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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 11.11.2004
Aktenzeichen: 5 U 128/03
Rechtsgebiete: BGB, VerkFlBerG, KrW-/AbfG


Vorschriften:

BGB § 830 Abs. 1 S. 2
BGB § 1004
VerkFlBerG § 1 Abs. 1 S. 1
VerkFlBerG § 1 Abs. 1 S. 4
VerkFlBerG § 9 Abs. 1 S. 4
VerkFlBerG § 9 Abs. 1 S. 1
VerkFlBerG § 9 Abs. 2
VerkFlBerG § 9 Abs. 2 S. 2
VerkFlBerG § 9 Abs. 2 S. 3
VerkFlBerG § 9 Abs. 2 S. 4
VerkFlBerG § 9 Abs. 2 S. 5
KrW-/AbfG § 35 Abs. 2
KrW-/AbfG § 36
KrW-/AbfG § 36 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 128/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 11.11.2004

Verkündet am 11.11.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2004 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 30. September 2003 - Az.: 6 O 506/99 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.278.229,70 EUR

Gründe:

Die Parteien streiten um die Pflicht der Beklagten, eine auf den Grundstücken der Klägerin Gemarkung ..., Flur 1, Flurstücke 18/3 und 18/5 mit einer Fläche von 2 ha, eingetragen im Grundbuch von ..., Blatt 370 und Blatt 1013 befindliche Mülldeponie zu beseitigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der tatsächlichen Feststellungen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klageabweisung im Wesentlichen damit begründet, dass für die Zeit seit dem 17. Mai 1990 einer möglichen Beseitigungspflicht der Umstand entgegenstehe, dass die Beklagte nicht Rechtsnachfolgerin des ehemaligen Rates des Kreises L... sei. Eine analoge Anwendung des § 830 Abs. 1 S. 2 BGB komme gleichfalls nicht in Betracht. Soweit vor dem 17. Mai 1990 bereits Müll abgelagert worden sei, könne die Beklagte deswegen nicht in Anspruch genommen werden, weil der Umfang ihrer Haftung nicht feststehe. Es sei auch nicht Sache der Beklagten gewesen, den Umfang des ihr zurechenbaren Anteils an den Müllablagerungen darzulegen; es sei vielmehr grundsätzliche Sache des Eigentümers, die Person des Störers und den Umfang der Störung darzulegen.

Gegen das ihr 27. Oktober 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 19. November 2003 bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - mit am 12. Februar 2004 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Klägerin beantragt,

1. Das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 30. September 2003, Az.: 6 O 506/99, wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

a)

Die Beklagte wird verurteilt, von dem Grundstück der Klägerin, eingetragen im Grundbuch von ..., Grundbuchblatt 370 und 1013, Flur 1, Flurstücke 18/3 und 18/5 sämtlichen dort abgelagerten Müll (Schutt, Hausmüll, Altmetalle usw.) zu entfernen.

b)

Die Beklagte wird weiter verurteilt, nach Entfernung des auf dem Grundstück der Klägerin, eingetragen im Grundbuch von..., Grundbuchblatt 370 und 1013, Flur 1, Flurstücke 18/3 und 18/5, abgelagerten Mülls (Schutt, Hausmüll, Altmetalle usw.) auf eigene Kosten einen gerichtlich vereidigten und zugelassenen Sachverständigen mit der Prüfung des Erdreichs des Grundstücks der Klägerin auf Schadstoffe (Kontaminationen) und der Ermittlung notwendiger Maßnahmen zur Beseitigung vorgefundener Schadstoffe (Kontaminationen) sowie der Entsorgung des schadstoffbelasteten (kontaminierten) Erdreichs zu beauftragen und dieses der Klägerin vorzulegen.

c)

Die Beklagte wird weiter verurteilt, die sich aus dem einzuholenden Sachverständigengutachten ergebenden Maßnahmen zur Beseitigung und Entsorgung der Schadstoffe (Kontaminationen) bzw. des schadstoffbelasteten (kontaminierten) Erdreichs auf eigene Kosten durchzuführen.

d)

Hilfsweise zu lit. b) und c), die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den Kosten der Einholung des Sachverständigengutachtens gemäß lit. b) und der sich aus diesem ergebenden Maßnahmen gemäß lit. c) freizustellen.

