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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 08.03.2007
Aktenzeichen: 5 U 41/06
Rechtsgebiete: EGBGB, BGB, GBBerG, VwVfG


Vorschriften:

EGBGB Art. 233 § 2 Abs. 3
EGBGB Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 3
EGBGB Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 4
EGBGB Art. 233 § 11
EGBGB Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1
EGBGB Art. 233 § 11 Abs. 5
EGBGB Art. 233 § 12
EGBGB Art. 233 § 14
BGB § 164 Abs. 1 Satz 1
BGB § 181
BGB § 209 Abs. 1
BGB § 873 Abs. 1
BGB § 894
BGB § 925
BGB §§ 1806 ff.
BGB § 1821
BGB § 1915 Abs. 1
GBBerG § 7
GBBerG § 7 Abs. 1 Satz 1
GBBerG § 7 Abs. 1 Satz 2
GBBerG § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
VwVfG § 16 Abs. 4 2. Alt.
VwVfG § 35 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 41/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 08.03.2007

Verkündet am 08.03.2007

in dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth und den Richter am Landgericht Boecker

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Kläger wird das am verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder), Az. 13 O 164/05, abgeändert und wie folgt gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, seine Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs dahingehend zu erteilen, dass nicht der Beklagte zu 1/3, sondern die Kläger zu jeweils 1/6 Eigentümer der im Grundbuch von G... Blatt 10432 verzeichneten Flurstücke 16 und 32 der Flur 7 in der Gemarkung G... sind.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Berufung hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 Euro abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

A.

Die Kläger beanspruchen das anteilige Eigentum an zwei Flurstücken, die aus der Bodenreform stammen.

Am 20. Oktober 1989 starb der Vater der Kläger, Herr R... N... (im Folgenden: der Erblasser). Ausweislich des Erbscheins des Kreisgerichts Strausberg vom 5. März 1991 wurde er zu jeweils einem Drittel beerbt durch die Kläger und seine Witwe F... N.... Der Erblasser war am 15. März 1990 im Grundbuch von G... als Eigentümer der Flurstücke 16 und 32 der Flur 7 in der Gemarkung G... eingetragen. Für diese Flurstücke war im Grundbuch ein Bodenreformsperrvermerk eingetragen.

Mit Urkunde vom 18. Juli 2000 bestellte der Landkreis ... das beklagte Land (im Folgenden: der Beklagte) zum gesetzlichen Vertreter des Eigentümers gemäß Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB. Als Wirkungskreis waren die Ermittlung des Grundstückseigentümers und die uneingeschränkte Wahrnehmung dessen rechtlicher Interessen an dem Grundstück festgelegt.

Mit notarieller Urkunde vom 13. September 2000 erklärte der Beklagte als gesetzlicher Vertreter der unbekannten Eigentümer die Auflassung der streitgegenständlichen Flurstücke an sich selbst. Am 28. September 2000 genehmigte der Landkreis ... das Grundstücksgeschäft gemäß § 1821 BGB. Am 13. Juni 2002 wurde der Beklagte als Eigentümer der Flurstücke im Grundbuch eingetragen.

Unter dem 20. Januar 2005 erklärte der Beklagte die Auflassung eines hälftigen Eigentumsanteils der streitgegenständlichen Flurstücke an die Ehefrau des Erblassers und bewilligte deren Eintragung in das Grundbuch, da sie gemäß Art. 233 § 11 Abs. 5 EGBGB als Ehefrau Miteigentümerin der Flurstücke geworden sei.

Die Kläger waren zu keinem Zeitpunkt zuteilungsfähig im Sinne des Art. 233 § 12 EGBGB.

Mit Beschluss vom 28 April 2003 hat das Grundbuchamt bei dem Amtsgericht Bad Freienwalde den Antrag der Kläger auf Grundbuchberichtigung betreffend die streitgegenständlichen Flurstücke abgelehnt. Mit Beschluss vorn 9. Juli 2004 hat das Grundbuchamt einen Antrag der Kläger auf Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs und einen Antrag der Kläger auf Grundbuchberichtigung zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Kläger hat das Landgericht Frankfurt (Oder) mit Beschluss vom 20. Juni 2006, Az. 19 T 421/04, zurückgewiesen. Über die dagegen gerichtete weitere Beschwerde vom 20. Juli 2006 ist noch nicht entschieden.

