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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 27.04.2005
Aktenzeichen: 4 U 64/02
Rechtsgebiete: BbgBauO, VOB/B, BGB, AGBG, EGBGB, ZPO


Vorschriften:

BbgBauO § 31
BbgBauO § 31 Abs. 1
BbgBauO § 31 Abs. 3 a. F.
BbgBauO § 32 Abs. 2 a. F.
VOB/B § 1 Nr. 3
VOB/B § 1 Nr. 4
VOB/B § 2
VOB/B § 9
VOB/B § 9 Nr. 1 b)
VOB/B § 12
VOB/B § 12 Nr. 3
VOB/B § 13 Nr. 1
BGB § 187 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1 Satz 2 a. F.
BGB § 291 Satz 1
BGB § 631
BGB § 640 Abs. 1
BGB § 641 Abs. 3
AGBG § 2 Abs. 1
AGBG § 2 Abs. 2
EGBGB Art. 229 § 1 Abs. 2 Satz 2
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 1
ZPO § 524 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 1 n. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

4 U 64/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 27.04.2005

Verkündet am 27.04.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 4. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 06.04.2005 durch

die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19.03.2002 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam teilweise abgeändert: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 39.896,11 € nebst 9,25 % Zinsen seit dem 30.06.2000 zu zahlen.

Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 20.066,03 € zu zahlen Zug um Zug gegen den Empfang einer unbefristeten, selbstschuldnerischen Bankbürgschaft einer deutschen Bank zur Sicherung etwaiger Gewährleistungsansprüche aus dem Bauvertrag vom 08.12.1997 bezogen auf das Bauvorhaben im ... in ....

Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 52.500,00 € zu zahlen Zug um Zug gegen die Erbringung der folgenden Leistungen zur Mängelbeseitigung:

- Anpassung der Beschichtung der Fassadenplatten der Werkhalle ... an die Oberflächenstruktur der Musterfläche auf der Südfassade durch einen vollständigen Neuanstrich;

- Beseitigung der fünf Rostflecken auf der Nordfassade und des einen Rostflecks auf der Ostfassade;

- Kompletter Anstrich der drei einflügeligen Stahlaußentüren (Blatt, Rahmen, Zarge) auf der Ost- und Westseite des Gebäudes mit grüner Farbe, Justierung der drei Türblätter und Einsetzen neuer Dichtungsprofile;

- Fachgerechte Ausbildung der seitlichen Fensterblechanschlüsse an die Fassadenleibungen bei allen Fenstern;

- Verschließen der offenen Fugen zwischen der EG-Decke und den Innentrennwänden des Masterraums und des Lagerraums

- Verschließen der offenen Fugen im Coverraum (1. Obergeschoss) zwischen dem I-Träger und der F90-Trennwand

- Verschließen der Profile rund um die Lichtkuppel im Packraum (1. Obergeschoss)

- Fachgerechtes - insbesondere rauchdichtes - Herstellen des F90-Trennwand-Dachanschlusses

- Sanierung der Risse in den Platten der Ostfassade (Achse 1 und Achse 3)

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Anschlussberufung der Klägerin wird verworfen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 33 % und der Beklagte zu 67 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 39 % und der Beklagte zu 61 %.

Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten der Streithelferin trägt der Beklagte für die erste Instanz zu 67 % und für das Berufungsverfahren zu 61 %. Im Übrigen trägt die Streithelferin ihre Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf die Zahlung von Restwerklohn in Anspruch.

Die Parteien schlossen am 08.12.1997 einen Bauvertrag über den Neubau einer Werkhalle mit Büro und Werkwohnung im S... in ... auf der Grundlage des Leistungsverzeichnisses gemäß dem überarbeiteten Angebot vom 11.11.1997 und der mündlichen Verhandlung vom 04.12.1997 für einen Pauschalpreis von 656.000,00 DM netto zuzüglich Mehrwertsteuer. In dem Bauvertrag vereinbarten die Parteien unter anderem die Durchführung einer förmlichen Abnahme (Ziffer IX) und die Möglichkeit, den Sicherheitseinbehalt von 5 % durch eine unbefristete, selbstschuldnerische Bankbürgschaft einer deutschen Bank ablösen zu können (Ziffer VII). Im Berufungsverfahren ist zu den Umständen der Vertragsentstehung unstreitig geworden, dass der Beklagte bei der mündlichen Verhandlung und dem Vertragsschluss durch den Architekten P... W... unterstützt worden ist. Dieser stellte die Planung der Werkshalle auf, erstellte die der Auftragsvergabe zugrunde liegende Baubeschreibung, prüfte das Angebot der Klägerin und beriet den Beklagten hierüber.

Am 12.01.1998 einigten sich die Parteien darauf, dass die Klägerin hinsichtlich des Vordachs und des Schornsteins Nachträge ausführen sollte. Des weiteren wurde die anfängliche Planung einvernehmlich dahin geändert, dass der Baukörper eine Drehung um 90 Grad erfuhr.

Der Landkreis ... erteilte dem Beklagten am 18.06.1998 eine Baugenehmigung für sein Bauvorhaben "Neubau eines Medienzentrums mit Büro und Werkswohnung". Auf Seite 6 der Baugenehmigung befindet sich folgende Nebenbestimmung:

"Gem. § 31 (1) BbgBO ist die Trennwand zwischen Wohnen und Gewerbe mindestens feuerbeständig herzustellen, siehe Grüneintrag! Die Trennwand zwischen Kopfbau und Produktion muß in F90-Qualität ausgeführt werden (wie Projekt)."

Nachdem die Klägerin die Arbeiten begonnen und der Beklagte zunächst die im Bauvertrag vereinbarten Abschlagszahlungen geleistet hatte, beglich er die 5. Abschlagsrechnung vom 08.11.1999 über 135.221,97 DM nicht mehr.

Mit Schreiben vom 22.11.1999 zeigte die Klägerin die Fertigstellung an und schlug dem Beklagten als Abnahmetermin den 25.11.1999 vor. Der Beklagte widersprach dem Abnahmetermin mit Schreiben vom 23.11.1999, wies hierin auf seit dem Juli 1999 bekannte Mängel hin und setzte eine Frist zur Mängelbeseitigung bis spätestens zum 05.12.1999. Am 14.12.1999 kam es zu einer gemeinsamen Begehung des Objekts, in deren Verlauf von beiden Parteien ein Abnahmeprotokoll unterzeichnet wurde. In diesem Protokoll heißt es unter anderem:

"3. Abnahme erfolgt mit den unten bzw. auf der Rückseite erwähnten Vorbehalten wegen Leistungsmängeln. Sie wird erst wirksam, wenn die beanstandeten Mängel behoben sind."

Dem Protokoll wurde als Anlage 1 eine handschriftlich erstellte Mängelliste vom 14.12.1999 beigefügt. Bei der Abnahmeverhandlung vereinbarten die Parteien, dass die übrige Fassade der Werkhalle dem äußerlichen Erscheinungsbild der Musterfläche anzupassen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten beider Schriftstücke wird auf die Anlage K 3 zur Klageschrift vom 24.05.2000 (Bl. 18 bis 20 der Akte) Bezug genommen. Im Anschluss an die Abnahmeverhandlung erstellte der Beklagte ein Schreiben an die Klägerin, mit dem er die 5. Abschlagsrechnung zu seiner "Entlastung" zurückreichte.

Am 31.12.1999 stellte die Klägerin die Schlussrechnung, die neben dem vereinbarten Pauschalpreis und dem unstreitigen Nachtrag vom 12.01.1998 zwei weitere Nachträge (07.05.1998: Änderung Bauantragsunterlagen; 14.04.1999: Dacharbeiten Loggia) beinhaltet und mit einem Bruttopreis von 784.914,79 DM endet. Nach Absetzung der fünf gestellten Abschlagsrechnungen - wobei die 5. Abschlagsrechnung mit dem Zusatz "noch nicht erhalten" versehen ist - errechnete die Klägerin eine noch offene Schlussrechnungssumme von 100.262,67 DM.

