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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 04.12.2003
Aktenzeichen: 5 U 42/03
Rechtsgebiete: BGB, BbgFischG, TreuhG, FischereiG/DDR, 1. DVO, 3. DVO
Vorschriften:
BGB § 1004 | |
BGB § 1004 Abs. 1 Satz 2 | |
BGB § 1004 Abs. 2 | |
BbgFischG § 4 Abs. 1 | |
BbgFischG § 4 Abs. 2 | |
BbgFischG § 6 | |
BbgFischG § 10 Abs. 1 | |
BbgFischG § 10 Abs. 2 | |
BbgFischG § 11 Abs. 1 | |
BbgFischG § 12 Abs. 1 | |
BbgFischG § 41 Abs. 1 | |
BbgFischG § 41 Abs. 2 | |
BbgFischG § 41 Abs. 3 | |
TreuhG § 11 Abs. 2 | |
FischereiG/DDR § 2 Abs. 2 | |
FischereiG/DDR § 2 Abs. 2 Satz 1 | |
FischereiG/DDR § 3 Abs. 1 | |
FischereiG/DDR § 7 Abs. 1 | |
FischereiG/DDR § 11 | |
FischereiG/DDR § 11 Abs. 2 | |
1. DVO § 4 Abs. 1 | |
3. DVO § 3 der |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
5 U 42/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht
Anlage zum Protokoll vom 4. Dezember 2003
verkündet am 4. Dezember 2003
In dem Rechtsstreit
hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2003 durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 19. März 2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 4 O 149/02 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin des Beklagten trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Wert der Beschwer: 8.000,00 €.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte dadurch, dass er auf Grund eines mit der Streithelferin am 14. Juli 1992 geschlossenen Fischereipachtvertrages auf dem F... See die Kleinfischerei betreibt, in die Berechtigung des Klägers zur Kleinfischerei eingreift.
Eigentümer der Seegrundstücke, eingetragen im Grundbuch von F... Blatt 797 lfd. Nr. 1 bis 3 Flur 10, Flurstück 3, Flur 8, Flurstück 25 und 30, Nutzungsart Wasserfläche F... See ist die BVVG, die auf Grund eines Vermögenszuordnungsbescheides am 3. Februar 1998 in das Grundbuch eingetragen wurde.
Im Wasserbuch für die Havel waren 9 Personen, darunter E... K... , mit dem unbeschränkten (mit allen erlaubten Fanggeräten mit Ausnahme des Großen Garns) auszuübenden Fischereirecht in (u. a.) F... und W... See eingetragen.
1961 wurden von diesen neun Fischereiberechtigten sieben im Fischereiregister eingetragen, darunter W... K... .
In den Jahren 1964 bis 1968 kaufte der Rat des Bezirkes sechs dieser Fischereirechte an. Diese wurden sodann im Fischereiregister gelöscht, während das Fischereirecht des W... K... eingetragen blieb. Rechtsträger an dem Seegrundstück wurde 1968 der VEB Binnenfischerei Potsdam.
Das Fischereirecht des W... K... wurde im Fischereiregister auf Grund Erbscheins auf H... und I... K... sowie D... H... und R... N... umgeschrieben.
Von dieser Erbengemeinschaft erwarb der Kläger mit notariellem Vertrag vom 25. Oktober 1993 das Fischereirecht.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er sei durch den Erwerb des K... 'schen Fischereirechts Inhaber des einzigen Fischereirechts auf dem F... See geworden.
