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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 28.06.2007
Aktenzeichen: 5 U 140/06
Rechtsgebiete: VermG, BGB, VZOG


Vorschriften:

VermG § 1 Abs. 2
VermG § 2 Abs. 1
VermG § 2 Abs. 1 Satz 1
VermG § 2 Abs. 3
VermG § 2 Abs. 3 Satz 1
VermG § 2 Abs. 3 Satz 2
VermG § 3
VermG § 3 Abs. 3
VermG § 3 Abs. 3 Satz 4
VermG § 7
VermG § 7 Abs. 7
VermG § 7 Abs. 7 Satz 2
VermG § 7 Abs. 7 Satz 4
BGB § 670
BGB § 683
BGB §§ 812 ff.
BGB §§ 994 ff.
BGB § 2022
VZOG § 6 Abs. 1 Buchst. a)
VZOG § 8 Abs. 1 Buchst. a)
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 140/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 28.06.2007

Verkündet am 28.06.2007

in dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2007

durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth und den Richter am Landgericht Boecker

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 23. Juni 2006, Az. 10 O 332/97, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um den Ersatz von Kosten, die die Klägerin in der Zeit vom 3. Oktober 1990 bis 31. August 1996 im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung der auf dem Eckgrundstück M...straße 16 / ...-Straße 14 in P... aufstehenden Wohnhäuser aufgewandt hat.

Das genannte Grundstück stand ursprünglich im Eigentum einer Frau M... Kr.... Diese starb 1983 in P.... Sie hatte testamentarisch Frau H... P... als Erbin eingesetzt und der Stadt P... ein Vermächtnis eingeräumt. Nachdem sowohl Frau P... als auch die Stadt P... die Ausschlagung von Erbe bzw. Vermächtnis erklärt hatten, stellte das staatliche Notariat am 13. Oktober 1983 einen Erbschein zugunsten der DDR, vertreten durch den Rat der Stadt P..., mit der Begründung aus, andere Erben nach Frau Kr... seien nicht vorhanden. Tatsächlich lebten zu dieser Zeit Abkömmlinge vorverstorbener Geschwister der Erblasserin, die Beklagten. Im Grundbuch wurde "Eigentum des Volkes, Rechtsträger VEB G...", eingetragen.

Mit Beschluss des Kreisgerichts Potsdam vom 9. Oktober 1993 wurde der Erbschein vom 13. Oktober 1983 für kraftlos erklärt. Am 19. Oktober 1993 wurde den Beklagten ein gemeinschaftlicher Erbschein erteilt. Die Erbengemeinschaft forderte die Stadt P... mit Schreiben vom 20. Juni 1994 zur Herausgabe des Grundstücks auf. Am 8. Dezember 1994 wurden die Beklagten als Eigentümer des vorgenannten Grundstücks im Grundbuch eingetragen.

Das Grundstück bzw. die aufstehenden Wohngebäude wurden zu DDR-Zeiten durch den VEB G... bewirtschaftet. Die Klägerin, die zuvor noch die Firma "Gemeinnützige W... mbH" führte und zwischenzeitlich umbenannt wurde, war im Jahr 1990 im Wege der Umwandlung Rechtsnachfolgerin des VEB G... geworden. Mit dem Gründungsvertrag wurden alle bebauten Grundstücke der Stadt P..., die der Wohnungsversorgung dienten, auf die Klägerin übertragen. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte am 12. März 1991.

Eine Klage der Stadt P... auf Grundbuchberichtigung dahingehend, dass diese als Eigentümerin im Grundbuch einzutragen sei, blieb erfolglos. Am 25. September 1996 übergab die Klägerin das Grundstück an die Beklagten. Bis dahin waren die dort aufstehenden beiden Wohnhäuser durch die Klägerin bzw. durch die Wo...gesellschaft P... mbH, eine Tochtergesellschaft der Klägerin, bewirtschaftet worden. Die Stadt P... erklärte am 27. Februar 1997, alle ihr möglicherweise aus der Bewirtschaftung zustehenden Ansprüche an die Klägerin abzutreten.

Bereits im Jahr 1990 hatte Frau P... Restitutionsansprüche geltend gemacht. Diese Ansprüche übertrug sie in der Folgezeit auf die B...gesellschaft mbH (nunmehr Gr... Grundstücksgesellschaft mbH; im Folgenden: Gr...). Mit Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen der Landeshauptstadt P... vom 12. Mai 1997 erfolgte die vermögensrechtliche Rückübertragung des Grundstücks auf die Gr.... Die Beklagten wandten sich erfolglos gegen diesen Bescheid. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Februar 2005 wurde die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagten haben zwischenzeitlich das Grundstück sowie nach ihrer Behauptung auch die gezogenen Nutzungen an die Gr... herausgegeben.

Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe während der Zeit der Bewirtschaftung der Häuser nach Abzug der eingenommenen Mieten einen Fehlbetrag von 52.112,75 DM (= 26.644,83 Euro) erwirtschaftet, dessen Zusammensetzung sie im Einzelnen vorträgt. Die Zahlung dieses Fehlbetrags verlangt sie von den Beklagten.

Sie hat die Ansicht vertreten, ein - hilfsweise auf die Abtretung der Stadt P... gestützter - Anspruch ergebe sich daraus, dass sie Erbschaftsbesitzerin sei. Weiterhin ergebe sich ein Anspruch nach den Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis oder den Grundsätzen ungerechtfertigter Bereicherung.

In Betracht komme schließlich auch ein Anspruch analog § 3 Abs. 3 Satz 4 Vermögensgesetz (VermG). Die Beklagten müssten sich jedenfalls wie Berechtigte im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG behandeln lassen. Selbst unter Berücksichtigung des grundsätzlichen Vorrangs der Vorschriften des VermG sei aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falls eine Kostenersatzpflicht der Beklagten anzunehmen. Der vorliegende Fall sei mit der im VermG geregelten Konstellation nicht vergleichbar, weil die Beklagten bis zu der Entscheidung des BVerwG die Position des Grundstückseigentümers eingenommen hatten. Erst durch die nunmehr infolge der Rechtskraft des Restitutionsbescheides eingetretene Sachlage hätten die Beklagten ihren bisherigen Rechtsstandpunkt in diesem Verfahren in geradezu treuwidriger Weise gewechselt. Die Bewirtschaftung der Häuser durch die Beklagten nach der Übergabe an diese sei gerade durch die Aufwendungen der Klägerin ermöglicht worden. Es sei deshalb vorliegend angezeigt, allein auf die formale Eigentümerposition der Beklagten abzustellen.

Die Beklagten haben eingewandt, dass Ansprüche der Klägerin aufgrund der erfolgten Restitution allenfalls gegen die Gr... bestehen könnten.

Im Übrigen kämen Ansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis nicht in Betracht, weil die Klägerin nicht Eigenbesitzerin gewesen sei. Die den geltend gemachten Kosten zugrunde liegenden Arbeiten seien zudem weder erforderlich noch angemessen gewesen. Die Beklagten haben auch die Ausführung und Bezahlung der Arbeiten bestritten. Im Übrigen haben sie den Einwand der Verjährung der Ansprüche erhoben.

