Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 01.10.2009
Aktenzeichen: 5 U 142/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 138
BGB § 434 a.F.
BGB § 440 Abs. 1
BGB §§ 812 ff.
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 826
BGB § 894
BGB § 1019
BGB § 1025 Satz 1
BGB § 1025 Satz 1, 1. Halbs.
BGB § 1025 Satz 2
ZPO § 529 Abs. 1 Satz 2
EGBGB Art. 229 § 5 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das am 25. Juni 2008 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 1 O 151/07 - teilweise, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen, abgeändert:

Der Beklagte zu 2 wird verurteilt, seine Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch von Ba... Blatt 6170, Blatt 6171, Blatt 6172, Blatt 6173, Blatt 6174, Blatt 6175, Blatt 6176 und Blatt 6177 jeweils in Abteilung II laufende Nummer 1 eingetragenen Grunddienstbarkeit (Geh- und Fahrrecht) für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Ba... Flur 1, Flurstück 1038/1 zu erteilen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Kläger zu 1. und 2. zu je 1/4 und der Beklagte zu 2 zur Hälfte.

Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 trägt dieser selbst.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 tragen die Kläger zu je 1/2.

Die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1. und 2. trägt die Beklagte zu 2. zu 1/2.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Kläger schlossen mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ...straße 10 mbH am 1. März 1995 (Klägerin zu 2.) und am 3. Mai 1995 (Klägerin zu 1.) vor einem Berliner Notar gleichlautende Kaufverträge über Miteigentumsanteile an dem Grundstück, verzeichnet im Grundbuch von Ba... Blatt 57, Flur 1, Flurstück 1036/2, verbunden mit Sondereigentum an noch zu errichtenden Büroeinheiten. Die in § 18 der Verträge enthaltene Vollmacht für Notariatsangestellte umfasst das Recht zur Bewilligung und Eintragung von Dienstbarkeiten in Form eines Geh- und Fahrrechts (Wegerecht) zu Gunsten der Liegenschaft Flur 1, Flurstück 1037. Am 17. Juli 1995 bewilligte die Veräußerin, von einem Oldenburger Notar beglaubigt, das Wegerecht, und zwar zu Gunsten des Flurstücks 1038. Dieses Flurstück wurde in der Folgezeit aufgeteilt in die Flurstücke 1038/1, 1038/2 und 1038/3. Eigentümerin des Flurstücks 1038/2, auf dem zur S...straße hin eine geschützte Grünanlage und zum Flurstück 1037 hin neun Parkplätze angelegt sind, ist die Beklagte zu 1. Das Flurstück 1038/3 wurde dem von den Klägern erworbenen Grundstück zugeschrieben. Der Beklagte zu 2 erwarb mit notarieller Urkunde vom 22. Dezember 1995 das an der K...straße liegende und mit einem Geschäftshaus bebaute Flurstück 1038/1. Gegenstand dieses Vertrages sind auch die neun Einstellflächen auf dem Flurstück 1038/2, für deren Benutzung und ungehinderte Zufahrt zu bestellende Grunddienstbarkeiten vorgesehen waren.

Mit der Klage begehren die Kläger als Eigentümer von Miteigentumsanteilen an dem Grundstück in Ba..., Flur 1, Flurstücke 1036/2 und 1038/3 von den Beklagten als Eigentümern der Grundstücke, Gemarkung Ba... Flur 1, Flurstücke 1038/1 (Beklagter zu 2) und Flurstück 1038/2 (Beklagte zu 1) Bewilligung der Löschung der zugunsten der Grundstücke der Beklagten auf dem Grundstück 1036/2 lastenden Wegerechte.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).