Die Klägerin forderte den Beklagten mit Schreiben vom 26.01.2000 dazu auf, den Rechnungsbetrag aus der 5. Abschlagsrechnung nunmehr bis zum 02.02.2000 zu überweisen. Mit Einschreiben vom 28.01.2000 übersandte die Klägerin dem Beklagten eine Gewährleistungsbürgschaft über 39.245,74 DM. Da der Beklagte die Annahme dieses Briefes verweigerte, übermittelte die Klägerin das Schreiben vom 28.01.2000 nebst der Bürgschaftsurkunde am 03.02.2000 per Telefax.

Mit Schreiben vom 29.02.2000 forderte der Beklagte die Klägerin dazu auf, die in diesem Schreiben aufgeführten Mängel - unter anderem sind der Fassadenanstrich und der Anstrich der Außentüren genannt - bis zum 12.03.2000 abzustellen.

Im Nachgang zu einem gemeinsamen Ortstermin erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 22.03.2000, dass sie grundsätzlich dazu bereit sei, die aufgelisteten Mängel zu beseitigen und noch offene Restarbeiten durchzuführen. Allerdings sei als Sicherheit hierfür die Zurückbehaltung von 75.000,00 DM brutto ausreichend. Für die Bezahlung der 5. Abschlagsrechnung setzte die Klägerin dem Beklagten unter Hinweis auf § 9 Nr. 1 b) VOB/B eine letzte Frist bis zum 27.03.2000 und kündigte für den Fall der Nichtzahlung an, sämtliche Arbeiten einzustellen und den Bauvertrag zu kündigen. Der Beklagte zahlte nicht.

Bei einer gemeinsam durchgeführten Baubegehung der Parteien am 18.04.2000 erklärte der Beklagte, dass er erst bei kompletter, mängelfreier Fertigstellung gemäß Bauvertrag bereit sei, die geforderten Zahlungen zu leisten. Der Produktionsleiter der Klägerin bot dem Beklagten an, eine Wertminderung der mit Mängeln behafteten Leistungen in Höhe von 20.000,00 DM netto vorzunehmen. Der Beklagte erbat sich zu diesem Einigungsvorschlag eine Bedenkzeit bis zum 02.05.2000. Nachdem der Beklagte der Klägerin mitgeteilt hatte, dass er den vorgeschlagenen Minderungsbetrag nicht akzeptieren könne, sprach die Klägerin mit Schreiben vom 05.05.2000 unter Hinweis auf ihr Schreiben vom 22.03.2000 die Kündigung des Werkvertrages aus, erklärte die Einstellung sämtlicher Mängelbeseitigungsarbeiten und wies den Beklagten auf die bevorstehende Klageeinreichung hin.

Die Klägerin hat ihre Forderung erstinstanzlich einschließlich Mehrwertsteuer wie folgt berechnet:

5. Abschlagsrechnung: 135.221,97 DM Schlussrechnungsbetrag: 100.262,67 DM Zwischensumme: 235.484,64 DM abzgl. Nachtrag Nr. 3 (Loggia): 5.238,56 DM abzgl. nicht ausgeführte T-30 Türen: 5.800,00 DM Forderung: 224.446,08 DM

Sie nimmt fortlaufend in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe Bankkredit in Anspruch, den sie mindestens mit einem Zinssatz von 9,25 % zu verzinsen hat.

Die Klägerin hat - nach der am 29.06.2000 erfolgten Klagezustellung - am 22.12.2000 den beanstandeten Mangel der Überkopfverglasung im Erkerbereich durch den Austausch einer Glasscheibe beseitigt. Im übrigen hat sie behauptet, der Bauleiter des Beklagten, Herr St..., habe gegenüber dem Zeugen B... am 25.06.2001 telefonisch erklärt, dass die Mängel nur gegen eine entsprechende Vergütung aufgezeigt würden und dass darüber hinaus keine Mängelbeseitigung zugelassen werde. Am 03.07.2001 habe der Geschäftsführer der Firma N... einen vergeblichen Versuch unternommen, Mängel in Augenschein zu nehmen. Am 04.07.2001 sei ein Mitarbeiter der Streithelferin, Herr W..., bei dem Versuch, die Werkhalle zu besichtigen, abgewiesen worden. Des weiteren habe sich am 12.07.2001 die Firma K... wegen der Mängelbeseitigung an den Beklagten gewandt. Ihr sei jedoch kein Einlaß gewährt worden. In diesem Zusammenhang habe der Beklagte erklärt, keinerlei Arbeiten mehr zuzulassen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin DM 224.446,08 zu zahlen nebst 9,25 % Zinsen aus DM 135.221,97 seit dem 03.02.2000 sowie aus weiteren DM 89.224,11 seit Klagezustellung.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat bereits erstinstanzlich die Ansicht vertreten, im Hinblick auf die immer noch vorhandenen Mängel sei die Klageforderung nicht fällig. Hilfsweise hat er die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Zahlung von Vertragsstrafe in Höhe von 76.096,00 DM erklärt.

Das Landgericht hat zunächst am 27.02.2001 einen Beweisbeschluss zur Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Mängel der Werkleistung der Klägerin erlassen, der im weiteren durch einen Beschluss vom 01.10.2001 dahin geändert wurde, dass die Zeugen B..., N... und W...zu vernehmen seien. Im Ergebnis der Beweisaufnahme durch die uneidliche Vernehmung dieser Zeugen hat die Kammer mit dem angefochtenen Urteil vom 19.03.2002 der Klage ganz überwiegend stattgegeben und den Beklagten unter Klageabweisung im übrigen dazu verurteilt, an die Klägerin 112.462,14 (entspricht 219.956,82 DM) nebst 9,25 % Zinsen seit dem 29.06.2000 zu zahlen, von denen 20.066,03 € (entspricht 39.245,74 DM) erst nach dem Empfang einer unbefristeten, selbstschuldnerischen Bankbürgschaft einer deutschen Bank zur Sicherung etwaiger Gewährleistungsansprüche aus dem Bauvertrag vom 08.12.1997 bezogen auf das Bauvorhaben im S... in ... zu zahlen sind.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Werklohns - bis auf die für den Nachtrag Nr. 2 "Änderung der Bauantragsunterlagen" angesetzten Kosten in Höhe von 4.489,20 DM brutto - berechtigt sei. Hinsichtlich der einvernehmlich erfolgten Planänderung sei von der Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt worden, wie sich die Höhe dieses Anspruchs errechne. Im übrigen habe der Beklagte die Schlussrechnung nicht beanstandet, so dass die hierin eingestellten Beträge für die Berechnung der Forderung zu Grunde zu legen seien. Die Forderung der Klägerin sei prüffähig abgerechnet und fällig. Am 14.12.1999 sei das Werk von dem Beklagten abgenommen worden. Da die Abnahme eine bedingungsfeindliche tatsächliche Handlung sei, stehe der Zusatz im Abnahmeprotokoll der Abnahme nicht entgegen. Die von der Klägerin am 05.05.2000 ausgesprochene Kündigung sei nach Leistungserbringung erfolgt und damit ohne Folgen. Die Klägerin habe allerdings noch nicht die im Bauvertrag vereinbarte Bankbürgschaft gestellt, da die Übermittlung per Telefax unzureichend sei. Der hierauf entfallende Teil der Klageforderung sei daher erst nach der Aushändigung der Bürgschaftserklärung im Original fällig. Auf Gegenrechte könne sich der Beklagte nicht erfolgreich berufen. Die Hilfsaufrechnung scheitere daran, dass der Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Vertragsstrafe nicht schlüssig dargelegt habe. Insoweit fehle es bereits an der Darlegung verbindlicher, kalendermäßig bestimmbarer Vertragsfristen. Auch ein Leistungsverweigerungsrecht wegen der behaupteten Mängel bestehe nicht, da sich aus dem Gesamtverhalten des Beklagten ergebe, dass er selbst am Vertrag nicht mehr festhalten wolle. Aus den Gesamtumständen gehe hervor, dass der Beklagte nicht nur die Annahme der Gewährleistungsbürgschaft verweigert, sondern auch - wie im Ergebnis der Beweisaufnahme feststehe - die Nachbesserungsangebote der Klägerin endgültig abgelehnt habe. Hierbei komme es nicht darauf an, dass die jeweils zur Mängelbeseitigung angereisten Zeugen von der Klägerin nicht vorher angekündigt worden seien. Eine Zurückweisung der Nachbesserung durch den Beklagten oder seine Ehefrau sei nicht deshalb erfolgt, weil der Beklagte von den Besuchen unvorbereitet betroffen gewesen sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht eingereichten und begründeten Berufung, mit der er sein Ziel einer vollständigen Klageabweisung weiterverfolgt. Er macht geltend, die Leistungen der Klägerin seien von dem Beklagten am 14.12.1999 nicht abgenommen worden. Das Landgericht habe den Erklärungsinhalt des Abnahmeprotokolls verkannt. Das Vertragsverhältnis der Parteien sei auch nicht durch eine Kündigung der Klägerin auf der Grundlage des § 9 VOB/B beendet worden. Dies scheitere schon daran, dass zwischen den Parteien die Geltung der VOB/B nicht wirksam vereinbart worden sei. Ein Kündigungstatbestand nach dem BGB liege nicht vor. Die Ausführungen des Landgerichts zu dem Bestehen und der Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts seitens des Beklagten seien grob fehlerhaft. Schon angesichts der Erklärungen in dem Abnahmeprotokoll vom 14.12.1999 sei ein Nachbesserungsrecht der Klägerin nach dem Ablauf der hierin gesetzten Fristen nicht mehr gegeben. Falsch sei, dass der Beklagte Nachbesserungsarbeiten nicht mehr zugelassen habe. Etwaige Erklärungen des Herrn St... seien ihm nicht zuzurechnen. Dem Beklagten stehe weiterhin ein Nachbesserungsanspruch und damit auch ein Zurückbehaltungsrecht zu. Daher sei eine Entscheidung des Rechtsstreits ohne die Beweisaufnahme zur Mangelhaftigkeit der Leistung der Klägerin nicht möglich.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam, Aktenzeichen 12 O 289/00 vom 21.03.2002, die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil LG Potsdam - 12 O 289/00 - vom 19.03.2002 teilweise zu ändern und