2. Hilfsweise wird beantragt, das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 30. September 2003, Az.: 6 O 506/99, teilweise abzuändern und wie folgt neu zu fassen:

a)

Die Beklagte wird verurteilt, von dem Grundstück der Klägerin, eingetragen im Grundbuch von ..., Grundbuchblatt 370 und 1013m Flur 1, Flurstücke 18/3 und 18/5 sämtlichen dort abgelagerten Müll (Schutt, Hausmüll, Altmetalle usw.) zu 90% entfernen.

b)

Die Beklagte wird weiter verurteilt, nach Entfernung des auf dem Grundstück der Klägerin, eingetragen im Grundbuch von ..., Grundbuchblatt 370 und 1013, Flur 1, Flurstücke 18/3 und 18/5, abgelagerten Mülls (Schutt, Hausmüll, Altmetalle usw.) auf eigene Kosten einen gerichtlich vereidigten und zugelassenen Sachverständigen mit der Prüfung des Erdreichs des Grundstücks der Klägerin auf Schadstoffe (Kontaminationen) und der Ermittlung notwendiger Maßnahmen zur Beseitigung vorgefundener Schadstoffe (Kontaminationen) sowie der Entsorgung des schadstoffbelasteten (kontaminierten) Erdreichs zu beauftragen und dieses der Klägerin vorzulegen.

c)

Die Beklagte wird weiter verurteilt, die sich aus dem einzuholenden Sachverständigengutachten ergebenden Maßnahmen zur Beseitigung und Entsorgung der Schadstoffe (Kontaminationen) bzw. des schadstoffbelasteten (kontaminierten) Erdreichs zu 90% auf eigene Kosten durchzuführen.

d)

Hilfsweise zu lit. b) und c), die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu 90% von den Kosten der Einholung des Sachverständigengutachtens gemäß lit. b) und der sich aus diesem ergebenden Maßnahmen gemäß lit. c) freizustellen.

3.

Weiter hilfsweise wird beantragt, das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 30. September 2003, Az. 6 O 506/99, abzuändern und wie folgt neu zu fassen:

a)

Die Beklagte wird verurteilt, von dem Grundstück der Klägerin, eingetragen im Grundbuch von ..., Grundbuchblatt 370 und 1013m Flur 1, Flurstücke 18/3 und 18/5, 8.500 m³ des dort abgelagerten Mülls (Schutt, Hausmüll, Altmetalle usw.) und 4.300 m² Wildbewuchs (Sträucher, Büsche, Wurzelstöcke usw.) zu entfernen.

b)

Die Beklagte wird weiter verurteilt, nach Entfernung des auf dem Grundstück der Klägerin, eingetragen im Grundbuch von ..., Grundbuchblatt 370 und 1013, Flur 1, Flurstücke 18/3 und 18/5, abgelagerten Mülls (Schutt, Hausmüll, Altmetalle usw.) 90% der Kosten für ein von einem gerichtlich vereidigten und zugelassenen Sachverständigen zu erstellendes Gutachten zur Prüfung des Erdreichs des Grundstücks der Klägerin auf Schadstoffe (Kontaminationen) und der Ermittlung notwendiger Maßnahmen zur Beseitigung der Schadstoffe (Kontaminationen) bzw. Entsorgung des schadstoffbelasteten (kontaminierten) Erdreichs zu tragen bzw. die Klägerin in diesem Umfang von diesen freizustellen.

c)

Die Beklagte wird weiter verurteilt, die Kosten der sich aus dem einzuholenden Sachverständigengutachten ergebenden Maßnahmen zur Beseitigung der Schadstoffe (Kontaminationen) und Entsorgung des schadstoffbelasteten (kontaminierten) Erdreichs zu 90% zu tragen bzw. die Klägerin von diesen Kosten freizustellen.

