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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 26.04.2007
Aktenzeichen: 5 U 110/06
Rechtsgebiete: SachenRBerG, BGB, EGBGB, EGZGB-DDR, SchuldRAnpG, ZGB


Vorschriften:

SachenRBerG § 4
SachenRBerG § 4 Nr. 1
SachenRBerG § 5 Abs. 1 Nr. 2
SachenRBerG § 12 Abs. 3
SachenRBerG § 21
SachenRBerG § 23
SachenRBerG § 23 Nr. 3 1. Alt.
SachenRBerG § 23 Nr. 3 2. Alt.
SachenRBerG § 26
SachenRBerG § 26 Abs. 1 Satz 2
SachenRBerG § 26 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1
SachenRBerG § 26 Abs. 3
SachenRBerG § 26 Abs. 3 Satz 1
SachenRBerG § 26 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1
BGB §§ 542 f.
BGB § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
BGB § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a)
BGB §§ 581 ff.
BGB § 581 Abs. 2
BGB § 985
BGB § 986
EGBGB Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1
EGBGB Art. 233 § 2 a Abs. 1 Nr. 2
EGBGB Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1 Buchst. a)
EGBGB Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 2
EGBGB Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 3
EGBGB Art. 233 § 2 a Abs. 6
EGBGB Art. 233 § 2 a Abs. 6 Satz 1
EGBGB Art. 233 § 2 a Abs. 6 Satz 2
EGBGB Art. 233 § 2 a Abs. 7
EGBGB Art. 232 § 3
EGBGB Art. 233 § 4 Abs. 3 Satz 3
EGZGB-DDR § 2 Abs. 2
SchuldRAnpG § 1 Abs. 1 Nr. 1
SchuldRAnpG § 1 Abs. 1 Nr. 3
ZGB § 287
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 110/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 26.04.2007

Verkündet am 26.04.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth und den Richter am Landgericht Boecker

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30. Mai 2006 verkündete Urteil des Landgerichts Neuruppin, Az. 2 O 466/05, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten jeweils zur Hälfte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 43.000,00 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Herausgabe des Flurstücks 203/4 der Flur 4 in der Gemarkung B....

