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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 08.11.2006
Aktenzeichen: 4 U 59/06
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 59/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 08.11.2006

Verkündet am 08.11.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts in Brandenburg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2006 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. Chwolik-Lanfermann, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schäfer und den Richter am Oberlandesgericht Kuhlig

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Streithelferin der Beklagten gegen das am 23. März 2006 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus (2 O 392/05) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Streithelferin der Beklagten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt Schadensersatz aus Girovertrag in Höhe eines Betrages, den die Beklagte nach seiner Auffassung zu Unrecht auf Grund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses von seinem Konto bei der Beklagten überwiesen hat.

Wegen der Feststellungen wird auf das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 23.3.2006 Bezug genommen (§ 540 I Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig und begründet. Die Klage sei nicht mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil der wirtschaftliche Sinn der Klage nicht ohne weiteres erkennbar sei. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Streithelferin der Beklagten sei isoliert von dem Rechtsverhältnis zur Beklagten zu betrachten. Auch eine eventuelle wirtschaftliche Unsinnigkeit der Klage würde nicht zu ihrer Unzulässigkeit führen.

Die Klage sei begründet, weil nicht eindeutig festgestellt werden könne, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 16.6.2002 auch Forderungen des Klägers erfasst habe.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Streithelferin der Beklagten mit der Berufung, mit der sie die Abweisung der Klage erreichen will.

Sie meint, zutreffend habe das Landgericht angenommen, dass für den Fall, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ihre - der Streithelferin der Beklagten - Forderung nicht umfassen sollte, entweder durch die Zahlung seitens der Beklagten keine Erfüllung in entsprechender Höhe eingetreten wäre oder aber bei einer Rückzahlung des Betrages eine Erfüllungswirkung rückwirkend wieder entfallen würde. In beiden Fällen sei der Kläger verpflichtet, einen Betrag in Höhe des ausgeurteilten an sie, die Streithelferin der Beklagten, zu zahlen. Die Klage sei deshalb wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben rechtsmissbräuchlich und mithin unzulässig. Die Klage verstoße außerdem gegen den Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit, weil der Kläger etwas fordere, was ihm nicht zustehe. Die vom Landgericht angeführten nachvollziehbaren Gründe für die Klage seien spekulativ.

Die Pfändung sei auch wirksam. Sie, die Streithelferin der Beklagten, habe nicht nur das angegebene Konto pfänden lassen wollen. Dieses habe sie nur erwähnt, weil ihr nur dieses bekannt gewesen sei und sie der Drittschuldnerin die Bearbeitung habe erleichtern wollen. Entsprechend dem Wortlaut des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses habe sich die Pfändung auf Forderungen aus der gesamten Geschäftsverbindung zwischen den beiden Schuldnern und der Drittschuldnerin beziehen sollen.

Die Streithelferin der Beklagten beantragt,

das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 23.3.20065 - 2 O 392/05 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

1. Die Klage ist zulässig.

Der Kläger hat ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. Unerheblich dafür ist, ob die Klage möglicherweise wirtschaftlich unsinnig ist, weil entweder die Zahlung der Beklagten an deren Streithelferin nicht die Erfüllung des gegen den Kläger titulierten Anspruches bewirkt hat oder die Erfüllungswirkung rückwirkend dadurch entfällt, dass der Kläger erfolgreich von der Beklagten Zahlung verlangt und auf Grund dessen verpflichtet ist, einen Betrag in Höhe des ausgeurteilten Betrages an die Streithelferin der Beklagten zu zahlen. Das gilt schon deshalb, weil das Rechtsschutzbedürfnis nur in Bezug auf das streitgegenständliche Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu prüfen ist, nicht in Bezug auf das davon verschiedene Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Streithelferin der Beklagten.

2. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Der Kläger hat aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung einen Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm infolge der Vorenthaltung des Guthabens in Höhe des ausgeurteilten Betrages entstanden ist.

Die Beklagte hat ihre dem Kläger gegenüber bestehenden Pflichten aus dem Girovertrag schuldhaft verletzt, indem sie sich weigerte, diesem sein Guthaben auszuzahlen. Als Bank war sie gehalten, die Interessen des Klägers als ihres Kunden mit Sorgfalt zu wahren und zu schützen (vgl. BGH, Urteil vom 17.12.1992, IX ZR 226/91, Rn. 34, zitiert nach Juris). Diesem Gebot ist sie nicht hinreichend nachgekommen.

a) Anerkanntermaßen ist von einer Bank zu erwarten, dass sie einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auch daraufhin überprüft, ob er nach seinen äußeren Merkmalen den gesetzlichen Anforderungen entspricht (BGH a.a.O.). Erst recht und zwangsläufig muss die Bank jedoch prüfen, welche Forderungen überhaupt vom Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erfasst sind. Denn nur daraufhin kann sie gestützt auf den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über die Forderung des Kontoinhabers aus Guthaben verfügen.

b) Wie bereits das Landgericht mit zutreffender Begründung angenommen hat, kann nicht festgestellt werden, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 16.6.2002 auch Forderungen des Klägers erfasst.

Allerdings ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss in der Zwangsvollstreckungssache auch gegen den Kläger ergangen. Das besagt aber noch nicht, dass Forderungen gegen beide Schuldner gepfändet und zur Einziehung überwiesen wurden.

Dagegen spricht bereits, dass nur die Anschrift des weiteren GbR-Gesellschafters He... fett gedruckt wurde. Danach muss in Betracht gezogen werden, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nur Forderungen dieses Schuldners erfassen soll.

Bei der nachfolgenden Bezeichnung der gepfändeten Forderung wird zuerst das im Einzelnen bezeichnete Konto des weiteren Schuldners M... He... unter ausdrücklicher Nennung seines Namens erwähnt, um erst dann darauf hinzuweisen, dass sämtliche Ansprüche aus der Geschäftsverbindung gepfändet sein sollen. Das kann in Ansehung der Abfolge der Forderungsbezeichnungen zwanglos dahin verstanden werden, dass mit "Geschäftsverbindung" nur der zuvor bezeichnete Girovertrag gemeint ist, allenfalls die Geschäftsverbindung mit dem namentlich erwähnten Kontoinhaber M... He..., dessen Anschrift im Rubrum des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses durch Fettdruck hervorgehoben ist, nicht jedoch auch die Geschäftsverbindung des Klägers. Denn es wurden nicht - wie es unschwer möglich gewesen wäre - allgemein Ansprüche aus Geschäftsverbindung mit beiden Schuldnern als gepfändet zuerst erwähnt, um dann durch einen den Beispielscharakter der Erwähnung deutlich machenden Zusatz wie "insbesondere" darauf hinzuweisen, dass Ansprüche (auch) aus dem genau bezeichneten Girovertrag gepfändet werden.

Vor diesem Hintergrund verbleiben zumindest Zweifel, ob auch Ansprüche des Klägers gepfändet worden sind.

c) Die Beklagte hätte dies nach gebotener sorgfältiger Prüfung auch erkennen können.

d) Der Anspruch ist nicht auf Grund eines Saldoanerkenntnisses des Klägers ausgeschlossen. Ein etwaiges Saldoanerkenntnis führt allenfalls zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast für die Fehlbuchung. Zutreffend hat bereits das Landgericht darauf hingewiesen, dass alle maßgeblichen Tatsachen unstreitig sind, sodass es hierauf nicht ankommt.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 I, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 II Nr. 1 und 2 ZPO).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.867,50 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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