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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.06.2008
Aktenzeichen: 5 U 78/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 156
ZPO § 256
ZPO § 513 Abs. 1
ZPO § 529
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 546
BGB § 133
BGB § 157
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 U 78/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 19.06.2008

Verkündet am 19.06.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt sowie die Richter am Oberlandesgericht Tombrink und Grepel auf die mündliche Verhandlung vom 29. Mai 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 2. Mai 2007 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 1 O 487/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte. Die Kosten der Streithilfe werden dem Streithelfer auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 48.058,00 €.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Auflassung eines Grundstückes Zug-um-Zug gegen Zahlung eines Kaufpreises in Höhe von 14.400,00 €; im Wege der Widerklage begehrt die Beklagte die Feststellung, dass der Kläger verpflichtet sei, dieses Grundstück in Größe von 180 m² gegen Zahlung eines Kaufpreises von 48.058,00 € zu erwerben.

Die Beklagte ist Eigentümerin des Grundstückes, eingetragen im Grundbuch von F... des Amtsgerichts ..., Blatt 16744, Flurstück 676/34 der Flur 41 der Gemarkung F... mit einer Fläche von 180 m².

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 21. Dezember 1995 (Urkundenrolle Nr. 1515/1995 des Notars N... T... in B...) (im Folgenden: Erbaurechtsvertrag) hat sich die Beklagte für das vorbezeichnete Grundstück selbst ein Erbbaurecht bestellt. Nach § 15 dieses Vertrages ist der Grundstückseigentümer verpflichtet, dem Erbbauberechtigten auf dessen einfaches Anfordern hin das Grundstück zum Eigentum zu übertragen. Gemäß § 15 Abs. 1 a) des Erbaurechtsvertrages wird der Kaufpreis für das Grundstück bei Geltendmachung des Ankaufrechts innerhalb der dort aufgeführten Zeiträume sei Beurkundung des Erbaurechtes pro Quadratmeter ermittelt. Diese Staffelung beginnt mit dem Zeitraum " bis 5. Jahr" und endet "im 10. Jahr". Wegen des genauen Wortlautes und der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Erbbaurechtsvertrages vom 21. Dezember 1995 verwiesen (Bl. 34 bis 55 d.A.).

Mit notariell beurkundeten "Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages über ein Erbbaurecht mit Einfamilienhaus (Reihenhaus)" vom 22. Dezember 1995 (Urkundenrolle Nr. 1588/1995 des Notars N... T... in B...) (im Folgenden: Kaufvertrag), das die Beklagte annahm, erwarben der Kläger und seine damalige Ehefrau das Erbbaurecht an dem Grundstück mit den darauf zu errichtenden Baulichkeiten. Unstreitig ist das im Kaufvertrag in der "Präambel" unter Ziffer 3 bezeichnete "Trennstück E 323 - Größe ca. 181 qm" identisch mit dem verfahrensgegenständlichen Grundstück. Nach § 13a des Kaufvertrages ist die Erwerbsberechtigung aus § 15 des Erbaurechtsvertrages vom 21. Dezember 1995 zum Gegenstand des Kaufvertrages geworden. Wegen des genauen Wortlautes und der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Kaufvertrages vom 22. Dezember 1995 (Bl. 5 bis 30 d.A.).

Im Ergebnis einer vermögensrechtlichen Auseinandersetzung mit seiner damaligen Ehefrau ist der Kläger nunmehr allein aus dem Kaufvertrag berechtigt und verpflichtet.

Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass der Kläger das Ankaufsbegehren nach Ablauf des 10. Jahres seit Beurkundung des Erbaurechtes am 21. Dezember 1995 ausgeübt hat. Dabei hat der Kläger die Beklagte aufgefordert, ihm das Eigentum am Grundstück zu einem Verkehrwert von 14.400,00 € zu veräußern. Zwischen den Parteien des Rechtsstreits ist dieser Verkehrswert als solcher nicht bestritten.

