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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 26.04.2007
Aktenzeichen: 5 U 116/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 433 Abs. 1
BGB § 437
BGB § 536 a Abs. 2
BGB § 631 Abs. 1
BGB § 633 Abs. 1
BGB § 634 Nr. 2
BGB § 637
ZPO § 246 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 116/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 26. April 2007

verkündet am 26. April 2007

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 5. April 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt, die Richterin am Oberlandesgericht Kiepe und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger zu 1. und 2. gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 6. Juni 2006 - Az.: 13 O 319/05 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger zu je 1/2.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 16.437,40 €.

Gründe:

I.

Die Kläger machen wegen angeblich arglistig verschwiegener Mängel an dem von ihnen von den Beklagten mit notariellem Kaufvertrag vom 24. September 2002 erworbenem Hausgrundstück Ansprüche auf Zahlung eines Vorschusses zur Beseitigung dieser Mängel geltend. Weiter begehren sie die Feststellung, dass die Beklagten darüber hinaus zur Erstattung weiterer Mängelbeseitigungskosten verpflichtet sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, auf die Frage eines wirksamen Haftungsausschlusses in dem Kaufvertrag vom 24. September 2002 komme es nicht an, weil die Kläger einen Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses nicht geltend machen könnten. Ein solcher Anspruch setze ein Recht zur Selbstvornahme voraus, das nach den kaufvertraglichen Gewährleistungsregeln nicht bestünde. Eine Umdeutung des klägerischen Begehrens in einen Schadensersatzanspruch komme nicht in Betracht, weil die Kläger trotz entsprechenden Hinweises weiter ausdrücklich einen Vorschussanspruch geltend gemacht hätten. Es komme daher nicht darauf an, dass sich aus dem Vortrag der Kläger darüber hinaus nicht zwingend folgern lasse, dass den Beklagten das Vorliegen von Mängeln hätte bekannt sein müssen.

Gegen das ihnen am 9. Juni 2006 zugestellte Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) haben die Kläger mit am 6. Juli 2006 bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist, mit am 8. September 2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens machen die Kläger weiterhin ausdrücklich einen Anspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses geltend.

Die Kläger zu 1. und 2. beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 6. Juni 2006 - Az.: 13 O 319/05 -

1. die Beklagten zu verurteilen, an sie einen Vorschuss für die Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden im Keller des Hauses ... Weg 8, W... in Höhe von 11.366,65 € nebst 5 % Zinsen über Basiszinssatz seit dem 13. Mai 2005 zu zahlen,

2. die Beklagten zu verurteilen, an sie einen Vorschuss für die Beseitigung der Schäden am Dach des Hauses ... Weg 8, W... in Höhe von 3.576,44 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13. Mai 2005 zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagten an die Kläger einen über den Betrag von 11.366,65 € hinausgehenden Betrag für die Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden am Haus ... Weg 8, W... nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen haben und

4. festzustellen, dass die Beklagten an die Kläger einen über den Betrag von 3.576,44 € hinausgehenden Betrag für die Beseitigung der Schäden am Dach des Hauses ... Weg 8, W... nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen haben.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung der Kläger zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens die angefochtene Entscheidung.

II.

Die Berufung der Kläger zu 1. und 2. ist zulässig, sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517, 519, 520 ZPO). In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.

1.

In dem notariellen Kaufvertrag vom 24. September 2002 ist in § 6 Ziffer 4 die Haftung des Verkäufers für Sachmängel des Gebäudes ausgeschlossen; gleichzeitig haben die Beklagten erklärt, dass ihnen verdeckte Mängel nicht bekannt sind.

Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit dieser Haftungsbeschränkung sind nicht ersichtlich, so dass es darauf ankommt, ob die Beklagten bei Abschluss des Kaufvertrages ihnen bekannte Mängel arglistig verschwiegen haben (§ 444 BGB). Von einem arglistigen Verschweigen kann - bezogen auf den konkreten Sachverhalt - nur ausgegangen werden, wenn die von den Klägern behaupteten versteckten Mängel im Keller und am Dach des Hauses den Beklagten bei Abschluss des Kaufvertrages positiv bekannt waren.

a)

Soweit das Landgericht in seiner Hilfsbegründung davon ausgegangen ist, die Kläger hätten einen den Beklagten bekannt versteckten Mangel eines feuchten Kellers schon nicht dargelegt, so sind dadurch die Anforderungen an einen hinreichend substantiierten Sachvortrag überspannt worden.

Die Kläger haben bereits in erster Instanz dargelegt und unter Beweis gestellt, die Beklagten hätten schon seit Jahren Probleme mit dem feuchten Keller gehabt, dieser habe - in der Vergangenheit - ständig muffig gerochen und sei regelmäßig geweißt worden. Dass den Beklagten dieses Problem bekannt gewesen sei, zeige sich daran, dass im Bereich einer Außenwand nachträglich eine Noppenbahn - allerdings falsch herum - angebracht worden sei. Die Beklagten hätten weiter versucht, die Mängel dadurch zu verdecken, dass sie den Keller regelmäßig, auch kurz vor dem Verkauf des Hauses, geweißt hätten und unterhalb des Eingangsbereiches in den Kellerräumen vor die eigentliche Kellerwand eine Trockenbauwand montiert und mit Lüftungsgittern versehen hätten. Die Feuchtigkeitsschäden wären dann im Jahre 2005 erkennbar durch Ablösen von Putz und Farbe sowie durch vorwölbende Trockenbauwand zu Tage getreten.

