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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 18.10.2001
Aktenzeichen: 5 U 64/00
Rechtsgebiete: AufbauG, EntschädigungsG, BGB, SachenRBerG, ZGB/DDR, VermG, ZPO


Vorschriften:

AufbauG § 14
EntschädigungsG § 9
BGB § 313 Satz 2
BGB § 328
BGB § 873
BGB § 873 Abs. 1
BGB § 873 Abs. 2
BGB § 892 Abs. 1 Satz 1
BGB § 1004
BGB § 1018
BGB § 1027
SachenRBerG § 116
SachenRBerG § 116 Abs. 1
ZGB/DDR § 321
ZGB/DDR § 322
VermG § 3 Abs. 1a
VermG § 18 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 92
ZPO § 708 Ziff. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 64/00 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 18.10.2001

Verkündet am 18.10.2001

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2001 durch

den Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 3. März 2000 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, den Klägern ein Wege- und Fahrrecht an dem Grundstück G...-S...-Straße 41, ... P... eingetragen im Grundbuch von P... Band 7482, laufende Nr. 3, Flur 22, Flurstück 36 im Umfang der Bewilligung der Urkunde des Notars H... E..., B..., UR-Nr. 237/1994 vom 1. August 1994 zu bewilligen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu je 1/30, die Beklagte zu 9/10.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wert der Beschwer der Beklagten: 45.000,00 DM, der Kläger: 5.000,00 DM.

Tatbestand:

Im Grundbuch von P..., B... Vorstadt Band IV Blatt 194 war seit Mitte des 19. Jahrhunderts die Haus- und Gartenbesitzung V...Straße Nr. 29 (nunmehr 41) Kartenblatt 2 mit diversen Parzellennummern eingetragen. Von diesem Grundbesitz wurden in der Folgezeit Teilflächen verkauft, vor allem an die P... Eisenbahn, später K... Eisenbahnfiskus. In Abteilung I des Grundbuchs ist unter der Rubrik Abschreibungen unter dem Datum vom 11. April 1891 vermerkt, dass die Parzelle Kartenblatt 2 Nr. 238/23 Garten übertragen wurde in das Grundbuch B... Vorstadt Blatt Nr. 11. Am selben Tage wurde in Abteilung II lfd. Nr. 4 zugunsten des K... Eisenbahnfiskus, seiner Rechtsnachfolger und der Bewohner des auf dem Grundstück Kartenblatt 2 Nr. 238/23 von 7 Ar 36 qm zu errichtenden Gebäudes und zu Lasten der Parzellen 235/22 und 236/23 das Recht eingetragen, einen Zugangsweg mit einer Gesamtgröße von 2 Ar 34 qm zum Gehen und Fahren zu benutzen. Die verbliebenen Flurstücke des unter lfd. Nr. 3 eingetragenen Grundbesitzes wurden als lfd. Nr. 4 (Flurstück. 341/22,4 Ar 60 qm), 5 (Flurstück 342/22, 1 Ar 26 qm), 6 (Flurstück. 343/22 1 Ar 08 qm) und 7 (Flurstück. 344/23,4 Ar 68 qm) fortgeführt. In der Folgezeit erhielten die unter lfd. Nr. 5 und 6 eingetragenen insgesamt 2 Ar 34 qm großen Flurstücke 342/22 und 343/22 die Flurstücksnummer 36 und die unter Nr. 4 und 7 eingetragenen (341/22 und 344/23) die Flurstücksnummer 37 (9 Ar 28 qm), später als Flurstück. 37/1 und 37/2 fortgeführt.

Am 1. November 1967 wurde gemäß § 6 der Verordnung vom 17. Juli 1952 der Verwaltervermerk in das Grundbuch eingetragen. Am 1. Oktober 1980 wurde der Grundbesitz, eingetragen im Grundbuch von B... Vorstadt Blatt 194, Flur 22, Flurstücke Nr. 36 und 37/1 und 2, insgesamt 1.262 qm groß, gemäß § 14 Aufbaugesetzes in Verbindung mit § 9 Entschädigungsgesetzes in Volkseigentum überführt. Die eingetragenen Belastungen, darunter das zu dem Grundstück laufender Nummer 8 vormals 5, 6, eingetragene Wegerecht zugunsten des Eisenbahnfiskus, wurden gelöscht, das Grundbuch geschlossen. Rechtsträger der Grundstücke wurde der VEB Gebäudewirtschaft P....