4.

Weiter hilfsweise wird beantragt, das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 30. September 2003, Az.: 6 O 506/99, abzuändern und wie folgt neu zu fassen:

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von allen Kosten der Beseitigung des auf dem Grundstück der Klägerin, eingetragen im Grundbuch von ..., Grundbuchblatt 370 und 1013, Flur 1, Flurstücke 18/3 und 18/5, abgelagerten Mülls (Schutt, Hausmüll, Altmetalle usw.), der Einholung eines Gutachtens eines gerichtlich vereidigten und zugelassenen Sachverständigen zur Prüfung des Erdreichs des Grundstücks der Klägerin auf Schadstoffe (Kontaminationen) und Ermittlung notwendiger Maßnahmen zur Beseitigung des schadstoffbelasteten (kontaminierten) Erdreichs sowie der Durchführung der sich aus dem Gutachten ergebenden Maßnahmen freizustellen.

5.

Äußerst hilfsweise wird beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 490.000,00 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 14. Januar 1998 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Auch die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517, 519, 520 ZPO); in der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.

Die Klägerin kann von der Beklagten weder ganz noch teilweise die Beseitigung der auf ihren Grundstücken befindlichen Deponie, wie sie mit den Anträgen zu 1. bis 4. begehrt wird, verlangen noch steht ihr ein Anspruch auf Schadensersatz zu (Antrag zu 5.).

A)

Ob und inwieweit den Ansprüchen der Klägerin auf Beseitigung der Deponie entgegensteht, dass die Beklagte nicht Rechtsnachfolgerin nach dem Rat der Gemeinde L... ist beziehungsweise nicht Betreiberin der Deponie ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung.

1. Die Beklagte ist allerdings nicht Gesamtrechtsnachfolgerin nach dem Rat der Gemeinde L....

Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung sind die jeweiligen Gemeinden und Kreise nicht Gesamtrechtsnachfolger der ehemaligen Räte der Gemeinden und Kreise geworden. Bei den neuen Gemeinden und Kreisen handelt es sich um neu errichtete Gebietskörperschaften, die durch das Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR vom 17. Mai 1990 (GBl. DDR I, 255) errichtet wurden; demgegenüber waren die Räte der Gemeinden und Kreise gerade keine selbständigen Träger öffentlicher Verwaltung, sondern Organe des Zentralstaates (BGH VIZ 1995, 171 ff. und BGH VIZ 1997,379, 380 f.).

2. Die Voraussetzungen der Funktionsnachfolge sind ebenfalls nicht gegeben. Der Haftungsgrund der Funktionsnachfolge wurde von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches in Betracht gezogen, um dringende Ansprüche durchzusetzen, deren Befriedigung wegen ihres öffentlich-rechtlichen Charakters nicht aufgeschoben werden konnte, ohne dass der Berechtigte oder die Rechtsordnung Schaden erlitten hätten (BGHZ 36, 245, 249).Weitere grundlegende Voraussetzung ist, dass der neue Funktionsträger die gleichen oder doch überwiegend gleichen Funktionen ausübt wie sein Vorgänger (BGH VIZ 1995, 171, 173).

Vorliegend fehlt es für eine Funktionsnachfolge bereits an der Voraussetzung des von der Rechtsprechung geforderten "gesetzlichen Notstandes". Es ist nicht ersichtlich, dass es sich bei den geltend gemachten Ansprüchen auf Beseitigung der Deponie um solche handelt, deren Durchsetzung wegen ihres öffentlich-rechtlichen Charakters nicht aufgeschoben werden könnte, ohne dass die Rechtsordnung Schaden erlitte.