Das Landgericht hat seine Klage, dem Beklagten die Fischerei auf dem F... See zu verbieten, abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB bestehe nicht. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger tatsächlich Inhaber des streitgegenständlichen Kleinfischereirechts sei. Der Kläger habe jedenfalls gemäß § 1004 Abs. 2 BGB die Ausübung der Fischerei durch den Beklagten zu dulden. Das von dem Kläger erworbene Recht sei kein alleiniges Kleinfischereirecht auf dem F... See gewesen. Die privaten registrierten Fischereirechte seien bestehen geblieben. Neben diesen hätten die staatlichen Fischereirechte bestanden. Die zwischenzeitlich gelöschten sechs weiteren privaten Fischereirechte seien auf den Rat des Bezirkes übergegangen. Sie bestünden nunmehr als selbständige Fischereirechte des Landes Brandenburg fort, auch wenn das Land Brandenburg nicht Eigentümer des Gewässergrundstücks geworden sei. Nach § 4 Abs. 1 des BbgFischG stehe nunmehr das Fischereirecht grundsätzlich dem Eigentümer des Gewässergrundstücks als Eigentumsfischerei zu. Dies sei die BVVG, der das Eigentum an den Grundstücksflächen nach dem Vermögenszuordnungsgesetz zugewiesen worden sei. Es existierten daher mehrere Fischereirechte am F... See, nämlich das Eigentumsfischereirecht der BVVG, selbständige Kleinfischereirechte des Landes Brandenburg sowie das selbständige Kleinfischereirecht, auf das sich der Kläger berufe. Die Streitverkündete habe das Fischereirecht auch wirksam dem Beklagten verpachten können. Sie sei als Rechtsnachfolger der VEB Binnenfischer gemäß § 11 Abs. 2 Treuhandgesetz Eigentümer des Grundstücks geworden. Damit sei auch das staatliche Fischereirecht auf sie übergegangen, welche sie dem Beklagten habe verpachten können.
Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.
Der Kläger ist nach wie vor der Ansicht, dass er Rechtsinhaber des alleinigen Fischereirechts am F... See sei, da die Streitverkündete rechtlich und tatsächlich nicht in der Lage gewesen sei, dem Beklagten die Möglichkeit der Fischereiausübung im Wege eines Pachtvertrages einzuräumen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 19. März 2003 - 4 O 149/02 - abzuändern und unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 7. August 2002 den Beklagten zu verurteilen, die Ausübung der Kleinfischerei mit allen gesetzlich zugelassenen Fanggeräten im F... See zu unterlassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil verwiesen.
II.
1.
Die Berufung ist statthaft und zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511 Abs. 2 Nr. 1, 513, 517, 519, 520 ZPO).
2. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.
Der Kläger, der für sich ein selbständiges Fischereirecht gemäß § 4 Abs. 2 BbgFischG in Anspruch nimmt, kann nicht gemäß § 1004 BGB von dem Beklagten die Unterlassung der Kleinfischerei im F... See verlangen.
Das selbständige Fischereirecht gilt zwar als ein das Gewässergrundstück belastendes privates Recht (§ 4 Abs. 2 Satz 1 BbgFischG) und wird wie ein entsprechendes dingliches Recht nach Bürgerlichem Recht behandelt. Es gibt dem Fischereiberechtigten die Befugnis, in dem F... See Fische zu hegen und sich anzueignen (§ 3 Satz 1 BbgFischR) . Es ist über § 1004 BGB gegen Störungen und Beeinträchtigungen jeder Art geschützt, wobei sich das Recht auf die gesamte Wasserfläche erstreckt, die dem Fischereirecht unterworfen ist.
Der Kläger hat auch das Fischereirecht des W... K... , das gemäß § 6 BbgFischG übertragbar ist, wirksam mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 25. Oktober 1993 vom Berechtigten, den im Fischereiregister nachgetragenen Erben des W... K... , erworben. Dabei handelt es sich bei dem vom Kläger erworbenen Fischereirecht um ein selbständiges, nicht dem Eigentümer des Gewässergrundstücks zustehendes Recht, welches gemäß § 41 Abs. 2 BbgFischG bestehen geblieben war. Denn das Fischereirecht des W... K... war gemäß § 11 des Fischereigesetzes vom 2. Dezember 1959 (GBl. I Nr. 67 S. 864) im Fischereiregister eingetragen.
Der Senat vermag jedoch nicht festzustellen, dass das Fischereirecht des Klägers dadurch, dass der Beklagte ebenfalls auf dem F... See die Fischerei ausübt, im Sinne von § 1004 BGB beeinträchtigt wird.
