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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 27.07.2006
Aktenzeichen: 5 U 160/05
Rechtsgebiete: BGB, VermG, ZPO
Vorschriften:
BGB § 320 Abs. 2 | |
BGB § 389 | |
BGB §§ 812 ff | |
BGB § 891 | |
BGB § 985 | |
BGB § 986 | |
BGB § 987 Abs. 1 | |
BGB § 990 Abs. 1 Satz 2 | |
VermG § 7 a | |
VermG § 7 a Abs. 2 | |
VermG § 7 a Abs. 2 Satz 3 | |
VermG § 7 a Abs. 3 | |
ZPO § 80 Abs. 1 | |
ZPO § 86 | |
ZPO § 110 | |
ZPO § 110 Abs. 2 Nr. 3 | |
ZPO § 239 | |
ZPO § 282 Abs. 3 | |
ZPO § 533 | |
ZPO § 1004 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
5 U 160/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht
Anlage zum Protokoll vom 27. Juli 2006
Verkündet am 27. Juli 2006
In dem Rechtsstreit
hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2006 durch die Richterin am Oberlandesgericht Kiepe, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth und die Richterin am Oberlandesgericht Kosyra
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 29. November 2005 - Az.: 2 O 303/05 - teilweise, unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, das von ihr innegehaltene Einfamilienhaus G... 49, ... R..., bestehend aus Kellergeschoss, Erdgeschoss und Dachgeschoss sowie einen Anbau von knapp 60 qm Fläche und das Grundstück Gebhardtstraße 49 (Flur 6 Flurstück 66) geräumt an die Erbengemeinschaft nach R... L... heraus zu geben Zug um Zug gegen Zahlung von 76,69 €.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Kläger 35 % und die Beklagte 65 % zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der aufgrund des Urteils beizutreibenden Beträge abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Kläger, Erbeserben des A... L..., verlangen von der Beklagten Herausgabe eines Einfamilienhauses in R... sowie Zahlung einer Nutzungsentschädigung nach Rückübertragung des Grundstücks auf die Kläger.
Die Kläger zu 1) bis 17) sind seit dem 27. Februar 2006 aufgrund eines seit dem 01.04.2005 rechtskräftigen Restitutionsbescheides vom 28. Januar 1998 im Grundbuch von R... Blatt 8622 eingetragene Eigentümer des 1.422 qm großen Grundstücks in R... G.... 49, Gemarkung R..., Flur 6, Flurstück 66. Voreingetragen war die Beklagte, die das Grundstück von ihrem Vater geerbt hatte und auch heute noch dort wohnt. Ihr Vater hatte dieses Grundstück auf Grund notariellen Kaufvertrages vom 24. Januar 1939 von R... L..., dessen Erben bzw. Erbeserben die Kläger sind, zu einem nach dem Vertrag vereinbarten Kaufpreis von 6.000 RM, der jedenfalls in Höhe von 3.000 RM entrichtet worden ist und den der Prozessbevollmächtigte der Kläger der Beklagten in Höhe von umgerechnet 75 € erstatten wollte, gekauft.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 29. November 2005 abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Kläger seien zwar nach Rückübertragung Eigentümer des streitigen Grundstücks geworden und die Beklagte sei nurmehr Scheineigentümerin. Ihr stehe aber ein Recht zum Besitz im Sinne von § 986 BGB zu, und zwar nach § 7 a Abs. 3 VermG. Die Beklagte habe als Verfügungsberechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes nach § 7 a Abs. 2 VermG einen Anspruch gegen die Kläger als Rechtsnachfolger des Herrn A...L... auf Herausgabe der diesem auf Grund des Kaufvertrages vom 24. Januar 1939 tatsächlich zugeflossenen Gegenleistung. Dieser Anspruch sei von den Klägern noch nicht befriedigt worden. Ausgehend von dem Betrag von 3.000 RM ergebe sich auf der Grundlage des in § 7 a Abs. 2 Satz 3 VermG normierten Umrechnungsverhältnisses von 20:1 ein DM Betrag in Höhe von 150 