vereinbarten Voraussetzungen zur Verwirkung der Vertragsstrafe gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 des Grundstückskaufvertrages vom 20.03.1997 liegen vor.

aa) Die Beklagten haben entgegen ihrer vertraglichen Zusage auf dem an sie verkauften Grundstück in W... nicht mindestens 4.000.000,00 DM bis zum 31.12.2000 in das Vorhaben "Errichtung eines Wohnkomplexes" investiert. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagten für ihr Investitionsvorhaben bisher lediglich Planungs- und Vorbereitungskosten in Höhe von 828.850,00 DM aufgewandt haben. Angesichts der damit in einem Umfang von 3.171.150,00 DM unterbliebenen Investitionen ergibt sich aus § 8 Abs. 2 Satz 2 des Grundstückskaufvertrages eine - rechnerisch unstreitige - Vertragsstrafe in Höhe von 324.276,65 €. Dass die teilweise erbrachte Investitionssumme im Sinne von § 8 Abs. 2 des Grundstückskaufvertrages unzureichend für einen nachhaltigen Beginn der Maßnahme ist, hat das Landgericht zutreffend festgestellt und ist zwischen den Parteien in der Berufung auch nicht mehr im Streit.

bb) Der Anfall der Vertragsstrafe wird nicht dadurch gehindert, dass das Grundstück spätestens seit dem 14.07.2000 - damit vor dem Ablauf der vertraglich vereinbarten Investitionsfrist - in vermögensrechtlicher Hinsicht anmeldefrei geworden ist.

(1) Die Investitionsverpflichtung des § 8 Abs. 1 des Grundstückskaufvertrages bezieht sich auf das gesamte Grundstück, ohne dass hierbei die vertragsstrafenbewehrte Pflicht zeitlich oder sachlich mit der Klärung der von dritter Seite erhobenen vermögensrechtlichen Ansprüche verknüpft worden ist.

Die in der Vertragsbestimmung verwendete Formulierung "auf den anmeldebehafteten Flächen" beschränkt die Investitionspflicht in zeitlicher Hinsicht nicht auf das Grundstück, solange es von Ansprüchen nach dem VermG betroffen ist. Mit der von den Parteien in § 8 des Kaufvertrages gewählten Formulierung wird lediglich der damalige Zustand der verkauften Flächen im Anschluss an den Hinweis auf vermögensrechtliche Ansprüche (§ 6 des Vertrages) zum Ausdruck gebracht. Die Verwendung der von den Beklagten angeführten Formulierung ist in dem üblichen sprachlichen Verständnis gleichbedeutend mit "auf dem Grundstück". Dieses Verständnis des Vertragstextes durch den Senat hat auch der Zeuge D..., der den Entwurf des notariellen Kaufvertrages auf Seiten der Klägerin erstellt hat, auf Nachfrage des Beklagtenvertreters uneingeschränkt geteilt. Inhaltlich spricht insbesondere die in § 8 Abs. 4 des Vertrages getroffene Regelung zu der möglichen Verlängerung der Investitionsfrist außerhalb des Anwendungsbereiches des InVorG deutlich dafür, dass auch nach Erledigung der vermögensrechtlichen Ansprüche eine Pflicht zur Durchführung des Investitionsvorhabens für die Beklagten bestehen soll. Anderenfalls würde diese Regelung zur Fristverlängerung durch die Verkäufer außerhalb des Anwendungsbereichs des InVorG keinen Anwendungsbereich haben. Bei der aufgezeigten Auslegung des § 8 Abs. 1 durch den Senat bestehen keine inhaltlichen Zweifel, so dass die Anwendung des § 5 AGBG nicht in Betracht kommt.

(2) Die Verwirkung der Vertragsstrafe wird auch nicht durch den Eintritt der Durchführungsfiktion des § 13 Abs. 1 Satz 3 InVorG gehindert.