Das Landgericht hat nach Beweiserhebung (Vernehmung von Zeugen zu der Frage, ob bei Vertragsschluss zwischen den Vertragsparteien Einigkeit darüber bestanden habe, dass das Wegerecht auch für das Flurstück 1038 eingeräumt habe werden sollen und die entsprechende Erwähnung in § 18 des Vertrages nur deshalb unterblieben sei, weil das Flurstück 1038 in den den Kaufverträgen beigefügten Lageplänen nicht gekennzeichnet gewesen sei, weshalb man angenommen habe, die Fläche sei dem Flurstück 1037 zuzuordnen), die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Eigentums der Kläger scheitere daran, dass das Wegerecht zu einem Zeitpunkt bewilligt worden sei, als die Kläger noch nicht Eigentümer des Flurstücks 1036/2 gewesen seien. Auch aus § 826 BGB könnten die Kläger den Löschungsanspruch nicht herleiten. Dass der Beklagte zu 2. Kenntnis davon gehabt habe, dass die Veräußerin bei der Bestellung und Bewilligung der Grunddienstbarkeit sich möglicherweise vertragswidrig verhalten habe, sei nicht ersichtlich. Auch könne eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung durch die Beklagte zu 1 nicht festgestellt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reiche es nicht aus, wenn der Dritte mit einem Vertragspartner zum Schaden des anderen planmäßig zusammenwirke, selbst wenn er hierbei Kenntnis von den nachteiligen Folgen habe und diese für eigene Interessen ausnütze. Vertragliche Ansprüche gingen den Außenstehenden Dritten in der Regel nichts an. Etwas anderes könne dann gelten, wenn in dem Eindringen des Dritten in die Beziehung der Vertragspartner ein besonderes Maß an Rücksichtslosigkeit gegenüber den Betroffenen hervortrete und deshalb seine Berufung auf die nur relative Bindungswirkung von Verträgen als missbräuchliches Einspannen der Rechtsordnung für die eigenen Interessen erscheine. Anhaltspunkte hierfür seien nicht vorhanden. Die Wahl eines Oldenburger Notars an Stelle des Berliner Urkundsnotars impliziere ein derartiges kollusives Zusammenwirken nicht, zumal die Beklagten nur die Vollmachten ausgenutzt hätten, die ihnen durch § 18 der jeweiligen Kaufverträge eingeräumt worden seien. Danach erscheine es nicht in grober Weise rücksichtslos, wenn die Veräußerer davon Abstand genommen haben, einen Berliner Notar zu beauftragen und die Kläger über die Bestellung der Grunddienstbarkeit zu informieren. Zudem sprächen gegen eine besondere Rücksichtslosigkeit des Geschäftsführers der Beklagten zu 1 gewichtige Indizien. Wenngleich in den Kaufverträgen die Dienstbarkeit für das Flurstück 1037 und nicht für das Flurstück 1038 vorgesehen sei und diese Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit in sich trügen, lägen genügend Anzeichen dafür vor, das Verhalten der Beklagten zu 1 als nicht sittenwidrig zu qualifizieren. Der Zeuge M... habe glaubhaft bekundet, dass es in den Verhandlungen, an denen er beteiligt gewesen sei, nicht um die Bezeichnung von Flurstücken, sondern um pragmatische Lösungen gegangen sei mit dem Ziel, die Erreichbarkeit sämtlicher bereits bestehender Parkplätze, darunter die Parkplätze auf dem Flurstück 1038, sicher zu stellen. Diese glaubhafte und detaillierte und in sich geschlossene Aussage werde durch die Angaben auf den den beiden Kaufverträgen beigefügten Lageplänen gestützt, wonach zum maßgeblichen Zeitpunkt die Parkplätze auf dem Flurstück 1038 bereits vorhanden gewesen seien und aus denen ersichtlich sei, dass das Flurstück 1037 nicht über das Flurstück 1036/2 erreicht werden könne, ohne zuvor das Flurstück 1038 zu überfahren.

Der geltend gemachte Löschungsanspruch ergebe sich auch nicht daraus, dass das Wegerecht wegen eines Anschlusses des herrschenden Grundstücks an eine öffentliche Straße entbehrlich sei. Die Feuerwehrzufahrt auf dem Flurstück 1038/1 stelle keine Alternative dar. Sie habe gemäß den glaubhaften Bekundungen des Zeugen M... im Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse bereits existiert, was durch die den beiden Kaufverträgen beigefügten amtlichen Lagepläne bestätigt werde, auf denen die Feuerwehrzufahrt bereits eingezeichnet und als solche bezeichnet sei. Wenn die Löschungsvoraussetzungen seinerzeit aber bereits vorgelegen hätten, sei unerfindlich, weshalb dennoch Grunddienstbarkeiten ins Grundbuch hätten eingetragen werden sollen. Schließlich könne auch nicht festgestellt werden, dass nach dem jetzigen Bebauungsstand des Flurstücks 1038 eine anderweitige Zufahrtsmöglichkeit von einer öffentlichen Straße her bestehe. Diese Möglichkeit scheide schon deswegen aus, weil eine öffentliche rechtliche Verpflichtung der Eigentümer der Flurstücke 1038/1 und 1038/2 bestehe, auf diesen Flächen einen Park zu unterhalten.