Das Flurstück 37/2 wurde in der Folgezeit von zwei Familien zu Erholungszwecken genutzt. Auf dem Flurstück 37/1 der Flur 22 errichtete die Beklagte 1980 ein Eigenheim. Im Mai 1990 erwarb sie das dazugehörende Flurstück hinzu.

Am 5. Februar 1991 beantragte die Beklagte, die hinter ihrem Grundstück gelegenen Flurstücke des Grundstückes G...-S...-Straße 41, nämlich die Flurstücke 37/2 und 36 der Flur 22 zu erwerben, um darauf eine Pension zu errichten und zu betreiben. Zu ihren Gunsten erging am 27. August 1993 antragsgemäß ein Investitionsvorrangbescheid für die investive Verwendung des Grundstücks G...-S...-Straße 41, Flur 22, Flurstücke 37/2 und 36. Darin heißt es:

"Das vom Vorhabenträger (Beklagte) beabsichtigte Bauvorhaben soll auf dem Flurstück 37/2 errichtet werden. Das Flurstück 36 wird nicht bebaut, soll aber zur Einhaltung der Abstandflächen mit herangezogen werden. Das im Grundbuch festgeschriebene Wegerecht (Flur 36) ist damit auch weiterhin uneingeschränkt wirksam."

Mit Vertrag vom 15. Dezember 1992 (Notar M... in B..., UR-Nr. 515/1992) kauften die Kläger das, von der G...-S...-Straße aus gesehen, hinter den Flurstücken 36 und 37/1 und 37/2 gelegene, ebenfalls ehemals volkseigen gewesene Grundstück, Flur 22, Flurstück 38, bebaut mit einem Mehrfamilienhaus, zu einem Kaufpreis von 1.701.000,00 DM. Das Grundstück wurde am 15. Juli 1993 und 16. Juni 1994 aufgelassen und die Kläger am 4. August 1994 als neue Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.

Drei Tage zuvor, am 1. August 1994 schloss die Beklagte mit der Stadt P... einen notariellen Grundstückskaufvertrag (Notar E... in B..., UR-Nr. 236/1994) über die Grundstücke Flur 22, Flurstücke 37/2 und 36. Am selben Tage bewilligte sie dem jeweiligen Eigentümer des Flurstücks 38 der Flur 22 der Gemarkung P... - herrschendes Grundstück - den über das Flurstück 36 von der G...-S...-Straße aus gesehen an der rechten Grundstücksgrenze angelegten Weg zu begehen und zu befahren. In der beglaubigten Gestattungsurkunde (Notar E..., UR-Nr. 237/1994) heißt es:

"Die Dienstbarkeit soll einen Zugang von der G...-S...-Straße zum Flurstück 38 und umgekehrt vom Flurstück 38 zur G...-S...-Straße hin ermöglichen. Mit dieser Maßgabe ist die Ausübung der Dienstbarkeit auch Dritten gestattet, insbesondere zur Versorgung und Entsorgung des Flurstücks 38. Das Befahren mit gewerblichen Fahrzeugen, die nicht der Versorgung oder Entsorgung dienen, ist nicht gestattet.....".

Die Beklagte wurde am 18. Mai 1996 als neue Eigentümerin in das Grundbuch von P..., Blatt 7482 eingetragen.

Mit an den Notar gerichteten Schreiben vom 24. Juni 1997 widerrief die Beklagte die Bewilligung der Grunddienstbarkeit. Ungeachtet dessen wurde diese am 6. März 1998 in das Grundbuch des belasteten Grundstücks, Flur 22, Flurstück 36, eingetragen.

Im Jahr 1996 errichtete die Beklagte auf dem von ihr hinzu erworbenen Flurstück 37/2 eine Pension. Am 19. August 1996 errichtete die Beklagte im Zuge der Pensionsbaumaßnahmen am Ende des Flurstücks 36 zum Flurstück 38 hin einen Zaun, den sie auch nach Abschluss der Bauarbeiten nicht öffnete. Im Mai 1999 oder einige Wochen später, das ist unter den Parteien streitig, wurde auf dem rückwärtigen Weg, der am Bahndamm entlang zum Bahnhof Park S... führt und bisher eine Verbindungsmöglichkeit von dem Flurstück 38 zu der G...-S...-Straße darstellte, in Höhe des Bahnhofs ein Schild errichtet, mit der Aufschrift: "Betreten verboten". Die Kläger vermieteten das von ihnen erworbene Haus, das zeitweilig leer stand, zum 1. Oktober 1999 neu.

