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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 25.11.2004
Aktenzeichen: 5 U 47/04
Rechtsgebiete: ZVG, BGB, EGBGB, ZPO


Vorschriften:

ZVG § 20
ZVG § 23
BGB § 135
BGB § 136
BGB § 284 Abs. 1
BGB § 284 Abs. 2
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 288
BGB § 325
BGB § 325 Abs. 1
EGBGB Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3
ZPO § 543 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 47/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 25.11.2004

Verkündet am 25.11.2004

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. November 2004 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ...und den Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 23. Februar 2004 - Az.: 2 O 51/02 - teilweise abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.582,57 EUR zu zahlen; die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte 62% und der Kläger 38%. Die Kosten des Rechtsstreits I. Instanz tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte, seine ehemalige Ehefrau, Verzugszinsen in Höhe von insgesamt 16.841,98 EUR für die Zeit vom 1. April 1998 bis zum 28. Juni 2002 geltend.

Wegen des Sach- und Streitstandes sowie der tatsächlichen Fststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Ergänzend ist anzuführen, dass der Kläger wegen der Forderung von 122.000,00 DM aus der notariellen Vereinbarung vom 20. Januar 1997 am 7. Januar 1999 Antrag auf Zwangsversteigerung des Grundstücks stellte. Mit Schreiben vom 9. April 1999 stellte der Kläger gegenüber dem Amtsgericht klar, dass nicht die Aufhebung der Gemeinschaft verlangt werde, sondern die Zwangsversteigerung nur wegen des nach dem Notarvertrag zu zahlenden Betrages betrieben werde. Mit Schreiben vom 27. April 1999 wies das Amtsgericht darauf hin, dass durch den notariellen Vertrag allein die Gemeinschaft noch nicht aufgehoben sei und daher nur eine Versteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft erfolgen könne. Daraufhin stellte der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 10. Mai 1999 klar, dass eine Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft erfolgen solle. Anschließend wurde durch Beschluss vom 18. Mai die Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft und gleichzeitig die Beschlagnahme des Grundstücks nach § 20 ZVG angeordnet. Am 16. Oktober 2002 fand der Versteigerungstermin statt; der Zuschlag an den Ersteher S...erfolgte durch Beschluss vom 23. Oktober 2002.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, durch das Schreiben des Klägers vom 20. März 1998 sei die Beklagte zwar in Verzug geraten, aber durch die Beschlagnahme des Grundstücks habe nach § 23 ZVG ein Veräußerungsverbot bestanden. Dies könne - so das Landgericht - dazu führen, dass ganz oder teilweise ein Zinsanspruch des Klägers nicht bestehe. Die Forderung von Zinsen könne rechtsmißbräuchlich sein, weil der Kläger seit Mai 1999 den Vertrag wegen der Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens nicht mehr habe erfüllen können. Die Beklagte habe auch zwischenzeitlich den Rücktritt von dem Vertrag erklärt; dazu sei sie gemäß § 325 BGB auch berechtigt gewesen, weil der Kläger den Vertrag nicht mehr habe erfüllen können. Wegen des Rücktritts seien die Leistungen zurückzugewähren, so dass der Kläger daher für den Zeitraum bis Mai 1999 Zinsen - so er sie erhalten hätte - zurückgewähren müsste.

Gegen das ihm am 7. April 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 7. Mai 2004 bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 7. Juli 2004, mit am 5. Juli 2004 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen; er ist der Ansicht, er sei insbesondere noch in der Lage gewesen, den notariellen Vertrag mit der Beklagten zu erfüllen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.841,98 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Die Zwangsversteigerungsakten des Amtsgerichts Cottbus - Az.: 59 K 66/99 - lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die Berufung des Klägers ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517, 519, 520 ZPO). Das Rechtsmittel hat teilweise in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz von Verzugszinsen gemäß §§ 284 Abs. 1, 286 Abs. 1, 288 BGB - auf das Schuldverhältnis der Parteien findet das Bürgerliche Gesetzbuch in seiner bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung - in Höhe von insgesamt 10.582,57 EUR zu.

1. Die Beklagte befindet sich jedenfalls seit dem 1. April 1998 mit der Zahlung des in dem notariellen Vertrag vom 20. Januar 1997 vereinbarten Entgeltes in Verzug. In dem Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 20. März 1998 hatte der Kläger der Beklagten unter anderem für die Zahlung des Betrages von 122.000,00 DM eine Frist bis zum 31. März 1998 gesetzt; dies genügt den Anforderungen an eine verzugsbegründende Mahnung im Sinne von § 284 Abs. 1 BGB. Es bedarf danach keiner Entscheidung, ob der Vertrag vom 20. Januar 1997 für die Zahlung eine kalendermäßige Bestimmung im Sinne von § 284 Abs. 2 BGB enthält.

2. a) Allein dadurch, dass der Kläger im Wege der Zwangsversteigerung die Beschlagnahme des Grundstückes erwirkt hat, ist die ihm obliegende Leistung aus dem Vertrag vom 20. Januar 1997 nicht unmöglich geworden; er blieb weiterhin in der Lage, wie vereinbart, seinen hälftigen Miteigentumsanteil auf die Beklagte zu übertragen.