3. Ernsthaft in Betracht käme allenfalls die Möglichkeit einer Einzelrechtsnachfolge.

Eine solche Einzelrechtsnachfolge kann sich allein daraus ergeben, dass die Beklagte die Grundstücke nach Inkrafttreten der Kommunalverfassung an Stelle des Rates der Gemeinde in gleicher Weise tatsächlich genutzt hat und damit in die vom Rat der Gemeinde ausgeübte Nutzung eingetreten und an dessen Stelle Pächterin des Grundstückes geworden ist.

Voraussetzung hierfür wäre allerdings, dass die Beklagte die Deponie tatsächlich weiterbetrieben hat. Dies ist durchaus nicht zweifelsfrei, denn die Klägerin trägt in diesem Zusammenhang lediglich pauschal vor, die Beklagte habe die streitbefangenen Grundstücke als Mülldeponie insbesondere für Bauschutt genutzt (GA 3). Demgegenüber hat die Beklagte bereits in I. Instanz vorgetragen (GA 149), dass die Deponie durch die Einwohner im Gebiet der Verwaltungsgemeinschaft L... weiter genutzt worden sei, ohne dass die Beklagte dies gefördert oder in Bezug auf die Ablagerung sonstige Tätigkeiten entfaltet hätte. Von einer Betreibereigenschaft könnte nach dem gegenwärtigen Sachstand daher allenfalls dann ausgegangen werden, wenn in dem Dulden der Ablagerung von Müll das Betreiben einer Anlage zu sehen wäre, wovon das Landgericht ausgegangen ist. Dem könnte allerdings bereits entgegenstehen, dass seit dem Inkrafttreten des Vorschaltgesetzes zum Abfallgesetz des Landes Brandenburg vom 20. Januar 1992 nach dessen § 3 Abs. 1 die Landkreise und die kreisfreien Städte für die Abfallentsorgung zuständig sind, nicht aber kreisangehörige Gemeinden wie die Beklagte. In diesem Zusammenhang käme es dann weiter auf die Frage an, ob die Deponie noch zu Zeiten der DDR genehmigt worden ist und die Klägerin schon aus diesem Grund gehalten ist, den gegenwärtigen Zustand der Grundstücke zu dulden.

B)

Die vorgenannten Fragen bedürfen - wie bereits ausgeführt - keiner abschließenden Entscheidung, denn die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Beseitigung der Deponie sind schon deswegen ausgeschlossen, weil die Beklagte - unterstellt sie ist Betreiberin der Deponie - nach § 9 Abs. 1 S. 4 VerkFlBerG zum Besitz der streitgegenständlichen Grundstücke berechtigt ist, soweit diese tatsächlich als Deponie in Anspruch genommen werden; die Klägerin ist im Gegenzug auf die Geltendmachung von Nutzungsentgeltansprüchen nach § 9 Abs. 1 S. 1 VerkFlBerG beschränkt.

1. Der Anwendungsbereich des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes ist eröffnet. Nach § 1 Abs. S. 1 VerkFlBerG gilt dieses Gesetz für Grundstücke privater Eigentümer, die zwischen dem 9. Mai 1945 und dem 3. Oktober 1990 für die Erfüllung zumindest einer sonstigen Verwaltungsaufgabe (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VerkFlBerG) tatsächlich in Anspruch genommen worden sind, einer Verwaltungsaufgabe noch dienen und wenigstens mit einer sonstigen baulichen Anlage bebaut worden sind.

a) Die Grundstücke der Klägerin wurden spätestens 1989 und damit zwischen dem 9. Mai 1945 und dem 3. Oktober 1990 als Deponie genutzt. Die Frage der Genehmigung der Anlage spielt für die Anwendbarkeit des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes keine Rolle, es genügt die tatsächliche Inanspruchnahme eines Grundstücks. Die rechtliche Qualität der Begründung der Inanspruchnahme ist unerheblich. Erfasst sind damit auch sämtliche Fälle, in denen ihr ein unwirksames Rechtsgeschäft, ein rechtswidriger Verwaltungsakt, ein nichtiger Verwaltungsakt oder gar kein Rechtsakt zugrunde lag (Matthiessen, in: Kimme: Offene Vermögensfragen, Bd. III, § 1 VerkFlBerG Rz. 7).