Dieser gesamte zwar bestrittene, aber unter Beweis gestellte Vortrag reicht aus, um in dem Fall, dass er sich in der Beweisaufnahme bestätigen sollte, von einem arglistigen Verschweigen eines Mangels ausgehen zu können.

b)

Zutreffend ist allerdings die Ansicht des Landgerichts, hinsichtlich des arglistigen Verschweigens von Mängeln an der Dacheindeckung fehle es an einem hinreichend konkreten Vortrag der Kläger.

Dieser Mangel soll darin bestehen, dass vor Abschluss des Kaufvertrages Dachpappe neu aber unsachgemäß verlegt worden sei, weil altes Material nicht vollständig entfernt worden sei und deswegen die Dachpappe Blasen und Wellen schlage und sich teilweise löse.

Selbst wenn, wie die Kläger dies behaupten, die Dachpappe von den Beklagten oder einer Fachfirma unsachgemäß verlegt worden sein sollte, sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass den Beklagten dieser Mangel, der erst später von Außen erkennbar gewesen ist, bei Abschluss des Vertrages bekannt war.

2.

Gleichwohl steht den Klägern der geltend gemachte Kostenvorschuss, den sie auch nach entsprechenden Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vom 5. April 2007 ausdrücklich weiterhin als einen solchen Vorschussanspruch geltend machen, nicht zu. Ein solcher Vorschussanspruch besteht bereits aus Rechtsgründen nicht.

a)

Das Recht des Gläubigers, vom Schuldner einen Kostenvorschuss für die Beseitigung von Mängeln verlangen zu können, ist in den gesetzlich geregelten Fällen bzw. in den von der Rechtsprechung anerkannten Fällen mit dem Recht verknüpft, einen Mangel selbst auf Kosten des Schuldners zu beseitigen. Ein solches Recht besteht nach den kaufvertraglichen Gewährleistungsregeln aber im Falle eines Kaufvertrages gerade nicht. Im Unterschied zu den Regelungen in den §§ 634 Nr. 2, 637 BGB bzw. § 536 a Abs. 2 BGB sieht das kaufvertraglich reformierte Gewährleistungsrecht in § 437 BGB gerade nicht das Recht des Käufers vor, den Mangel auf Kosten des Verkäufers selbst beseitigen zu lassen. Grund hierfür sind die unterschiedlichen Hauptpflichten des Verkäufers einerseits und des Werkunternehmers bzw. Vermieters andererseits. Der Verkäufer schuldet nach § 433 Abs. 1 BGB lediglich die Verschaffung von Besitz und Eigentum an der verkauften Sache. Demgegenüber schuldet der Werkunternehmer nach §§ 631 Abs. 1, 633 Abs. 1 BGB die Herstellung des versprochenen - mangelfreien - Werkes und der Vermieter die Überlassung der Mietsache in einem zu vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand. Demgemäß können Besteller und Mieter die Herstellung bzw. Überlassung einer mangelfreien Sache verlangen, der Käufer dagegen nicht. Beim Kaufvertrag hat der Verkäufer lediglich das Recht, im Wege der Nacherfüllung den Mangel zu beseitigen, um so den Kaufpreis noch zu verdienen, ohne dass diesem Recht ein Anspruch des Käufers auf Beseitigung des Mangels gegenübersteht. Dieser unterschiedlichen Pflichtenlage entspricht es, das Mieter und Besteller einen Mangel auf Kosten des Vertragspartners beseitigen lassen können, der Verkäufer dagegen nicht. Dieser ist darauf verwiesen, die kaufvertraglichen Rechte geltend zu machen, die aber in Form der Minderung, des Rücktritts und des Schadensersatzes aber andererseits seine Rechte auch hinreichend wahren. Für eine analoge Einräumung eines Selbstvornahmerechts mit einem damit korrespondierenden Vorschussanspruch ist mangels Regelungslücke daher kein Raum (so ausdrücklich BGH NJW 2005, 1348, 1349).

b)

Ein solcher Anspruch lässt sich - entgegen der Auffassung der Kläger in der Berufungsbegründung - auch nicht damit begründen, ein Vorschussanspruch sei als ein "weniger" in einem Schadensersatzanspruch enthalten.

Wirtschaftlich kann ein Anspruch auf Kostenvorschuss zwar auf das gleiche Ziel gerichtet sein wie ein Schadensersatzanspruch, rechtlich entscheidend bleibt aber, dass die Voraussetzung für beide Ansprüche unterschiedlich sind. So setzt etwa der Vorschussanspruch kein Verschulden voraus, andererseits ist ein Schadensersatzanspruch nicht auf die reine Mangelbeseitigungskosten beschränkt, diese sind in der Regel nur ein Teil des entstandenen Schadens; Vorschusszahlung und Schadensersatzanspruch haben danach gerade keinen einheitlichen Streitgegenstand (m.w.N. Münchener Kommentar/Busche, § 637 BGB Rn. 25). Damit steht den Klägern den geltend gemachten Vorschussanspruch weder wegen der behaupteten Mängel am Keller noch wegen der behaupteten Mängel am Dach zu.

3.

Ohne Erfolg bleiben demgemäß auch die Feststellungsanträge hinsichtlich der behaupteten Mängel am Keller und am Dach des Hauses. Es kommt danach nicht darauf an, dass es für einen solchen Feststellungsantrag darüber hinaus an dem erforderlichen Feststellungsinteresse im Sinne von § 246 Abs. 1 ZPO fehlt, weil nicht ersichtlich ist, dass ein Anspruch wegen der Mängel an Keller und Dach nicht beziffert werden könnte.

4.

Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Ende der Entscheidung

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