Die Kläger haben die Ansicht vertreten, der Beklagte habe fehlerhaft von der erteilten Vollmacht Gebrauch gemacht, da die Auflassung an sich selbst nicht in ihrem Interesse gelegen und auch gegen die Schutzvorgabe des § 181 BGB verstoßen habe. Sie haben behauptet, der Beklagte habe nichts unternommen, um die Kläger ausfindig zu machen.

Die Kläger haben beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, seine Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs Blatt 10432 von G..., verzeichnet im Grundbuch des Amtsgerichts Bad Freienwalde, Flur 7, Flurstücke 16 und 32, zu erteilen, als nicht der Beklagte zu 1/3, sondern die Kläger zu jeweils 1/6 Eigentümer dieses Grundstücks sind,

hilfsweise,

den Beklagten zu verurteilen, das Eigentum an dem Grundstuck Blatt 10432 von G..., verzeichnet im Grundbuch des Amtsgerichts Bad Freienwalde, auf die Kläger zu gleichen Rechten und Anteilen kostenfrei zurückzuübertragen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, von der erteilten Vollmacht im Interesse der Erben Gebrauch gemacht zu haben, da diese zur Auflassung der streitgegenständlichen Flurstücke an den Beklagten verpflichtet gewesen seien. Er habe Nachforschungen über den Verbleib der Eigentümer angestellt, die allerdings erfolglos geblieben seien.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Grundbuch nicht unrichtig geworden sei, da die am 13. September 2000 erklärte Auflassung der streitbefangenen Flurstücke an den Beklagten wirksam sei. Der Beklagte sei wirksam zum gesetzlichen Vertreter der Kläger bestellt worden. Insbesondere sei die Bestellung nicht nichtig; eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Bestellung im Übrigen sei dem Gericht versagt, da es sich um einen Verwaltungsakt handele. Einer Genehmigung des Vormundschaftsgerichts habe es nicht bedurft. Die Genehmigung durch den Landkreis habe ausgereicht Der Beklagte habe die Vollmacht auch nicht missbraucht Da die Kläger nicht besserberechtigt gewesen seien im Sinne des Art. 233 § 11 EGBGB, seien sie verpflichtet gewesen, ihren Eigentumsanteil an den Beklagten zu übertragen. Dass der Beklagte seinen Übereignungsanspruch nicht im Wege der Klage, sondern durch die Auflassung an sich selbst geltend gemacht habe, habe den Klägern Kosten erspart. Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch der Kläger auf Rückübereignung bestehe nicht. Einem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung stehe ein Behaltensrecht des Beklagten aus Art. 233 § 12 EGBGB entgegen.

Gegen das ihnen am 26. Januar 2006 zugestellte Urteil haben die Kläger mit Eingang bei Gericht am 20. Februar 2006 Berufung eingelegt, die sie mit Eingang bei Gericht am 23. März 2006 begründet haben.

Sie sind der Ansicht, dass es sich bei der Vertreterbestellung nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt habe. Für die Vertreterbestellung habe kein Bedürfnis bestanden, da der Aufenthalt der Kläger ohne größeren Aufwand habe ermittelt werden können. Die Vollmacht sei gegen die wohlverstandenen Interessen der Kläger ausgeübt worden, da durch die Auflassung die Verjährung des Übertragungsanspruchs gemäß Art. 233 § 14 EGBGB umgangen worden sei. Selbst wenn die Vertreterbestellung als wirksam anzusehen sei und es zulässig gewesen wäre, die Vertretungsmacht zur Erklärung der Auflassung zu nutzen, so habe doch die nach § 7 GBBerG erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts gefehlt.

Sie beantragen,

nach den erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen. Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil mit dessen Gründen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

B.

I.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Die Kläger haben gegen den Beklagten bezüglich der streitgegenständlichen Flurstücke einen Anspruch auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs aus § 894 BGB, denn der Inhalt des Grundbuchs steht nicht mit der wirklichen Rechtslage in Einklang.

Der Beklagte ist durch die Eintragung im Grundbuch gemäß § 873 Abs. 1 BGB nicht Eigentümer der Flurstücke 16 und 34 der Flur 7 in der Gemarkung G... geworden, weil die der Eintragung zu Grunde liegende Auflassung unwirksam ist (dazu unten 2.).