Mit der Klage verlangen die Kläger gestützt auf die eingetragene Grunddienstbarkeit von der Beklagten die Duldung der Nutzung des Flurstücks 36 als Zuweg.

Die Kläger haben behauptet, das Flurstück 36 der Flur 22 sei seit je her, auch vor und nach dem 3. Oktober 1990 von den jeweiligen Besitzern/Eigentümern des Flurstücks 38 als Weg genutzt worden. Eine andere Verbindungsmöglichkeit zur öffentlichen Straße bestehe nicht. Die Kläger haben die Ansicht vertreten, in der notariell beglaubigten Bewilligung des Wegerechts liege eine vertragliche Vereinbarung zugunsten Dritter. Hieran sei die Beklagte nach Eintragung in das Grundbuch gemäß § 873 Abs. 2 BGB gebunden. Zumindest stehe ihnen, den Klägern, ein gewohnheitsrechtlicher Anspruch zu, das Flurstücks 36 zu nutzen.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

zu dulden, dass sie, die Kläger, ein Wege- und Fahrrecht über das Grundstück G...-S...-Straße 41,... P..., eingetragen im Grundbuch von P... Blatt 7482, lfd. Nr. 3, Flur 22, Flurstück 36 gemäß Bewilligung vom 1. August 1994 (Urkunde des Notars H... E... in B..., Nr. 236/1994) ausüben, und zwar unter Androhung von Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft;

hilfsweise

ihnen, den Klägern, ein Wege- und Fahrrecht an dem Grundstück G...- S...-Straße 41,... P..., eingetragen im Grundbuch von P... Blatt 7482, lfd. Nr. 3, Flur 22, Flurstück 36 gemäß der Bewilligung vom 1. August 1994 (Urkunde des Notars H... E..., B..., Nr. 236/1994) zu gewähren,

dieses hilfsweise

Zug-um-Zug gegen Zahlung einer Notwegrente in Höhe von 1.000,00 DM pro Jahr,

weiter hilfsweise,

festzustellen, dass zugunsten des Grundstücks G...-S...-Straße 40, ..-. P..., eingetragen im Grundbuch von P... Blatt 6265, Flur 22, Flurstück 38 ein Wege- und Fahrrecht für das Grundstück G...-S...-Straße 41, ... P..., eingetragen im Grundbuch von P... Blatt 7482, Flur 22, Flurstück 36 bestehe.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Kläger auf den ca. 250 bis 300 m langen am Bahndamm entlang zum Bahnhof Park S... führenden Weg verwiesen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Eintragung der Grunddienstbarkeit sei wegen Fehlens eines schuldrechtlichen Grundgeschäfts irrtümlich und ohne Rechtsgrund erfolgt. Der Ausübung der Grunddienstbarkeit durch die Kläger stehe deswegen ein Grundbuchberichtigungsanspruch entgegen.

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, zu dulden, dass die Kläger ein Wege- und Fahrrecht über das Flurstück 36 der Flur 22 ausüben.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Anspruch der Kläger beruhe auf §§ 1018, 1027, 1004 BGB. Die Grunddienstbarkeit sei wirksam entstanden. Ihr liege ein wirksamer schuldrechtlicher Vertrag zugunsten Dritter zwischen der Beklagten und der Stadt P... vom 1. August 1994 zu Grunde.

Gegen das Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.

Die Beklagte beruft sich nach wie vor darauf, dass die Grunddienstbarkeit nicht wirksam entstanden sei und behauptet, die von den Klägern begehrte Mitbenutzung des Flurstücks 36 beeinträchtige die Nutzung ihres Hotelgrundstücks erheblich.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger verteidigen das erstinstanzliche Urteil mit näherer Darlegung.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist statthaft (§511 ZPO) und zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511 a, 516, 518, 519 ZPO).

II.