DM, was einem Betrag von 76,79 € entspreche. Es komme nicht darauf an, ob das Angebot der Prozessbevollmächtigten der Kläger an die Beklagte im Termin vom 05. Oktober 2005 ein ordnungsgemäßes und zumutbares Angebot zur Erfüllung des Herausgabeanspruchs der Beklagten gewesen sei, da der angebotene Betrag der Höhe nach hinter dem Anspruch der Beklagten zurückgeblieben sei. Auch wenn die Differenz sehr geringfügig sei, verstoße die Beklagte nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben wenn sie sich weiterhin auf ein Besitzrecht an dem streitgegenständlichen Grundstück berufe, da die Kläger als Schuldner zu Teilleistungen nicht berechtigt seien. Soweit die Kläger die Aufrechnung erklärt hätten mit ihnen aus dem Verwaltungsgerichtsverfahren zustehenden Ansprüchen aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen, habe dies den Anspruch der Beklagten nicht zum erlöschen gebracht, da es der Aufrechnungserklärung an einer hinreichenden Bestimmtheit der aufgerechneten Forderung gemangelt habe. Ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung stehe den Klägern nicht zu, da die Beklagte das fragliche Grundstück selbst genutzt habe.
Gegen dieses ihnen am 29. November 2005 zugestellte Urteil haben die Kläger mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2005 bei Gericht eingegangen am 19. Dezember 2005 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 30. Januar 2006, bei Gericht eingegangen am 30. Januar 2006 (Montag), begründet. Sie verfolgen ihr erstinstanzliches Anliegen teilweise weiter. Sie beantragen in erster Linie Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung. Hilfsweise verlangen sie Herausgabe des Grundstücks sowie nunmehr Zahlung einer Nutzungsentschädigung von der Beklagten für die Monate April bis Juni 2005 in Höhe von insgesamt 1.275,45 €.
Die Kläger berufen sich hinsichtlich der Bevollmächtigung ihres Prozessbevollmächtigten auf im Verwaltungsverfahren vorgelegte Vollmachten und weisen darauf hin, dass jedes Mitglied der ungeteilten Erbengemeinschaft Leistung an diese verlangen könne, so dass es auf etwa fehlende Vollmachten einzelner Mitglieder nicht ankomme.
Ein Zurückbehaltungsrecht stehe der Beklagten nicht zu, weil sie es versäumt habe, wegen des seinerzeit entrichteten Kaufpreises nach der damals gültigen Fassung des § 7 a Abs. 3 VermG die Eintragung einer Sicherungshypothek zu beantragen.
Ihre Aufrechnung mit der Forderung aus dem verwaltungsgerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschluss habe nicht mangels ausreichender Bestimmtheit der Forderung scheitern dürfen. Nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 04. April 2005 habe die Beklagte die Kosten des dortigen Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen (hiesige Kläger) zu tragen gehabt. Es existierten - unstreitig -Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 20. und 29. Juni 2005. Der Streitwert sei dort auf 153.387,56 € festgesetzt worden. Nach diesem Streitwert betrage bereits eine anwaltliche Gebühr 1.659,14 € netto (= 3.245 DM netto). Allein dieser Betrag übersteige bei weitem den von der Beklagten bei Aufrechnung gestellten Betrag auf Rückzahlung des Kaufpreises. Es liege eine fehlerhafte Sachverhaltsaufklärung vor, weil das Landgericht offenkundig einen die Aufrechnung übersteigenden Kostenerstattungsanspruch der Kläger außer Acht gelassen habe. Das Urteil und das Verfahren auf dem es beruhe, sei daher aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen. Das Vorbringen zur Höhe des Kostenerstattungsanspruchs könne nicht als verspätet zurückgewiesen werden.