1.

Die Einigung über die Eigentumsübertragung ist in der nach § 925 BGB erforderlichen Form erklärt worden. Die Erklärung des Beklagten wirkt gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB für und gegen die Kläger, denn der Beklagte handelte als ihr gesetzlicher Vertreter gemäß Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB.

a)

Die Vertreterbestellung vom 18. Juli 2000 ist wirksam.

Zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass es sich bei der Vertreterbestellung nach Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB um einen Verwaltungsakt handelt (vgl. BGH VIZ 2003, 194 m. w. N.; OLG Rostock VIZ 2004, 537; Böhringer Rpfleger 2005, 121, 122; Palandt-Bassenge, 63. Auflage, EGBGB 233 § 2 Rn. 6). Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 35 Satz 1 VwVfG jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Die Vertreterbestellung vom 18. Juli 2000 enthält eine Entscheidung des Landkreises, durch die für den Einzelfall die Beklagte zum gesetzlichen Vertreter der Eigentümer der streitgegenständlichen Grundstücke bestellt wurde. Sie war auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, denn sie bevollmächtigte den Beklagten im Verhältnis zu Dritten, mit Wirkung für die Eigentümer über die Grundstücke zu verfügen.

Es handelte sich auch um eine Maßnahme auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Ob eine Maßnahme dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist, wird alternativ nach der Subordinations-, der Interessen- oder der Sonderrechtstheorie bestimmt (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Auflage, § 1 Rn. 74 ff.). Der öffentlich-rechtliche Charakter der Vertreterbestellung ergibt sich aus der Sonderrechtstheorie. Danach handelt eine Behörde öffentlich-rechtlich, wenn sie auf der Grundlage von Befugnissen handelt, die ihr als Träger öffentlicher Gewalt durch besondere Rechtsvorschriften übertragen sind (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, a. a. 0. Rn. 77). Dies war hier der Fall. Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB ermächtigt den Landkreis als Träger öffentlicher Gewalt ausdrücklich, einen gesetzlichen Vertreter für die Eigentümer des Grundstücks zu bestellen. Die Ansicht der Kläger, der Landkreis habe im Rahmen der faktisch jedermann offen stehenden Möglichkeit gehandelt, als Nichtberechtigter eine Vollmacht zur Verfügung über fremde Gegenstände zu erteilen, überzeugt nicht, denn sie übergeht, dass der Landkreis in Ausübung seiner besonderen gesetzlichen Befugnis handelte.

Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Gerichte aufgrund der Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes die Vertreterbestellung als gegeben hinzunehmen und die Voraussetzungen der Bestellung nicht zu prüfen haben, es sei denn, die Bestellung war nichtig (vgl. BGH a. a. O.; OLG Rostock VIZ 2004, 537, 538; MüKo-Säcker, 4. Auflage, Art. 233 § 2 Rn. 10; zur Bindungswirkung von Verwaltungsakten allgemein vgl. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 16. Auflage, § 11 Rn. 8; Herzog in Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rn. 60 ff.). Nichtig wäre die Vertreterbestellung dann, wenn sie an einem offensichtlichen, schwerwiegenden und mit der geltenden Rechtsordnung unter keinen Umständen zu vereinbarenden Fehler litte (vgl. BGH a. a. O. m. w. N. und § 44 Abs. 1 VwVfG). Selbst wenn man davon ausginge, dass es zur Nichtigkeit der Vertreterbestellung führen könnte, wenn der Beklagte keine Nachforschungen über den Aufenthalt der Grundstückseigentümer angestellt hat, ist dem Landgericht darin zuzustimmen, dass dies hier nicht offensichtlich ist. Aus der Tatsache, dass der Beklagte die Kläger nicht ermittelt hat, lässt sich nicht rückschließen, dass er keine Nachforschungen angestellt habe. Aus dem Grundbuch ergab sich nur, dass Eigentümer der streitgegenständlichen Grundstücke Herr R... N... war. Da dieser bereits im Jahr 1989 verstorben war und als weitere Angabe zu dem eingetragenen Eigentümer nur der zuletzt nicht mehr gültige Wohnort "F..." angegeben war, ist nicht ohne weiteres ersichtlich, dass der Beklagte im Rahmen pflichtgemäßer Nachforschungen zwingend auf die Kläger gestoßen wäre.

