Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 17.10.2007
Aktenzeichen: 4 U 48/07
Rechtsgebiete: VOB/B, BGB, VOB/A


Vorschriften:

VOB/B § 2 Nr. 5
VOB/B § 4 Nr. 1 Abs. 1 S. 2
VOB/B § 6 Nr. 6
BGB § 278
BGB § 315
VOB/A § 9 Nr. 2
VOB/A § 9 Nr. 3 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 48/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 17.10.2007

Verkündet am 17.10.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26.09.2007 durch

die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schäfer, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth und die Richterin am Landgericht Brune

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 05.03.2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 100 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Mehrvergütung gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B, hilfsweise auf Schadensersatz gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B, in Zusammenhang mit einem Bauvertrag in Rahmen der Herstellung der B ... (neu), Ortsumgehung L..., in Anspruch.

Gegenstand des nach öffentlicher Ausschreibung im August 2002 der Klägerin erteilten Auftrages war unter anderem die Lieferung und der Einbau von Boden (Pos. 03.00.0008 des Leistungsverzeichnisses) zum Zwecke der Errichtung eines Dammes zwischen zwei Brückenbauwerken.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird mit folgender Ergänzung auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen:

Am 23.06.2003, d.h. am selben Tag, an dem das Straßenverkehrsamt das Verbotsschild aufstellte, hatte zuvor ein Ortstermin am ...weg stattgefunden, an dem dann u.a. ein Vertreter der Beklagten, ein Vertreter der Klägerin sowie ein Vertreter der Firma S... teilnahmen. Gegenstand dieses Termins waren Vereinbarungen, in welchem Umfang die Firma S..., die den ...weg bisher für Schwerlasttransporte zur Baustelle B ... (neu) genutzt hatte, einerseits und die Klägerin, die den Weg in der Folgezeit nutzten wollte, anderseits Maßnahmen zur Beseitigung von Beschädigungen an dem Weg bzw. Kosten für entsprechende Maßnahmen übernehmen würden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll (K9, Bl. 63 d. A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 05.03.2007 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B stehe der Klägerin nicht zu, weil eine Änderung der vertraglichen vereinbarten Leistung nicht eingetreten sei. Vertraglich sei nur der Transport des Erdbodens vereinbart gewesen, hinsichtlich des Transportweges sei die Klägerin nach der Baubeschreibung hin ihrer Wahl frei gewesen. Die Wahlfreiheit hinsichtlich des ihrer Preiskalkulation zugrunde gelegten Transportweges weise der Klägerin aber auch das Risiko zu, etwaige negative Konsequenzen der getroffenen Wahl zu tragen. Selbst wenn jedoch die Sperrung des ...weges zu einer Leistungs- und Preisgrundlagenänderung im Sinne von § 2 Nr. 5 VOBB geführt haben solle, läge dieser eine Anordnung der Beklagten bzw. eine ihr zurechenbare Anordnung nicht zugrunde. Die ggf. dem Land Brandenburg zuzurechnende Sperrung des ...weges gehöre nicht zu den Baumaßnahmen, die das Land im Rahmen der Auftragsverwaltung für die Beklagte durchgeführt habe.

Aus dem gleichen Grund komme auch ein Anspruch der Klägerin aus § 6 Nr. 6 VOB/B nicht in Betracht.

Jedenfalls habe die Klägerin zur Anspruchshöhe nicht hinreichend vorgetragen, worauf bereits die Beklagte mit der Klageerwiderung und dem Schriftsatz vom 12.01.2007 hingewiesen habe.

Der Anspruch auf Erstattung vorprozessualer Anwaltskosten sei abzuweisen, zumal die Klägerin auch ein vorprozessuales Tätigwerden ihrer Prozessbevollmächtigten nicht vorgetragen habe.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Klageziel in vollem Umfang weiterverfolgt.

Sie macht geltend, das Landgericht habe die Sperrung des ...weges zu Unrecht nicht als eine der Beklagten zurechenbare Handlung angesehen. Es habe verkannt, dass die Zurechnung nicht nach verfassungsrechtlichen Normen, sondern nach den zivilrechtlichen Regelungen des § 278 BGB und des § 2 Nr. 5 VOB/B vorzunehmen sei.