Am 2. Oktober 1974 schlossen die Beklagten mit dem VEB G..., Außenstelle B..., einen Pachtvertrag über das damals als Flurstück 203, Flur 34 bezeichnete und im Grundbuch von B... auf Blatt 963 eingetragene Grundstück mit einer Größe von 1.096 m². Das Flurstück 203 wurde im Laufe der Jahre neu vermessen und in die Flurstücke 203/1 mit einer Größe von 500 m² und 203/2 mit einer Größe von ca. 600 m² aufgeteilt. Gemäß Nutzungsurkunde vom 29. März 1978 wurde den Beklagten ein Nutzungsrecht für das Flurstück 203/1 in einer Größe von 500 m² verliehen. Die Beklagten bebauten das Flurstück 203/1 mit einem Eigenheim. Sie bebauten auch das Flurstück 203/2, das unmittelbar an die rückwärtige Seite des Wohnhauses angrenzt, mit einer Terrasse, einem teilweise in das Erdreich eingelassenen Schwimmbecken und einem Schuppen. Mit Vertrag vom 11. Juni 1990 kauften die Beklagten das Flurstück 203/1. Das Flurstück 203/2 wurde erneut vermessen und aufgeteilt in das Flurstück 203/3 mit einer Größe von 181 m² und das Flurstück 203/4 mit einer Größe von 422 m². Die Beklagten beantragten am 19. November 1999 hinsichtlich des Flurstücks 203/3 und einer Teilfläche des Flurstücks 203/4 die Eröffnung eines notariellen Vermittlungsverfahrens nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz. Mit Beendigungsbeschluss vom 6. Mai 2002 beendete die Notarin das notarielle Vermittlungsverfahren, nachdem sich die Parteien nicht auf einen Ankauf nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz einigen konnten. Nach weiterer Verhandlung kauften die Beklagten von der Klägerin das Flurstück 203/3 mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 24. November 2003. Über einen Ankauf der Teilfläche aus dem Flurstück 203/4 einigten sich die Parteien auch in der Folgezeit nicht. Bis zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs an dem Flurstück 203/3 am 2. August 2004 zahlten die Beklagten ein Nutzungsentgelt für dieses Flurstück. Für das Flurstück 203/4 zahlten die Beklagten zu keinem Zeitpunkt ein Nutzungsentgelt oder Pacht an die Klägerin. Mit anwaltlichem Schreiben vom 27. September 2005 erklärte die Klägerin die fristlose Kündigung des am 2. Oktober 1974 zwischen den Beklagten und dem VEB G... beschlossenen Pachtvertrages wegen vertragswidriger Nutzung und Nichtzahlung des Pachtzinses.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die sich auf dem Flurstück 203/4 befindenden Baulichkeiten, das heißt ein Teil des Schuppens und das Schwimmbecken, seien erst nach dem 2. Oktober 1990 errichtet worden. Die Beklagten könnten sich deshalb insoweit nicht auf die Regelungen des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes berufen. Es sei ohne weiteres möglich, diese Bauten abzubauen und zerstörungsfrei an anderer Stelle wieder zu errichten. Nutzungsrechte seien von ihr weder im Kaufvertrag noch zu einem späteren Zeitpunkt anerkannt worden. Selbst wenn man von der Anwendbarkeit des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes ausgehe, könnten die Beklagten einer Beschränkung ihrer Anspruchsberechtigung im Sinne des § 26 Sachenrechtsbereinigungsgesetzes nicht nach Absatz 3 dieser Vorschrift widersprechen, weil die von ihnen auf den Grundstück neben dem Wohnhaus errichteten Baulichkeiten weder den Wert der Nutzung des Eigenheims wesentlich erhöhten, noch für eine Berufsausübung der Beklagten erforderlich seien. Ein Recht zum Besitz stehe den Beklagten daher nicht zu.

Die Beklagten haben geltend gemacht, ihnen stehe auf Grund des Pachtvertrages vom 2. Oktober 1974 weiterhin ein vertragliches Besitzrecht an dem Flurstück 203/4 zu. Die im Kündigungsschreiben der Klägerin vom 27. September 2004 dargelegten Gründe seien bereits insofern unzutreffend, als der Pachtvertrag nicht über das Flurstück 203/4 geschlossen worden sei, sondern über das gesamte damalige Grundstück. Das hier streitige Flurstück 203/4 unterliege auch nicht den Regelungen des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes, weil die den Beklagten mit dem Pachtvertrag vom 2. Oktober 1974 überlassene Gesamtfläche nur teilweise darunter falle. Bei der im Auftrag der Klägerin erfolgten Neuvermessung des Grundstücks seien die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten nicht hinreichend berücksichtigt worden. Die errichteten Baulichkeiten seien sämtlich bereits zu DDR-Zeiten errichtet worden. Auch wenn Baulichkeiten nach dem 3. Oktober 1990 errichtet worden seien, habe die Klägerin diesem nie widersprochen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Beklagten zur Herausgabe des Flurstücks 203/4 an die Klägerin verurteilt. Die Klägerin habe gegen die Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe aus § 985 BGB. Den Beklagten stehe kein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 BGB zu. Aus dem Pachtvertrag vom 2. Oktober 1974 habe sich kein Recht zum Besitz ergeben. Der Pachtvertrag sei ohne Bedeutung, da auf das streitgegenständliche Flurstück die Regelungen der Sachenrechtsbereinigung Anwendung fänden. Die Beklagten hätten jedoch auch kein Recht zum Besitz aus Artikel 233 § 2 a Abs. 1 S.1 EGBGB. Die Ansprüche der Beklagten nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz seien gemäß § 26 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 SachenRBerG beschränkt. Die Beklagten könnten der Begrenzung ihrer Ansprüche nicht gemäß § 26 Abs. 3 SachenRBerG widersprechen, weil durch die Baulichkeiten auf dem Flurstück 203/4 der Wert der Nutzung des Eigenheims nicht wesentlich erhöht werde und die Baulichkeiten auch nicht für den von dem Beklagten ausgeübten Beruf unentbehrlich seien. Auch im Übrigen liege keine unzumutbare Härte vor im Sinne des § 26 Abs. 3 S. 1 SachenRBerG.