1.

den Beklagten uneingeschränkt zu verurteilen, an die Klägerin 112.462,14 € (= 219.956,82 DM) nebst 9,25 % Zinsen seit dem 29.06.2000 zu zahlen;

2.

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Zur Begründung der Anschlussberufung beruft sich die Klägerin darauf, dass dem Beklagten - insoweit unstreitig - am 02.05.2002 die Gewährleistungsbürgschaft der ... Nr. 35 B-535- 350743052-9/111 vom 09.04.2002 über 20.066,03 € zugestellt worden ist. Sie ist der Ansicht, damit sei dem Zurückbehaltungsrecht des Beklagten der Boden entzogen. Ungeachtet der am 03.07.2002 erfolgten Zustellung der Berufungsbegründung und der Einreichung der Anschlussberufung am 14.08.2002 sei diese zulässig, da die neue Rechtslage zur Anschlussberufung nur als offenkundiger Unsinn bezeichnet werden könne. Im übrigen verteidigt die Klägerin das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags.

Der Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung zu verwerfen.

Der Senat hat gemäß den Beweisbeschlüssen vom 27.11.2002 (Bl. 410 d. A.), 07.01.2003 (Bl. 430 d. A.), 29.07.2003 (Bl. 479 d. A.) und 06.04.2005 (Bl. 675 d. A.) Beweis erhoben über die Abnahmereife der von der Klägerin erbrachten Leistung durch die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens, das in der mündlichen Verhandlung von dem Sachverständigen erläutert und ergänzt worden ist. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. M... F... vom 01.10.2004 und das Sitzungsprotokoll vom 06.04.2005 (Bl. 675 d. A.) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg; die Anschlussberufung ist hingegen unzulässig.

1. Die Klägerin kann von dem Beklagten Restwerklohn in Höhe von 112.462,14 € gemäß den §§ 631 BGB, 2 VOB/B verlangen.

a) Wie bereits das Landgericht in dem angegriffenen Urteil ausgeführt hat, ist auf der Grundlage der Schlussrechnung der Klägerin vom 31.12.1999 nach dem Abzug der nicht berechtigten Positionen (Nachträge 2 und 3) und der nicht ausgeführten Leistungen (T-30 Türen) unter Berücksichtigung der von dem Beklagten geleisteten vier Abschlagszahlungen als vereinbarte Vergütung noch ein Betrag in Höhe von 219.956,82 DM (= 112.462,14 €) offen. Die Richtigkeit dieser Berechnung des Landgerichts greift der Beklagte mit seiner Berufung nicht an, so dass die Höhe des ungeachtet bestehender Zurückbehaltungsrechte vertraglich geschuldeten Restwerklohns zwischen den Parteien außer Streit steht.

b) Die Restwerklohnforderung der Klägerin ist fällig.

aa) Maßgeblich für die Fälligkeit der Werklohnforderung der Klägerin sind die Sonderregelungen der in das Vertragsverhältnis der Parteien wirksam einbezogenen VOB/B.

Die Geltung der VOB/B wurde von den Parteien in dem Verhandlungsprotokoll vom 08.12.1997 durch den formularmäßigen Hinweis auf die Geltung der VOB/B in Ziffer 1.5 der Vertragsurkunde vereinbart. An einer insoweit wirksamen Einbeziehung der VOB/B bestehen auch im Hinblick auf die Regelungen in § 2 Abs. 1 und 2 AGBG, die gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB weiterhin auf vor dem 01.01.2002 entstandene Schuldverhältnisse anzuwenden sind, keine Zweifel. Nach dem unstreitigen Vorbringen der Klägerin beruhte die Einbeziehung der Regelungen der VOB/B auf dem ausdrücklichen Wunsch des Beklagten selbst, der sich bei den Vertragsverhandlungen und dem Vertragsschluss der Hilfe des Architekten P...W... bedient hat. Ausweislich des vorgelegten Schriftwechsels zwischen dem Architekten W... und den Parteien hatte dieser vor dem Vertragsschluss für den Beklagten die Planung aufgestellt und die der Auftragsvergabe zugrunde liegende Baubeschreibung erstellt, in der unter Ziffer 4 insgesamt auf die VOB/B verwiesen wird. Zudem hat er das Angebot der Klägerin geprüft und den Beklagten hierüber begleitend zum Abschluss des Bauvertrages beraten. Erfolgt die Einbeziehung der VOB/B auf Veranlassung des Bauherrn, ist deren Geltung jedenfalls dann wirksam vereinbart, wenn er, wie es hier der Fall war, sachkundig durch einen Architekten beraten wurde. Bei einem solchen ist - wie bei einem gewerblich tätigen Unternehmer - grundsätzlich anzunehmen, dass er aufgrund seiner Ausbildung die Bestimmungen der VOB/B hinreichend kennt und den Bauherren über die diesbezüglichen Besonderheiten ausreichend informiert (vgl. OLG Düsseldorf, BauR 1997, 647, 648; OLG Hamm, NJW-RR 1996, 593; OLG Hamm, NJW-RR 1998, 885).

bb) Die Leistung der Klägerin ist allerdings - entgegen der Auffassung des Landgerichts - von dem Beklagten nicht abgenommen worden.

aaa) Die vorformulierte Erklärung des Beklagten in dem Abnahmeprotokoll vom 14.12.1999 enthält aufgrund der zugleich als Wirksamkeitsvoraussetzung erklärten Bedingung der Mängelbeseitigung keine Abnahme im Sinne der §§ 640 Abs. 1 BGB, 12 VOB/B.