Im Übrigen stehe der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht nicht unbefristet zu. Das Zurückbehaltungsrecht sei maximal auf den dreifachen Betrag beschränkt, also 76,69 € x 3 = 230,07 €. Es sei also mit der von der Beklagten nicht gezahlten Nutzungsentschädigung für April 2005 bereits erloschen gewesen. Selbst wenn ein vermeintliches Zurückbehaltungsrecht trotz erklärter Aufrechnung bestanden hätte, führe dieses nicht zur Klageabweisung sondern nur zur Verurteilung Zug um Zug. Die Beklagte sei in Annahmeverzug geraten, als sie die in der mündlichen Verhandlung angebotenen 75 € des Prozessbevollmächtigten der Kläger nicht angenommen habe. Sich auf den fehlenden Restbetrag von 1,69 € zu berufen sei treuwidrig.
Die Beklagte habe Nutzungsentschädigung ab Bestandskraft des Rückübertragungsbescheides seit dem 01. April 2005 zu zahlen.
Die Kläger beantragen,
das Urteil vom 29.11.2005 des Landgerichts Potsdam zum Geschäftszeichen 2 O 303/05 hinsichtlich des abgewiesenen Räumungs- und Herausgabeanspruchs und des abgewiesenen Zahlungsanspruchs von 1.275,45 € (Nutzungsentschädigung für die Monate April bis Juni 2005) nebst anteiligen Zinsen aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Potsdam zurückzuverweisen,
hilfsweise,
1. die Beklagte zu verurteilen, das von ihr innegehaltene Einfamilienhaus G... 49, ... R..., bestehend aus Kellergeschoss, Erdgeschoss, Dachgeschoss sowie einem Anbau von knapp 60 m² Fläche und das Grundstück G... 49 (Flur 6, Flurstück 66) geräumt an die Kläger herauszugeben;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 1.275,45 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.6.2005 (Zustellung) zu zahlen,
hilfsweise,
1. die Beklagte zu verurteilen, das von ihr innegehaltene Einfamilienhaus G... 49, ... R..., bestehend aus Kellergeschoss, Erdgeschoss, Dachgeschoss sowie einem Anbau von knapp 60 m² Fläche und das Grundstück G...49 (Flur 6, Flurstück 66) geräumt an die Erbengemeinschaft herauszugeben;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Erbengemeinschaft 1.275,45 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.6.2005 (Zustellung) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zu dem in der mündlichen Verhandlung gestellten zweiten Hilfsantrag hat sie keinen Antrag gestellt.
Sie rügt die Vollmacht des Prozessbevollmächtigten der Kläger sowie das Fehlen von Erbscheinen.
Da die Kläger alle im Ausland wohnten, verlange sie Stellung von Sicherheiten für die Erstattung der Prozesskosten/Anwaltskosten für den Fall des Unterliegens der Berufungskläger.
Die Möglichkeit nach § 7 a VermG eine Sicherungshypothek eintragen zu lassen, lasse das Recht zum Besitz nicht entfallen. Dies sei nur eine zweite Sicherheit.
Sie willige in die nunmehr erklärte Aufrechnung mit den Forderungen der Kläger aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht ein.
Sie meint, dass sie von den Klägern die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück aus dem 1939 geschlossenen schuldrechtlichen Vertrag verlangen könne, da der Restitutionsbescheid, dessen Aufhebung sie beantragt habe, nur das dingliche Rechtsgeschäft erfasse. Art. 76 des Gesetzes Nr. 59 der Militärregierung Deutschland sei immer noch gültiges Gesetz und könne auch nicht durch das Vermögensgesetz unterlaufen werden. Zudem berufe sie sich auf Verjährung, Ersitzung und Verwirkung.