Gegen das Urteil wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens eine Verletzung materiellen Rechts sowie eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung rügen.

Die Kläger meinen nach wie vor, dass der Geschäftsführer der Beklagten zu 1 sittenwidrig gehandelt habe, indem er nach Abschluss der Kaufverträge rechtsmissbräuchlich und treuwidrig die Grunddienstbarkeiten vor einem Oldenburger Notar bestellt habe, statt den Berliner Urkundsnotar mit der Durchführung der Kaufverträge zu beauftragen. Der Geschäftsführer der Beklagten zu 1 habe hierdurch gegen die Pflicht der Veräußerin zur Übertragung lastenfreien Eigentums verstoßen. Die Bewilligung der Grunddienstbarkeit sei daher wegen der sittenwidrigen Handlung von Anfang an als nichtig zu behandeln. Jedenfalls aber sei sie, was sich die Beklagte zu 1 zurechnen lassen müsse, auf rechtswidrige Art und Weise unter Verletzung der Verträge mit den Klägern zustande gekommen und unterliege somit den Regelungen der §§ 812 ff. BGB. Der Wegfall der Berechtigung gelte auch für den Anspruch gegen den Beklagten zu 2, da dieser nicht gutgläubig erworben habe. Hinzu komme, dass der Beklagte zu 2 selbst auf dem in seinem Eigentum stehenden Teilgrundstück keine Parkplätze unterhalte, die in irgendeiner Weise durch ein Wegerecht gesichert werden müssten.

Schließlich ergebe sich der Löschungsanspruch aus dem Wortlaut des eingetragenen Geh- und Fahrrechts. Die Feuerwehrzufahrt stelle eine Alternative dar, die durchaus geeignet sei, die Parkplätze zu erreichen.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 25. Juni 2008 - 1 O 151/07 - die Beklagten zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch von Ba... Blatt 6170, Blatt 6171, Blatt 6172, Blatt 6173, Blatt 6174, Blatt 6175, Blatt 6176 und Blatt 6177 jeweils in Abteilung II laufende Nummer 1 eingetragenen Grunddienstbarkeiten (Geh- und Fahrrecht) für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Ba... Flur 1, Flurstück 1038 zu erteilen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil mit näherer Darlegung. Sie behaupten nach wie vor, dass die Flurstücksbezeichnung des begünstigten Grundstücks irrtümlich in den Vertragstext aufgenommen worden sei und mit den tatsächlich gewollten Beurkundungen nicht vollständig übereinstimme. Dies ergebe sich eindeutig aus den Anlagen zu den Kaufverträgen, in denen der Weg jeweils so eingezeichnet sei, dass er direkt auf das Flurstück 1038 und nicht auf das Flurstück 1037 führe. Seinerzeit habe es dem Willen aller Beteiligten entsprochen, mit dem Wegerecht sowohl die Parkplätze auf dem Flurstück 1037 als auch die auf dem Flurstück 1038 zu erschließen. Auch sei durch die mit den Klägern geschlossenen Kaufverträge ein eigenes Antragsrecht bzw. Bewilligungsrecht der Veräußerin nicht ausgeschlossen worden.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die statthafte (§ 511 Abs. 1, 2 Nr. 1 ZPO) und zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 517, 519, 520 ZPO) hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

Zu Gunsten des Flurstücks 1038 war der von den Klägern erworbene Grundbesitz mit Grunddienstbarkeiten belastet worden. Nach Teilung des herrschenden Grundstücks in die Flurstücke 1038/1, 1038/2 und 1038/3 besteht die Grunddienstbarkeit, sofern sie nicht gemäß § 1025 S. 2 BGB erlischt, gemäß § 1025 Satz 1 BGB für die einzelnen verselbständigten Teile fort.

1.

Zu Recht hat das Landgericht die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage abgewiesen, weil die Grunddienstbarkeit für ihr Grundstück, das Flurstück 1038/2, wirksam entstanden ist und nach wie vor besteht.