Dass die Sperrung des ...weges eine Leistungs- und Preisgrundlagenänderung im Sinne des § 2 Nr. 5 VOB/B begründe, folge jedenfalls daraus, dass sich die Parteien spätestens seit dem Ortstermin vom 23.06.2003 über die Benutzung des ...weges durch die Klägerin zum Erdtransport einig gewesen seien. Die danach angeordnete Sperrung bedeute demnach eine Abweichung vom Bausoll bzw. eine Leistungsänderung im Sinne des § 2 Nr. 5 VOB/B. Im Übrigen vertritt die Klägerin weiterhin die Auffassung, dass es mit der ausdrücklich freien Wahl des Transportweges ihr überlassen worden sei, das Vertragssoll und damit den Vertragsinhalt entsprechend zu konkretisieren und damit zu bestimmen. Überlasse der Auftraggeber die Wahl des Transportweges dem Auftragnehmer, könne er sich nicht darauf zurückziehen, dass der Auftragnehmer die Risiken der Preiskalkulation trage. Insbesondere könne der Auftraggeber die Wahl des Auftragnehmers selbst nicht durch die Sperrung des gewählten Weges wieder beseitigen, ohne die Leistungs- und Preisgrundlage zu ändern. Das Landgericht habe auch zu Unrecht die Auffassung vertreten, es sei nicht hinreichend zur Anspruchshöhe vorgetragen worden. Jedenfalls hätte es der Klägerin die insoweit beantragte Schriftsatzfrist gewähren müssen, worauf die Klägerin ihren Vortrag - wie in der Berufungsbegründung geschehen - weiter konkretisiert hätte.

Ebenso habe das Landgericht zu Unrecht die Auffassung vertreten, die Klägerin habe für einen Anspruch auf vorprozessuale Rechtsanwaltskosten nicht ausreichend vorgetragen.

Die Klägerin beantragt,

abändernd das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 05. März 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 143.120,36 € nebst Zinsen von 8 % -Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie nicht anrechenbare Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.050,25 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages und bestreitet im Übrigen mit Nichtwissen die Einzelheiten des weitergehenden Vortrages der Klägerin zu Höhe des geltend gemachten Anspruchs.

II.

Die Berufung ist zulässig; in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch weder unter dem Gesichtspunkt des § 2 Nr. 5 VOB/B noch unter dem Gesichtspunkt des § 6 Nr. 6 VOB/B zu.

1. § 2 Nr. 5 VOB/B setzt eine Änderung der Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung durch eine Änderung des Bauentwurfs oder eine andere Anordnung des Auftraggebers voraus.

Ein Anspruch aus § 2 Nr. 5 VOB/B kommt danach nur in Betracht, wenn es überhaupt zu einer Änderung des Bausolls, d.h. zu einer Änderung der in dem Bauvertrag in Bezug auf den Bauinhalt oder - ggf. - in Bezug auf die Bauumstände näher bestimmten Leistung des Auftraggebers zur Erreichung des werkvertraglich geschuldeten Erfolgs, gekommen ist (Kapellmann/Messerschmidt, VOB, § 2 VOB/B Rn. 175) und die Bausoll-Bauist-Abweichung nicht dem Risikobereich des Auftragnehmers zuzuordnen ist (a.a.O. Rn. 176).

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist durch die Sperrung des ...weges jedoch bereits keine solche Änderung des zwischen den Parteien vereinbarten Bausolls im vorgenannten Sinne eingetreten; nach den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen gehörte das Risiko einer Sperrung des öffentlichen Weges, über den die Klägerin die erforderlichen Transporte von Erdmaterial durchführen wollte, vielmehr zum Risikobereich der Klägerin.

a) Entgegen der Auffassung der Klägerin kann der zwischen den Parteien mit der Zuschlagerteilung im August 2002 geschlossene Bauvertrag angesichts der in den Ausschreibungsbedingungen der Beklagten erfolgten "Angaben zu Baustelle" , insbesondere der Angaben unter 2.3.1. "Die Wahl der Transportwege obliegt dem AN. Er hat diesbezüglich über die öffentlichen Verhältnisse zu informieren", nicht dahin ausgelegt werden, dass der Klägerin damit im Hinblick auf den Transportweg zur Baustelle ein Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB eingeräumt worden ist, von dem sie im Rahmen der Kalkulation des Preises für die Position 03.00.008 in der Weise Gebrauch gemacht hat, dass sie die dabei anfallenden Transportkosten unter Zugrundelegung des ...weges als Transportweg berechnet hat.