Der Verkäufer habe von 1939 bis 1981 nichts unternommen, um sein Grundstück zurückzuerlangen, obwohl er in K...gelebt habe. Der Käufer und dessen Anschrift seien ihm bekannt gewesen. Er hätte leicht um Rückübereignung bitten können oder den Kaufvertrag anfechten können. Es wäre möglich gewesen, seine Ansprüche auch bei den DDR-Behörden geltend zu machen. Die Ausübung des behördlichen Rückerstattungsakt sei rechtswidrig und es könne nach § 242 keine Vollstreckung erfolgen. Die Herausgabeklage sei rechtsmissbräuchlich und deswegen abzuweisen und die Berufung ebenfalls abzuweisen. Sie verlange Einhaltung des notariellen Kaufvertrages.
Die Akten des Verwaltungsgerichts Potsdam 9 K 4701/99 waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II.
Die Berufung ist statthaft, insbesondere form- und fristgerecht eingereicht und begründet worden (§ 511 Abs. 1 und 2., 513, 514, 519, 520 ZPO). Sie hat auch in der Sache zum überwiegenden Teil Erfolg.
Die Kläger haben gegen die Beklagte nach Rückübertragung des streitigen Grundstücks in R... auf die aus den Klägern zu 1) bis 17) bestehende Erbengemeinschaft einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks G... 49 in R... an die Erbengemeinschaft. Die Kläger sind als ungeteilte Erbengemeinschaft aktiv legitimiert und können Herausgabe an die Erbengemeinschaft verlangen (§ 2039 BGB).
1.
Soweit die Beklagte die Vollmacht des Prozessbevollmächtigten der Kläger rügt, greift dieser Einwand nicht.
Gemäß § 80 Abs. 1 ZPO hat der Bevollmächtigte die Bevollmächtigung durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen und diese zu den Gerichtsakten abzugeben. Zum Nachweis erforderlich und ausreichend ist die schriftliche Vollmacht, die in der Regel im Original oder als Beglaubigung vorzulegen ist. Die Vollmachtsurkunde muss die Erteilung der Vollmacht als Willenserklärung enthalten. Die Kläger haben eine ausreichende Bevollmächtigung für alle 17 Kläger nachgewiesen. Im Verwaltungsgerichtsverfahren Verwaltungsgericht Potsdam Az. 9 K 4701/99, das Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, liegen Originalvollmachten der Kläger zu 3), 8) bis 12) vor. Die Vollmachten erstrecken sich auf den Gegenstand "R...L... Nachlass wegen Restitution Grundstück in R..., G...49". Damit ist auch der hiesige Streit vor dem Zivilgericht auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks abgedeckt und nach Auffassung des Senats eine ausreichende Bevollmächtigung belegt. Es geht um die Folgen der Restitution. Für die Kläger zu 1), 2), 4) bis 7) und 13) bis 17) hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung Originalvollmachten zu den Akten gereicht. Der Gegenstand der Vollmacht betrifft "R...L... Nachlass, G... 49, R..." und die Vollmacht ist "für alle Instanzen, Folge- und Nebenverfahren aller Art erteilt ...". Davon ist auch das hiesige Klageverfahren auf Räumung und Zahlung von Nutzungsentschädigung umfasst. Eine ausreichende Vollmacht für das hiesige Klageverfahren liegt vor.
2.
Soweit die Beklagte rügt, für die beiden während des Rechtsstreits verstorbenen Kläger zu 10) und 16) bedürfe es des Nachweises, wer sie beerbt habe, der Vorlage entsprechender Erbscheine und auch der Vollmachten, greift dieser Einwand nicht.
Hinsichtlich der beiden verstorbenen Kläger zu 10) und 16) bedarf es zum einen keiner neuen Vollmacht. Gemäß § 86 ZPO wird die Vollmacht durch den Tod des Vollmachtgebers nicht aufgehoben. War dem Bevollmächtigten bei Klageerhebung oder auch Rechtsmitteleinlegung der Tod seines Vollmachtgebers unbekannt, so gilt die Klage als für die Erben erhoben, das Rechtsmittel namens der Erben eingelegt (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 86 Rdnr. 8 m. w. N.; BGHZ 121, 263, 265). Es tritt grundsätzlich auch keine Unterbrechung des Verfahrens ein; der Prozess wird von dem bisherigen Bevollmächtigten weitergeführt. Eine Unterbrechung des Verfahrens gem. § 239 ZPO kommt deswegen nicht in Betracht, weil die verstorbenen Kläger von einem Prozessbevollmächtigten vertreten waren (§ 239 ZPO, 246 ZPO).