Der Senat vermag nicht festzustellen, dass in Ansehung der zu Lasten des Flurstücks 1036/2 eingetragenen Grunddienstbarkeiten der Inhalt des Grundbuchs unrichtig wäre, so dass die Kläger von dem Beklagten zu 1 deren Löschung gemäß § 894 BGB verlangen könnten.

a) Die Kläger können sich für ihr Löschungsbegehren nicht darauf berufen, dass die Grunddienstbarkeiten nicht wirksam entstanden seien, weil sie in den zuvor mit dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1 als Vertreter der damaligen Eigentümer geschlossenen Kaufverträgen so nicht vorgesehen waren und die ihrer Eintragung in das Grundbuch zugrundeliegende Einigung als sittenwidriges Geschäft deswegen gemäß § 138 BGB nichtig wäre.

§ 138 BGB gilt zwar für Rechtsgeschäfte jeder Art, also auch für dingliche Rechtsgeschäfte, wie die der Bestellung einer Grunddienstbarkeit. Der Senat vermag in dem Verhalten des Geschäftsführers der Beklagten zu 1, der seinerzeit die damalige Eigentümerin vertrat, jedoch keine Sittenwidrigkeit zu erkennen.

Grundsätzlich war die von dem Geschäftsführer der Beklagten zu 1 vertretene Verkäuferin nach dem Inhalt der mit den Klägern geschlossenen Verträgen berechtigt, das ihnen veräußerte Grundstück mit einer Grunddienstbarkeit, allerdings, nach dem Wortlaut der mit den Klägern geschlossenen Kaufverträge und nach Behauptung der Kläger, lediglich zu Gunsten des Flurstücks 1037, zu belasten. Denn die in § 18 der notariellen Verträge erwähnten Sondervollmachten waren gemäß dessen vorletztem Absatz auch der Verkäuferseite eingeräumt. Die sich daran anschließende weitere Feststellung des Landgerichts, die Kläger hätten eine bewusst vertragswidrige Belastung des Grundstücks durch den Geschäftsführer der Veräußerin nicht bewiesen, ist im Hinblick auf § 529 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht zu beanstanden. Die Würdigung des Ergebnisses der Vernehmung der Zeugen T... und M... zu der Frage, welchen Parkplätzen das Wegerecht nach den vertraglichen Vereinbarungen der Veräußerin mit den Klägern hat dienen sollen, dahingehend, dass den Klägern der Nachweis eines besonders rücksichtslosen Verhaltens des Geschäftsführers der Beklagten zu 1 bei der Bewilligung der Grunddienstbarkeit für das Flurstück 1038 nicht gelungen ist, ist frei von Widersprüchen und in sich nachvollziehbar; ein Verstoß gegen Erfahrungs- oder Denkgesetze ist nicht erkennbar, zumal die Urkunden selbst Anhaltspunkte enthalten, die gegen die Richtigkeit der Flurstücksbezeichnung des begünstigten Grundstücks sprechen. Denn auf den Anlagen zu den beiden Kaufverträgen führt der darin eingezeichnete und zu sichernde Weg direkt auf Parkplätze, die sich auf dem, wenn auch nicht als solchem ausgewiesenen Flurstück 1038 befinden, während für das eigentliche Flurstück 1037 keine Parkplätze ausgewiesen sind.

Sittenwidrig ist eine Handlung, die nach Inhalt oder Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, d.h., mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist. Es genügt nicht, dass sie gegen vertragliche Pflichten oder das Gesetz verstößt, unbillig erscheint oder einen Schaden hervorruft; insbesondere ist die Verfolgung eigener Interessen bei der Ausübung von Rechten im Grundsatz auch dann legitim, wenn damit eine Schädigung Dritter verbunden ist. Hinzutreten muss nach der Rechtsprechung eine besondere Verwerflichkeit des Verhaltens, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (Palandt/Sprau, 68. Aufl. § 826 Rn. 4). Nichterfüllung vertraglicher Pflichten ist nur dann unsittlich, wenn besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten als sittlich verwerflich erscheinen lassen (Palandt/Sprau, a.a. O. Rn. 22).