b)

Der Beklagte war im Rahmen seiner Vertretungsmacht auch befugt, die Auflassung an sich selbst zu erklären, denn er war durch Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 3 EGBGB von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

c)

Die Kläger können sich nicht darauf berufen, dass es ihrem Interesse mehr entsprochen hätte, den Anspruch des Beklagten verjähren zu lassen. Die Verjährung wäre nicht eingetreten. Hätten die Kläger den Anspruch auf Übertragung des Eigentums nicht vor Ablauf der Verjährungsfrist erfüllt, hätte der Beklagte seinen Anspruch vor dem Ablauf des 2. Oktober 2000 im Wege der Klage geltend machen können und damit die Verjährungsfrist gemäß § 209 Abs. 1 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung unterbrochen. Wie das Landgericht zutreffend ausführt, wären die Kläger in Folge einer solchen Klage auch zur Übertragung des Eigentums an den Beklagten verurteilt worden, da ihnen keine Einwendungen gegen den Anspruch zustanden. Deshalb ist auch nicht ersichtlich, dass die Kläger in Kenntnis dieser Umstände an Stelle des Beklagten die Eigentumsübertragung nicht vorgenommen hätten.

d)

Der Beklagte hat ihre Vertretungsmacht nicht missbraucht. Sowohl in der Form sittenwidrigen Verhaltens als auch in der Form eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) setzt ein missbräuchliches Verhalten voraus, dass der Vertreter seine Pflichten gegenüber dem Vertretenen verletzt hat. Dies wäre der Fall, wenn das Rechtsgeschäft dem Vertretenen verboten war, wenn es seinem Inhalt nach die Interessen des Vertretenen verletzt oder wenn es unter tatsächlichen Voraussetzungen abgeschlossen wird, deren Kenntnis den Vertretenen von dem Vertragsschluss abgehalten hätten (vgl. zum Vorstehenden BGH VIZ 2003, 194, 196). Dies trifft hier nicht zu. Die Genehmigung der Veräußerung entsprach dem objektiven Interesse der Kläger, denn sie diente der Erfüllung einer Rechtspflicht der Kläger (vgl. hierzu Egerland NotBZ 2005, 90, der meint, dass ein Missbrauch der Vertretungsmacht nicht geprüft werden müsse, wenn der Vertreter einen Übereignungsanspruch gegen den Grundstückeigentümer anerkennt). Sie waren gemäß Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1 EGBGB verpflichtet, das Eigentum an den streitgegenständlichen Flurstücken an den Beklagten zu übertragen. Der Anspruch des Beklagten war zum Zeitpunkt der Auflassungserklärung und der Genehmigung noch nicht verjährt. Wie das Landgericht zutreffend ausführt, unterscheidet sich der vorliegende Fall damit entscheidend von jenem, der dem Urteil des LG Leipzig vom 23. August 2002, NotBZ 2003, 479 f., zu Grunde lag, weil dort die Verjährung bereits eingetreten war.

2.

Die Auflassung ist jedoch unwirksam, weil die nach § 7 Abs. 1 Satz 2 GBBerG erforderliche Erlaubnis des Vormundschaftsgerichts nicht vorliegt.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 GBBerG bedurfte die Veräußerung eines Grundstücks durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts als nach Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB bestelltem gesetzlichem Vertreter der Erlaubnis des Vormundschaftsgerichts (vgl. OLG Rostock OLGR 2002, 198; OLG Dresden VIZ 1995, 664; Brandenburgisches OLG NotBZ 2004, 484, 485; wohl auch Thüringisches OLG DtZ 1996, 318). Die Frage, ob der mit Ablauf des 31. Dezember 2005 außer Kraft getretene § 7 GBBerG in seinem Anwendungsbereich die allgemeinen Regelungen über die Pflegschaft und über die gesetzliche Vertretung verdrängte oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur eine zusätzliche Verfahrensalternative neben den allgemeinen Vorschriften eröffnete, ist nach Ansicht des Senats im Sinne der ersten Alternative zu beantworten.

