Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.05.2002
Aktenzeichen: 5 U 190/00
Rechtsgebiete: SachenRBerG, ZPO, EGZPO


Vorschriften:

SachenRBerG § 2 Nr. 2
SachenRBerG § 7 Abs. 1
SachenRBerG § 7 Abs. 1 Nr. 2
SachenRBerG § 7 Abs. 2 Nr. 2
SachenRBerG § 9 Abs. 2 Nr. 3
SachenRBerG § 15 Abs. 1
SachenRBerG § 61 Abs. 1
SachenRBerG §§ 87 ff.
SachenRBerG § 104
SachenRBerG § 105
SachenRBerG § 106
SachenRBerG § 108 Abs. 1
ZPO § 91
ZPO § 511
ZPO § 511 a
ZPO § 518
ZPO § 519 c
ZPO § 543 n. F.
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
EGZPO § 26 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 190/00 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 16.05.2002

verkündet am 16.05.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 2002 durch

den Richter am Oberlandesgericht den Richter am Oberlandesgericht sowie die Richterin am Landgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 1. September 2000 - 1a O 288/00 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass dem Kläger ein Anspruch gegenüber den Beklagten auf Ankauf des Grundstücks Dorfstraße, 1... W..., Flur 6, Flurstück 172 nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zusteht.

Die Kosten des Rechtsstreits (I. und II. Instanz) tragen die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.200,00 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Berechtigung des Klägers zum Ankauf eines Grundstücks nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz.

Der Kläger ist Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Konsumgenossenschaft N.

Die Gemeinschuldnerin ist im Jahre 1990 durch Verschmelzung der Kreiskonsumgenossenschaften D..., M..., N..., N..., P..., P..., R..., S..., Tem..., Tet..., U..., W... und dem Konsumgenossenschaftsverband Bezirk N... entstanden.

Die Konsumgenossenschaft Tem..., die in der Gemeinschuldnerin aufgegangen ist, schloss am 27. September 1984 mit dem Rat der Gemeinde W... einen Kommunalvertrag. In diesem Vertrag verpflichtete sich der Rat der Gemeinde, auf dem Grundstück der Gemarkung W..., Flur 6, Flurstück 172, das damals in Volkseigentum stand, eine Verkaufsstelle zu errichten und sicherte die materielle Abdeckung. Die Konsumgenossenschaft verpflichtete sich, die Einrichtung des Objektes vorzunehmen und die Versorgungsbereitschaft zu sichern. Nach Abschluss der Bauarbeiten sollte die Konsumgenossenschaft das Objekt gegen Zahlung der Aufwendungen, höchstens jedoch 110.000,00 Mark/DDR übernehmen. Die Bauausführung hatte auf der Grundlage der Aufgabenstellung der Konsumgenossenschaft zu erfolgen. Mit Bezahlung der Rechnung und beiderseitigen Bestätigungen des Übergabe/Übernahmeprotokolls sollte das Gebäude in den Grundmittelbestand der Konsumgenossenschaft übergehen. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarung wird auf Bl. 8 d. A. Bezug genommen.

Die Gemeinde errichtete das Gebäude im Jahre 1984. Die Konsumgenossenschaft Tem... nutzte das Gebäude in der Folgezeit zum Betrieb einer Verkaufsstelle.

Durch bestandskräftigen Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen des Landkreises U... wurde das Grundstück auf die Beklagten rückübertragen. Am 15. Juli 1998 beantragte der Kläger ein notarielles Vermittlungsverfahren mit dem Ziel, das Grundstück anzukaufen. Nachdem die Beklagten die Anspruchsberechtigung des Klägers in diesem Verfahren bestritten haben, setzte der Notar das Verfahren aus und verwies die Parteien auf den Klageweg.

Der Kläger hat behauptet, die Konsumgenossenschaft Tem... habe das aufstehende Gebäude im Jahre 1975 auf dem streitgegenständlichen Grundstück errichtet, die Rekonstruktion 1984 sei zwar durch die Gemeinde vorfinanziert worden. Das Gebäude sei dann jedoch an die Konsumgenossenschaft übergeben worden, wobei auch ein entsprechendes Protokoll gefertigt worden sei.