Soweit die Beklagte Erbscheine hinsichtlich aller Kläger nach dem Restitutionsberechtigten R... L... (Verkäufer des streitigen Grundstücks 1939) verlangt, greift dieser Einwand ebenfalls nicht. Die Kläger sind im Grundbuch von R... Blatt 8622 als Eigentümer des streitigen Grundstücks in ungeteilter Erbengemeinschaft eingetragen, so dass für sie die Vermutung gemäß § 891 BGB streitet. Sie müssen ihr Grundeigentum nicht zusätzlich durch Vorlage von Erbnachweisen unter Beweis stellen.
3.
Entgegen der Ansicht der Beklagten besteht eine Verpflichtung der Kläger zur Leistung einer Prozesssicherheit nicht. Gemäß § 110 ZPO leisten Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum haben, auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit. Die Erhebung der Einrede der Prozesskostensicherheit ist zwar auch im Berufungsverfahren möglich. Allerdings ist sie nur zuzulassen, wenn die Partei das verspätete Vorbringen genügend entschuldigt (vgl. BGH MDR 90, 432; OLG Frankfurt MDR 92, 188 f OLG Hamm OLGR 1999, 248 ff.). Es handelt sich bei der Rüge der mangelnden Prozesskostensicherheit um eine verzichtbare Zulässigkeitsvoraussetzung der Klage. In der zweiten Instanz kann die Rüge der mangelnden Prozesskostensicherheit nur erhoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Sicherheitsleistung erst in der zweiten Instanz eingetreten sind oder die Rüge in der Vorinstanz ohne Verschulden nicht erhoben worden ist (vgl. OLG Hamm, a. a. O.). Weder das eine noch das andere ist vorliegend der Fall. Bereits in erster Instanz hat die Beklagte das Verlangen nach Sicherheitsleistung gem. § 110 ZPO erst mit Schriftsatz vom 17. November 2005, bei Gericht eingegangen am 21. November 2005, also nach der mündlichen Verhandlung am 05. Oktober 2005, geltend gemacht. Schon dieser Antrag war wegen § 282 Abs. 3 ZPO zurückzuweisen (§ 296 Abs. 3 ZPO). Mit dem jetzt in der Berufungsinstanz gestellten Antrag im Schriftsatz vom 27. März 2006 hat die Beklagte keinerlei Umstände vorgetragen, die das verspätete Vorbringen genügend entschuldigen könnten. Hinzu kommt, dass hier die Ausnahmeregelung gemäß § 110 Abs. 2 Nr. 3 ZPO greift. Danach tritt die Verpflichtung zur Prozesskostensicherheit nicht ein, wenn der Kläger im Innland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt. Die Kläger sind in Erbengemeinschaft als Eigentümer des hier streitgegenständlichen Grundstücks im Grundbuch von R... Blatt 8622 seit dem 27. Februar 2006 eingetragen. Das Grundbuch ist in den Abteilungen II und III ohne Belastungen, so dass der Wert des Grundstücks zur Deckung der Prozesskosten ausreichend ist.
4.
Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe des Grundstücks G... 49 in R... an die Erbengemeinschaft gemäß § 1004, § 985 BGB.
Die Kläger sind mit bestandskräftigem Restitutionsbescheid, der für das Zivilgericht Bindung entfaltet, Eigentümer des Grundstücks in R... (§ 34 VermG). Die Beklagte ist Besitzerin dieses Grundstücks und hat kein Recht zum Besitz gemäß § 986, das sie dem Eigentumsrecht der Kläger entgegen setzen kann.