Zwar zieht die Beschlagnahme des Grundstücks nach § 20 ZVG ein Veräußerungsverbot nach § 23 ZVG nach sich. Dieses gerichtliche Veräußerungsverbot führt nach §§ 135, 136 BGB zur relativen Unwirksamkeit einer Verfügung, d. h. die Verfügung ist allein gegenüber dem durch das Verbot Geschützten unwirksam. Da aber der Kläger gleichzeitig der Geschützte ist, würde er mit der Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils konkludent auf diesen Schutz verzichten, die Verfügung wäre also dem Kläger gegenüber nicht unwirksam. Im Übrigen ist die Leistung aber auch deswegen nicht unmöglich geworden, weil es der Kläger jederzeit in der Hand hatte, den Antrag auf Aufhebung der Gemeinschaft im Wege der Zwangsversteigerung zurückzunehmen und damit die volle Verfügungsgewalt über den Vertragsgegenstand wieder zu erlangen. Dies änderte sich auch nicht grundlegend dadurch, dass die Beklagte dem Zwangsversteigerungsverfahren am 8. Januar 2002 beigetreten ist. Zwar konnte der Kläger danach nicht mehr einseitig durch Rücknahme seines Antrages das Zwangsversteigerungsverfahren beenden, die Beklagte wäre aber gehalten gewesen, aus Gründen der Vertragstreue sich einem entsprechenden Schritt des Klägers anzuschließen, um die Durchführung des Vertrages zu gewährleisten.

b) Dem Kläger wurde die Erfüllung des Vertrages erst durch den Zuschlag im Rahmen der Zwangsversteigerung am 23. Oktober 2002 rechtlich unmöglich. Durch den Eintritt der Unmöglichkeit im Oktober 2002 wird allerdings der bis dahin bestehende Verzug nicht rückwirkend beseitigt (Palandt/Heinrichs, 61. Auflage, § 284 BGB Rz. 37). Der Kläger macht im vorliegenden Verfahren Zinsen nur für die Zeit vom 1. April 1998 bis zum 28. Juni 2002 geltend, so dass der Anspruch auf Ersatz von Verzugszinsen durch die im Oktober 2002 eingetretene Unmöglichkeit - unabhängig von der Frage, wer diese Unmöglichkeit zu vertreten hat - nicht berührt wird.

3. Die Beklagte kann dem Kläger auch nicht entgegenhalten, er habe durch die Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens die Erreichung des Vertragszweckes treuwidrig vereitelt.

Der Kläger hatte mit der notariellen Urkunde, in der sich die Beklagte der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hatte, einen vollstreckbaren Titel. Aus diesem Titel durfte, nachdem die Beklagte mit der Zahlung in Verzug geraten war, der Kläger die Zwangsvollstreckung betreiben und zwar in den wohl einzig nennenswerten Vermögensgegenstand der Beklagten, nämlich ihren hälfttigen Miteigentumsanteil (§§ 864 Abs. 2, 866 ff. ZPO). Allein wegen der Forderung aus dem notariellen Vertrag vom 20. Januar 1997 hat der Kläger ausweislich seiner Antragsschrift vom 7. Januar 1999 die Zwangsversteigerung betrieben. Dass wegen des bestehenden Miteigentums der Parteien des Rechtsstreits die Zwangsversteigerung - worauf das Amtsgericht zutreffend mit seinem Schreiben vom 27. April 1999 hingewiesen hatte - nur zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft erfolgen konnte ( § 180 ZVG; §§ 747, 751 BGB) stellt eine Besonderheit dar, durch die dem Kläger nicht grundsätzlich das Recht genommen wird, aus einem vollstreckbaren Titel in das Vermögen der Beklagten zu vollstrecken und dadurch im Wege der Zwangsversteigerung zumindest den auf seinen Anteil entfallenden Erlös zu erhalten.

4. Da sich der Kläger durch die Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens nicht pflichtwidrig verhalten hat, können der Beklagten aus diesem Umstand aufrechenbare Schadensersatzansprüche nicht zustehen. Der Rücktritt der Beklagten (GA 83) ist ersichtlich erst nach dem Zuschlag in der Zwangsversteigerung und damit nach Eintritt der Unmöglichkeit erfolgt; selbst wenn der Kläger die Unmöglichkeit zu vertreten hätte und die Beklagte daher nach § 325 Abs. 1 BGB vom Vertrag hätte zurücktreten können, so wäre dadurch der Verzug lediglich für die Zukunft beendet worden (Palandt/Heinrichs, § 284 BGb Rz. 37 ff.), hätte also auf den Anspruch des Klägers keinen Einfluss.

5. Steht dem Kläger damit dem Grunde nach ein Anspruch auf Erstattung von Verzugszinsen nach §§ 284 Abs. 1, 286 Abs. 1 und 288 BGB für den Zeitraum vom 1. April 1998 bis zum 28. Juni 2002 zu, so besteht dieser Anspruch gleichwohl nicht in der geltend gemachten Höhe.

Für die Zeit ab dem 1. Mai 2000 macht der Kläger Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz geltend. Nach Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3 EGBGB gilt § 288 BGB in seiner ab dem 1. Mai 2000 geltenden Fassung nur für Forderungen, die von diesem Zeitpunkt an fällig werden. Da die Forderung des Klägers spätestens 1998 fällig geworden ist, verbleibt es für ihn dabei, dass er gesetzliche Verzugszinsen nur in Höhe von 4% verlangen kann.

Danach kann der Kläger für den Zeitraum 1. April 1998 bis 30. April 2000 - wie von ihm errechnet - Zinsen in Höhe von 5.193,03 EUR verlangen. Für die Zeit vom 1. Mai 2000 bis zum 31. Mai 2002 - also für insgesamt weitere 25 Monate - steht ihm aus der Hauptforderung von 62.377,61 EUR ein weiterer Zinsbetrag von 5.198,13 EUR zu. Für die restlichen 28 Tage bis zum 28. Juni 2002 kann der Kläger weitere 191,41 EUR an Zinsen verlangen.

Sein Anspruch beläuft sich damit insgesamt auf 10.582,57 EUR; die darüber hinausgehende Klage war abzuweisen.

6. Gründe, die die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.

Ende der Entscheidung

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