Nach Übergabe der Rechnungsbelege durch die Gemeinde habe die Konsumgenossenschaft 110.000,00 M/DDR an die Gemeinde überwiesen. Das Objekt sei dann unter Gebäude auf fremden Grundstücken in die Bilanz der Konsumgenossenschaft aufgenommen worden.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass ihm ein Anspruch gegenüber den Beklagten auf Ankauf des Grundstücks Dorfstraße, 1... W..., Flur 6, Flurstück 172 zur Größe von 600 m2 zum halben Bodenwert nach Maßgabe des SachenRBerG zusteht.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, das aufstehende Gebäude sei nicht mit Eigenmitteln der Konsumgenossenschaft finanziert worden. Zu einer Übernahme der Verkaufsstelle sei es nicht gekommen. Die von der Gemeinde für den Bau aufgewendeten Kosten seien niemals abgelöst worden. Die Zeugin Mü... könne bestätigen, dass der Bau des Konsumgebäudes ausschließlich aus Mitteln des Rates der Gemeinde erfolgt sei.

Das Landgericht Neuruppin hat mit Urteil vom 1. September 2000 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Nr. 3 SachenRBerG nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere habe er nicht dargelegt, dass die Rechtsvorgängerin das Gebäude als Investitionsauftraggeber ganz oder überwiegend mit eigenen Mitteln finanziert habe. Eine Errichtung des Gebäudes im Jahre 1975 habe der Kläger weder substantiiert behauptet, noch unter Beweis gestellt. Die Investition 1984 sei durch die Gemeinde, nicht durch die Konsumgenossenschaft erfolgt. Eine spätere Erstattung sei nicht nachvollziehbar dargelegt. Der Abfluss des Geldbetrages sei nicht dargelegt. Das Übergabeprotokoll zur Übertragung der Rechtsträgerschaft sei inhaltlich nicht dargelegt. Nach der Verordnung über den Verkauf und Kauf volkseigener unbeweglicher Grundmittel durch Betriebe der volkseigenen Wirtschaft vom 28. August 1968 und der Anordnung für die Übertragung volkseigener unbeweglicher Grundmittel an sozialistische Genossenschaften vom 11. Oktober 1974 seien Kaufverträge, deren Wirksamkeit von Genehmigungen abhängig gewesen seien, abzuschließen und nicht Kommunalverträge. Demgemäß spreche alles für die Einräumung eines schuldrechtlichen Nutzungsrechts, das nicht der Sachenrechtsbereinigung unterliege.

Gegen das ihm am 2. Oktober 2000 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 2. November 2000, eingegangen bei Gericht am selben Tage, Berufung eingelegt und dieselbe mit weiterem Schriftsatz vom 4. Dezember 2000, eingegangen bei Gericht am selben Tage, einem Montag, begründet.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger unter teilweiser Berichtigung seines erstinstanzlichen Vorbringens sein Klageziel weiter und trägt vor, das aufstehende Gebäude sei im Jahre 1984 errichtet worden. Das Gebäude sei 1984 mit Billigung staatlicher Stellen durch Eigenmittel der Konsumgenossenschaft unter vorläufiger Einschaltung der Gemeinde W... errichtet worden. Der Kläger habe erstinstanzlich Beweis angeboten, die das Landgericht fehlerhaft nicht erhoben habe.

Aus der Standortgenehmigung folge, dass das Objekt mit Billigung staatlicher Stellen errichtet worden sei. Bereits lange vor Errichtung der Verkaufshalle habe es im Vorfeld Bemühungen der Gemeinde, der LPG und der Betriebe, die ihre Ferieneinrichtungen in W... gehabt hätten, gegeben, gemeinsam mit dem Konsum eine neue Verkaufsstelle zu errichten. Die Gemeinde habe die Initiative übernommen und den Bau als Bauherrin errichtet. Die Finanzierung sei sodann auf Grund des Kommunalvertrages erfolgt, wonach die Bauaufwendungen durch die Konsumgenossenschaft auszugleichen gewesen seien. So sei auch tatsächlich verfahren worden.

Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils habe der frühere Bürgermeister, der Zeuge K..., ausdrücklich bestätigt, dass der Gesamtpreis für das Gebäude von der Konsumgenossenschaft Tem... im Jahre 1984 bezahlt worden sei. Jedenfalls sei nach Eröffnung der Verkaufsstelle im November 1984 eine Rechnung in Höhe von 126.942,64 M/DDR von der Gemeinde W... an den Konsum für die Ablösung des Gebäudes gestellt worden. Diese sei von dem zuständigen Mitarbeiter D... als sachlich richtig bestätigt und zur Anweisung freigegeben worden. Diese Rechnung sei auch tatsächlich ausgeglichen worden.

Ein Übergabe/Übernahmeprotokoll sei angefertigt worden, aber nicht mehr vorhanden. Das Objekt sei mit einer gebührenden Feier eröffnet worden, in deren Rahmen auch eine symbolische Schlüsselübergabe durch die Gemeinde an den Konsum erfolgt sei.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils festzustellen, dass er einen Anspruch gegenüber den Beklagten auf Ankauf des Grundstücks Dorfstraße, 1... W..., Flur 6, Flurstück 172 nach Maßgabe des Sachenrechtsbereinigungsgesetz hat.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil. Es sei unerheblich, was beabsichtigt gewesen sei, maßgeblich sei allein, ob die Bauaufwendungen durch die Konsumgenossenschaft gezahlt worden seien. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen, wofür erstinstanzlich auf Seiten der Beklagten Beweis durch Zeugnis Frau Mü... angeboten worden sei. Das Vorbringen zum Zahlungsvorgang sei weiterhin unsubstantiiert. Im Übrigen sei auch ein Übergabe/Übernahmeprotokoll nicht vorhanden.

Wegen des Parteivorbringens im Einzelnen wird auf die jeweiligen Schriftsätze der Parteien sowie auf die hierzu überreichten Unterlagen Bezug genommen.

Der Senat hat durch Vernehmung der Zeugen U..., M... und Mü... Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift des Sitzungsprotokolls vom 11. April 2002 (Bl. 219 ff. d. A.) Bezug genommen. Der Kläger hat auf die Vernehmung des Zeugen K... verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 511, 511 a, 518, 519 ZPO zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg.

Die Klage auf Feststellung des Ankaufsrechts nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz ist nach § 108 Abs. 1 SachenRBerG zulässig. Es ist anerkannt, dass der Nutzer jederzeit - vor oder während des notariellen Vermittlungsverfahrens - Klage auf positive Feststellung erheben kann, wenn der Eigentümer generell, wie vorliegend, den Anwendungsbereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes bestreitet (BGH Urteil vom 10.7.1998 - V ZR 302/97 - Umdruck S. 7). Der Kläger hat zweitinstanzlich zutreffenderweise seinen Klageantrag nicht mehr auf eine bestimmte Fläche des Grundstücks, dessen Ankauf er begehrt, beschränkt. Die Klärung, welche unvermessene Grundstücksteilfläche von der Sachenrechtsbereinigung betroffen ist, muss in dem notariellen Vermittlungsverfahren nach § 87 ff. SachenRBerG, gegebenenfalls in dem gerichtlichen Verfahren nach §§ 104 bis 106 SachenRBerG, erfolgen (BGH Urteil vom 18. Mai 2001 - V ZR 239/00).

Dem Kläger steht hinsichtlich des Grundstücks in der Gemarkung W..., Flur 6, Flurstück 172 mit der postalischen Anschrift Dorfstraße, 1... W... ein Ankaufsrecht gemäß § 15 Abs. 1, § 61 Abs. 1 SachenRBerG zu. Die bauliche Nutzung durch die Gesamtvollstreckungsschuldnerin unterfällt gemäß §§ 7 Abs. 1, 2 Nr. 2, 9 Abs. 2 Nr. 3 SachenRBerG der Sachenrechtsbereinigung.