Ein derartiges Recht der Beklagten zum Besitz im Sinn von § 986 BGB ergab sich zwar, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, zunächst aus § 7 a Abs. 3 VermG, das den Herausgabeanspruch der Kläger grundsätzlich hindert. Danach konnte die Beklagte wegen des unstreitig seinerzeit entrichteten Kaufpreises von den Klägern 76,79 € erstattet verlangen. Den zutreffenden Ausführungen hierzu und zur Frage der Umrechnung des Betrages von Reichsmark in DM und sodann in Euro in den Gründen des Landgerichts schließt sich der Senat an. Bis zur Zahlung dieses Betrages stand der Beklagten ein Recht zum Besitz an dem Grundstück und nicht nur ein Zurückbehaltungsrecht zu.
Soweit das Landgericht allerdings angenommen hat, dass die Beklagte berechtigt gewesen sei, sich auf ihr Recht zum Besitz auch dann noch zu berufen, als die Kläger in der mündlichen Verhandlung ihr zur Erfüllung dieses Anspruchs 75 € angeboten haben, kann dem nicht gefolgt werden. Die Forderung der Beklagten war zu diesem Zeitpunkt fällig und erfüllbar, so dass die Beklagte die Entgegennahme des Betrages nicht verweigern durfte. Die Annahmepflicht entfiel nicht etwa deswegen, weil das Angebot der Kläger um 1,69 € hinter dem tatsächlich geschuldeten Betrag zurückblieb und es sich deswegen nur um eine Teilleistung handelte, zu deren Leistung der Schuldner grundsätzlich nicht berechtigt ist (§ 266 BGB). Denn der Klägervertreter, der diese Summe der Beklagten anbot, durfte für die Kläger in vertretbarer Würdigung der Umstände davon ausgehen, mit den 75 € alles, was die Kläger der Beklagten schuldeten, angeboten zu haben (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl. § 266 Rdnr. 8 m. w. N.). Zudem fehlte nur ein sehr geringer Spitzenbetrag ( = 2 %) des Gesamtbetrages, so dass der Rechtsgedanke des § 320 Abs. 2 BGB Anwendung findet. Danach kann bei einer Teilleistung die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Hier liegt ein derartiger Verstoß gegen Treu und Glauben vor, wenn die Beklagte sich wegen eines Forderungsbetrages von 1,69 € gegenüber dem Herausgabeverlangen eines Grundstücks, das nach ihrem eigenen Vortrag am 20. April 2005 unter Berücksichtigung des Altbestandes der Gebäude einen Verkehrswert von immerhin 25.000 € gehabt haben soll, auf eine Teilleistung beruft und deswegen die Annahme verweigert. Dies bedeutet, dass seit dem Angebot in der mündlichen Verhandlung am 05. Oktober 2006 das Besitzrecht der Beklagten entfallen ist.