Eine Abnahme erfordert die Entgegennahme der Werkleistung und ihre Billigung als in der Hauptsache vertragsgerecht, wobei das Vorhandensein von Mängeln und selbst die Rüge von Mängeln grundsätzlich die Abnahme nicht ausschließt (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2002, IBR 2002, 537 m. w. N.). Das Landgericht ist dabei im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass die so verstandene Abnahme als rechtsgestaltender Akt, der unmittelbar rechtliche Wirkungen herbeiführt, bedingungsfeindlich ist. Bei der Auslegung der von dem Beklagten am 14.12.1999 zu der aufgeschobenen Wirksamkeit der Abnahme abgegebenen Erklärung hat es jedoch nicht hinreichend geprüft, ob mit dieser Erklärung eine Billigung der Werkleistung als in der Hauptsache vertragsgerecht erfolgen sollte. Nach dem objektiven Erklärungsinhalt hat der Beklagte am 14.12.1999 zum Ausdruck gebracht, dass er die Werkleistung jedenfalls gegenwärtig (noch) nicht als vertragsgerecht ansieht und daher die Abnahmewirkungen nicht bereits am 14.12.1999, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt eintreten sollten. Aus den aktenkundigen Umständen der Abnahmeverhandlung und dem sonstigen Parteivorbringen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der von seinem Bauleiter St....begleitete Beklagte - entgegen dem Wortlaut und Sinn seiner schriftlichen Erklärung - gleichwohl die rechtlichen Wirkungen einer Abnahme bereits am 14.12.1999 herbeiführen wollte. Vielmehr spricht sein nach der Abnahmeverhandlung noch am 14.12.1999 erstelltes Schreiben an die Klägerin, mit dem er die 5. Abschlagsrechnung unter Hinweis auf die fortbestehenden Mängel zurückgesandt hat, deutlich dafür, dass der Beklagte die erbrachte Werkleistung keineswegs als in der Hauptsache vertragsgerecht ansah. Auch der in diesem Schreiben, das von dem Beklagten - zulässigerweise als neues Vorbringen im Rahmen des § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n. F. - erstmals im Berufungsverfahren als Anlage zur Berufungsbegründung vorgelegt worden ist, erfolgte Hinweis auf die wegen einer mangelhaften Tür mißglückte Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde lässt keinen Raum für ein anderes Verständnis der schriftlichen Erklärung des Beklagten in dem Abnahmeprotokoll.

bbb) Eine spätere Abnahmeerklärung des Beklagten ist von der Klägerin weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich.

cc) Die Bauleistung der Klägerin war am 14.12.1999 jedoch abnahmereif im Sinne des § 12 Nr. 3 VOB/B, so dass der Beklagte wegen des Fehlens wesentlicher Mängel bereits an diesem Tag zur Abnahme verpflichtet war. Ungeachtet der Abnahmeverweigerung des Beklagten sind damit bereits am 14.12.1999 die rechtlichen Wirkungen einer Abnahme eingetreten.

aaa) Ein wesentlicher Mangel im Sinne des § 12 Nr. 3 VOB/B liegt in Anlehnung an § 13 Nr. 1 VOB/B vor, wenn die Bauleistung die vertraglich zugesicherten Eigenschaften nicht hat, nicht den anerkannten Regeln der Bautechnik entspricht oder sonst mit beachtlichen Mängeln behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder wesentlich mindern. Hierüber ist nach der Art, dem Umfang und vor allem den Auswirkungen des Mangels und zwar im Hinblick auf die Zweckbestimmung und die ungehinderte Gebrauchstauglichkeit der in Auftrag gegebenen Leistung unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden (vgl. BGH, Urteil vom 26.02.1981, BauR 1981, 284 = NJW 1981, 1448; BGH, Urteil vom 30.04.1992, BauR 1992, 627; auch OLG Hamm, BauR 1992, 240). Dabei kann die Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten ein wichtiger Ansatzpunkt sein, aber ebenfalls nur einer der zu berücksichtigenden Umstände (so BGH, Urteil vom 26.02.1981, aaO.).

Der richtige Beurteilungsmaßstab für die damit gebotene Einzelfallprüfung ist dem Sinn und Zweck der in § 12 Nr. 3 VOB/B getroffenen Regelung zu entnehmen. Die Bestimmung soll einen angemessenen Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien bewirken. Der Auftraggeber ist an möglichst vollständiger vertragsgerechter Erfüllung der geschuldeten Leistung vor Zahlung des Werklohns interessiert. Dem Auftragnehmer ist daran gelegen, möglichst bald die mit der Abnahme verbundenen Rechtsfolgen herbeizuführen, insbesondere die Fälligkeit der restlichen Vergütung, den Übergang der Gefahr, die Umkehrung der Beweislast für Mängel und den Beginn der Verjährung für Gewährleistungsansprüche. Wenn nun § 12 Nr. 3 VOB/B die Abnahmeverweigerung daran knüpft, dass der vorher noch zu beseitigende Mangel wesentlich sein muss, so wird damit letztlich auf den Gesichtspunkt der Zumutbarkeit abgehoben. Tritt der Mangel an Bedeutung so weit zurück, dass es unter Abwägung der beiderseitigen Interessen für den Auftraggeber zumutbar ist, eine zügige Abwicklung des gesamten Vertragsverhältnisses nicht länger aufzuhalten und deshalb nicht mehr auf den Vorteilen zu bestehen, die sich ihm vor vollzogener Abnahme bieten, dann darf er die Abnahme nicht verweigern. Vielmehr muss er sich trotz der Mängel mit deren Beseitigung Zug um Zug gegen Zahlung des restlichen Werklohns begnügen (vgl. BGH, Urteil vom 26.02.1981, aaO.; BGH, Urteil vom 28.04.1980, BauR 1980, 357; auch BGHZ 61, 42, 44 m.w.N.; BGHZ 73, 140, 145).

bbb) Im Ergebnis der Beweisaufnahme ergeben sich zu dem maßgeblichen Bewertungsstichtag 14.12.1999 als objektive - heute noch festzustellende - Mängel der Bauleistung der Klägerin die Notwendigkeit der Anpassung der Oberflächenstruktur der Fassadenplatten nebst neuem Anstrich, sechs Rostflecken der Fassade und Risse in den Fassadenplatten, noch nicht durchgeführte Nacharbeiten an den drei Stahltüren (unvollständiger Farbanstrich, Justierung, Dichtungsprofile), fehlende Abdeckungen der Fensterabschlussprofile an den Seitenleibungen der 26 Fenster, Notwendigkeit eines Fugenverschlusses zwischen den Innentrennwänden und der Erdgeschossdecke in einer Gesamtlänge von 35 Metern, noch vorzunehmende Montage eines Blechwinkels an der F90-Trennwand zum Schließen der Fuge zwischen dieser Wand und dem I-Träger im ersten Obergeschoss in einer Gesamtlänge von 20 Metern sowie der bisher nicht fachgerechte Anschluss zwischen der F90-Trennwand und der Dachdecke. Nach den aus Sicht des Senats in jeder Hinsicht überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr.-Ing. M... F... erfordert die Beseitigung der genannten Mängel ohne etwaig anfallende Regie- oder Bauleitungskosten eine Kostenaufwand in Höhe von 17.225,60 €.