Zwar ist nur noch der Kläger bzw. war vor ihm nur noch die Erbengemeinschaft nach W... K... im Fischereibuch eingetragen. Dies bedeutet aber nicht, dass der Kläger am F... See ein selbständiges und ausschließliches Fischereirecht inne hat.
Grundsätzlich können an einem und demselben Gewässer mehrere Fischereirechte bestehen (sogenannte Koppelfischerei - § 9 Abs. 1 2. Alt. BbgFischG). Dabei kann es sich um Eigentümerfischereirechte handeln und um selbständige Fischereirechte. Insofern besteht aber kein Ausschlussverhältnis zueinander. So kann an demselben Gewässer neben einem Eigentümerfischereirecht ein selbständiges Fischereirecht für einen Dritten bestehen (Mayer, MittBayNot 1995, 128, 129).
Das vom Kläger erworbene Recht war kein ausschließliches Fischereirecht, wie er es für sich in Anspruch nimmt.
Der Inhalt und Rang des vom Kläger erworbenen Rechts bestimmt sich nach dem Zeitpunkt seiner Entstehung (§ 4 Abs. 2 Satz 1 BbgFischG).
Entstanden war dieses Recht als selbständiges Koppelfischereirecht, weil es zunächst neun Fischereikossäten zustand. Sieben von den neun Kossätenrechten blieben gemäß §§ 2 Abs. 2, 11 Abs. 2 FischereiG/DDR aufrechterhalten. Sechs von ihnen wurden gemäß § 7 Abs. 1 FischereiG/DDR vom Rat des Bezirkes übernommen und sind gemäß § 4 Abs. 1 Erste DVO zum FischereiG/DDR im Fischereiregister gelöscht worden. Dies bedeutet aber nicht, dass diese Rechte dergestalt dem des W... K... angewachsen wären, dass das Fischereirecht auf dem F... See nunmehr ihm allein zugestanden hätte. Sie waren ja vom Rat des Bezirkes übernommen worden und sollten nunmehr als staatliche Fischereirechte fortbestehen und waren aus diesem Grund im Register zu löschen. Das heißt, die so begründeten und bestehen gebliebenen selbständigen Fischereirechte sind mit ihrer Übertragung gemäß § 7 Abs. 1 Fischereigesetz/DDR nicht erloschen (arg. § 11 Abs. 2, FischereiG/DDR) sondern bestanden nunmehr als staatliche selbständige Fischereirechte in diesem Umfang fort, weshalb sie im Register zu löschen waren (§ 2 Abs. 2 FischereiG/DDR). Dieses Verständnis ergibt sich auch aus § 41 Abs. 3 BbgFischG, wonach Fischereirechte, die gemäß § 7 Abs. 1 FischereiG/DDR übernommen wurden, als selbständige Fischereirechte fortbestehen.
Nach alledem blieb gemäß § 41 Abs. 1 und 3 BbgFischG das selbständige Fischereirecht des W... K... hiernach als Koppelfischereirecht neben den selbständigen Fischereirechten des Landes Brandenburg aufrechterhalten. Diese selbständigen Fischereirechte des Landes Brandenburg schränken das Recht des Klägers ein, so dass er sein Fischereirecht auf dem F... nicht vollständig ausüben kann.
Der Beklagte ist zwar selbst nicht Inhaber eines Fischereirechts. Er ist zur Kleinfischerei jedoch gemäß § 10 Abs. 1, 2 BbgFischG zur Ausübung des Fischereirechts ermächtigt.