aa) Zwar steht dieser Auslegung - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht schon entgegen, dass an anderer Stelle der Ausschreibungsbedingungen, nämlich unter Ziffer 2.2 "Vorhandene öffentliche Verkehrswege" angegeben ist: "Im Baubereich befinden sich folgende öffentliche Verkehrswege: - B ... "alt"." Diese Angabe hat für die Frage, ob und welche Vereinbarungen die Parteien in Bezug auf den Transportweg zur Baustelle getroffen haben, schon deshalb keine Bedeutung, weil auch in den Ausschreibungsbedingungen zwischen Wegen im Baubereich und solchen zur Baustelle unterschieden wird.

bb) Die Angaben unter Ziffer 2.3.1. der Ausschreibungsbedingungen sind jedoch dahin auszulegen, dass die Beklagte gerade keine Festlegung treffen wollte, über welchen Transportweg der Transport von Material zur Baustelle erfolgen sollte.

Dies ergibt sich schon daraus, dass die Beklagte den Transportweg zur Baustelle über die vorhandenen öffentlichen Wege in Abs. 1 der Ziff. 2.3.1. ausdrücklich zur Wahl des jeweiligen Auftragnehmers stellte.

Daraus, dass die Beklagte danach keine vertragliche Festlegung hinsichtlich des Transportweges zur Baustelle treffen wollte, kann allerdings - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht umgekehrt geschlossen werden, dass die Beklagte damit dem Auftragnehmer ein Recht im Sinne des § 315 BGB einräumen wollte, den Transportweg zur Baustelle im Verhältnis zwischen den Parteien verbindlich festzulegen. Es ist keineswegs zwingend, dass in einem Bauvertrag auch sämtliche Bauumstände verbindlich vereinbart werden.

Dass über bestimmte Bauumstände keine Vereinbarung in einem Bauvertrag getroffen worden ist, schließt zwar nicht generell aus, dass diese gleichwohl in bestimmter Weise zum Bausoll gehören. So kann etwa dem Schweigen über Besonderheiten der Lage des Bauvorhabens zu entnehmen sein, dass dieses nicht in einem Landschaftsschutzgebiet liegt (vgl. nur: Kapellmann/Messerschmidt, a.a.O., Rn. 35). Ebenso könnte in einem Fall, in dem nur ein einziger öffentlicher Weg als Transportweg zu einer Baustelle vorhanden ist, anzunehmen sein, dass - auch unausgesprochen - die Nutzung dieses Weges zum Bausoll gehört. So liegt der Fall hier indes nicht, da unstreitig mehrere öffentliche Wege, nämlich jedenfalls der ...weg und die B ... (alt), für einen Transport zur Baustelle zur Verfügung standen.

cc) Ist danach der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag angesichts der Ausschreibungsbedingungen dahin auszulegen, dass der Transport über den ...weg nicht zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Bausoll gehörte, ergibt sich aus diesen Bedingungen, nämlich den weiteren Angaben in Ziff. 2.3.1., darüber hinaus, dass die Nutzbarkeit des von der Klägerin im Rahmen ihrer Wahlmöglichkeiten gewählten Transportweges während der Bauzeit, d.h. hier des ...weges, auch zum Risikobereich der Klägerin gehören sollte.

Dies ergibt sich über die Wahlmöglichkeit als solche hinaus aus den weiteren Angaben in Ziff. 2.3.1., aus denen deutlich wird, dass die Beklagte für den Transport über die vorhandenen öffentlichen Wege keine Verantwortung übernehmen wollte. So stellte die Beklagte ausdrücklich klar, dass der Auftragnehmer sich über die jeweiligen örtlichen Verhältnisse kundig machen müsse (Absatz 1 S. 2) , dass von Seiten des Auftraggebers keine besonderen Zugänge und Zufahren zur Verfügung gestellt würden, die Baustelle vielmehr über öffentliche Wege erreichbar sei (Absatz 3), und verlangte den Auftragnehmern im letzten Absatz der Ziffer 2.3.1. die Verpflichtung ab, während der gesamten Bauzeit für den verkehrssicheren Zustand aller vom Baustellenverkehr beanspruchten Straßen- und Wegeflächen zu sorgen und sie von allen Ersatzansprüchen Dritter freizustellen. Auch diese Risikoverteilung zu Lasten der Klägerin ist, da dieser auf der Grundlage der Ausschreibungsbedinungen geschlossen worden ist, Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrages geworden.

dd) Eine andere Auslegung ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht etwa deshalb geboten, weil die Auferlegung des Risikos, dass sich die Preiskalkulation des Auftragnehmers als nicht auskömmlich erweisen würde, wenn er ein Angebot auf der Grundlage der Nutzung eines bestimmten Transportweges abgegeben hat, sich während der Bauausführung jedoch - wie hier - herausstellt, dass dieser Transportweg aus Gründen, die er nicht beeinflussen kann, nicht mehr zur Verfügung steht, auf rechtliche Bedenken stoßen würde.