Mit ihrer Berufung rügen die Beklagten, dass das Landgericht erstmals in der mündlichen Verhandlung die Auffassung vertreten habe, dass die gesamte Streitangelegenheit ein Problem der Anwendung der Regeln des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes sei. Damit habe das Gericht der Klägerin über den eindeutigen Text des Kündigungsschreibens hinaus zusätzliche Gründe für eine Kündigung zugesprochen. Darüber hinaus beruhe das Urteil auf eine Rechtsverletzung. Der Pachtvertrag von 1974 habe bezüglich des streitgegenständlichen Grundstücks weiter bestanden gemäß Art. 233 § 2 a Abs. 6 bzw. 7 EGBGB. Der Pachtvertrag sei nach den Regelungen des BGB geschlossen worden und nicht nach jenen des ZGB.

Das Landgericht habe auch die dem Urteil zu Grunde liegenden Tatsachen nicht richtig festgestellt, soweit es davon ausging, dass es sich bei dem Grundstück um ein staatlich verwaltetes Grundstück gehandelt habe. Das Grundstück sei Volkseigentum gewesen.

In Abschnitt IV.2 des Vertrages vom 24. November 2003 über den Kauf des Flurstücks 203/3 seien die Parteien dahingehend verblieben, dass bezüglich des Ankaufs einer Teilfläche des Flurstücks 203/4 eine Einigung bisher nicht erfolgte. Damit sei zwingend davon auszugehen, dass das notarielle Vermittlungsverfahren bisher nicht beendet sei. Daher bestehe das Recht zum Besitz der Beklagten gemäß Artikel 233 § 2 a Abs. 1 Nr. 2 EGBGB fort. Die Ausführungen des Landgerichts zu § 26 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes seien nicht erforderlich gewesen, da dies nicht Gegenstand des Klagebegehrens gewesen sei. Im Übrigen habe das Landgericht in diesem Zusammenhang eine subjektive Wertung vorgenommen, zu der es aus eigener Sachkunde nicht in der Lage sei.

Die Beklagten beantragt,

das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 30. Mai 2006 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 30. Mai 2006 zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter näherer Darlegung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

A)

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe des Flurstücks 203/4 aus § 985 BGB. Danach hat der Eigentümer einer Sache gegen den unmittelbaren Besitzer einen Anspruch auf Herausgabe der Sache, es sei denn, dass dem Besitzer ein Recht zum Besitz der Sache im Sinne des § 986 BGB zusteht.

Den Beklagten steht kein Recht zum Besitz an dem Flurstück 203/4 im Sinne des § 986 BGB zu.

1.

Ein Recht der Beklagten zum Besitz ergibt sich nicht aus dem Pachtvertrag vom 2. Oktober 1974. Entgegen der Ansicht des Landgerichts wurde der Pachtvertrag zwar nicht durch die Regelungen der Sachenrechtsbereinigung überlagert und damit "hinfällig", denn gemäß Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 und 2 EGBGB werden bestehende Nutzungsverträge durch die Regelungen über die Sachenrechtsbereinigung nicht berührt. Der Pachtvertrag ist jedoch jedenfalls wirksam gekündigt worden.