Zwar sind die Voraussetzungen des in § 7 Abs. 2 Nr. 2 SachenRBerG normierten Regelbeispiels dem Wortlaut nach nicht gegeben. Denn die Übertragung der Rechtsträgerschaft an dem bebauten Grundstück ist hier unterblieben. Jedoch erfolgte die Übertragung der Rechtsträgerschaft in der Regel nach Abschluss des Bauvorhabens. Dies galt insbesondere für die Fälle, in denen die Bebauung unter Einschaltung eines staatlichen Hauptauftraggebers erfolgte. Ist es zur Übertragung der Rechtsträgerschaft nach Abschluss des Vorhabens gekommen, so ist die Genossenschaft als Investitionsauftraggeber anspruchsberechtigte Nutzerin. Dieser Fall ist in §9 Abs. 2 Nr. 3 SachenRBerG geregelt. Diese Regelung dient also der Klarstellung des Anwendungsbereichs des § 7 Abs. 2 Nr. 2 SachenRBerG. Die Genossenschaften (und Vereinigungen) haben in der DDR in der Regel die Grundstücke nicht selbst bebaut. Die Bebauungen waren Investitionsvorhaben der Genossenschaften, deren Ausführungen meist durch staatliche Hauptauftraggeber erfolgte. In der Begriffsbestimmung des Rechtsnachfolgers sind auch die Bebauungen durch staatliche Hauptauftraggeber für Genossenschaften einbezogen worden, wenn die Bebauungen ganz oder überwiegend mit eigenen Mitteln der Investitionsauftraggeber finanziert worden sind. Für diese Bebauungen wäre die Verleihung eines Nutzungsrechts die adäquate Rechtsform gewesen (so Kimme-Thomas, SachenRBerG, § 9 Rn. 19,20). Eine bauliche Investition des Nutzers, die nach dem Boden- und dem Wirtschaftsrecht der DDR durch die Verleihung - nicht rein vertraglichen - Rechts hätte abgesichert werden können, kann demgemäß, auch ohne dass es tatsächlich zur Verleihung des Nutzungsrechts gekommen ist, der Sachenrechtsbereinigung unterliegen (vgl. BGHZ 134, S. 50 [54]). So hat der BGH insbesondere entschieden (VIZ 1995, S. 59t = DtZ 1995, S. 328), dass es für die Sachenrechtsbereinigung ausreicht, wenn eine der in § 7 Abs. 2 Nr. 1 SachenRBerG genannten Genossenschaften ein Gebäude aus Eigenmitteln errichtet hat und die Verleihung der Rechtsträgerschaft an dem Grundstück unterblieben ist, obwohl sie möglich gewesen wäre.

Zwar enthält der hier vorliegende Kommunalvertrag keine ausdrückliche Regelung darüber, ob die Rechtsträgerschaft an dem volkseigenen Grundstück auf die damalige Konsumgenossenschaft übertragen werden sollte. Jedoch lässt sich der Aussage des Zeugen U... in Verbindung mit den vertraglichen Regelungen entnehmen, dass eine Rechtsträgerschaft der Konsumgenossenschaft zumindest hinsichtlich eines Teils des volkseigenen Grundstücks vorgesehen war. Der Zeuge bekundete, wie dies dem Senat auch aus zahlreichen anderen Verfahren bekannt ist, dass die Frage der Rechtsträgerschaft im Zusammenhang mit der Errichtung eines Gebäudes lediglich eine geringe Bedeutung hatte und nur eine untergeordnete Rolle spielte. Dementsprechend verpflichtete sich der Rat der Gemeinde in der vertraglichen Vereinbarung auch, die Grenzfragen betreffend das Grundstück mit der Liegenschaftsabteilung zu klären und bestätigte, dass Rechte Dritter an dem Gebäude nicht bestehen.

Auch wenn die Gemeinschuldnerin die Bebauung nicht selbst vorgenommen hat, so ist sie jedoch als Investitionsauftraggeberin zu behandeln.

