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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 21.06.2007
Aktenzeichen: 5 U 168/06
Rechtsgebiete: BGB, BauGB


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 2
BGB § 1020
BGB § 1023
BGB § 1090 Abs. 2
BauGB § 4 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 168/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 21.06.2007

Verkündet am 21.06.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. Mai 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt, die Richterin am Oberlandesgericht Kiepe und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 21. März 2006 - Az. 4 O 174/05 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 8.816,96 €.

Gründe:

I.

Der Kläger hat mit notariellem Kaufvertrag vom 4. Juli 2001 ein innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans "H..." gelegenes und mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit belastendes Grundstück erworben. Der Bebauungsplan ist am 17. Januar 2001 in Kraft getreten. Über das Grundstück verlaufen Versorgungsleitungen des Beklagten. Für diese wurden noch von den Voreigentümern, die das Grundstück an den Kläger veräußert haben, eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit bestellt. Beim Ausheben der Baugrube stellte der Kläger fest, dass die Versorgungsleitungen innerhalb des im Bebauungsplan ausgewiesenen Baufensters lagen.

Die durch die Verlegung der Leitungen entstandenen Kosten einschließlich der durch eine von ihm behauptete Bauverzögerung zusätzlich angefallenen Bereitstellungszinsen macht der Kläger mit der vorliegenden Klage geltend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe kein Rechtsverhältnis vorgetragen, aus dem sich ein Anspruch gegen den Beklagten ergeben könne. Vertragliche und gesetzliche Ansprüche seien nicht ersichtlich. Auch unter Vertrauensgesichtspunkten komme ein Anspruch nicht in Betracht. Die Erklärungen vom 13. Juli 1999 und 8. Oktober 1999 seien nicht gegenüber dem Kläger abgegeben worden, sondern allein innerhalb des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplans. Die Beklagte habe in diesem Zusammenhang darüber hinaus auf die Unverbindlichkeit der Maßangaben in den vorliegenden Plänen hingewiesen. Da vor der Durchführung der konkreten Baumaßnahme der Kläger keinen Kontakt zu der Beklagten aufgenommen habe, habe die Beklagte insoweit auch keine Hinweispflichten verletzt. Gegen das ihm am 25. April 2006 zugestellte Urteil des Landgerichts Cottbus hat der Kläger mit am 24. Mai bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist letztmals bis zum 28. August 2006 mit am 25. August 2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens stützt der Kläger seinen Anspruch ergänzend darauf, dass durch die Bestellung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zu Gunsten des Beklagten ein gesetzliches Schuldverhältnis entstanden sei. Die Pflichten aus diesem Schuldverhältnis habe der Beklagte grob fahrlässig verletzt, in dem er bei der Bestellung der Dienstbarkeit falsche Angaben über deren Verlauf gemacht habe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Cottbus vom 21. März 2006, Az. 4 O 174/05, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 8.818,96 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517, 519, 520 ZPO). In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg; dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegen den Beklagten der geltend gemachte Schadensersatzanspruch zu.

1.

Da unmittelbar zwischen den Parteien des Rechtsstreits vertragliche Regelungen nicht bestehen, kommt ein vertraglicher Schadensersatzanspruch von vornherein nicht in Betracht.

2.

Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB für den vom Kläger geltend gemachten Vermögensschaden sind ebenfalls nicht gegeben.

Als drittschützende Norm, deren Verletzung zu einem solchen Schadensersatzanspruch führen könnte, kommen allein die Festsetzungen des in der Rechtsform der Satzung ergangenen Bebauungsplanes in Betracht. Der Beklagte hatte diesen jedoch nicht selbst erlassen, sondern ist lediglich als Träger öffentlicher Belange im Rahmen des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplanes beteiligt worden. Bei dieser Beteiligung der Träger öffentlicher Belange handelt es sich jedoch um eine rein verwaltungsinterne Angelegenheit, der eine unmittelbare Außenwirkung gegenüber dem Bürger nicht zukommt.

Selbst wenn man dies anders beurteilen wollte, könnte nicht festgestellt werden, dass dem Beklagten im Rahmen seiner Beteiligung eine wie auch immer geachtete Pflichtverletzung anzulasten wäre. Der Beklagte wurde erstmals im Rahmen der Aufstellung des Vorhabens- und Erschließungsplanes beteiligt und hat sich hier mit Schreiben vom 13. Juli 1999 gegenüber dem Planungsbüro B... geäußert. Dort heißt es zwar unter Ziffer 3, die auf dem Lageplan dargestellten Trinkwasserleitungen könnten bestätigt werden, auf dem Plan ist aber ausdrücklich vermerkt, dass die Maßangaben unverbindlich sind und eine Maßentnahme nicht erfolgt ist. Nach dem Beschluss zur Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans durch die Stadt B... wurde der Beklagte gemäß Schreiben der Stadt vom 1. September 1999 nach § 4 Abs. 2 BauGB beteiligt und um eine Stellungnahme gebeten. Hierauf antwortete der Beklagte mit Schreiben vom 8. Oktober 1999. In diesem Schreiben wurden ebenfalls die vorgelegten Unterlagen bestätigt, allerdings wieder mit der Ergänzung und Einschränkung dass die Maßangaben unverbindlich seien und eine Maßentnahme nicht erfolgt sei.

Der Beklagte hat den Verlauf der Trinkwasserleitungen damit zwar grundsätzlich bestätigt, aber immer mit der Einschränkung, dass die Maßangaben unverbindlich seien und eine Maßentnahme nicht erfolgt sei. Mit dieser Einschränkung war die Äußerung im Beteiligungsverfahren aber schon nicht unrichtig.

Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches aus § 823 Abs. 2 BGB sind damit in keinem Fall gegeben.

3.

Ein Schadensersatzanspruch kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Pflichten aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis in Betracht.

a)

Zutreffend geht der Kläger in der Berufungsinstanz davon aus, dass zwischen dem Eigentümer des dienenden Grundstücks und dem Berechtigten aus der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit ein gesetzliches Schuldverhältnis mit gegenseitigen Rechten und Pflichten besteht; die wesentlichen Rechte und Pflichten ergeben sich hier aus den §§ 1090 Abs. 2, 1020 BGB.

b)

Es ist bereits zweifelhaft, ob die Pflicht, den korrekten Verlauf einer Leitung, für die eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit bestellt werden soll, Teil des gesetzlichen Schuldverhältnisses ist, weil mit einer solchen Angabe auch möglicherweise schuldrechtlich die Ausübung der Grunddienstbarkeit, wie dies etwa in der Regelung des § 1023 BGB vorausgesetzt wird, auf einen bestimmten Teil des Grundstücks begrenzt werden soll.

c)

Diese Frage kann aber im Ergebnis offen bleiben, weil sich auch in diesem Zusammenhang nicht feststellen lässt, dass der Beklagte bei der Bestellung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit im Jahre 2000 durch die Grundstückseigentümer hinsichtlich des Verlaufs der Wasserleitung falsche Angaben gemacht hat.

Der Kläger will eine solche falsche Angabe aus dem Wortlaut der Bestellungsurkunde herleiten, wo es unter Nr. 2 heißt: "Die Lage der Ver- bzw. Entsorgungsanlagen ergibt sich aus der Örtlichkeit und dem vorgelegten Plan." Der Kläger übersieht in diesem Zusammenhang, dass es sich bei der vorgelegten Bewilligung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit formal um eine Erklärung der Grundstückseigentümer handelt, nicht aber um eine solche des Beklagten. Es lässt sich weiter nicht feststellen, dass diese Bewilligung auf falschen Angaben des Beklagten zum Verlauf der Leitung beruht. Die Bewilligungserklärung selbst enthält keine konkreten Angaben zum Verlauf der Leitung; entsprechend erfolgte auch die Eintragung der Dienstbarkeit hinsichtlich des gesamten Grundstücks. Ob überhaupt und wenn ja welcher Plan vorlag, aus dem sich der Verlauf der Leitung ergeben soll und ob dieser vom Beklagten stammt und er für die Richtigkeit des Verlaufs auch die Gewähr übernommen hat, lässt sich weder der Urkunde noch dem Vortrag des Klägers entnehmen.

Eine Verletzung der Pflicht aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis lässt sich danach ebenfalls nicht feststellen.

d)

Selbst wenn man dies anders sehen und eine Pflichtverletzung bejahen wollte, wäre diese Pflichtverletzung aber für den geltend gemachten Schaden nicht kausal geworden. Bereits aus der Klageschrift ergibt sich, dass der Kläger bei der Errichtung seines Hauses allein auf die Festsetzung des Baufensters im Bebauungsplan und auf den Inhalt der ihm erteilten Baugenehmigung vertraut hat. Für die Richtigkeit der Festsetzung im Bebauungsplan hat der Beklagte aber gegenüber dem Kläger - wie bereits ausgeführt - nicht unmittelbar einzustehen. Es ist in diesem Zusammenhang nicht einmal vorgetragen, dass dem Kläger vor Beginn des Aushebens der Baugrube der Wortlaut der Bestellungsurkunde für die beschränkt persönliche Dienstbarkeit bekannt war. Abgesehen davon lassen sich weder aus dem Inhalt der Bestellungsurkunde noch der Eintragung konkrete Anhaltspunkte hinsichtlich des Verlaufs der Leitung herleiten; auch die ursprünglichen Eigentümer die dem Kläger das Grundstück verkauft hatten, haben mit ihrem Schreiben vom 25. August 2003 dem Kläger mitgeteilt, dass zum Notarvertrag bezüglich der Bestellung der Dienstbarkeit eine Bemaßung nicht erforderlich gewesen sei.

Ein Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung der Pflichten aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis käme daher auch deswegen nicht in Betracht, weil es an der erforderlichen Kausalität fehlt.

4.

An diesem Ergebnis ändert auch der vom Kläger im Termin in der mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2007 überreichte Plan nebst Kurzbrief des Beklagten nichts. Selbst wenn man hier zu Gunsten des Klägers annimmt, dass dieses Vorbringen in der Berufungsinstanz noch berücksichtig werden kann - ausweislich des Kurzbriefes wurde dieser Plan dem Kläger von dem Beklagten am 14. August 2003 übergeben - kann ein Schadensersatzanspruch hierauf nicht gestützt werden. Es lässt sich bereits nicht feststellen, dass dieser Plan nicht mit den bereits im Verfahren überreichten Plänen, deren Richtigkeit und Vollständigkeit der Beklagte mit der genannten Einschränkung im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplanes bestätigt hat, nicht übereinstimmt. Unabhängig davon wären auch hierdurch allenfalls die Pflichten des Beklagten im Rahmen des Beteiligungsverfahrens nach § 4 Abs. 2 BauGB betroffen. Wie bereits ausgeführt, kann der Kläger aber hierauf gerade keinen Schadensersatzanspruch gründen. Eine Verletzung eines gesetzlichen Schuldverhältnisses lässt sich mittels des nunmehr vorgelegten Planes ebenfalls nicht belegen.

5.

Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (§ 543 Abs. 2 ZPO), sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Ende der Entscheidung

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