Als inzwischen bereits beseitigte, aber am 14.12.1999 nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien vorhandene Mängel kommen hinzu: Fehlender Sockelanstrich, nicht ordnungsgemäß eingebaute Ortgangbleche (Attikaabdeckbleche), fehlende Anschlussklappen an den Fensterbrettern, drei fehlende Türschwellen und Wetterschenkel, eine schwergängige rauchdichte Tür im Bereich des Fahrstuhls, ein nicht ordnungsgemäß eingefasster Vordachgully, eine falsche Scheibe in der Erkerverglasung (Überkopfverglasung), nachbesserungsbedürftige Erkerfuge und Sockelanschluss, eine nicht richtig befestigte Gummidichtung der Toranlage und eine Fluchtwegtür mit noch zu ändernder Schlagrichtung. Unter Berücksichtigung der in dem Schreiben der Klägerin vom 22.03.2000 vorgenommenen Bezifferung der für diese Mängel akzeptierten Einbehalte, denen der Beklagte hinsichtlich des hiermit zugleich geschätzten Kostenaufwandes einer Mängelbeseitigung nicht entgegengetreten ist, kann der Wert der von der Klägerin bereits erledigten Mängelbeseitigung mit einem Betrag von 3.700,00 € brutto angesetzt werden, so dass sich ein Gesamtwert der am 14.12.1999 vorhandenen Mängel - unabhängig von der Kenntnis der Parteien - in Höhe von knapp 21.000,00 € ergibt.

ccc) Die von dem Senat festgestellten Mängel sind weder hinsichtlich des Mangels an der F90-Trennwand für sich allein noch in ihrer Gesamtheit als wesentlich einzustufen.

(1) Der von dem Sachverständigen festgestellte Mangel an dem Anschluss der F90- Trennwand zur Dachdecke ist kein wesentlicher Mangel im Sinne des § 12 Nr. 3 VOB/B.

(a) Der Sachverständige hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass die Trennwand zwischen dem gewerblichen Bereich und den als Wohnung dienenden Sozialräumen im ersten Obergeschoss unvollständig erstellt und damit im Anschlussbereich an das Dach nicht feuerbeständig ausgeführt worden ist. Dadurch sei über die beidseitig von der Trennwand vorhandenen offenen Fugen zwischen der F90-Trennwand und den parallel verlaufenden Stahlträgern eine direkte Luftverbindung zwischen dem Coverraum und den Deckenhohlräumen der benachbarten Sozialräume vorhanden, so dass im Brandfall Rauch und Flammen vom Coverraum über diese offenen Fugen ungehindert in die Deckenhohlräume der benachbarten Räume strömen könnten. Bei einem Brandfall könnte somit zuerst die brennbare blaue PE-Folie in Brand geraten, wodurch sich dann auch die Polysterolschaumplatten des Dachaufbaus entflammen könnten. Hinsichtlich der festgestellten konstruktiven Ausbildung des Anschlusses der F90-Trennwand aus Porenbeton an die Dachkonstruktion (Ausstopfung der Hohlräume mit brennbaren Fasern) hat der Sachverständige Verstöße gegen die Brandschutzvorschriften der DIN 4102 und gegen die Ausführungsplanung der Klägerin festgestellt.

Diesen auch aus Sicht des Senats überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen sind die Parteien im Zuge der Beweisaufnahme nicht entgegengetreten. Vielmehr hat die Klägerin den Mangel eingeräumt und dem Beklagten Mängelbeseitigung angeboten.

(b) Der von dem Sachverständigen festgestellte und zwischen den Parteien inzwischen im Hinblick auf den bisherigen Zustand der Bauausführung unstreitige Mangel hat auch eine bauordnungsrechtliche Relevanz.

(aa) Aus der Baugenehmigung vom 18.06.1998 ergibt sich als Bedingung B 502, dass die Trennwand zwischen Wohnen und Gewerbe gemäß § 31 Abs. 1 BbgBauO mindestens feuerbeständig herzustellen ist. Nach § 31 Abs. 3 der BbgBauO in der damals geltenden Fassung bedeutet dies, dass die Trennwände bis zur Rohdecke oder zur Unterkante der Dachhaut zu führen sind. Entsprechend dieser Vorschrift der Landesbauordnung sind Öffnungen nur zulässig, wenn sie zur Nutzung des Gebäudes erforderlich sind und mit mindestens feuerhemmenden und selbstschließenden Abschlüssen versehen werden. Diesen Anforderungen genügt die von der Klägerin erstellte F90-Trennwand ersichtlich nicht.

(bb) Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich bei der F90-Trennwand allerdings nicht um eine Brandwand im Sinne der Brandenburgischen Bauordnung. Gemäß § 32 Abs. 2 BbgBauO a. F. ist die Errichtung von Brandwänden nur zum Abschluss von Gebäuden in einer Nähe von bis zu 2,50 m von der Nachbargrenze, zwischen aneinandergereihten Gebäuden auf demselben Grundstück, zur Unterteilung ausgedehnter Gebäude mit einer Breite von mehr als 40 Metern und zwischen dem Wohn- und landwirtschaftlichem Betriebsteil eines Gebäudes mit einem umbauten Raum von mehr als 2.000 m³ erforderlich. Wie auch der Beklagte einräumt, liegt bei dem von der Klägerin errichteten Gebäude keiner dieser Fälle vor.

Weitergehende Anforderungen an die Bauausführung der F90-Trennwand ergeben sich auch aus der in der Baugenehmigung vom 18.06.1998 enthaltenen Bedingung B 502, die mit dem Hinweis auf den Grüneintrag offensichtlich auf den Prüfbericht-Nr. 2/202/98 des Prüfstatikers R... vom 27.04.1998 Bezug nimmt. In diesem Prüfbericht, den der Beklagte dem Senat in der mündlichen Verhandlung am 06.04.2005 zur Einsichtnahme vorgelegt hat, ist tatsächlich von dem Prüfstatiker handschriftlich mit Grünstift eingetragen worden, dass die "Brandwand in Achse 3 über Dach geführt" werden soll. Soweit in der sodann erteilten Baugenehmigung in B 502 auf diesen Grüneintrag bezug genommen wird und gleichzeitig in dem Text für die Trennwand zwischen Wohnen und Gewerbe - dies ist die Achse 3 - in Übereinstimmung mit den Regelungen der Landesbauordnung unter Nennung des einschlägigen § 31 BbgBauO (nur) eine feuerbeständige Trennwand gefordert wird, kann diese Verknüpfung bei objektiver Auslegung des Erklärungsinhalts nur dahin verstanden werden, dass sich die Bauaufsichtsbehörde der mit Grüneintrag versehenen Forderung des Prüfingenieurs gerade nicht anschließen will, sondern insoweit nur die gesetzlichen Anforderungen an die Trennwand in der Achse 3 stellt. Im übrigen ist für den Senat nicht ersichtlich, dass der Prüfbericht-Nr. 2/202/98 des Prüfstatikers R... vom 27.04.1998 zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht worden sein könnte. Ausweislich der Seite 2 der Baugenehmigung vom 18.06.1998 wird dort lediglich der Prüfbericht-Nr. 2/294/98 vom 15.06.1998 zum Bestandteil des Bescheides erhoben.

Angesichts der damit in dem hier interessierenden Punkt eindeutigen Auslegung des Inhalts der erteilten Baugenehmigung bedurfte es zur Aufklärung der von dem Beklagten aufgeworfenen bauordnungsrechtlichen Fragestellung nicht der von ihm in dem Schriftsatz vom 12.04.2005 angebotenen Beweiserhebung durch die Vernehmung der damals im Bauaufsichtsamt zuständigen Mitarbeiterin, Frau H..., da insoweit durch den Senat ausschließlich eine Rechtsfrage zu klären war.