Für die im Schrifttum überwiegend vertretene gegenteilige Ansicht, § 7 Abs. 1 Satz 2 GBBerG gelte für Verfügungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts nur, wenn eine Belastung oder Veräußerung zu den in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GBBerG genannten Zwecken vorgenommen werde, im Fall der Verfügung zu anderen Zwecken sei dagegen nach den allgemeinen Vorschriften die Genehmigung der Bestellungsbehörde ausreichend (vgl. Böhringer Rpfleger 2005, 121, 124 und VIZ 2003, 553, 555; Egerland NotBZ 2005, 90, 94; Limmer NotBZ 2000, 248, 252; Eickmann, Grundstücksrecht in den Neuen Bundesländern, 3. Auflage, Rn. 270), scheint zunächst der Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 GBBerG zu sprechen. Danach durfte der gesetzliche Vertreter des Eigentümers das Grundstück "unbeschadet der allgemeinen Vorschriften" veräußern, wenn das Vormundschaftsgericht ihm dies erlaubt hat.

Jedoch ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass die Vorschrift für ihren Anwendungsbereich und Geltungszeitraum den allgemeinen Vorschriften als Sondervorschrift vorgehen sollte. § 7 GBBerG wurde in den Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 12/5553) erst aufgrund der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages (BT-Drs. 12/6228 Seiten 18 f. und 73 f.) eingefügt. Nach der Begründung des Rechtsausschusses sollte § 7 GBBerG regeln, "unter welchen Voraussetzungen dem Pfleger oder Vertreter die Belastung oder Veräußerung erlaubt werden darf", weil "sowohl der Pfleger als auch der Vertreter ... zwar rechtlich in der Lage [wären], die erforderlichen Maßnahmen durchzuführen, ihnen ... aber oft die erforderlichen Kriterien [fehlten], anhand derer sie beurteilen [könnten], ob und inwieweit sie von den ihnen rechtlich zustehenden Möglichkeiten auch tatsächlich Gebrauch machen [könnten] . . ." (vgl. BT-Drs. 12/6228 Seite 73). Zwar könne ein Vertreter mit Genehmigung der Bestellungsbehörde das Grundstück verkaufen; ausreichende Kriterien dafür, wann und für welche Arten von Verkäufen diese Genehmigung erteilt werden könne, fehlten jedoch. § 7 GBBerG sollte die Verfügungsmöglichkeit gleichzeitig auch begrenzen. Dementsprechend sollte § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GBBerG vorsehen, dass ein "Handlungsbedarf" für die Verfügung bestehen musste. Dieser sollte dahin beschrieben werden, dass die Verfügung zu den im Gesetz angeführten Zwecken "oder zu ähnlich bedeutsamen Zwecken erforderlich" sein musste. Die weitere Begründung des Rechtsausschusses, dass dabei ein "strenger Maßstab anzulegen [sei], um die Rechte des Grundstückseigentümers nicht unnötig einzuschränken" verdeutlicht im Zusammenhang mit der Zielsetzung, die Kriterien für die Zulässigkeit einer Belastung und Veräußerung festzulegen, dass der Rechtsausschuss die Erlaubnisfähigkeit der Belastung und Veräußerung von Grundstücken durch den Vertreter allgemein durch das Erfordernis "bedeutsamer Zwecke" begrenzen wollte, unabhängig davon, ob es sich um investive oder sonstige Zwecke handelte.

Die Erläuterung des Rechtsausschusses zu § 7 Abs. 1 Satz 1 GBBerG, wonach die Verkaufs- und Belastungserlaubnis die allgemeinen Vorschriften unberührt lasse, nach denen der Vertreter oder Pfleger ebenfalls vorgehen könne (BT-Drs. 12/6228 Seite 73), steht dem Verständnis, dass die Belastung und Veräußerung durch juristische Personen des öffentlichen Rechts in jedem Fall der Erlaubnis nach § 7 GBBerG bedurfte, nicht entgegen. Im Zusammenhang mit den vorangehenden Ausführungen des Rechtsausschusses, wonach § 7 GBBerG die bisher fehlenden Kriterien festlegen sollte, unter denen Pfleger und Vertreter die bereits vorhandene rechtliche Befugnis zur Belastung und Veräußerung ausüben durften, lässt sich diese Äußerung nur so verstehen, dass die allgemeinen Vorschriften für andere Verfügungen als die Belastung und Veräußerung durch juristische Personen des öffentlichen Rechts unberührt bleiben und nach Ablauf des Geltungszeitraums des § 7 GBBerG wieder unverändert für sämtliche Verfügungen gelten sollten.