Rechtliche Bedenken gegen eine solche Risikoverteilung ergeben sich insbesondere nicht aus § 9 Nr. 2 VOB/A, wonach es im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung nicht zulässig ist, dem Auftragnehmer ein ungewöhnliches Wagnis aufzubürden "für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise er nicht im Voraus schätzten kann".

Dass es sich bei dem Risiko der straßenverkehrsrechtlich zulässigen Nutzbarkeit eines öffentlichen Weges als Transportweg zu einer Baustelle um ein für einen Auftragnehmer ungewöhnliches Risiko im Sinne des § 9 Nr. 2 VOB/A handelt, lässt sich nicht aus § 4 Nr. 1 Abs. 1 S. 2 VOB/B herleiten, wonach der Auftraggeber die erforderlichen öffentlichrechtlichen Genehmigungen und Erlaubnisse (z.B. auch nach dem Straßenverkehrsrecht) herbeizuführen hat. Soweit das OLG Zweibrücken (Baurecht 2002, 972) und das OLG Düsseldorf (Baurecht 1996, 267) argumentiert haben, eine Anordnung der Änderung der Verkehrsführung durch die Straßenverkehrsbehörde falle gemäß § 4 Nr. 1 Abs. 1 S. 2 VOB/B in den Risikobereich des Auftraggebers, ging es jeweils um Fälle, in denen die jeweilige vor der Änderung durch die Straßenverkehrsbehörde bestehende verkehrsrechtliche Situation Inhalt von Vereinbarungen zwischen den jeweiligen Bauvertragsparteien geworden war. Daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass ein Auftraggeber dem Auftragnehmer ein ungewöhnliches Risiko auferlegt, wenn er die Nutzung eines bestimmten von mehreren öffentlichen Wegen als Transportweg zur Baustelle gerade nicht zum Inhalt der bauvertraglichen Vereinbarungen macht, sondern zur freien Wahl des Auftragnehmers stellt. Diese Konstellation wird von Regelung in § 4 Nr. 1 Abs. 1 S. 2 VOB/B gar nicht erfasst.

Das Aufbürden eines ungewöhnlichen Risikos durch die Beklagte auf die Klägerin ist in einem Absehen von einer verbindlichen Festlegung des Transportweges zur Baustelle auch nicht deshalb zu sehen, weil - für die Beklagte erkennbar - nahe lag, dass jeder Bieter, wollte er den Zuschlag erhalten, gerade für die hier streitige Leistung der Lieferung von erheblichen Mengen Bodenmaterials für den zu errichtenden Damm und den damit verbundenen Transportkosten, den (jeweils in Abhängigkeit vom dem Ort der Anlieferung) jeweils kürzesten öffentlichen Weg als Transportweg zur Kalkulationsgrundlage für sein Angebotspreis machen würde. Auch insoweit handelt es nicht um ein ungewöhnliches, sondern allenfalls gerade mit dem konkreten Bauvorhaben zusammenhängendes besonderes Wagnis (zum Unterschied vgl. nur Ingenstau/Korbion - Kratzenberg, VOB, 16. Aufl., § 9 VOB/A Rn. 31).