Auch unter Beachtung des § 1 Nr. 3 VOB/B, der es dem Auftraggeber ermöglicht, Änderungen des Bauentwurfs anzuordnen, ergibt sich nicht das Erfordernis, die F90-Trennwand als Brandwand herzustellen und sie daher 0,30 m über das Dach zu führen. Allein aus der in dem Prüfbericht-Nr. 2/202/98 des Prüfstatikers R...vom 27.04.1998 enthaltenen diesbezüglichen Anforderung, die nicht Gegenstand der später erteilten Baugenehmigung geworden ist, folgt jedenfalls dann kein Verlangen nach einer Leistungsänderung im Sinne des § 1 Nr. 3 VOB/B, wenn sich der Bauherr die von dem Prüfstatiker geforderte Ausführung der Bauleistung nicht ausdrücklich gegenüber dem Auftragnehmer zu eigen macht. Auch in einem VOB-Bauvertrag gelten zunächst die allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätze dahin, dass die Änderung eines einmal geschlossenen Vertrages nur durch übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragsparteien erfolgen kann. Soweit § 1 Nr. 3 VOB/B hiervon eine Ausnahme dahin regelt, dass der Auftraggeber durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung eine Änderung der vertraglich geschuldeten Leistungen vornehmen darf, ist es für die Ausübung dieser vertraglich eingeräumten Befugnis stets erforderlich, dass der Auftraggeber überhaupt eine solche Willenserklärung abgibt. Für die Abgabe einer derartigen Willenserklärung und den Zugang beim Auftragnehmer vor oder während der Bauausführung ist jedoch nichts ersichtlich. Auch ein Fall der unterlassenen Durchführung einer vertraglich zwar nicht vereinbarten, aber erforderlichen Leistung im Sinne des § 1 Nr. 4 VOB/B liegt hinsichtlich der Forderung des Beklagten nach einer Brandwand nicht vor, da diese Vorschrift nur aus bautechnischer Sicht für die einwandfreie Erreichung des Vertragsziels erforderliche Leistungen betrifft. Wie bereits dargelegt, war die Errichtung einer Brandwand aus bautechnischer Sicht jedoch für die Erbringung einer mängelfreien Leistung gerade nicht erforderlich.

(c) Der von dem Sachverständigen festgestellte Verstoß gegen § 31 Abs. 3 BbgBauO a. F. und die Brandschutzvorschriften der DIN 4102 ist unter Berücksichtigung des § 13 Nr. 1 VOB/B zwar grundsätzlich als Verstoß gegen die Regeln der Technik und damit als wesentlicher Mangel eines Bauwerks einzustufen. Diese grundsätzliche Einstufung enthebt den Senat jedoch nicht der Einzelfallprüfung nach Sinn und Zweck der in § 12 Nr. 3 VOB/B getroffenen Regelung, die in diesem Fall dazu führt, dass der von dem Sachverständigen festgestellte Mangel der F90-Trennwand letztlich nicht als wesentlich anzusehen ist.

Für dieses Ergebnis der Einzelfallprüfung ist insbesondere maßgeblich, dass die Behebung des festgestellten Mangels mit einem geringen Zeit- und Kostenaufwand zu bewerkstelligen sein wird. Der Sachverständige hat die Gesamtkosten dieses Teils der Mängelbeseitigung - einschließlich des Aufwandes für Abdeckungsmaßnahmen und Staubsaugen - auf 3.155,20 € geschätzt und geht dabei von einem Zeitaufwand von 2 1/2 bis 3 Arbeitstagen aus. Aufgrund dieses geringen Aufwandes für die Mängelbeseitigung ist der Verstoß gegen die Brandschutzvorschriften nur als leicht einzuschätzen. Unter dem von dem Bundesgerichtshof besonders hervorgehobenen Gesichtspunkt der Zumutbarkeit tritt der Mangel aus Sicht des Senats damit an Bedeutung so weit zurück, dass es unter Abwägung der beiderseitigen Interessen für den Beklagten durchaus zumutbar ist, wegen des aufgezeigten rasch zu beseitigenden Mangels die Abwicklung des gesamten Vertragsverhältnisses nicht länger aufzuhalten.

Zudem wäre es - bei einer unterstellten Wesentlichkeit des Mangels der F90-Trennwand - in dem vorliegenden Fall treuwidrig, wenn sich der Beklagte gegenüber der Zahlungsforderung der Klägerin auf die Wesentlichkeit dieses jahrelang unerkannten Mangels berufen dürfte. Selbst wenn der Verstoß gegen die Brandschutzvorschriften in öffentlich-rechtlicher Hinsicht einer bestimmungsgemäßen Benutzung des errichteten Gebäudes entgegenstünde, kann die jahrelange tatsächliche Nutzung der Werkhalle durch den Beklagten nicht außer Betracht bleiben. Der Mangel, der in den ersten Jahren nach der Errichtung des Gebäudes den Parteien nicht aufgefallen ist, hat in tatsächlicher Hinsicht zu keiner Nutzungseinschränkung des Bauwerks geführt. Auch anlässlich der Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde ist die nicht erfüllte Bedingung der Baugenehmigung offensichtlich keinem Beteiligten aufgefallen. Erstmals im Berufungsverfahren hat der Sachverständige anlässlich des ersten Ortstermins am 14.05.2003 die Unvollständigkeit der F90-Trennwand erkannt, die sodann von dem Beklagten gerügt und von der Klägerin als noch zu beseitigender Mangel anerkannt wurde.

(2) Auch bei einer Gesamtbetrachtung aller am 14.12.1999 vorhandenen Mängel der Bauleistung lag kein wesentlicher Mangel vor. Der Gesamtwert aller vorhandenen Mängel von knapp 21.000,00 beläuft sich im Verhältnis zu dem Auftragswert der Werkleistung der Klägerin in Höhe von 393.381,34 € auf einen Anteil von etwas mehr als 5 % und ist damit wirtschaftlich betrachtet noch als geringfügig anzusehen. Soweit der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart in seinem Urteil vom 22.12.1999 (Az.: 4 U 105/99) in einem Fall mit mehr als 40 über das Gesamtwerk verteilten Mängeln dahin erkannt hat, dass bei einem Anteil der Nachbesserungskosten von mehr als 5 % des vertraglichen Gesamtvolumens bereits ein wesentlicher Mangel vorliegen soll, vermag der erkennende Senat diesem Ansatz angesichts der oben dargestellten inhaltlich überzeugenden Rechtsprechung des 7. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zu den Anforderungen an die Wesentlichkeit eines Mangels im Sinne des § 12 Nr. 3 VOB/B (vgl. insbesondere das Urteil vom 26.02.1981) zumindest unter den besonderen Umständen dieses Einzelfalls nicht zu folgen.

In dem vorliegenden Fall ergibt sich bereits aus der Art einiger Mängel, bei denen es sich eindeutig um eher ästhetische Beeinträchtigungen mit nachrangiger bautechnischer Relevanz handelt, kein Anhaltspunkt dafür, dass sie im Hinblick auf die Zweckbestimmung und die ungehinderte Gebrauchstauglichkeit der in Auftrag gegebenen Leistung eine nennenswerte Auswirkung haben könnten. Unstreitig nutzt der Beklagte das von der Klägerin erstellte Bauwerk seit Mitte 1999 als Wohnhaus und als Werkstätte für sein Unternehmen, ohne dass bisher mehr als nur unerhebliche Beeinträchtigungen des Geschäftsbetriebs durch die noch vorhandenen Mängel aufgetreten sind.