In der Sache hat die Berufung nur teilweise Erfolg.

1.

Die Kläger können von der Beklagten nicht gemäß §§ 1018,1027,1004 BGB die Duldung der Nutzung des Flurstücks 36 als Zuweg zu ihrem Grundstück verlangen.

Aus der am 11. April 1891 eingetragenen Grunddienstbarkeit können die Kläger keine Rechte mehr herleiten. Im Rahmen der Überführung des belasteten Grundstücks in Volkseigentum waren diese dinglichen Rechte erloschen. Zudem hat die Beklagte das Flurstück 36 gemäß § 892 Abs. 1 Satz 1 BGB unbelastet erworben.

Die Kläger können den Anspruch auch nicht auf die am 6. März 1998 zugunsten ihres Flurstücks 38 in Abteilung II des Grundbuchs von P... Blatt 7482 unter lfd. Nr. 9 eingetragene Grunddienstbarkeit stützen.

Dies wäre nur dann der Fall, wenn diese Grunddienstbarkeit wirksam entstanden wäre. Hieran fehlt es.

Gemäß §§ 873, 1018 BGB entsteht die Grunddienstbarkeit durch Einigung des Berechtigten und des anderen Teils und durch die Eintragung in das Grundbuch. Eingetragen ist die von der Beklagten am 1. August 1994 bewilligte Grunddienstbarkeit im Grundbuch. Es liegt jedoch keine wirksame Einigung der Beklagten als der Berechtigten mit dem anderen Teil vor. Die Einigung enthält den Rechtsentäußerungswillen des Berechtigten und den Rechtserwerbswillen des anderen Teils. Sie ist ein auf eine dingliche Rechtsänderung gerichteter Vertrag. Voraussetzung für die Einigung sind deswegen einander entsprechende Erklärungen. Hier liegt nur die einseitige Erklärung der Beklagten vor. Eine Annahmeerklärung des in der Urkunde begünstigten Dritten als dem anderen Teil fehlt. Die Annahmeerklärung war nicht etwa entbehrlich, weil es sich um eine Einigung zur Belastung des Grundstücks gemäß § 873 Abs. 1 BGB zugunsten eines Dritten gehandelt hätte. Für einen Dritten kann ein Recht an einem Grundstück oder ein Grundstücksrecht nicht begründet werden (Schöne/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rn. 9, m. w. N.). Das geltende Recht ermöglicht einen dinglichen Vertrag und damit eine Einigung zugunsten eines Dritten nicht. § 328 BGB ist auf dingliche Rechte nicht anwendbar.

Zwar ist das Wegerecht in das Grundbuch auf die Bewilligung der Beklagten eingetragen worden. Dies hat jedoch nicht zu seiner Entstehung geführt. Die Eintragung gemäß § 313 Satz 2 BGB heilt eine fehlende Einigung nicht.

2.

Die Beklagte ist auch nicht schuldrechtlich im Sinne eines echten, berechtigenden Vertrages zugunsten der Kläger als Dritter gemäß § 328 BGB verpflichtet, gemäß Bewilligung vom 1. August 1994 ein Wegerecht an dem Flurstück 36 der Flur 22 zugunsten des Nachbarflurstücks 38 einzuräumen.

Aus der notariell beglaubigten Urkunde vom 1. August 1994 können die Kläger einen derartigen Anspruch nicht herleiten. Diese Erklärung ist kein schuldrechtliches Angebot auf Abschluss einer Vereinbarung über die Bewilligung einer Grunddienstbarkeit sondern eine rein dingliche Erklärung. Der vorgetragene Sachverhalt im Übrigen reicht ebenfalls nicht für eine entsprechende vertragliche Verpflichtung aus. Die Stadt P... hat sich zwar in ihrem Schreiben (Bl. 111 d. A.) Dritten - und nicht den Klägern gegenüber - dahin geäußert, dass im Zuge des Investitionsvorrangsverfahrens bei einer Veräußerung der Flurstücke 37/2 und 36 ein Wegerecht Berücksichtigung finden werde. Diese Auskunft war jedoch lediglich unverbindlich, zudem besagt sie nichts über eine entsprechende Vereinbarung mit der Beklagten. Die Beklagte hat zwar letztlich das Wegerecht bewilligt. Dieser Umstand allein rechtfertigt jedoch nicht den Schluß, dass sich die Beklagte schuldrechtlich der Stadt P... gegenüber verpflichtet hat, zugunsten des Eigentümers des Flurstücks 38 ein Wegerecht einzuräumen mit der Maßgabe, dass dieser das Recht erwerben solle, die Leistung selbst von der Beklagten zu fordern.