Auch aus einem weiteren Grund ist das Besitzrecht der Beklagten seit der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erloschen. Die Kläger haben im Termin zur mündlichen Verhandlung am 5. Oktober 2005 nicht nur die Zahlung angeboten, sondern auch gegenüber dem Herausgabeanspruch der Beklagten auf den Kaufpreis die Aufrechnung erklärt mit ihren prozessualen Kostenerstattungsansprüchen aus dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren VG Potsdam, Az: 9 K 4701/99 gegen die Beklagte. Dadurch ist der Anspruch der Beklagten gemäß § 389 BGB erloschen. Die Voraussetzungen einer wirksamen Aufrechnungserklärung mit hinreichender Bestimmtheit der aufgerechneten Forderung liegen vor. Voraussetzungen der Aufrechnung sind Gegenseitigkeit und Gleichartig der Forderungen, was vorliegend unzweifelhaft gegeben ist, und die Gegenforderung muss voll wirksam und fällig sein. Es muss sich um eine Forderung handeln, deren Erfüllung erzwungen werden kann und der keine Einrede entgegensteht (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 65. Aufl., § 387 Rdnr. 11). Diese Voraussetzungen müssen im Zeitpunkt des Zugangs der Aufrechnungserklärung vorliegen. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch, mit dem die Kläger aufrechnen, wird mit Erlass einer vollstreckbaren Kostengrundentscheidung in diesem Sinne wirksam und fällig. Liegt diese vor, kann mit ihm aufgerechnet werden (vgl. BGH WM 76, 460). Die von den Klägern zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung ist voll wirksam und fällig in diesem Sinn. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 0 4. April 2005, die Kostengrundentscheidung, ist unanfechtbar und damit vollstreckbar. Die Forderung der Beklagten ist durch die von den Klägern erklärte Aufrechnung in Höhe eines Betrages von 76,69 € erloschen (§§ 387, 389 BGB). Das Verwaltungsgericht Potsdam hat mit Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 29. Juni 2005 und vom 20. Juni 2005 die Festsetzung der von der hiesigen Beklagten an die hiesigen Kläger zu erstattenden Kosten auf 6.759,84 € und 4.163,31 € nebst Zinsen festgesetzt, so dass die Forderung der Beklagten auf Herausgabe des seinerzeit gezahlten Kaufpreises mit Erklärung der Aufrechnung seit dem 5. Oktober 2005 erloschen ist. Auf die Frage, ob die Aufrechnung in zweiter Instanz zuzulassen ist gemäß § 533 ZPO, kommt es danach für die Entscheidung nicht an.
Dem Herausgabeverlangen der Kläger steht auch nicht der Einwand des dolo petit entgegen wegen eines Anspruchs auf Rückauflassung des Grundstücks. Der ehemalige Auflassungsanspruch aus dem vom Vater der Beklagten 1939 geschlossenen Kaufvertrag war durch Erfüllung erloschen und lebte mit dem Restitutionsbescheid nicht wieder auf.
Die Einwendungen der Beklagten zur Ersitzung, Verjährung und Verwirkung stehen dem Anspruch der Kläger ebenfalls nicht entgegen. Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor. Auch der Hinweis der Beklagten auf Art. 76 des Gesetzes Nr. 59 der Militärregierung Deutschland vermag nicht den Anspruch der Kläger zu beseitigen. Dieses Gesetz galt nur im amerikanischen Kontrollgebiet und nicht in Brandenburg.
5.
Ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die Monate April bis Juni 2005 steht den Klägern hingegen aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu und die Berufung ist insoweit unbegründet.
Ein solcher Anspruch kann nicht aus §§ 990 Abs. 1 Satz 2, 987 Abs. 1 BGB hergeleitet werden. Zwar hat gemäß § 987 Abs. 1 BGB der Besitzer dem Eigentümer die Nutzungen herauszugeben, die er nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit zieht. Nach § 990 S. 2 Abs. 1 Satz 2 BGB haftet der Besitzer, der später erfährt, dass er zum Besitz nicht berechtigt ist, in gleicher Weise wie der nicht gutgläubige Besitzer von der Erlangung der Kenntnis an. Die Beklagte hatte jedoch bis zum 05. Oktober 2005 - Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht - ein Recht zum Besitz an dem herausverlangten Grundstück gemäß § 7 a Abs. 3 VermG. Auch §§ 812 ff BGB scheiden als Anspruchsgrundlage aus. § 7 a Abs. 3 VermG gibt der Beklagten einen Rechtsgrund für den Besitz an dem Grundstück jedenfalls noch für den hier geltend gemachten Zeitraum vom 01. April bis 30. Juni 2005.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1 und Abs. 2, §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO. Soweit die Kläger mit dem ersten Hilfsantrag unterlegen sind hat dies kostenrechtlich keine Auswirkungen, da der Hilfsantrag nicht zu einer Erhöhung des Streitwertes geführt hat. Eine Aufhebung und Zurückverweisung kam nicht in Betracht, da die Voraussetzungen gemäß § 538 ZPO nicht vorlagen.
Gründe, die es gemäß § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen können, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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