b) Die Grundstücke der Klägerin sind auch mit einer sonstigen baulichen Anlage bebaut. Als solche baulichen Anlagen gelten nach § 1 Abs. 1 S. 4 VerkFlBerG neben Absetzteichen und vergleichbaren Anlagen ausdrücklich auch Deponien.

c) Die Grundstücke müssen, um dem Geltungsbereich des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes zu unterfallen, nach wie vor einer Verwaltungsaufgabe dienen. Im Hinblick darauf, dass das Gesetz auch Konstellationen regelt, in denen die öffentliche Nutzung zwischenzeitlich aufgegeben worden ist (§ 9 Abs. 2 VerkFlBerG), muss man diese zeitliche Begrenzung der Anwendbarkeit des Gesetzes dahingehend verstehen, dass das Grundstück zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes am 1. Oktober 2001 zu öffentlichen Zwecken genutzt worden sein muss. Wurde die Nutzung dagegen vor diesem Zeitpunkt aufgegeben, ist das Rechtsverhältnis zwischen öffentlichem Nutzer und Eigentümer nach den allgemeinen Vorschriften abzuwickeln (vgl. Matthiessen, a.a.O., Rz. 10).

Die Deponie auf den Grundstücken der Klägerin wurde zwar unstreitig Mitte 1992 eingezäunt und wird seit dieser Zeit zur Ablagerung von Abfällen nicht mehr genutzt. Gleichwohl diente die Deponie am 1. Oktober 2001, als das Verkehrsflächenbereinigungsgesetz in Kraft trat, noch einer Verwaltungsaufgabe. Bei Deponien besteht nämlich insoweit eine Besonderheit, als die öffentliche Nutzung nicht mit dem Tag endet, an dem die Deponie für weitere Ablagerungen geschlossen wird. Vielmehr ergibt sich aus der auf Dauer angelegten Aufgabe, eine gemeinwohlverträgliche Endablagerung von Abfällen sicherzustellen, eine fortdauernde Inanspruchnahme zu öffentlichen Zwecken; aus § 36 Abs. 2 KrW-/AbfG trifft den Betreiber der Deponie eine entsprechende Nachsorgepflicht.

Die Vorschrift des § 36 Abs. 2 KrW-/AbfG ist auf den vorliegenden Sachverhalt ohne weiteres anwendbar. Die Vorschrift - insbesondere die Stillegungs- und Nachsorgeregelungen der Absätze 1 und 2 - gelten für Deponien im Sinne von § 35 Abs. 2 KrW-/AbfG, d. h. auch für Deponien, die in den neuen Bundesländern vor dem 1. Juli 1990 - dem Tag, an dem auf dem Gebiet der neuen Bundesländer nach dem Umweltrahmengesetz das damals geltende Abfallgesetz in Kraft getreten ist - betrieben worden sind. Da dem Regelungsbereich des § 36 KrW-/AbfG auch illegale Deponien unterfallen, die bislang lediglich geduldet worden sind (vgl. dazu BVerWG DVBl 1996,38; Beckmann, in: Landmann/Rohmer, UmweltR Bd. III, § 36 Krw-/AbfG Rz. 18) gilt die Vorschrift auch für die streitgegenständliche Deponie, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob für die Deponie eine Genehmigung vorlag oder nicht.