3.

Den Klägern steht jedoch der mit dem ersten Hilfsantrag verfolgte Anspruch auf Einräumung der begehrten Grunddienstbarkeit im Umfang der von Notar E... am 1. August 1994 unter URNr. 237/94 beglaubigten Bewilligung aus § 116 SachenRBerG zu.

Nach § 116 SachenRBerG kann der Mitbenutzer vom Eigentümer die Bestellung einer Grunddienstbarkeit verlangen, wenn die Nutzung bis zum 2. Oktober 1990 begründet wurde, die Nutzung des Grundstücks für die Erschließung des eigenen Grundstücks erforderlich ist und ein Mitbenutzungsrecht nach §§ 321, 322 ZGB/DDR nicht begründet wurde.

Eine Mitbenutzung gemäß §§ 321, 322 ZGB/DDR wurde nicht begründet.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht auch fest, dass die von den Klägern begehrte Nutzung vor Ablauf des 2. Oktober 1990 bestand und die Nutzung des Flurstücks 36 für die Erschließung des Grundstücks der Kläger erforderlich ist.

Der Zeuge Ra..., der das von den Klägern erworbene Haus in den Jahren 1961 bis 1991 bewohnte, hat ausgesagt, dass auf dem Flurstück 36 zunächst zur Straße hin ein Tor angebracht gewesen sei mit dem Hinweis "Zugang zum Reichsbahngelände V...Straße 40". Dieses Tor habe er später auf Bitten der Polizei, die im Bereich des Hauses G...-S...-Straße 42 Verkehrsbehinderungen habe vermeiden wollen, versetzt. Das Flurstück habe ihm, seiner Familie und auch den weiteren Mietern des Hauses stets als Zugang und zunächst, bis zum Jahr 1970, auch als Zufahrt gedient. In der Zeit ab 1970 seien für die Bediensteten des Ministeriums des Inneren im Hause G...-S...-Straße 42 auf dem Eisenbahngelände Garagen errichtet worden, von denen er eine für sein Dienstfahrzeug habe nutzen können. Aus diesem Grund habe er seither den Weg zu seiner Wohnung, wenn er mit dem Dienstfahrzeug unterwegs gewesen sei, über den als Zuweg zu den Garagen geschaffenen Weg am Bahndamm entlang genommen, während er im übrigen, seine Familie und auch die weiteren Hausbewohner als Zuweg stets den Weg über das Flurstück 36 genommen hätten. Dabei sei dieser Weg von seiner Familie auch mit privaten Fahrzeugen benutzt worden. Auch Kranken- und Umzugswagen hätten auf dieser Zufahrt sein Haus erreicht.

Der Senat hat keinen Anlass, die Richtigkeit der Bekundungen des Zeugen R... in Frage zu stellen. Der Zeuge hat die Situation anschaulich, nachvollziehbar und widerspruchsfrei geschildert. Zudem stimmt die Aussage mit den Bekundungen der Zeugen Bi..., Ja..., Wi... und Pr... überein, die ebenfalls die Nutzung des Flurstücks 36 als Zuweg und Zufahrt durch die damaligen Bewohner des von den Klägern erworbenen Hauses bestätigt haben. Die Aussage des Zeugen Kü... vermag die durch die Bekundungen der genannten Zeugen gewonnene Überzeugung nicht zu erschüttern. Nach der Erinnerung dieses Zeugen sind zwar lediglich die Gartennutzer mit ihren Fahrzeugen über das Flurstück 36 zu ihrem Garten auf dem Flurstück 37/2 gefahren. Dies schließt eine entsprechende Nutzung auch der Bewohner des Hauses G...-S...-Straße 40 jedoch nicht aus.

Hiernach ist davon auszugehen, dass das Flurstück 36 seit jeher bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 aber auch noch danach ausschließlich dem Zugang und der Zufahrt zu dem nunmehr im Eigentum der Kläger stehenden Wohnhaus und zu den beiden Gärten auf dem Flurstück 37/2 diente.