Die Wirksamkeit der Kündigung des Pachtvertrages beurteilt sich nach §§ 542 f. i. V. m. § 581 Abs. 2 BGB. Der Vertrag wurde vor Inkrafttreten des ZGB-DDR am 1. Januar 1976 geschlossen und fiel damit zunächst unter die Regelungen des damals geltenden BGB-DDR. Gemäß § 2 Abs. 2 EGZGB-DDR war auf den Vertrag ab dem 1. Januar 1976 das ZGB-DDR anzuwenden. Aufgrund des unstreitigen Vortrags der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung, wonach sie bis Januar 1990 Pacht gezahlt haben, ist davon auszugehen, dass der Pachtvertrag nicht mit der Überführung des Flurstücks 203 in Volkseigentum gekündigt oder aufgehoben wurde. Die Tatsache, dass die Beklagten nach dem Kauf des Flurstücks 203/1 im Juni 1990 keine Pacht mehr zahlten, deutet zwar darauf hin, dass die Parteien des Pachtvertrages davon ausgegangen sein könnten, dass der Vertrag mit dem Kauf beendet war. Diese Tatsache allein reicht jedoch ohne weitere Anhaltspunkte nicht aus für die Annahme, dass der Pachtvertrag einvernehmlich aufgehoben oder gekündigt wurde. Das demnach fortbestehende Pachtverhältnis richtete sich seit dem 3. Oktober 1990 gemäß Art. 232 § 3 EGBGB wieder nach den §§ 581 ff. BGB.

Der Pachtvertrag fiel nicht in den Anwendungsbereich des SchuldRAnpG, denn weder handelte es sich um einen Pachtvertrag zum Zweck der kleingärtnerischen Nutzung, Erholung oder Freizeitgestaltung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 SchuldRAnpG, noch ist das Grundstück aufgrund des Pachtvertrages mit einem Wohnzwecken dienenden Bauwerk bebaut worden im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchuldRAnpG. Die Bebauung erfolgte vielmehr aufgrund des unter dem 29. März 1978 verliehenen Nutzungsrechts.

Es kann dahinstehen, ob und auf welche Weise die Klägerin Vertragspartei des ursprünglich mit dem VEB G... geschlossenen Pachtvertrag geworden ist, wofür die insoweit darlegungsbelasteten Beklagten nichts vorgetragen haben. Auch wenn die Klägerin in den Pachtvertrag eingetreten ist, vermittelt dieser den Beklagten gegenüber der Klägerin kein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 BGB, denn jedenfalls hat die Klägerin den Vertrag mit dem Schreiben vom 27. September 2005 wirksam fristlos gekündigt gemäß §§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 581 Abs. 2 BGB.

Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a) i. V. m. § 581 Abs. 2 BGB kann der Verpächter einen Pachtvertrag fristlos kündigen, wenn der Pächter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung des Pachtzinses oder eines nicht unerheblichen Teils des Pachtzinses in Verzug ist. Gemäß § 3 des Pachtvertrages war die jährliche Pacht jeweils zum 15. Februar eines jeden Jahres zu entrichten. Den Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 11. April 2006, wonach die Beklagten zuletzt am 2. August 2004 - dem Tag des Lastenübergangs - für das bereits von ihnen angekaufte Grundstück (Flurstück 203/3) ein Nutzungsentgelt gezahlt hätten, für das Flurstück 203/4 jedoch nichts zahlten und nichts gezahlt hätten, haben die Beklagte nicht bestritten. In der mündlichen Verhandlung am 22. März 2007 hat die Beklagte zu 2 vielmehr unwidersprochen erklärt, dass die Beklagten zuletzt im Januar 1990 Pacht für das Grundstück gezahlt haben. Damit befanden sich die Beklagten am 27. September 2005 mit der Zahlung des Pachtzinses jedenfalls für das Flurstück 203/4 für mehr als zwei aufeinander folgende Termine in Verzug. Einer Mahnung bedurfte es gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht, weil in § 3 Satz 2 des Pachtvertrages eine nach dem Kalender bestimmte Leistungszeit vereinbart war.

Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen, dass in dem Kündigungsschreiben ausgeführt wurde, die Beklagten hätten einen Pachtvertrag über das "Flurstück 203/4" geschlossen. Es war für die Beklagten ohne weiteres ersichtlich, dass der Pachtvertrag vom 2. Oktober 1974 über das damalige Flurstück 203 gemeint war, der nach ihrer eigenen Argumentation für das im Eigentum der Klägerin verbliebene Flurstück 203/4 fortgalt, nicht aber für die von den Beklagten angekauften Flurstücke 203/1 und 203/3.

2.

Die Beklagten haben auch kein Recht zum Besitz des Flurstücks 203/4 aus Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 und 3 EGBGB i. V. m. §§ 4 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG.

Dabei geht die Ansicht der Beklagten fehl, das Landgericht habe den Herausgabeanspruch nur auf der Grundlage der Kündigung des Pachtvertrages beurteilen und die Anwendung des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes (SachenRBerG) nicht prüfen dürfen. Das Gericht hat die Berechtigung des geltend gemachten Anspruchs unter sämtlichen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG). Entgegen der Ansicht der Beklagten werden damit auch nicht Kündigungsgründe eingeführt, die die Klägerin nicht geltend gemacht hat. Im Gegenteil geht es um die Prüfung, ob sich aus dem SachenRBerG nicht trotz der Kündigung des Pachtvertrages ein Recht der Beklagten zum Besitz des Flurstücks 203/4 ergibt. Letzteres ist jedoch nicht der Fall.

Gemäß Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) EGBGB galt bis zum Ablauf des 31. Dezember 1994 als zum Besitz eines Grundstücks berechtigt, wer es bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 entsprechend den Rechtsvorschriften mit Billigung staatlicher Organe mit Gebäuden oder Anlagen bebaut hat. Gemäß Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 3 EGBGB besteht das Recht zum Besitz in den in § 4 SachenRBerG genannten Fällen über den 31. Dezember 1994 bis zur Bereinigung dieser Rechtsverhältnisse nach dem SachenRBerG fort. Vorliegend handelt es sich um einen Fall des § 4 Nr. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG, denn es geht um den Bau eines Eigenheims, für den ein Nutzungsrecht im Sinne des § 287 ZGB verliehen worden war.

Hier erscheint bereits zweifelhaft, ob die Beklagten das damalige Flurstück 203/2 mit Billigung staatlicher Stellen und in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften bebaut haben. Die für die Voraussetzungen eines Rechts zum Besitz darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten haben zur Übereinstimmung der Bebauung mit den Rechtsvorschriften nichts vorgetragen. Zur Billigung staatlicher Organe haben sie nur vorgetragen, dass ihnen mit Urkunde vom 28. März 1978 ein Nutzungsrecht zum Zweck der Errichtung eines Eigenheims auf dem Flurstück 203/1 in einer Größe von 500 qm verliehen worden sei, dass sie das Wohnhaus in Ausübung dieses Rechts errichtet hätten und dass das Bauamt den Bau des heute auf dem Flurstück 203/4 gelegenen Schwimmbeckens laut Auskunft vom 28. Juni 1990 für grundsätzlich möglich gehalten habe. Aus dem Nutzungsrecht lässt sich allenfalls eine Billigung der Bebauung des Flurstücks 203/1 ablesen. Auf der im Termin am 22. März 2007 überreichten Zeichnung zur Wohnraumerweiterung ist die Lage des geplanten Gebäudes auf dem Flurstück nicht dargestellt, so dass sich auch daraus nicht auf eine Billigung der Bebauung des Flurstücks 203/2 schließen lässt.