Gegen etwaige Ansprüche der Klägerin erklären sie die Aufrechnung mit einem Anspruch der Beklagten auf Herausgabe derjenigen weiteren Nachlassgegenstände, die die Stadt P... nach dem Tod der Erblasserin erhalten habe.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der geltend gemacht Anspruch der Klägerin ergebe sich nicht aus § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG, da die Beklagten nicht Berechtigte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG seien. Dies sei die Gr... als Rechtsnachfolgerin der Frau P.... Letztere sei als erstausschlagende Erbin Berechtigte gewesen, auch wenn zur Zeit der Ausschlagung die Beklagten als weitere Erben existierten, die nicht berücksichtigt wurden. Daran ändere sich nichts dadurch, dass zwischen der Stellung des Restitutionsantrages im Jahr 1990 und der Rechtskraft der Restitutionsentscheidung die zu DDR-Zeiten erlangte Verfügungsbefugnis der Klägerin auf die Beklagten übergegangen gewesen sei, denn die Beklagten seien dadurch Verfügungsbefugte im Sinne des § 2 Abs. 3 VermG, nicht aber Berechtigte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG geworden. Ansprüche eines Verfügungsberechtigten gegen einen anderen Verfügungsberechtigten sehe das VermG nicht vor. Ansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis oder wegen ungerechtfertigter Bereicherung bestünden nicht, weil das VermG diesen Vorschriften vorgehe. Das VermG regele detailliert die Ausgleichsansprüche des Verfügungsberechtigten gegen den Berechtigten. Würden im Fall des Wechsels des Verfügungsberechtigten dem ursprünglichen Verfügungsberechtigten gegen den späteren zivilrechtliche Ersatzansprüche zugebilligt, so stünde der ursprüngliche Verfügungsbefugte durch das zufällige Dazwischentreten eines weiteren Verfügungsberechtigten besser als ohne den Wechsel der Verfügungsbefugnis, da die zivilrechtlichen Ansprüche weiter reichten als die Ersatzansprüche nach dem VermG. Der später Verfügungsbefugte bliebe dagegen auf die Ansprüche nach dem VermG gegen den Berechtigten beschränkt. Für eine solche Besserstellung des ursprünglichen Verfügungsberechtigten gebe es keinen sachlichen Grund.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts. Entgegen der Auffassung des Landgerichts würden Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten aus § 994 BGB nicht durch die Vorschriften des VermG verdrängt. Dies wäre nur der Fall, wenn sie, die Klägerin, gegen die Restitutionsberechtigte einen Kostenerstattungsanspruch nach § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG geltend machen könne. Dies sei jedoch nicht der Fall, weil die Klägerin nicht Verfügungsberechtigte im Sinne des § 2 Abs. 3 VermG gewesen sei. Verfügungsberechtigter im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 VermG sei derjenige, dessen Rechtsinhaberschaft mit Bestandskraft der Restitutionsentscheidung auf den Berechtigten übergehe, d. h. der Eigentümer. Eigentümer seien jedoch nicht die Klägerin, sondern die Beklagten gewesen. Die Inanspruchnahme der Beklagten sei auch nicht unbillig, da ihnen ein aufgrund der Maßnahmen der Klägerin ein vermietbares Grundstück übergeben worden sei, woraus die Beklagten in den Folgejahren Mietüberschüsse erwirtschaftet hätten.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 23. Juni 2006, Az. 1 O 332/97, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 26.644,83 Euro nebst 8,75 % Zinsen seit dem 26. Juli 1997 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Hilfsweise rügen sie die Schlüssigkeit der Klage, da die Berechnung der Klägerin in der Berufungsbegründungsschrift im Ergebnis nicht zu der Klageforderung führe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

II. A.

Die Berufung ist zulässig.

Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagten weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht einen Anspruch auf Erstattung der in der Zeit vom 3. Oktober 1990 bis zur Übergabe an die Beklagten in Bezug auf das streitgegenständliche Grundstück getätigten Ausgaben.

1)

a)

Ein Anspruch der Klägerin aus § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG, wonach der Verfügungsberechtigte von dem Restitutionsberechtigten die Erstattung der aufgewendeten Kosten verlangen kann, sobald über die Rückübertragung des Eigentums entschieden ist, besteht nicht. Der vorliegende Fall fällt zwar in den Anwendungsbereich des Vermögensgesetzes, weil die testamentarische Erbin, Frau P..., aufgrund der eingetretenen Überschuldung des Nachlasses die Erbschaft ausgeschlagen hatte im Sinne des § 1 Abs. 2 VermG, die Anspruchsvoraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG liegen jedoch nicht vor. Der Anspruch besteht nur zwischen dem Verfügungsberechtigten im Sinne des § 2 Abs. 3 VermG und dem Restitutionsberechtigten im Sinne des § 2 Abs. 1 VermG. Die Klägerin war Verfügungsberechtigte (dazu unter aa), die Beklagten waren jedoch nicht Restitutionsberechtigte (dazu unten bb).

aa)