Die Einnahme richterlichen Augenscheins hat auch ergeben, dass das Grundstück der Kläger auf die Inanspruchnahme des Flurstücks 36 der Flur 22 als Zuweg und Zufahrt angewiesen ist.

Der am Bahndamm entlangführende Weg stellt keine Alternative dar. Er liegt auf einem Privatgelände, der Zugang ist für Unbefugte ausdrücklich untersagt, zudem ist die Verkehrssicherheit auf diesem Weg nicht gewährleistet.

Der Anspruch aus § 116 SachenRBerG setzt nicht voraus, dass auch der Anspruchsteller selbst die Nutzung vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet hat. Die Kläger können also auch als jetzt eingetragene Eigentümer, die selbst das Flurstück vor dem 3. Oktober 1990 nicht genutzt haben, anspruchsberechtigt sein.

§ 116 Abs. 1 SachenRBerG setzt auch nicht voraus, dass der Weg von den Klägern bzw. dem Voreigentümer auf dem Flurstück 36 selbst angelegt wurde und von dem Nutzer unterhalten worden ist. An eine Nutzerinvestition knüpft § 116 Abs. 1 SachenRBerG, anders als andere Bereinigungstatbestände, nicht an (BGH NotBZ 2000, 155).

Die Beklagte kann der Benutzung ihres Grundstücks auch keine Einwendungen nach § 117 Abs. 1 SachenRBerG entgegenhalten. Dies schon deswegen nicht, weil eine andere Erschließung des Grundstücks der Kläger nicht möglich ist. Darüber hinaus wird das Grundstück der Beklagten durch die zuerkannte Mitbenutzung durch die Kläger und ihre Mieter weder erheblich beeinträchtigt noch überwiegen die Nachteile für das belastete Grundstück die Vorteile für das Grundstück der Kläger.

Auch die Klägerin und ihre Hotelgäste benutzen jedenfalls einen Teil des Flurstücks 36 als Zugang/Zufahrt zu dem Hotel der Klägerin. Bei der Abwägung der Vor- und Nachteile fällt aber vor allem entscheidend ins Gewicht, dass der Erwerb des Flurstücks 36 durch die Beklagte nach Maßgabe des Investitionsvorrangbescheides von vorneherein nur dafür vorgesehen war, eine Abstandsfläche zu schaffen, die nicht bebaut werden sollte, damit das Wegerecht weiterhin gewährleistet war. Schließlich hat die Beklagte das Wegerecht, wenn auch nicht wirksam, bewilligt. Für die Klägerin war mithin klar, dass sie ihre Baupläne hierauf einstellen mußte. Dann kann aber die tatsächliche Inanspruchnahme dieses Rechtes für sie keine unzumutbare Belastung darstellen.

Der Anspruch aus § 116 Abs. 1 SachenRBerG entfällt auch nicht deswegen, weil der Altgläubiger in der Lage gewesen wäre, sich das Wegerecht nach den vermögensrechtlichen Bestimmungen rückübertragen zu lassen. Da das Flurstück 36 nicht vor dem Inkrafttreten des 2. VermRÄndG restituiert worden war, war das Wegerecht nicht automatisch gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 VermG in der bis zum Inkrafttreten des 2. VermRÄndG geltenden Fassung wiederbegründet worden. Eine Rückübertragung des Wegerechts nach § 3 Abs. 1a VermG hätte nur stattfinden können, wenn das Recht nicht nur bei Gelegenheit der Enteignung, wie im vorliegenden Fall, gelöscht worden sondern selbst Gegenstand einer vermögensentziehenden Maßnahme gewesen wäre.

Der Anspruch aus § 116 SachenRBergG setzt den negativen Ausgang eines derartigen Verfahrens aber auch nicht voraus; wenn es nicht gar auch der Zweck dieser Vorschrift ist, den durch die Überführung des Grundstücks in Volkseigentum eingetretenen Verlust des dinglichen Rechts auszugleichen (vgl. OLG Dresden VIZ 2000, 428, 429).

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen §§ 92, 708 Ziff. 10, 713 ZPO.

Streitwert: DM 50.000

Ende der Entscheidung

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