Selbst wenn man jedoch annimmt, dass die Beklagten das damalige Flurstück 203/2 mit Billigung staatlicher Stellen mit der Terrasse und dem Schwimmbecken bebaut haben, so haben sie dennoch kein Recht zum Besitz an dem heutigen Flurstück 203/4. Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 2 EGBGB begründet ein Recht zum Besitz nur insoweit, wie die Sachenrechtsbereinigung zum Erwerb des Grundstücks oder zur Bestellung eines Erbbaurechts an diesem führen kann (vgl. BGH NJW 1997, 459). Bezüglich des Flurstücks 203/4 haben die Beklagten jedoch keine Ansprüche nach dem SachenRBerG. Es kann hier offen bleiben, ob das Flurstück 203/1 zur Zeit der Errichtung des Eigenheims und der Terrasse bereits vermessen war, wofür die ausdrückliche Nennung des Flurstücks und seiner Fläche in der Nutzungsurkunde spricht, oder ob das Flurstück 203/1 zum Zeitpunkt der Bebauung noch unvermessen war. War das Flurstück bereits vermessen, beschränken sich die Ansprüche nach der Sachenrechtsbereinigung gemäß § 21 SachenRBerG auf das Flurstück 203/1. Ansprüche aus dem SachenRBerG bezüglich des ehemaligen Flurstücks 203/2 und damit des Flurstücks 203/4 wären bereits deshalb ausgeschlossen. War das Flurstück 203/1 zur Zeit der Bebauung noch unvermessen, dann sind die Grenzen der von den Ansprüchen nach dem SachenRBerG betroffenen Grundstücksfläche gemäß § 23 SachenRBerG (Nr. 1) nach einem Bescheid über die Vermögenszuordnung, (Nr. 2) nach Vereinbarungen in Nutzungsverträgen oder (Nr. 3) dem für ein Gebäude der entsprechenden Art zweckentsprechenden, ortsüblichen Umfang oder der Funktionsfläche der baulichen Anlage zu bestimmen. Da hier ein Bescheid über die Vermögenszuordnung und auch ein Nutzungsvertrag im Zusammenhang mit dem verliehenen Nutzungsrecht an dem Flurstück 203/1 nicht vorgetragen sind, ist hier gemäß § 23 Nr. 3 1. Alt. SachenRBerG grundsätzlich der für ein Eigenheim zweckentsprechende, ortsübliche Umfang maßgeblich. Dabei muss auf die in Art. 233 § 4 Abs. 3 Satz 3 EGBGB festgelegten Maßstäbe zurückgegriffen werden, wonach bei Eigenheimen eine Fläche von nicht mehr als 500 qm von dem Nutzungsrecht umfasst ist (vgl. BT-Drs. 12/5992 Seite 123; Eickmann, SachenRBer, § 23 Rn. 15; Vossius, SachenRBerG, 2. Auflage, § 23 Rn. 4). Mit den von ihnen erworbenen Flurstücken 203/1 und 203/3 stehen den Beklagten bereits mehr als 500 qm zur Verfügung, so dass sich der in § 23 Nr. 3 1. Alt. SachenRBerG bestimmte Umfang des Nutzungsrechts nicht auf das Flurstück 203/4 erstreckt.

Es kann offen bleiben, ob sich die Ansprüche daneben gemäß § 23 Nr. 3 2. Alt. SachenRBerG über eine Fläche von 500 qm hinaus zusätzlich auf die Funktionsfläche der Terrasse als baulicher Anlage im Sinne des § 12 Abs. 3 SachenRBerG erstrecken könnte, denn die Funktionsfläche der Terrasse liegt ebenfalls auf dem Flurstück 203/3, so dass sie ein Nutzungsrecht an dem Flurstück 203/4 nicht begründet.

Da streitig ist, ob das Schwimmbecken und der Schuppen vor dem 2. Oktober 1990 errichtet wurden, und die Beklagten hierfür keinen Beweis angeboten haben, hat der Senat davon auszugehen, dass sie nach dem 2. Oktober 1990 errichtet wurden, so dass die von dem Schwimmbecken und dem Schuppen beanspruchte Funktionsfläche auf dem Flurstück 203/4 nicht von Ansprüchen nach dem SachenRBerG erfasst ist.