Bei Beachtung dieser Grundsätze ist allein dadurch, dass der Geschäftsführer die Grunddienstbarkeiten entgegen dem Wortlaut der Kaufverträge und ohne Rücksprache mit den Vertragsbeteiligten für das Flurstück 1038 bewilligt hat, die Grenze zur Sittenwidrigkeit nicht überschritten. Dies muss um so mehr gelten, als - insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem, der der vom Staatsgerichtshof des Landes Hessen in seinem Beschluss vom 12. März 2002 (P.St. 1438) zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. August 1999 (1 U 72/98) zugrunde lag - die Belastung mit den Grunddienstbarkeiten im Vertrag vorgesehen war und die Kläger die Möglichkeit hatten, sich vor nicht von ihnen zu übernehmenden Belastungen durch rechtzeitige Eintragung der ihnen bewilligten Auflassungsvormerkungen zu schützen. Auch sind bzw. waren sie durch die Gewährleistungsvorschriften gemäß §§ 434, 440 Abs. 1 BGB a.F. i.V.m. Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB hinreichend geschützt. Schließlich war nach § 6 der Kaufverträge der Kaufpreis erst fällig, nachdem die Auflassungsvormerkung rangrichtig eingetragen war. Die Kläger hatten es also selbst in der Hand, sich vor etwa vertragswidrigen Verfügungen des Veräußerers, die nie auszuschließen sind, zu schützen.

b) Aus den genannten Gründen, die hier entsprechend gelten, können die Kläger ihr Löschungsbegehren, soweit es sich gegen die Beklagte zu 1 richtet, auch nicht auf den Gesichtspunkt einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB sowie auf eine ungerechtfertigte Bereicherung gemäß § 812 BGB stützen. Mangels vertraglicher Beziehungen zwischen den Klägern und der Beklagten zu 1 ist auch ein Anspruch auf Bewilligung der Löschung der Grunddienstbarkeit nach § 434 BGB a.F. nicht gegeben.

c) Der Senat vermag auch nicht festzustellen, dass die Beklagte zu 1 deswegen gemäß § 894 BGB verpflichtet wäre, die Löschung der Grunddienstbarkeit zu bewilligen, weil sie, wie in der Bestellungsurkunde (Bl. 35 d.A.) vorgesehen, durch Eintritt der auflösenden Bedingung des Anschlusses des herrschenden Grundstücks an eine öffentliche Straße erloschen wäre. Im Hinblick darauf, dass das Flurstück 1038/2 von vorneherein an die S...straße angrenzte, ist die in der Bestellungsurkunde vorgesehene auflösende Bedingung einschränkend dahin auszulegen, dass erst die Erreichbarkeit der Parkplätze über die auf dem Flurstück 1038/2 liegende Grünfläche ein Erlöschen der Grunddienstbarkeit bewirken soll. Unstreitig darf aber die zur Straße liegende Grünfläche nicht angetastet werden. Tatsächlich wurde bisher auf der Grünfläche auch noch keine Zufahrt zu den Parkflächen errichtet, so dass die Grunddienstbarkeit nach wie vor besteht.

Auch die auf den den Kaufverträgen beigefügten Plänen bereits eingezeichnete Feuerwehrzufahrt auf dem Flurstück 1038/1 rechtfertigt den Löschungsanspruch nicht, gleichviel, ob sie bei Abschluss der Kaufverträge mit den Klägern schon existierte oder erst an dieser Stelle vorgesehen war und später errichtet worden ist. Zwar erlischt eine Grunddienstbarkeit nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn der Vorteil für das herrschende Grundstück objektiv und endgültig weggefallen ist (BGH WM 1967, 582, 584; NJW 1980, 179). Die Feuerwehrzufahrt lässt den Vorteil des durch die Grunddienstbarkeit auf dem Grundstück der Kläger gesicherten Weges für das Parkplatzgrundstück jedoch nicht entfallen, da jeder irgend brauchbare Weg, der zu einem Grundstück führt, für dessen Zweck vorteilhaft ist, auch wenn daneben noch andere Wege bestehen (OLG Koblenz DNotZ 1999, 511, 512) . Dies muss umso mehr gelten, als es sich bei der Zufahrt nicht um einen öffentlichen Weg handelt.

2.

Erfolg hat die Berufung aber, soweit die Kläger von dem Beklagten zu 2 die Bewilligung der Löschung der zugunsten seines Flurstücks, des Flurstücks 1038/1, eingetragenen Grunddienstbarkeit verlangen.