Da sich die Nachsorgemaßnahmen vorliegend bislang auf das Einzäunen des Geländes beschränkt haben und es auch an der Feststellung einer endgültigen Stillegung durch die zuständige Aufsichtsbehörde (§ 36 Abs. 3 KrW-/AbfG) fehlt, besteht die Nachsorgepflicht für die auf den Grundstücken der Klägerin befindliche Deponie gegenwärtig noch fort; damit dienen die Grundstücke nach wie vor noch einer Verwaltungsaufgabe.

Selbst wenn - wofür gegenwärtig nichts ersichtlich ist - die öffentliche Nutzung nach dem 1. Oktober 2001 aufgegeben worden wäre, könnte die Klägerin die geltend gemachte Beseitigung nicht verlangen. Einem entsprechenden Anspruch aus § 1004 BGB stünde die Vorschrift des § 9 Abs. 2 VerkFlBerG entgegen; die Klägerin wäre auf die Geltendmachung der Rechte nach § 9 Abs. 2 S. 2 bis 5 VerkFlBerG beschränkt.

2. Der Anwendbarkeit des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes steht § 1 Abs. 2 Nr. 2 dieses Gesetzes, nicht entgegen.

Eine Inanspruchnahme zu einem vorübergehenden Zweck ist danach nur dann gegeben, wenn ein Miet-, Pacht- oder sonstiger Nutzungsvertrag die Grundlage der Nutzung ist und sich die Parteien auf einen nur vorübergehenden Charakter der öffentlichen Nutzung verständigt haben. Jedenfalls an einer Verständigung über einen nur vorübergehenden Charakter der öffentlichen Nutzung fehlt es vorliegend, denn der Betrieb einer Mülldeponie ist bereits seiner Natur nach auf Dauer angelegt. Entsprechende Abreden über eine vorübergehende Nutzung werden von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Dann muss es aber jedenfalls dann, wenn eine bauliche Anlage auf der Grundlage eines solchen Vertrages errichtet worden ist und der Vertrag keine ausdrückliche oder stillschweigende zeitliche Einschränkung enthält, bei der Anwendbarkeit des Verkehrsflächenbereinigungsgesetzes verbleiben. (so zutreffend Matthiessen, a.a.O., § 1 VerkFlBerG Rz. 23).

3. Findet danach das Verkehrsflächenbereinigungsgesetz auf den vorliegenden Fall Anwendung, so steht - wie bereits ausgeführt - dem Betreiber der Deponie ein Recht zum Besitz zu mit der Folge, dass die Klägerin die Beseitigung der Deponie, wie sie mit dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen geltend gemacht wird (Anträge zu 1. bis 4.), nicht verlangen kann. Dies gilt auch, soweit die Klägerin den Klageanspruch auf deliktische Vorschriften stützt.

C)

Soweit die Klägerin mit dem Hilfsantrag zu 5. einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 490.000,00 EUR geltend macht und in diesem Zusammenhang zur Begründung vorträgt, sie hätte wohl im Jahre 1999 die streitgegenständlichen Grundstücke an einen Dritten zu diesem Preis veräußern können, steht diesem Anspruch gleichfalls das dem Betreiber der Deponie zustehende Besitzrecht entgegen. Unabhängig davon wäre ein Schadensersatzanspruch aber auch deswegen nicht gegeben, weil der entgangene Kaufpreis nicht mit einem Schaden der Klägerin in entsprechender Höhe gleichgesetzt werden kann, weil sie in Erfüllung des Kaufvertrages das Eigentum an den Grundstücken verloren hätte. Der Schaden könnte allenfalls in einer bislang nicht bezifferten Differenz zu einem später nur noch erzielbaren niedrigeren Kaufpreis liegen.

Die Berufung der Klägerin war danach insgesamt zurückzuweisen.

D)

Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.

Bei der Bemessung des Streitwertes waren die von der Klägerin selbst angegebenen Kosten der Beseitigung der Deponie, wie sie - im vollen Umfang - mit dem Hauptantrag verlangt wird - zu Grunde zu legen.

Ende der Entscheidung

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