Selbst wenn die von dem Schuppen und dem Schwimmbecken beanspruchte Funktionsfläche gemäß § 23 Nr. 3 2. Alt. SachenRBerG grundsätzlich von dem Nutzungsrecht umfasst wäre, ist das Flurstück 203/4 von den Ansprüchen nach dem SachenRBerG ausgenommen. Die Klägerin könnte in diesem Fall gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 SachenRBerG verlangen, dass die Fläche, auf die sich die Ansprüche nach dem SachenRBerG beziehen, in der Weise abweichend von dem Umfang des Nutzungsrechts bestimmt wird, dass das Flurstück 203/4 von den Ansprüchen ausgenommen wird. Die Klägerin darf die Begrenzung der Ansprüche der Beklagten auch im Rahmen der Herausgabeklage geltend machen (vgl. BGH VIZ 1997, 653, 655 zu den Einwänden nach §§ 29 und 30 SachenRBerG).

Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SachenRBerG kann der Anspruch auf Begrenzung der Ansprüche nach dem SachenRBerG nur geltend gemacht werden, soweit eine über die Regelgröße von 500 qm hinausgehende Fläche abtrennbar und selbstständig nutzbar ist. Dies ist der Fall. Das Flurstück 203/4 ist abtrennbar und selbstständig nutzbar. Dies hat ausweislich des Vermittlungsvorschlags der Notarin Sch... der Sachverständige J... ermittelt. Auch der Vortrag der Beklagten stellt dies nicht in Frage. Ausweislich des von ihnen vorgelegten Auszugs aus dem Bebauungsplan wäre das Flurstück 203/4 unter Einhaltung einer Grundflächenzahl von 0,2 bebaubar, also mit einem Gebäude nebst weiteren baulichen Anlagen mit einer Grundfläche von insgesamt ca. 84 qm (von 422 qm). Soweit die Beklagten behaupten, die Bebaubarkeit des Flurstücks 203/4 sei durch die einzuhaltenden Abstandsflächen zu ihrem Haus beschränkt, ist dies durch den amtlichen Lageplan vom 3. März 2005 widerlegt, aus dem sich ergibt, dass die Abstandsflächen sämtlich auf den Flurstücken 203/1 und 203/3 liegen. Eine von den Beklagten behauptete Baulast zugunsten des Flurstücks 202 ist in dem Lageplan nicht eingetragen und auch nicht in anderer Weise unter Beweis gestellt.

Die Beklagten dürften der Begrenzung ihrer Ansprüche gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 SachenRBerG widersprechen, wenn sie zu einer unzumutbaren Härte führte. Sofern man hier die gesamte Fläche des ursprünglichen Flurstücks 203 von 1096 qm als maßgeblich ansieht, weil dieses gesamte Flurstück in unvermessenem Zustand von den Beklagten bebaut wurde, wäre ein solches Widerspruchsrecht der Beklagten bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Gesamtgröße der von dem Nutzungsrecht tatsächlich betroffenen Fläche über 1.000 qm hinausgeht.