Rechtsgrundlage für den Anspruch ist § 894 BGB.

Der Inhalt des Grundbuchs steht in Ansehung der zugunsten des Grundstücks des Beklagten zu 2 eingetragenen Grunddienstbarkeit mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang.

Das Grundstück des Beklagten zu 2, das Flurstück 1038/1, war von dem herrschenden Grundstück, dem Flurstück 1038, abgeschrieben worden und wird als selbständiges Grundstück fortgeführt. Nach der grundsätzlichen Regelung des § 1025 Satz 1, 1. Halbs. BGB besteht die Grunddienstbarkeit zwar für die einzelnen Grundstücksteile fort. Dies gilt aber dann nicht, wenn die Dienstbarkeit nur einem der Teile zum Vorteil gereicht (§ 1025 Satz 2 BGB). Denn gemäß § 1019 BGB kann eine Grunddienstbarkeit nur in einer Belastung bestehen, die für die Benutzung des herrschenden Grundstücks Vorteil bietet. Rechtsinhalt der Grunddienstbarkeit ist die Erreichbarkeit der Parkplätze auf dem herrschenden Grundstück. Diese Parkplätze liegen nunmehr ausschließlich auf dem Flurstück 1038/2. Die Grunddienstbarkeit gereicht daher nur noch diesem Grundstück zum Vorteil, so dass ihr Inhalt nur noch dahin geht, dem jeweiligen Eigentümer dieses Flurstücks die vorgesehene Nutzung zu gestatten.

Der Vorteil, den § 1019 BGB als für die Wirksamkeit einer Grunddienstbarkeit unabdingbar voraussetzt, muss gerade für die Benutzung des herrschenden Grundstücks bestehen, sich also gerade aus seiner allgemeinen Grundstückssituation (Lage, Beschaffenheit, Zweck) in Verbindung mit dem mit der Grunddienstbarkeitsbestellung verfolgten Zweck ergeben (Staudinger/Mayer [2008] § 1019 Rn 6 m.w.N.), der sich nach dem Rechtsinhalt der Grunddienstbarkeit richtet (Staudinger /Mayer,a.a.O.). Die zu Lasten der Grundstücke der Kläger eingetragenen Wegerechte sollen die Nutzung der Parkplätze gewährleisten, die auf dem Grundstück des Beklagten zu 1 liegen. Die Grunddienstbarkeit mag zwar auch dem Vorteil des Beklagten zu 2 dienen, weil er, wie von ihm im nachgelassenen Schriftsatz näher ausgeführt, die Parkplätze aufgrund einer schuldrechtlichen, möglicherweise dinglich gesicherten Vereinbarung mit dem Eigentümer das Parkplatzgrundstück nutzen darf und ihm die Nutzung des Weges vom Eigentümer des herrschenden Grundstücks gestattet wurde. Dieser vom Eigentümer des herrschenden Grundstücks abgeleitete Vorteil ist jedoch personen- und nicht grundstücksbezogen. Denn das Bedürfnis des Beklagten zu 2, das Grundstück der Kläger als Zuweg zu den Parkplätzen zu nutzen, hat in der Beschaffenheit seines eigenen Grundstücks keine objektive Grundlage, da die Parkplätze auf einem fremden Grundstück liegen. Gemäß § 1025 Satz 2 BGB ist die Grunddienstbarkeit daher teilweise, was das jetzige Flurstück 1038/1 angeht, kraft Gesetztes erloschen, so dass das Grundbuch gemäß § 894 BGB zu berichtigen ist (Palandt/Bassenge, 68. Aufl. § 1025 Rn. 2 ).

Der Grundbuchberichtigungsanspruch unterliegt nicht der Verjährung (§ 898 BGB).

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass der Schriftsatz der Beklagten vom 21. Juli 2009 weder Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gibt noch ein Grund im Sinne von 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorliegt, die Revision zuzulassen.

Die prozessualen Entscheidungen im Übrigen folgen aus § 92 Abs. 1, § 708 Ziffer 10, § 713 ZPO.

Entsprechend der Streitwertfestsetzung der ersten Instanz setzt der Senat den Streitwert auf 6.000 Euro fest.

Ende der Entscheidung

Zurück