Darüber hinaus sprechen gute Gründe dafür, dass das Risiko, dass eine langdauernde Nutzung des ...weges für Schwerlasttransporte angesichts der (auf den Fotos der Anlage K 2; Bl. 12 ff. d.A. erkennbaren) Breite und Befestigung des Weges und der unmittelbar angrenzenden Bebauung im Einfahrtbereich des Weges durchaus problematisch sein konnte, auch für die Klägerin erkennbar war, so dass sie die Möglichkeit, eventueller Änderungen der straßenverkehrsrechtlichen Zulässigkeit der Nutzung dieses Weges und das dann erforderliche Ausweichen auf den längeren Transportweg über die B ... alt grundsätzlich auch im Rahmen ihrer Preiskalkulation hätte berücksichtigen können. Daran ändert es auch nichts, dass die Nutzung des ...weges für Schwerlasttransporte zum Zeitpunkt der Abgabe des Angebotes der Klägerin im März 2002 keinen Einschränkungen unterlag und - wie der Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2007 ausgeführt hat - auch zu diesem Zeitpunkt schon von der S... für entsprechende Transporte genutzt wurde. Eine sichere Erwartung, dass der Weg auch noch nach Ablauf von mehr als einem Jahr, d.h. bei Beginn der Arbeiten der Klägerin im Juni 2003, bei fortdauernder Belastung mit Schwerlasttransporten noch benutzbar sein würde, konnte die Klägerin daraus nicht herleiten.

Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Beklagte auch nicht aus Gründen der Klarheit oder aufgrund der gem. § 9 Nr. 3 Abs. 4 VOB/A zu beachtenden DIN 18299 ff. gehalten, einen bestimmten Transportweg zur Baustelle zum Inhalt des Vertrages zu machen. Nach den Vorgaben der DIN-Normen war die Beklagte lediglich gehalten, Angaben dazu zu machen, welche Wege zur Baustelle und im Bereich der Baustelle vorhanden waren; dies bedeutet jedoch nicht, dass die Beklagte bei mehreren vorhandenen Wegen auch verpflichtet war, einen bestimmten Weg als Bausoll festzulegen. Eine Festlegung in den Ausschreibungsbedingungen als solchen wäre wohl umgekehrt gerade deshalb angreifbar gewesen, weil eine Notwendigkeit dazu bei Vorhandensein mehrerer öffentlicher Anfahrtswege nicht bestand und es vom Anlieferungsort des jeweiligen Bieters abhängig war, welcher Transportweg für ihn der günstigste war. Eine Festlegung auf die von dem Bieter im Rahmen seiner Kalkulation getroffene Wahl war nach den Regelungen der VOB/A ebenfalls nicht geboten, weil angesichts der Angaben in 2.3.1. der Ausschreibungsbedingungen hinreichend klargestellt war, dass der Bieter mit Wahlmöglichkeit auch das Risiko in der im Rahmen der Preisbildung getroffenen Wahl tragen sollte.

b) Daran, dass die Nutzung des ...weges zum Transport des Erdmaterials angesichts des auf der Grundlage der Ausschreibungsbedingungen geschlossenen Vertrages nicht zu dem zwischen den Parteien vereinbarten Bausoll gehört, hat sich auch dadurch nichts geändert, dass - wie der Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2007 ausgeführt hat - der Umstand, dass die Klägerin ihren Angebotspreis auf der Grundlage eines Transports über den ...weg kalkuliert hatte, Gegenstand der Submissionsverhandlungen im Vergabeverfahren war. Dies bedeutet nur, dass der Beklagten zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung die Kalkulationsgrundlage der Klägerin bekannt war, nicht jedoch, dass sie (die Beklagte) damit in (vergaberechtlich unzulässiger) Abweichung von den Ausschreibungsbedingungen die Nutzung des von der Klägerin gewählten Weges zum Bausoll erhoben hätte und nunmehr bereit gewesen wäre, das Risiko für die von der Klägerin getroffene Wahl zu übernehmen.

c) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Nutzung des ...weges auch nicht aufgrund der Festlegungen im Rahmen des am 23.06.2003 durchgeführten Ortstermins am ...weg zum Inhalt des zwischen den Parteien vereinbarten Bausolls geworden.