Auch wenn man nur auf das ehemalige Flurstück 203/2 mit seiner Fläche von ca. 600 qm abstellt, könnten die Beklagten der Begrenzung ihrer Ansprüche nicht widersprechen. Wie das Landgericht zutreffend ausführt, ist von einer unzumutbaren Härte nicht auszugehen. Insbesondere ist § 26 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SachenRBerG nicht erfüllt, wonach eine solche Härte insbesondere dann vorliegt, wenn die abzutrennende Teilfläche mit einem Bauwerk bebaut worden ist, das a) den Wert der Nutzung des Eigenheims wesentlich erhöht oder b) für den vom Nutzer ausgeübten Beruf unentbehrlich ist und für das in der Nähe mit einem für den Nutzer zumutbaren Aufwand kein Ersatz bereitgestellt werden kann. Dafür, dass der auf dem Flurstück 203/4 stehende Schuppen und das Schwimmbecken den Wert des Wohnhauses wesentlich erhöhten, ist nichts vorgetragen. Auch ist nicht vorgetragen, dass die Baulichkeiten für den Beruf der Beklagten unentbehrlich wären. Daraus, dass die Beklagten das Schwimmbecken sowie den Schuppen entfernen und einen Teil der Terrasse zurückbauen und neu gestalten müssten, ergibt sich keine unzumutbare Härte. Dafür, dass der von ihnen behauptete finanzielle Aufwand für den Rückbau für sie unzumutbar wäre, ist nichts dargelegt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in diese Betrachtung nur Kosten für den Rückbau der auf dem Flurstück 203/4 aufstehenden Baulichkeiten und Anpflanzungen einzustellen sind, denn nur diese sind notwendig durch die Räumung des Flurstücks verursacht. Die Wiedererrichtung des Schwimmbeckens und der Teichanlage (Pos. 1.11 und 1.12 des Angebots der Landschafts- und Gartengestaltung M... GmbH vom 3. Mai 2006 und Pos. 002 bis 008 des Angebots der Firma I... vom 2. Mai 2006) sind für die Räumung nicht notwendig. Die so bestimmten Kosten der Räumung belaufen sich auf der Basis der Darstellung der Beklagten auf ca. 6.850 Euro (vgl. die übrigen Positionen der zitierten Angebote). Dieser Aufwand erscheint nicht ohne weiteres als unzumutbare Härte im Sinne des § 26 Abs. 3 Satz 1 SachenRBerG. Entgegen der Ansicht der Beklagten hat das Landgericht dabei auch keine Wertung vorgenommen, zu der es mangels eigener Sachkunde nicht in der Lage gewesen wäre. Die Bewertung, ob die tatsächlichen Folgen der Begrenzung der Ansprüche nach dem SachenRBerG das Tatbestandsmerkmal der unzumutbaren Härte im Sinne des § 26 Abs. 3 SachenRBerG erfüllen, ist Aufgabe des Gerichts, denn es handelt sich um die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs. Dagegen war eine sachverständige Bewertung der tatsächlichen Folgen der Begrenzung der Ansprüche der Beklagten nicht erforderlich, weil auch auf der Basis des Vortrags der Beklagten eine unzumutbare Härte nicht festzustellen ist.

Dass der Beklagte zu 1 nach Behauptung der Beklagten an einer Hautkrankheit leidet, zu deren Linderung er das Schwimmbecken benutzen muss, begründet ebenfalls keine unzumutbare Härte, weil das Schwimmbecken, wie sich aus den eingereichten Fotografien ergibt, verhältnismäßig leicht umzusetzen ist und weiter benutzt werden kann.

Da die Beklagten somit bezüglich des Flurstücks 203/4 keine Ansprüche nach dem SachenRBerG geltend machen können, ist unerheblich, ob das notarielle Vermittlungsverfahren fortdauert, wie die Beklagten meinen. Da Art. 233 § 2 a Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) EGBGB i. V. m. dem SachenRBerG nur insoweit ein Recht zum Besitz begründet, als dem Nutzer Ansprüche nach dem SachenRBerG zustehen können, kann das Vermittlungsverfahren als solches kein Recht zum Besitz begründen, wenn im Rahmen der Herausgabeklage inzident festgestellt wird, dass Ansprüche nach dem SachenRBerG nicht bestehen.

3.

Andere Tatsachen, aus denen sich ein Recht der Beklagten zum Besitz des Flurstücks 203/4 ergeben könnte, haben die Beklagten nicht vorgetragen.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

C.

Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz wird gemäß §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 6 ZPO festgesetzt auf 33.760,00 Euro entsprechend dem Wert des herausverlangten Flurstücks.

Ende der Entscheidung

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