(a) Der Eintritt der Durchführungsfiktion nach § 13 Abs. 1 Satz 3 InVorG - eine Norm, die erst nach dem notariellen Vertragsschluss der Parteien durch das Wohnraummodernisierungsgesetz vom 17.07.1997 in das InVorG eingeführt worden ist - hat auf den Anfall oder das Fortbestehen einer Vertragsstrafe keine Auswirkung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 22.03.2002, aaO.; so auch der erkennende Senat, Urteil vom 17.07.2002, Az.: 4 U 63/01, Seite 6 des Urteilsumdrucks), sondern zeitigt lediglich die Folgen, dass der Investitionsvorrangbescheid nicht mehr aufgehoben werden (§ 15 Abs. 1 InVorG) und daher eine Pflicht zur Rückübertragung des Grundstücks (§ 12 Abs. 3 Satz 1 InVorG) nicht mehr entstehen kann (vgl. auch Rodenbach/Söfker/Lochen, InVorG, § 12 Rn. 12 a). Aus der Durchführungsfiktion des § 13 Abs. 1 Satz 3 InVorG lässt sich jedoch - insbesondere im Hinblick auf § 8 Abs. 1 und Abs. 4 des Grundstückskaufvertrages - kein Rückschluss auf einen gleichzeitigen Fortfall der privatrechtlichen Investitionsverpflichtung und der zugehörigen Vertragsstrafe ziehen. Die Investitionsverpflichtung ist in dem vorliegenden Vertrag privatrechtlich als vertragsstrafenbewehrte Hauptleistungspflicht ausgestaltet, hat damit im weiteren Sinne kaufpreisersetzende Funktion (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 06.12.2002, MDR 2003, 320-322 m. w. N.) und ist nicht durch das Bestehen vermögensrechtlicher Ansprüche Dritter bedingt.

(b) Soweit die Beklagten die Auffassung vertreten, der Bundesgerichtshof habe mit der Entscheidung vom 22.03.2002 nur die Fallkonstellation einer bereits vor dem Eintritt der Durchführungsfiktion verwirkten Vertragsstrafe entschieden, die dann - nach der Verwirkung - nicht mehr entfallen solle, gilt für die hier vorliegende zeitliche Abfolge nichts anderes. Die Interessenlage der an einem investiven Vertrag Beteiligten spricht klar dafür, dass die Zufälligkeit, ob bei dem Ablauf der vertraglich vereinbarten Investitionsfrist die Durchführungsfiktion nach § 13 Abs. 1 Satz 3 InVorG bereits eingetreten ist - dies hängt ausschließlich von der nicht vorhersehbaren verwaltungsbehördlichen und/oder - gerichtlichen Laufzeit des zu dem betroffenen Grundstück anhängigen vermögensrechtlichen Verfahrens ab -, die Verwirkung der Vertragsstrafe nicht beeinflussen kann. Eine Beschränkung der Investitionspflicht nur für den Fall, dass vermögensrechtliche Ansprüche Dritter tatsächlich bestehen sollten oder zumindest innerhalb der vertraglich vereinbarten Investitionsfrist das Restitutionsverfahren nicht bestandskräftig erledigt werden kann, lässt sich dem Vertrag an keiner Stelle - weder ausdrücklich noch konkludent - entnehmen. Eine solche Vorgehensweise würde auch den von der damaligen Treuhandanstalt verfolgten Interessen, insbesondere ihren "weichen" Zielen zum wirtschaftlichen Aufbau der neuen Bundesländer, klar entgegenlaufen. Zudem wäre ein eingeschränktes Vertragsstrafeversprechen mit den notwendigen Regelungen des Investitionsvorrangbescheides, der gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 des Grundstückskaufvertrages vom 20.03.1997 gegenüber den weiteren vertraglichen Bestimmungen vorrangig ist, nicht zu vereinbaren. Bis zum Abschluss des Restitutionsverfahrens ist es im Anwendungsbereich des Investitionsvorranggesetzes stets ungewiss, ob und inwieweit eine Restitution erfolgen wird. Die zwingende Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 2 InVorG lässt es hierbei nicht zu, die Wirksamkeit der Vertragsstrafenregelung bis zum Abschluss des Restitutionsverfahrens ungeklärt zu lassen.

cc) Die Berechtigung der Klägerin zur Geltendmachung der Vertragsstrafe wird auch nicht durch ihre unterlassene Antwort auf den Fristverlängerungsantrag der Beklagten vom 05.04.2000 beeinträchtigt.