Thema des Ortstermins war ausweislich des Protokolls ein "Kontrolltermin zur Abarbeitung der Restleistungen zur Zufahrt ...weg". Dabei ging es ausweislich des weiteren Inhalts des Protokolls darum, welche Maßnahmen die S..., die den ...weg zuvor für ihre Arbeiten an dem Bauvorhaben B ... genutzt hatte, zur Beseitigung von Schäden an dem Weg und in dessen Umgebung vorgenommen hatte und welche die Klägerin, die den Weg in der Folgezeit nutzten wollte, auf wessen Kosten in der Folgezeit vornehmen sollte. Dafür, dass damit im Verhältnis zwischen den Parteien eine verbindliche vertragliche Festlegung über die Nutzung des ...weges durch die Klägerin zu Erbringung ihrer Leistungen getroffen werden sollte, gibt das Protokoll dagegen keinen Anhalt. War eine entsprechende vertragliche Vereinbarung nicht bereits zuvor getroffen, kann dem Protokoll vom 23.06.2003 lediglich entnommen werden, dass die Beklagte keine Einwände gegen eine Nutzung des ...weges durch die Klägerin hatte, nicht jedoch, dass die Beklagte der Klägerin versprochen hat, dass der ...weg während der erforderlichen Bauzeit zum Transport zur Verfügung stehen werde. Etwas anderes kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass ausweislich des Protokolls vom 23.06.2003 Festlegungen im Sinne von Verpflichtungen der Klägerin zur Beseitigung von Beschädigungen bei einer Nutzung des ...weges getroffen worden sind. Dass die Beklagte nur dann mit der Nutzung des von der Klägerin gewählten Weges einverstanden war, wenn diese die dabei entstehenden Schäden beseitigte - eine grundsätzliche Verpflichtung dazu hat die Klägerin im Übrigen nicht erst am 23.06.2003, sondern bereits mit dem Abschluss des Vertrages im August 2002 übernommen, da sich diese Verpflichtung schon aus Ziffer 2.3.1. (letzter Absatz der Ausschreibungsbedingungen ergibt) - heißt nicht, dass damit der Weg, den die Klägerin als Transportweg gewählt hatte, als solcher zum Gegenstand einer verbindlichen vertraglichen Vereinbarung über den zu nutzenden Weg geworden ist.

Scheitert danach ein Anspruch der Klägerin aber bereits daran, dass die Nutzung des ...weges nicht zum zwischen den Parteien vertraglich vereinbarten Bausoll, sondern die Änderung der straßenverkehrsrechtlichen Zulässigkeit der Nutzung des ...weges zum Transport des Erdmaterials zum Risikobereich der Klägerin gehörte, kommt es auf die weiteren zwischen den Parteien streitigen Fragen zu diesem Anspruch nicht mehr an.

2. Die Klägerin kann den geltend gemachten Anspruch auch nicht mit Erfolg auf eine Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz auf der Grundlage des § 6 Nr. 6 VOB/B stützen.

Für einen Anspruch aus § 6 Nr. 6 VOB/B fehlt es in jedem Fall daran, dass die Sperrung des ...weges nicht von der Beklagten zu vertreten ist.

Selbst wenn - entgegen der hier vertretenen Auffassung - die Sperrung des ...weges gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 S 2 VOB/B der Risikospäre der Beklagten zuzurechnen wäre, würde dies für ein Verschulden im Sinne des § 6 Nr. 6 VOBB nicht ausreichen.

Der Beklagten kann auch das Handeln des Straßenverkehrsamtes des Landkreises T... nicht als Verschulden zugerechnet werden. Gerade wenn man mit der Klägerin richtigerweise eine Verschuldenszurechnung streng nach zivilrechtlichen Regeln beurteilt, kommt eine solche nur in Betracht, wenn das Straßenverkehrsamt Erfüllungsgehilfe der Beklagten im Sinne des § 278 BGB, d. h. Gehilfe bei der Erfüllung des zwischen den Parteien geschlossenen Bauvertrages, gewesen wäre. Die Sperrung des ...weges erfolgte aber - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht als Maßnahme im Rahmen des Bauvertrages, sondern in Ausübung der straßenverkehrsrechtlichen, also ordnungsrechtlichen, Aufgaben der handelnden Behörde. Darauf, ob das Straßenverkehrsamt des Landkreises ebenso wie die in Ausübung der Bundesauftragsverwaltung als Vertreterin der Beklagten tätig gewordene Behörde eine Behörde des Landes Brandenburg ist, kommt es deshalb nicht an.

Ein eigenes Verschulden der Beklagten oder ihrer Vertreterin etwa dahin, dass diese schon zum Zeitpunkt der Ausschreibung oder der Zuschlagserteilung Kenntnis von einer aus straßenverkehrsrechtlichen Gründen bestehenden konkreten Absicht zur Sperrung des ...weges gehabt hätte oder dass sie im Juni 2003 - im Gegensatz zu der Klägerin mit Erfolg - hätte Maßnahmen ergreifen können, die zu einer Aufhebung der Sperrung des ...weges geführt hätten, hat die Klägerin keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. ZPO nicht vorliegen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 143.120,36 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

Zurück