Bei der vertraglichen Vereinbarung vom 27. September 1984 handelt es sich nicht um eine Vereinbarung auf der Grundlage der Anordnung für die Übertragung volkseigener unbeweglicher Grundmittel an sozialistische Genossenschaften vom 11. Oktober 1974 (GBl./DDR I 1974, S. 489 f.). In diesen Fällen soll - wovon das Landgericht zutreffenderweise ausgeht - wegen des rein schuldrechtlichen Charakters einer solchen Vereinbarung weder § 7 Abs. 1 Nr. 2 noch § 7 Abs. 1 SachenRBerG als zugehöriger Auffangtatbestand Anwendung finden (Czub in Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachenRBerG, § 7 Rn. 148 ff; Eikmann-Rothe, SachenRBerG, § 9 Rn. 58, OLG Naumburg, VIZ 1999, S. 423). Diese Anordnung regelt die Fälle, in denen Gebäude vom Staat errichtet und dann den Genossenschaften vertraglich zur Nutzung übertragen wurden, § 4 dieser Anordnung. Die Übertragung der unbeweglichen Grundmittel, das sind Gebäude und bauliche Anlagen, erfolgte gegen Zahlung eines einmaligen Nutzungsentgelts in Höhe des Zeitwertes zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, § 5 der Anordnung. Dieser mit dem Rat des Kreises zu schließende Nutzungsvertrag konnte jedoch jederzeit beendet werden, wenn das Grundmittel für staatliche Aufgaben dringend benötigt wurde oder es wegen Veränderung in der Produktion oder der Aufgabenstellung nicht mehr effektiv genutzt werden konnte. Dies führte sodann bei der Genossenschaft zu einem Anspruch auf Entschädigung des dann noch bestehenden Restwertes der Investition. Diese Anordnung ist vorliegend bereits deshalb nicht einschlägig, weil die zunächst vom Rat der Gemeinde errichtete Verkaufsstelle nicht vom Rat des Kreises in Rechtsträgerschaft (vgl. § 2 Abs. 4 der Anordnung 1974) übernommen wurde und auch die vertragliche Vereinbarung vom 27. September 1984 nicht mit dem Rat des Kreises geschlossen wurde. Nach der inhaltlichen Ausgestaltung der vertraglichen Vereinbarung, die die Neueinrichtung eines Gebäudes durch den Rat der Gemeinde auf der Grundlage der Aufgabenstellung der damaligen Konsumgenossenschaft gegen Erstattung der Baukosten zum Gegenstand hat, handelt es sich auch nicht um einen Kauf oder Verkauf volkseigener unbeweglicher Grundmittel auf der Grundlage der Verordnung über den Verkauf und Kauf volkseigener unbeweglicher Grundmittel durch die Betriebe der volkseigenen Wirtschaft vom 28. August 1968 (GBl./DDR II1968, S. 797 ff.). Die Vereinbarung findet vielmehr ihre Rechtsgrundlage in der Verordnung über die Gestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen den Räten der Städte und Gemeinden und den Betrieben zur weiteren Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Werktätigen vom 17. Juli 1968 (GBl./DDR II 1968, S. 661 ff.).

Danach konnten die Räte der Gemeinden oder Städte u.a. auch mit sozialistischen Genossenschaften vertragliche Vereinbarungen zur Verbesserung der Lebensbedingungen treffen u.a. durch Festlegungen und Vereinbarungen zur gemeinsamen Schaffung und Unterhaltung von Versorgungs-, Betreuungs- und Gesundheitseinrichtungen. Diese so genannten Kommunalverträge wurden auch für Investitionen zur Verbesserung der Einkaufsbedingungen der Bürger in den Städten und Gemeinden, vor allem im Rahmen der Handelsnetzrationalisierung eingesetzt und abgeschlossen (vgl. Anweisung Nr. 2/80 über die Planung und Durchführung von Investitionen bis zu 50.000,00 M aus materiellen Reserven des Ministeriums für Handel und Versorgung). Die Errichtung der Verkaufsstelle auf dem Flurstück 172 der Flur 6 in W... erfolgte auf der Grundlage des Kommunalvertrages vom 27. September 1984. Danach war die Verkaufsstelle durch den Rat der Gemeinde zu errichten und materiell abzusichern. Nach Abschluss der Bauarbeiten und Übergabe des Objektes sollten gegen Rechnungslegung die Aufwendungen erstattet werden, wobei ein Limit von 110.000,00 M/DDR festgelegt wurde. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass entsprechend dieser vertraglichen Vereinbarung verfahren wurde.