Die trotz vorhandener Mängel uneingeschränkte Gebrauchstauglichkeit gilt in besonderem Maße für den Mangel an der Oberflächenstruktur der Fassadenplatten, für dessen Beseitigung der Sachverständige unter Berücksichtigung der zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits bei der Abnahmeverhandlung am 14.12.1999 getroffenen Vereinbarung, die übrige Fassade der Werkhalle dem äußerlichen Erscheinungsbild der Musterfläche anzupassen, Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 9.720,80 € angesetzt hat. Die Berechtigung dieser größten Einzelposition der vom Senat ermittelten Kosten der Mängelbeseitigung beruht allein auf einer Absprache der beiden Vertragsparteien, deren rechtliche Notwendigkeit unter dem Gesichtspunkt eines möglicherweise unverhältnismäßig großen Aufwandes der Mängelbeseitigung (§ 13 Nr. 6 Satz 1 VOB/B) durchaus fraglich ist. Der Sachverständige hat den durch die Unterschiede der Oberflächenstruktur zwischen der Musterfläche und dem Rest der Fassade hervorgerufenen tatsächlichen Minderwert der Fassade nach der von ihm bevorzugten Methode von Auerhammer, die in einer zehnstufigen Skala die Gesamtkosten in technischen und gestalterischen Wert aufteilt und auch die Art und Nutzung des Gebäudes berücksichtigt, auf lediglich 250,00 € beziffert. Ergänzend hat er in seiner Anhörung darauf hingewiesen, dass bei einem normalen und üblichen Betrachtungsabstand von 10 bis 15 Metern, der Strukturunterschied zwischen der Musterfläche und der übrigen Fassadenfläche nicht mehr zu erkennen ist. Die Beeinträchtigung des optischen Erscheinungsbildes der Fassadenplatten sei anhand der von der Streithelferin angesprochenen Tabelle Oswald so einzuschätzen, dass der Grad der optischen Beeinträchtigung mit "kaum erkennbar" anzusetzen sein wird, das Gewicht des optischen Erscheinungsbildes dagegen mit "wichtig", so dass sich auch nach dieser Methode ein Minderwert ergäbe.

dd) Einwendungen gegen die Prüffähigkeit der Schlussrechnung der Klägerin vom 31.12.1999 sind von dem Beklagten nicht erhoben worden.

Soweit der Beklagte erstinstanzlich gegen die Fälligkeit des Restwerklohns insoweit eingewendet hat, dass im Hinblick auf die Kündigung des Werkvertrages durch die Klägerin vom 05.05.2000 eine Abrechnung nach den Grundsätzen des vorzeitig beendeten Pauschalpreisvertrages hätte erfolgen müssen, steht dem Erfordernis einer solchen Abrechnung jedenfalls die Abnahmereife des Bauwerks am 14.12.1999 entgegen. Das in § 9 VOB/B eröffnete außerordentliche Kündigungsrecht des Auftragnehmers setzt stets voraus, dass die nach dem Bauvertrag geschuldete Leistung noch nicht abnahmereif hergestellt ist (vgl. Ingenstau-Vygen, VOB-Kommentar, B § 9 Rn. 32).

c) Dem Beklagten stehen allerdings in dem tenorierten Umfang Zurückbehaltungsrechte gegen den Restwerklohnanspruch der Klägerin zu.

aa) Soweit in der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die (noch) nicht gestellte Bürgschaft ein Zurückbehaltungsrecht im Umfang von 20.066,03 ausgeurteilt worden ist, ist die landgerichtliche Entscheidung aufgrund der Unzulässigkeit der Anschlussberufung der Klägerin - hierzu unten - rechtskräftig geworden und unterliegt, ungeachtet der zwischenzeitlich unstreitig erfolgten Zustellung einer Bürgschaftsurkunde in der genannten Höhe, nicht einer Abänderungsbefugnis durch den Senat.

bb) Im Hinblick auf die im Ergebnis der Beweisaufnahme festgestellten Mängel ist der Beklagte dazu berechtigt, auch einen weiteren Betrag in Höhe von 52.500,00 € bis zur Beseitigung der Mängel zurückzubehalten.

aaa) Den Aufwand für die Beseitigung der bereits genannten, heute noch vorhandenen Mängel bewertet der Senat in Übereinstimmung mit den überzeugenden schriftlichen und mündlichen Feststellungen des Sachverständigen wie folgt:

a. Noch nicht ausgeführte Anpassung der Beschichtung der Fassadenplatten der Werkhalle an die Oberflächenstruktur der Musterfläche auf der Südfassade durch einen vollständigen Neuanstrich: 9.488,80 €

b. Mehraufwand durch Nutzung eines Rollgerüsts: 232,00 €

c. Fünf Rostflecken auf der Nordfassade und ein Rostfleck auf der Ostfassade: 174,00 €

d. Fehlender Anstrich der drei einflügeligen Stahlaußentüren (Blatt, Rahmen, Zarge) auf der Ost- und Westseite des Gebäudes mit grüner Farbe, Justierung der drei Türblätter und Einsetzen neuer Dichtungsprofile: 1.113,60 €

e. Nicht fachgerechte Ausbildung der seitlichen Fensterblechanschlüsse an die Fassadenleibungen bei allen Fenstern: 904,80 €

f. Fehlender Fugenverschluss zwischen Trennwänden und Decken (insbesondere offene Fuge zwischen der EG-Decke und den Innentrennwänden des Masterraums und des Lagerraums sowie im Coverraum, 1.OG, zwischen dem I-Träger und der F90-Trennwand und nicht verschlossene Profile rund um die Lichtkuppel im Packraum, 1.OG): 1.090,00 €

g. Nicht fachgerechter F90-Trennwand-Dachanschluss: 2.923,20 €

h. Aufwand für Abdeckung und Staubsaugen im Coverraum: 232,00 €

i. Risse in den Fassadenplatten der Ostfassade (Achse 1 und Achse 3): 1.067,20 €.

Summe: 17.225,60 € brutto

Im Hinblick auf etwaig anfallende Regie- oder Bauleitungskosten kann für die Kosten der Mängelbeseitigung insgesamt ein Betrag von 17.500,00 € angesetzt werden. Unter Berücksichtigung der anerkannten Druckfunktion des Leistungsverweigerungsrechts (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.1996, BauR 1997, 133, 134 = NJW-RR 1997, 18) und der zwischenzeitlichen gesetzgeberischen Regelung in § 641 Abs. 3 BGB, die gemäß Art. 229 § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB auch auf vor dem 01.05.2000 abgeschlossene Verträge anzuwenden ist, ergibt sich damit bis zur Beseitigung der Mängel eine Berechtigung des Beklagten zur Verweigerung der Zahlung in Höhe des Dreifachen der für die Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten, mithin von 52.500,00 €.

Zur Vermeidung von Wiederholungen zu den einzelnen Mängelfeststellungen wird auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr.-Ing. M... F... in seinem Gutachten vom 01.10.2004 und seine mündlichen Erläuterungen und Ergänzungen im dem Sitzungsprotokoll vom 06.04.2005 verwiesen. Der Senat macht sich die hierin enthaltenen Ausführungen vollinhaltlich zu eigen und schließt sich hinsichtlich der Höhe der zu erwartenden Kosten der Mängelbeseitigung der fachlich schlüssigen Einschätzung durch den Sachverständigen an. Auch soweit der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 12.04.2005 ausführlich darlegt, warum aus seiner Sicht ein höherer Kostenaufwand für die Mängelbeseitigung an der F90-Trennwand und an der Außenfassade betrieben werden muss, sieht der Senat hierin keinen Anlass, der schlüssigen und lebensnahen Darstellung der Mängelbeseitigung durch den Sachverständigen nicht zu folgen. Erst recht besteht vor dem Hintergrund der eingehenden mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen Dr.-Ing. M... F... in der Sitzung vom 06.04.2005 keine prozessuale Notwendigkeit für die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens.

bbb) Der Beklagte hat sein Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf die noch erforderliche Mängelbeseitigung durch die Klägerin - entgegen den Feststellungen des Landgerichts - nicht durch die unberechtigte Ablehnung von Mängelbeseitigungsarbeiten verwirkt.