Für die Annahme, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts für jede Belastung oder Veräußerung als Vertreter des Eigentümers einer Erlaubnis nach § 7 GBBerG bedurften, spricht auch ihre durch § 7 GBBerG bewirkte Befreiung von der Pflicht zur "mündelsicheren" Anlage der aus der Verfügung erzielten Erlöse. Folgte man der Auffassung, dass nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GBBerG nur Belastungen und Veräußerungen zu investiven Zwecken erlaubnisfähig waren, nicht aber Verfügungen im Interesse des Vertretenen, dann hätte auch die Befreiung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts von der Anlagepflicht aus Art. 233 § 2 Abs. 3 Satz 4 EGBGB, § 16 Abs. 4 2. Alt. VwVfG, § 1915 Abs. 1, 1806 ff. BGB nur im Fall der Belastung oder Veräußerung zu investiven Zwecken gegolten. Ein sachlicher Grund für eine solche Differenzierung der Anlagepflicht nach dem Zweck der Verfügung ist jedoch nicht ersichtlich. Das Interesse des vertretenen Grundstückseigentümers an der Sicherung seines Anspruchs auf Erlösauskehr war im Fall der Veräußerung des Grundstücks etwa zur Vornahme einer Investition nach dem Investitionsvorranggesetz nicht geringer als im Fall der Veräußerung zu einem anderen Zweck. Dementsprechend begründete auch der Rechtsausschuss die Befreiung von der Anlagepflicht nicht mit dem Charakter der erlaubnisfähigen Verfügungen, sondern sinngemäß damit, dass Ansprüche auf Erlösauskehr gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts auch ohne Absicherung sicher seien (vgl. BT-Drs. 12/6228 Seite 73 zu § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GBBerG).

Soweit sich das Schrifttum darauf beruft, dass der Sinn des § 7 GBBerG gewesen sei, juristischen Personen des öffentlichen Rechts Verfügungen über faktisch herrenlose Grundstücke zu erleichtern, nicht etwa zu erschweren (vgl. Böhringer VIZ 2003, 553, 555; Egerland NotBZ 2005, 90, 91 f.), steht auch dies der Auffassung nicht entgegen, dass für die Belastung oder Veräußerung durch eine zum Vertreter des Grundstückseigentümers bestellte juristische Person des öffentlichen Rechts eine Genehmigung der Bestellungsbehörde nicht ausreichte. Denn auch, wenn man § 7 GBBerG in dem hier vertretenen Sinn versteht, erleichterte die Vorschrift juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Belastung und Veräußerung. Nach der hier vertretenen Ansicht waren gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GBBerG auch die Belastung und Veräußerung zu einem im Interesse des Vertretenen liegenden "bedeutsamen Zweck" erlaubnisfähig, so dass § 7 GBBerG auch die nach allgemeinen Vorschriften genehmigungsfähigen Belastungen und Veräußerungen zuließ. Dass auch Verfügungen im Interesse des Grundstückseigentümers erlaubnisfähig waren, ergibt sich zum einen aus dem in der Gesetzesbegründung genannten Sinn des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GBBerG, die Rechte des Grundstückseigentümers nicht unnötig einzuschränken (vgl. BT-Drs. 12/6228 Seite 73). Weiter ergibt sich dies aus der beispielhaften Nennung der Sicherung oder Erhaltung von Gebäuden, die regelmäßig vor allem im Interesse des Grundeigentümers liegt, weil die Sicherung und Erhaltung von Gebäuden den Wert des Grundstücks bewahrt. Über diese auch nach den allgemeinen Vorschriften genehmigungsfähigen Verfügungen hinaus waren gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GBBerG auch Verfügungen zu "bedeutsamen Zwecken" im allgemeinen Interesse möglich.