Allerdings kann er aus dem mit der Streithelferin am 14. Juli 1992 geschlossenen Fischereipachtvertrag kein Recht zum Fischfang herleiten, wenn dieser Vertrag als solcher gemäß §§ 11 Abs. 1, 12 Abs. 1 BbgFischG auch wirksam ist. Denn der Verpächter, die Streithelferin des Beklagten, war ihrerseits nicht Inhaber eines Fischereirechts bzw. nicht zur Verpachtung eines solchen Rechts berechtigt. Die Streithelferin kann nicht ein Recht zur Fischerei daraus herleiten, dass seinerzeit der Staat als nicht selbstnutzender Fischereirechtsinhaber die Nutzung der selbständigen Fischereirechte auf dem F... See gemäß § 3 Abs. 1 Fischereigesetz/DDR dem VEB Binnenfischerei Potsdam, aus dem die Streitverkündete durch Umwandlung hervorgegangen ist, übertragen hatte und dieser VEB Rechtsträger des Seegrundstücks war. Weil das Seegrundstück von einem volkseigenen Binnenfischereibetrieb genutzt worden war, ist das Eigentumsrecht daran gemäß § 3 der 3. DVO zum TreuhG der BvS/Treuhandanstalt zur treuhänderischen Verwaltung übertragen worden. Aus diesem Grund oblag gemäß § 4 des Gesetzes über die Übertragung des Eigentums und die Verpachtung volkseigener landwirtschaftlich genutzter Grundstücke an Genossenschaften, Genossenschaftsmitglieder und andere Bürger vom 22.07.1990 (GBl. S. 899) das Recht zur Verpachtung der BvS/Treuhandanstalt und nicht der Streithelferin. Die Verpachtung des selbständigen Fischereirechts wird hiervon jedoch nicht erfasst, da dieses vom Wassereigentum abgespaltene Recht, welches das Eigentümerfischereirecht ausschließt bzw. beschränkt nicht dem Rechtsträger, dem VEB Binnenfischerei, sondern dem Staat zustand.
Das Fischereirecht fiel auch nicht unter das Finanzvermögen des Art. 22 EV. Die Frage, wer Inhaber des Rechts zur Ausübung der Fischerei ist, gehört zum Privatrecht. Insoweit steht den Ländern praktisch die alleinige Gesetzgebungskompetenz zu, weil nach Artikel 69 EGBGB gesetzliche Vorschriften des Fischereirechts der Länder vom BGB im wesentlichen unberührt bleiben. Das FischereiR/DDR galt deshalb als Landesrecht fort, so dass gemäß §§ 2 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 1 FischereiG das Fischereirecht dem Staat bzw. nunmehr dem Land Brandenburg zustand. Dieser Zustand wurde in § 41 Abs. 1 BbgFischR aufrechterhalten.
Entsprechend hat das Land mit dem Beklagten über sein Fischereirecht am 29. Juni 1993 den Pachtvertrag geschlossen, der, da das Land durch das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landes Brandenburg als der obersten Fischereibehörde vertreten wurde, keiner zusätzlichen Genehmigung bedurfte.
Besteht der mit dem Land Brandenburg geschlossene Fischereipachtvertrag vom 29. Juni 1993 weiterhin, kann der Kläger vom Beklagten, der sein Recht vom Berechtigten ableitet (§ 986 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht die vollständige Unterlassung der Fischerei verlangen. Denn das Fischereirecht des Klägers besteht nur insoweit, als es durch das Fischereirecht bzw. die übernommenen sechs selbständigen Kossätenfischereirechte des Landes beschränkt ist (§ 1024 BGB - BGH RdL 1980, 7981).
Trifft es zu, dass der Beklagte diesen Vertrag mit dem Land einvernehmlich aufgehoben hat, ändert dies an der Berechtigung des Beklagten zur Fischerei nichts. Der mit der Streithelferin am 14. Juli 1994 geschlossene Vertrag ist grundsätzlich wirksam. Die Streithelferin ist auch in der Lage, dem Beklagten die Fischereiausübung zu überlassen, da sie hieran von dem Land Brandenburg, nicht gehindert wird. Es besteht dann zwar kein Recht des Beklagten zur Fischerei gegenüber dem Berechtigten, dem Land Brandenburg. Auch in diesem Fall beeinträchtigt der Beklagte das Fischereirecht des Klägers gemäß § 1004 nicht. Denn der Beklagte würde dann nicht das Fischereirecht des Klägers verletzen, sondern das bzw. die Fischereirechte des Landes Brandenburg.
3.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Ziffer 10, 713 ZPO.
Ende der Entscheidung
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