Die Klägerin war Verfügungsberechtigte im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 VermG, denn das Grundstück stand in ihrer Verfügungsmacht. Die Verfügungsmacht im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 VermG liegt bei demjenigen, der Inhaber der formalen Rechtsposition ist. Dies war nach dem Inhalt der Grundbucheintragungen zunächst die Stadt P..., denn gemäß Art. 22 Abs. 4 Satz 1 und 3 EV ging das Vermögen, das sich am 2. Oktober 1990 in Rechtsträgerschaft des VEB G... befand, in das Eigentum der Stadt über. Die Stadt P... war zwar materiell-rechtlich nicht gemäß Art. 22 Abs. 4 EV Eigentümerin des Grundstücks geworden, da nach dem maßgeblichen Recht der DDR aufgrund des fehlerhaften Erbscheins Volkseigentum nicht entstanden war. Wegen der Begründung im Einzelnen wird Bezug genommen auf Nr. 3 der Entscheidungsgründe des der Anspruchsbegründung beigefügten Urteils des 10. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 20. Februar 1996, Az. 10 U 20/95, S. 8 bis 9 der Ausfertigung. Die Stadt P... hatte jedoch aufgrund der - unrichtigen - Eintragung des Volkseigentums im Grundbuch in Verbindung mit der gesetzlichen Anordnung des Eigentumsübergangs in Art. 22 Abs. 4 Satz 3 EV die Stellung eines Bucheigentümers inne (vgl. Thüringer OLG, Urteil vom 3. November 1994, Az. 1 U 580/94, zitiert nach Juris, dort Rn. 44). Zwar trat § 6 Abs. 1 Buchst. a) VZOG - heute § 8 Abs. 1 Buchst. a) VZOG -, wonach die Gemeinden, Städte und Landkreise gesetzlich zur Verfügung über Grundstücke ermächtigt sind, wenn im Grundbuch die ehemaligen volkseigenen Betriebe der Wohnungswirtschaft im Zeitpunkt der Verfügung als Rechtsträger des betroffenen Grundstücks eingetragen sind, erst am Tag nach der Eintragung der Klägerin im Handelsregister - dem 21. März 1991 -in Kraft. Nach Ansicht des Senats begründete jedoch bereits der durch die Buchposition erzeugte Rechtsschein eine Verfügungsmacht im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 VermG. Dies gilt umso mehr, als bei der Beurteilung der Überleitung der Rechtspositionen aus der ehemaligen DDR im Rahmen des Art. 22 Abs. 4 EV vor allem auf die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse abzustellen ist (vgl. Schmidt/Leitschuh, Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, Art. 22 EVertr Rn. 30). Entsprechendes gilt für die Entscheidung, wer die Verfügungsmacht an einem Grundstück hat.

Mit dem Vollzug der Umwandlung des ehemaligen VEB G... durch Eintragung der Klägerin im Handelsregister ging das in sie eingebrachte Vermögen und damit die zunächst der Stadt P... zustehende Verfügungsmacht bezüglich des streitgegenständlichen Grundstücks auf die Klägerin über.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist auch nicht nur derjenige Verfügungsberechtigter im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 VermG, dessen Rechtsposition im Zeitpunkt der Restitution auf den Restitutionsberechtigten übertragen wird. Daraus, dass gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 VermG, der staatliche Verwalter - neben dem Eigentümer - als Verfügungsberechtigter gilt, folgt im Gegenteil, dass Verfügungsberechtigter nicht notwendig derjenige ist, dessen Rechtsposition - das Eigentum - durch den Rückgabebescheid übertragen wird.

bb)

Die Klägerin hat als Verfügungsberechtigte gegen die Beklagten dennoch keinen Anspruch aus § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG, denn dieser richtet sich nur gegen den Restitutionsberechtigten. Restitutionsberechtigte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG sind nicht die Beklagten, sondern die Gr..., was aufgrund des bestandskräftigen Restitutionsbescheides zugunsten der Gr... feststeht. Dass die Beklagten bis zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Restitutionsbescheides die Auffassung vertraten, sie selbst seien Berechtigte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG, und bis zu diesem Zeitpunkt faktisch die Position des Berechtigten einnahmen, kann ein anderes Ergebnis nicht begründen. Der Anspruch aus § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG entsteht nach seinem Wortlaut erst nach Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung über die Rückübertragung. Zu diesem Zeitpunkt steht aufgrund des abgeschlossenen Restitutionsverfahrens fest, wer Berechtigter im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG ist. Nur gegen diesen Berechtigten kann sich der Anspruch aus § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG richten.

cc)

Eine analoge Anwendung des § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG eine Ausnahmevorschrift von den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen über die Erstattung von Aufwendungen darstellt und als solche der Analogie nicht fähig ist.

b)

Die Klägerin hat gegen die Beklagten auch keinen sonstigen zivilrechtlich begründeten Anspruch auf Erstattung der Kosten. Es kann dahinstehen, ob die konkreten Voraussetzungen eines Anspruchs eines Geschäftsführers ohne Auftrag aus §§ 670, 683 BGB, eines unberechtigten Besitzers aus §§ 994 ff. BGB, eines Erbschaftsbesitzers aus § 2022 BGB oder eines Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß §§ 812 ff. BGB vorliegen, denn solche zivilrechtlichen Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagten sind aufgrund des Vorrangs der Regelungen des VermG ausgeschlossen.