(1) Aufgrund des § 8 des notariellen Kaufvertrages bestand für die Beklagten - auch außerhalb des InVorG - die Möglichkeit zur Verlängerung der bis zum 31.12.2000 vereinbarten Investitionsdurchführungsfrist. Die Beklagten haben jedoch an ihrem an die Klägerin gerichteten Fristverlängerungsantrag vom 05.04.2000 nach dem Antwortschreiben der BvS vom 14.07.2000 nicht mehr festgehalten, sondern sich in den weiteren Schreiben an die Klägerin ab dem 24.07.2001 nur noch dahin geäußert, von der Verpflichtung ganz befreit werden zu wollen.

Zwar trifft es zu, dass an dem Verkauf des Grundstücks neben der Klägerin auch die BvS beteiligt war und eine Differenzierung in dem Geflecht der Treuhandunternehmen zuweilen schwierig sein kann, gleichwohl ist es nicht treuwidrig, dass die Klägerin die Beklagten durch die Geltendmachung der Vertragsstrafe an der nicht verlängerten Frist festhält. Immerhin haben die Beklagten ihr Schreiben vom 05.04.2000 zunächst richtig an die Klägerin als Verkäuferin gerichtet und sich gleichwohl mit einem Antwortschreiben der BvS - Stelle für Investitionsvorrangentscheidungen - zufrieden gegeben. Auch wenn dieses Schreiben von einer öffentlichen Stelle stammte, waren die Beklagten hierdurch nicht jeder Prüfung des Inhalts enthoben. Immerhin traf § 8 Abs. 4 des Grundstückskaufvertrages eine Regelung zu der Möglichkeit zur Fristverlängerung auch außerhalb des Anwendungsbereichs des InVorG. Die nötige Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten hätte es jedenfalls erfordert, nach dem Feststehen der Anmeldefreiheit des Grundstücks noch einmal Rücksprache mit dem eigentlichen Vertragspartner im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Fristverlängerung zur Durchführung der vertraglich zugesagten Investitionen zu nehmen. Im übrigen sprechen die Umstände des Falles keineswegs dafür, dass die Beklagten das Schreiben der BvS falsch verstanden haben. In ihren Schreiben an die Klägerin vom 24.07.2001 und später haben sich die Beklagten intensiv um die Aufhebung der vertraglichen Investitionsverpflichtung bemüht, ohne sich in diesem Zusammenhang auf die Anmeldefreiheit des Grundstücks zu berufen. Offensichtlich war den Beklagten das Fortbestehen ihrer vertraglichen Investitionsverpflichtung ebenso bewusst wie der Zusammenhang dieser Pflicht mit der Vertragsstrafe.

(2) Selbst wenn in der Weiterleitung und Behandlung des Antrags vom 05.04.2000 durch die Klägerin eine dortige Vertragsverletzung gesehen werden sollte, wäre den Beklagten im Wege des Schadensersatzes nur das zu gewähren, was sie bei ordnungsgemäßer Sachbehandlung erhalten hätten. Angesichts der unstreitigen Verzögerung des Baugenehmigungsverfahrens war die Klägerin grundsätzlich zu einer wohlwollenden Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung der Investitionsfrist "nach billigem Ermessen" verpflichtet. Die Erteilung der Baugenehmigung an die Beklagten im Januar 2001 hätte dafür gesprochen, die Investitionsfrist zunächst um zehn Monate zu verlängern und hiermit die Möglichkeit zu einem fristgerechten nachhaltigen Beginn der Investitionsmaßnahme zu eröffnen. Allerdings wäre spätestens nach den deutlichen Erklärungen der Beklagten zum Fortfall ihrer Investitionsabsicht, insbesondere in dem Schreiben vom 26.10.2001 ("Zurückstellung des Investitionsziels auf unbestimmte Zeit"), eine weitere Verlängerung der Frist über den 31.10.2001 hinaus nicht mehr in Betracht gekommen.

dd) Die Beklagten sind nicht durch nicht voraussehbare, dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 8 Abs. 3 des notariellen Vertrages an der Durchführung der Investition gehindert worden.