Außerdem erleichterte § 7 GBBerG juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Belastung und Veräußerung der Grundstücke, indem sie von der Pflicht zur "mündelsicheren" Anlage der Verfügungserlöse befreit wurden.

Anders als das Landgericht und Egerland (in NotBZ 2005, 90, 91) geht der Senat davon aus, dass auch der Bundesgerichtshof anlässlich seiner Entscheidung vom 25. Oktober 2002, V ZR 243/01, VIZ 2003, 194ff., über die Wirksamkeit der Verfügungen einer zum Vertreter des Grundstückseigentümers bestellten natürlichen Person festgestellt hat, dass die Belastung oder Veräußerung durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts eine Erlaubnis nach § 7 GBBerG erfordere. Dieses Erfordernis hat der BGH nicht von einem investiven Zweck der Verfügung abhängig gemacht, sondern allein von der Person des Vertreters. Seine Ausführungen: "Einer juristischen Person des öffentlichen Rechts als Vertreter des Eigentümers wird durch § 7 GBBerG der Verkauf zu investiven Zwecken ermöglicht. Bei einer Belastung des Grundstücks und bei der Anlage des Erlöses aus einem Verkauf wird die juristische Person des öffentlichen Rechts freier gestellt als eine natürliche Person. Die Wirksamkeit des von einem solchen Vertreter (Unterstreichung durch den Senat) geschlossenen Geschäfts bleibt indessen von der Genehmigung abhängig. Die Genehmigung kann nicht verwaltungsintern erteilt werden. Zuständig für ihre Erteilung ist vielmehr das Vormundschaftsgericht. Dessen Ermessen wird beschränkt" (VIZ 2003, 194, 195) lassen sich nur so verstehen, dass die Belastung oder Veräußerung eines Grundstücks durch eine zum Vertreter des Eigentümers bestellte juristische Person des öffentlichen Rechts in jedem Fall der vormundschaftsgerichtlichen Erlaubnis gemäß § 7 GBBerG bedurfte. Soweit der BGH anschließend weiter ausführt "§ 7 GBBerG regelt einen Sonderfall. Die allgemeinen Vorschriften über die Befugnisse eines gesetzlichen Vertreters zu Grundstücksgeschäften werden hiervon nicht berührt (BT-Dr 12/6228, S 73). Ist eine natürliche Person zum Vertreter bestellt, verbleibt es bei der strikten Bindung seines Handelns an das Interesse des Vertretenen", lässt sich dies so verstehen, dass auch nach der Ansicht des BGH die allgemeinen Vorschriften für andere Verfügungen als die von § 7 GBBerG erfasste Belastung und Veräußerung durch juristische Personen des öffentlichen Rechts unberührt blieben.

3.

Nach dem Vorstehenden bedurfte die Veräußerung des Grundstucks durch den Beklagten als Vertreter der Kläger der Erlaubnis des Vormundschaftsgerichts. Da diese nicht vorliegt, ist die von dem Beklagten auch im Namen der Kläger erklärte Auflassung unwirksam. Das Eigentum an dem Grundstuck ist daher nicht gemäß §§ 873 Abs. 1, 925 BGB auf den Beklagten übergegangen, so dass der Inhalt des Grundbuchs nicht mit der wirklichen Rechtslage in Einklang steht. Die Kläger können daher gemäß § 894 BGB von dem Beklagten die Zustimmung zu der Berichtigung verlangen.

Da die Kläger ausweislich des Erbscheins jeweils 1/3 des von dem Erblasser hinterlassenen hälftigen Miteigentumsanteils an den Flurstücken erbten, sind sie zu jeweils 1/6 Miteigentümer der Flurstücke.

Der Tenor entspricht inhaltlich dem Klageantrag, war jedoch sprachlich abweichend zu fassen, damit Unklarheiten vermieden werden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

IV.

Der Gebührenstreitwert für die Berufungsinstanz wird entsprechend dem Wert des von den Klägern begehrten Grundeigentumsanteils auf 11.000 Euro festgesetzt (§ 3 ZPO i. V. m. § 48 Abs. 1 GKG). Der Wert des hilfsweise geltend gemachten Anspruchs auf Rückübereignung ist gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG nicht zu berücksichtigen, weil eine Entscheidung über ihn nicht ergeht.

Ende der Entscheidung

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