Sowohl die Klägerin als auch die Beklagten als Eigentümer waren Verfügungsberechtigte im Sinne des § 2 Abs. 3 VermG. Die Ansprüche der Verfügungsberechtigten auf Erstattung ihrer der restituierten Sache zugute gekommenen Aufwendungen sind in § 3 und § 7 VermG abschließend geregelt. Erstattungsansprüche mehrerer Verfügungsberechtigter untereinander sieht das VermG nicht vor.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht zwar für das Verhältnis des staatlichen Verwalters, der gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 VermG als Verfügungsberechtigter gilt, zu dem Eigentümer des Grundstücks. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der staatliche Verwalter von dem Eigentümer, dem der Restitutionsgegenstand nach dem Ende der staatlichen Verwaltung übergeben wurde, in entsprechender Anwendung des § 670 BGB Erstattung seiner Aufwendungen verlangen, auch wenn der Eigentümer seinerseits den Restitutionsgegenstand später an den Berechtigten herauszugeben hatte (vgl. BGH VIZ 2001, 496). Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall jedoch nicht übertragbar. Die Zuerkennung eines Erstattungsanspruchs des staatlichen Verwalters beruht auf der in den Bestimmungen des VermG sinnfällig zum Ausdruck gekommenen Treuhänderstellung des staatlichen Verwalters gegenüber dem Eigentümer (vgl. BGH VIZ 2001, 496; VIZ 1998, 103, 104). Die Klägerin war nicht staatliche Verwalterin des Grundstücks. Ein diesem Treuhandverhältnis vergleichbares Rechtsverhältnis bestand zwischen den Parteien nicht.

Hätte der Verfügungsberechtigte gegen den vorübergehend zwischen ihn und den Berechtigten tretenden Eigentümer Erstattungsansprüche nach allgemein zivilrechtlichen Regeln, führte dies zu einer zufälligen Besserstellung des Verfügungsberechtigten und gleichzeitig zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung des Eigentümers. Der Verfügungsberechtigte könnte seine Aufwendungen ohne die Beschränkungen der §§ 3 Abs. 3 und 7 Abs. 7 VermG von dem Eigentümer ersetzt verlangen. Der Eigentümer hätte dabei für diese an den anderen Verfügungsberechtigten zu erstattenden Ausgaben keine ausreichende Kompensationsmöglichkeit, weil der Restitutionsberechtigte einem allgemeinen Erstattungsanspruch des Verfügungsberechtigten nicht ausgesetzt ist (vgl. BGH VIZ 2001, 496, 497). Gleichzeitig wäre er dem Anspruch des Restitutionsberechtigten ausgesetzt, der von ihm nach § 7 Abs. 7 Satz 2 VermG die Herausgabe der von dem Eigentümer seit dem 1. Juli 1994 vereinnahmten Entgelte aus einem Miet-, Pacht- oder sonstigen Nutzungsverhältnis verlangen könnte. Darüber hinaus hätte der Eigentümer auch im Umfang der gegebenenfalls nach § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG von dem Restitutionsberechtigten zu erstattenden Aufwendungen des Verfügungsberechtigten das Risiko der Insolvenz des Restitutionsberechtigten zu tragen. Dies ist ihm nicht zuzumuten (vgl. BGH VIZ 2001, 496, 497).

Demgegenüber beschränken sich aufgrund des Vorrangs des VermG die Erstattungsansprüche mehrerer Verfügungsberechtigter auf ihre jeweiligen Ansprüche gegen den Restitutionsberechtigten nach § 3 Abs. 3 Satz 4 VermG sowie die Aufrechnung nach § 7 Abs. 7 Satz 4 VermG, was eine zufällige sachlich unbegründete Besserstellung oder Benachteiligung der Parteien vermeidet.

2)

Die Klägerin kann von den Beklagten die Erstattung der streitgegenständlichen Kosten auch nicht aufgrund abgetretener Ansprüche der Stadt Potsdam verlangen. Ob auch solche Ansprüche aufgrund des Vorrangs des VermG ausgeschlossen wären, kann ebenso offen bleiben wie die Frage, ob die Abtretung wirksam ist. Erstattungsansprüche der Stadt P... gegen die Beklagten sind nämlich bereits deshalb nicht ersichtlich, weil die Stadt nach dem eigenen Vortrag der Klägerin keine der geltend gemachten Aufwendungen getragen hat.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die grundsätzliche Frage, ob und in welchem Umfang zwischen mehreren Verfügungsberechtigten im Sinne des § 2 Abs. 3 VermG Erstattungsansprüche bestehen, bis auf den bereits entschiedenen Sonderfall der Ansprüche des staatlichen Verwalters gegen den Eigentümer höchstrichterlich nicht geklärt ist.

C.

Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz wird gemäß § 3 ZPO i. V. m. §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG festgesetzt auf 26.644,83 Euro entsprechend der weiterverfolgten Klageforderung.

Ende der Entscheidung

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