Auch wenn der Prüfbescheid für dieses Bauvorhaben den Rat der Gemeinde als Investitionsauftraggeber aufführt, so ergibt sich aus den weiteren Unterlagen betreffend dieses Bauprojekt, dass die Verkaufshalle durch die Konsumgenossenschaft projektiert und geplant wurde und der Rat der Gemeinde lediglich die Bauausführung übernommen hatte. Hintergrund hierfür war, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, was aber auch durch die eingereichten Bauunterlagen bestätigt wird, dass der Konsumgenossenschaft im Rahmen der staatlichen Planwirtschaft keine materielle Kennziffer für die Zuweisung von Baumaterial zugeordnet werden konnte, so dass es notwendig war, dass andere staatliche Organe den Bau errichteten. Auf Grund dessen trat der Rat der Gemeinde W... als förmlicher Auftraggeber auf, obgleich die damalige Konsumgenossenschaft faktischer Auftraggeber war. Für die Frage des Investitionsauftraggebers macht es jedoch keinen Unterschied, ob die Genossenschaft selbst als Investitionsauftraggeber aufgetreten ist oder ob diese Position vom Rat der Gemeinde eingenommen worden ist, wenn zuvor vertraglich geregelt worden ist, dass die gesamten Kosten der Investition von der Konsumgenossenschaft zu übernehmen war. Materiell war die Konsumgenossenschaft hierdurch Investitionsauftraggeber, wenn auch formell auf Grund planwirtschaftlicher Besonderheiten die Gemeinde zwischengeschaltet worden ist.

Die Rechtsvorgängerin der Gemeinschuldnerin hat diese Investition auch aus eigenen Mitteln finanziert. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 21. Januar 2000 (VIZ 2000, S. 234 ff.) besteht bei nach 1964 vorgenommenen Investitionen eine tatsächliche Vermutung für eine Finanzierung aus eigenen Mitteln. Diese Vermutung bezieht sich allerdings nur auf den Umstand, dass eine nach 1964 vorgenommene Investition der Konsumgenossenschaft aus eigenen Mitteln bestritten worden ist. Ob aber überhaupt eine Investition in Gestalt einer Zahlung der Investitionssumme erfolgt ist, wie dies vorliegend zwischen den Parteien streitig ist, ist nicht Gegenstand dieser Vermutung. Denn mit der Zahlung der Baukosten wird zugleich indiziert, dass die Konsumgenossenschaft letztlich Bauauftraggeber war. Dies ist vorliegend der Fall. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht auf Grund der glaubhaften Bekundungen der Zeugen U... und M..., diese war zu jener Zeit Hauptbuchhalterin der Konsumgenossenschaft, fest, dass die von dem Rat der Gemeinde in Rechnung gestellten Bauaufwendungen durch die damalige Konsumgenossenschaft bezahlt wurde. Insbesondere die Zeugin M... hat nachvollziehbar und exakt die Rechnungsprüfung und die Zahlung der geprüften Rechnung dargelegt und glaubhaft bekundet. Dem steht die Aussage der Zeugin Mü..., wonach sie im Rahmen ihrer Recherche im Zusammenhang mit den vermögensrechtlichen Ansprüchen der Beklagten keine Belege für oder gegen eine Bezahlung einer Rechnung des Rates der Gemeinde aufgefunden habe, nicht entgegen. Die Zeugin hat eingeräumt, dass sie lediglich in denen ihr zugänglichen Verwaltungsakten des Rates der Gemeinde recherchiert habe, nicht jedoch in den Finanzakten des Rates der Gemeinde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Über die Zulassung der Revision hat der Senat gemäß § 543 ZPO n. F. entschieden. Für die Revision gelten bereits die Vorschriften des Gesetzes über die Reform des Zivilprozesses, wenn die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht - wie hier - nach dem 31. Dezember 2001 geschlossen worden ist", § 26 Nr. 7 EGZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen vor. Die Frage, ob unbewegliche Grundmittel, wie Gebäude und Anlagen, die auf Grund eines Kommunalvertrages errichtet worden sind, dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz unterfallen, insbesondere in Abgrenzung zu den Nutzungsverhältnissen auf der Grundlage der Anordnung 1974, besitzt grundsätzliche Bedeutung.

Ende der Entscheidung

Zurück