(1) Die gewählte vertragliche Formulierung entspricht fast wörtlich § 14 Abs. 2 Satz 2 InVorG, so dass die hierzu ergangene Rechtsprechung zur Auslegung herangezogen werden kann. Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, dass der Verpflichtete nicht von den typischen Risiken eines Investors befreit werden soll (vgl. Urteil vom 06.12.2002, VIZ 2003, 307, 308 m. w. N.). Dieser Rechtsprechung folgt der erkennende Senat. Die Beklagten haben keine besonderen Umstände vorgetragen, die über das typische Investorenrisiko hinausgehen. Betriebliche Gründe, die nach der Erteilung der Baugenehmigung einer Durchführung des Vorhabens entgegengestanden haben könnten, legen die Beklagten - mit Ausnahme der nicht zu berücksichtigenden allgemeinen Veränderung des Immobilienmarktes - nicht dar.

(2) Soweit die Beklagten zur Begründung ihrer Berufung den erstinstanzlichen Schriftsatz vom 08.12.2003 in Bezug nehmen, enthält die dortige Ziffer 9 nur Ausführungen zu der Verzögerung des Baugenehmigungsverfahrens. Die hier dargelegte Verzögerung der Erteilung einer Baugenehmigung hätte allerdings - wie bereits ausgeführt - allenfalls eine Verlängerung der Investitionsfrist gerechtfertigt. Hieraus ergibt sich jedoch kein derart untypisches Investorenrisiko, dass die Ausführung der Investition für immer auszuschließen wäre. Vielmehr ist den Beklagten vorzuhalten, dass sie nach der Erteilung der Baugenehmigung im Januar 2001 nicht unverzüglich mit der Weiterführung des Projektes begonnen haben. Innerhalb einer (fiktiv) bis zum 31.10.2001 verlängerten Frist wäre es ihnen ohne weiteres möglich gewesen, das Vorhaben durch den Beginn der konkreten Baumaßnahmen so zu fördern, dass ein nachhaltiger Beginn eingetreten wäre und damit eine Verwirkung der Vertragsstrafe ausgeschlossen gewesen wäre.

c) Unter dem Gesichtspunkt einer Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 Abs. 2 BGB besteht kein Anlass zur Anpassung des notariellen Grundstückskaufvertrages. Insbesondere ist die Vereinbarung der Vertragsstrafe von den Parteien nicht unter falschen Voraussetzungen hinsichtlich der fehlenden Anmeldefreiheit des Grundstücks getroffen worden.

aa) Das Landgericht hat in den Entscheidungsgründen inhaltlich überzeugend und in Übereinstimmung mit allen von den Parteien vorgelegten Unterlagen festgestellt, dass sowohl zum Zeitpunkt des notariellen Vertragsschlusses als auch zum Zeitpunkt der Erteilung des Investitionsvorrangbescheides das Grundstück noch mit (vermeintlichen) Rückgabeansprüchen nach dem Vermögensgesetz belastet war. Anders lässt sich auch die Erteilung eines Investitionsvorrangbescheides zugunsten der Beklagten nicht erklären. Zur weiteren Begründung wird auf die Seiten 9 und 10 der angegriffenen Entscheidung verwiesen.

bb) Die hiergegen gerichteten Angriffe der Beklagten, die weiterhin die Beiziehung der Akten des ARoV begehren, sind unberechtigt. Unabhängig von der Frage der Darlegungs- und Beweislast, die das Landgericht für den Nachweis eines anderen Restitutionsablaufes als den durch die Auskünfte und Bescheide belegten Umständen zurecht den Beklagten auferlegt hat, gibt es in den Darlegungen beider Parteien keinen konkreten Anhaltspunkt dafür, dass die zeitlichen Abläufe der vermögensrechtlichen Verfahren anders als von dem Landgericht festgestellt gewesen sein könnten. Bei dieser Sachlage gibt es für den Senat weder einen Anlass noch eine Handhabe dafür, eine Beweiserhebung zu dem genauen Zeitpunkt der Erledigung der Restitutionsanträge der Herren K... und Kn... durchzuführen.

2.

Die Zinsentscheidung ergibt sich aus §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB. Zur weiteren Begründung wird auf Seite 16 des angegriffenen Urteils verwiesen.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 324.276,65 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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