Im Ansatz zutreffend ist die Kammer davon ausgegangen, dass die Verweigerung der Besichtigung und Beseitigung von Mängeln durch den Auftraggeber als treuwidriges Verhalten dazu führen kann, dass der Auftraggeber aus Gründen von Treu und Glauben daran gehindert ist, seine Gewährleistungsansprüche dem Werklohnanspruch des Auftragnehmers als Einrede des nicht erfüllten Vertrages im Rechtsstreit entgegenzusetzen (vgl. etwa OLG Celle, MDR 2005, 206). Allerdings reichen die erstinstanzlich getroffenen Feststellungen nicht für die Schlussfolgerung aus, dass der Beklagte Mängelbeseitigungsarbeiten der Klägerin ernsthaft und endgültig abgelehnt hat. Nach den Aussagen der Zeugen N... und W... sind beide Anfang Juli 2001 auf dem Gelände des Beklagten erschienen, um die behaupteten Mängel zu besichtigen. In beiden Fällen hat dies der Beklagte bzw. seine Ehefrau untersagt, einmal unter Hinweis auf ein bevorstehendes Sachverständigengutachten, einmal unter Hinweis auf eine einstweilige Verfügung. In diesem Zusammenhang ist bereits fraglich, ob der Beklagte - noch dazu im laufenden Rechtsstreit mit der Klägerin - unangemeldet eine Besichtigung dulden musste, zumal ihm der Zeuge W... nicht einmal persönlich bekannt war. Jedenfalls darf bei der Bewertung des Verhaltens des Beklagten nicht unberücksichtigt bleiben, dass zu diesem Zeitpunkt tatsächlich bereits ein Beweisbeschluss des Landgerichts vom 27.02.2001 existierte, in dem die Begutachtung von Mängeln durch einen Sachverständigen angeordnet worden war. Es ist vor diesem Hintergrund nicht unwahrscheinlich, dass der Beklagte rechtliche Nachteile befürchtete, wenn er in diesem Stadium der Klägerin gestattet hätte, die behaupteten Mängel zu besichtigen oder sogar zu beseitigen. Gerade vor dem Hintergrund des angeordneten Sachverständigenbeweises wäre die Klägerin gehalten gewesen, dem Beklagten vorher anzukündigen, zu welchem Zeitpunkt welche Personen zu welchen Zwecken das Gebäude besichtigen wollen. Dem Beklagten wäre es dann möglich gewesen, nach einer Rücksprache mit seinem Prozessbevollmächtigten sachgerecht zu reagieren.

Der weitere Umstand, dass der Bauleiter des Beklagten, Herr St..., im Juni 2001 dem Zeugen B... gesagt haben soll, er werde ihm die Mängel nur gegen die Zahlung einer "Aufwandsentschädigung" aufzeigen, führt ebenfalls nicht zu einer endgültigen Verweigerung von Mängelbeseitigungsarbeiten. Es ist schon nicht ersichtlich, dass der Bauleiter St... befugt gewesen wäre, als Vertreter des Beklagten eine solche Erklärung abzugeben. Allein die Tatsache, dass der Beklagte selbst wegen einer möglichen Besichtigung die Klägerin an seinen Bauleiter verwiesen hat, verleiht diesem noch keine Vertretungsmacht. Es ist auch nicht einmal erkennbar, dass der Bauleiter St... überhaupt eine Erklärung für den Beklagten abgegeben hat, denn offenbar wollte er die Aufwandsentschädigung für sich selbst beanspruchen. Die Erklärung des Bauleiters St... besagt auch nicht notwendig, dass es der Klägerin versagt gewesen wäre, die von ihr errichtete Halle ohne seine Hilfe zu besichtigen. Der Umstand, dass die Klägerin kurz nach der telefonischen Erklärung des Bauleiters St... ihre Subunternehmer gleichwohl zu der Prüfung von Mängeln auf das Gelände des Beklagten geschickt hat, deutet zudem darauf hin, dass die Klägerin sich durchaus nicht an einer Fortführung der Versuche zur Mängelbeseitigung gehindert sah. Die weitere erstinstanzliche Behauptung der Klägerin, der Bauleiter St... habe bei dieser Gelegenheit auch erklärt, man werde eine Mängelbeseitigung durch die Klägerin nicht zulassen, da man ohnehin Drittfirmen hiermit beauftragen werde, hat sich durch die Vernehmung des Zeugen B... gerade nicht bestätigt. Dieser hat vor dem Landgericht lediglich bekundet, der Bauleiter habe erklärt, es sei angedacht, die Mängel durch Dritte beseitigen zu lassen. Mit dieser Äußerung kommt aber gerade zum Ausdruck, dass eine endgültige Entscheidung über den Fortgang der Mängelbeseitigung seitens des Beklagten zu diesem Zeitpunkt noch nicht getroffen worden war.

Schließlich ergibt sich auch aus Ziffer 5 des Abnahmeprotokolls vom 14.12.1999 keine endgültige Ablehnung von Mängelbeseitigungsarbeiten durch die Klägerin, da in diesem - mit Ausnahme des Mangels an der Eingangstür - für die festgestellten Mängel der Werkleistung keine genauen Termine für die Mängelbeseitigung genannt werden. Damit läuft die in Ziffer 5 enthaltene Ablehnungsandrohung inhaltlich leer.

cc) Damit ist von dem Beklagten nur ein Teilbetrag in Höhe von 39.896,11 € ohne jede Einschränkung an die Klägerin zu zahlen.

d) Soweit das Landgericht die von dem Beklagten erstinstanzlich erklärte Hilfsaufrechnung mit einem behaupteten Gegenanspruch in Höhe von 76.096,00 DM für unschlüssig gehalten hat, hat der Beklagte die Entscheidung des Landgerichts nicht mit der Berufung angegriffen.

e) Der Zinsanspruch der Klägerin für den bereits fälligen Teil des Restwerklohnanspruchs ergibt sich aus § 291 Satz 1, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F..

Für die im Berufungsverfahren von der Klägerin nur noch geforderten Rechtshängigkeitszinsen beginnt der Zinslauf gemäß § 187 Abs. 1 BGB mit dem auf die Zustellung der Klageschrift folgenden Tag (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, § 187 Rn. 1 m.w.N.; wohl auch BGH, Urteil vom 03.11.1989, NJW-RR 1990, 519). Angesichts der am 29.06.2000 erfolgten Zustellung der Klageschrift ist der Zinsbeginn mithin am 30.06.2000. Die Berechtigung der geforderten Zinshöhe von 9,25 % ist zwischen den Parteien unstreitig.

2. Die Anschlussberufung ist unzulässig.

Die Anschlussberufung der Klägerin, mit der sie - im Hinblick auf die unstreitig am 02.05.2002 erfolgte Übergabe einer Gewährleistungsbürgschaft über 20.066,03 - die uneingeschränkte Verurteilung des Beklagten begehrt, ist nicht zulässig, da sie nicht innerhalb der Monatsfrist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO (in der bis zum 31.08.2004 geltenden Fassung) eingelegt wurde. Die Berufungsbegründung des Beklagten vom 26.06.2002 wurde der Klägerin am 03.07.2002 zugestellt, ihre Anschlussberufungsschrift vom 14.08.2002 ging aber erst an jenem Tage, also sechs Wochen später, bei Gericht ein.

Soweit die Klägerin die Zulässigkeit ihrer Anschlussberufung damit verteidigt, dass die durch Art. 2 des ZPO-Reformgesetzes vom 27.07.2001 (BGBl. I S. 1887) in § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO eingeführte Einlegungsfrist von einem Monat als gesetzgeberischer Missgriff "offenkundiger Unsinn" und wegen der Verletzung des Grundsatzes der Waffengleichheit auch verfassungswidrig sei, folgt der Senat dieser von einigen Stimmen in der Literatur (vgl. hierzu Grunsky, NJW 2002, 801; Schneider, EWiR 2002, 688) vertretenen Auffassung nicht. Das Gebot der Waffengleichheit erfordert es nicht, der Berufungsbeklagten eine zusätzliche Möglichkeit zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu eröffnen, wenn sie ihre bestehenden prozessualen Möglichkeiten aus Nachlässigkeit - immerhin ist die Übergabe der Gewährleistungsbürgschaft an den Berufungskläger drei Monate vor dem Ablauf der Frist zur Einlegung der Anschlussberufung erfolgt - nicht innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO nutzt. Allein aus Gründen der Prozessökonomie darf der klare Wille des Gesetzgebers zur Befristung der Anschlussberufung nicht missachtet werden (so auch OLG Hamm, NJW- RR 2003, 1720).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F.) und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO n.F.). Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 112.462,14 festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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