Der Kläger hat behauptet, die Vereinbarung zum Kaufpreis nach § 15 Abs. 1 a) des Kaufvertrages vom 22. Dezember 1995 regele allein den Zeitraum für den Ankauf bis zum Ablauf des 10. Jahres. Nach Ablauf des 10. Jahres bestehe der Anspruch auf Ankauf zum Verkehrswert.

Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dass im Grundbuch von F... des Amtsgerichts ..., Blatt 16744, verzeichnete Flurstück 676/34 der Flur 41 von F... mit einer Fläche von 180 m² Zug-um-Zug gegen Zahlung eines Kaufpreises von 14.400,00 € an ihn aufzulassen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend hat sie beantragt,

festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, das im Grundbuch des Amtsgerichts ... von F... Blatt 16744 verzeichnete Grundstück (Flurstück 676/34 der Flur 41) in Größe von 180 m² gegen Zahlung eines Kaufpreises in Höhe von 48.058,00 € von ihr zu kaufen.

Die Beklagte hat vorgetragen, die vereinbarte Grundlage für die Kaufpreisermittlung für das 10. Jahr gelte auch nach Ablauf des 10. Jahres für die Folgejahre fort. Dieses resultiere aus dem Umstand, dass die Beklagte - unstreitig - alle Kosten im Zusammenhang mit der Baureifmachung und Erschließung des Grundstückes getragen habe, die sonst unter anderem als Anliegerbeitrag von den Grundstückseigentümern hätten getragen werden müssen. Die in § 15 Abs. 1 a) des Erbaurechtsvertrages vorgenommene Staffelung des Kaufpreises habe lediglich als Anreiz für den Erbbauberechtigten gedient, das Grundstück möglichst frühzeitig zu erwerben. Zudem sehe § 4 Abs. 1 d) des Erbaurechtsvertrages eine Regelung des Erbbauzinses bis zum 10. Jahr und die Folgejahre vor. Diese zeitliche Maßgabe über den Ablauf des 10. Jahres hinaus gelte entsprechend auch für die Ermittlung des Kaufpreises. Mit der Widerklage mache sie lediglich den Kaufpreis geltend, den sie erhalten hätte, wenn das Grundstück im 10. Jahr durch den Kläger erworben worden wäre. Zudem mache sie mit der Widerklage von ihrem Recht aus § 13a Abs. 2 des Kaufvertrages vom 22. Dezember 1995 Gebrauch.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Er hat sich in diesem Zusammenhang auf sein Vorbringen zur Klage berufen. Da mit der Klage der Streitstand endgültig geklärt werde, sei die erhobene Widerklage unzulässig.

Vor dem Landgericht fand der Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. April 2007 statt. Der Streithelfer hat mit Schriftsatz vom 23. April 2007, beim Landgericht eingegangen am 25. April 2007, den Beitritt auf Seiten der Beklagten erklärt mit dem Ziel, die mündliche Verhandlung gemäß § 156 ZPO wieder zu eröffnen.

Das Landgericht hat mit seinem Urteil vom 2. Mai 2007 die Beklagte verurteilt, das im Grundbuch von F... des Amtsgerichts ..., Blatt 16744, verzeichnete Flurstück 676/34 der Flur 41 von F... mit einer Fläche von 180 m² Zug-um-Zug gegen Zahlung eines Kaufpreises von 14.400,00 € an den Kläger aufzulassen; die Widerklage hat es abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen angeführt: Der Kläger habe einen Anspruch auf Ankauf des Grundstückes, allerdings zum Verkehrswert des Grundstückes in Höhe von 14.400,00 €. Nach § 13a des Kaufvertrages sei er berechtigt, von der Beklagten den Ankauf des Grundstückes zu verlangen; dieses Ankaufsrecht habe er nun geltend gemacht. Eine Regelung über einen konkreten Kaufpreis enthalte der Kaufvertrag nicht, da das Ankaufverlangen nach dem 10. Jahr ausgeübt worden sei. Die Regelung in § 15 des Erbaurechtsvertrages in Verbindung mit § 13a des Kaufvertrages enthalte keine Regelung über die Ermittlung des Kaufpreises nach dem Ablauf des 10. Jahres. Der Wortlaut von § 15 des Erbbaurechtsvertrages sei insoweit eindeutig. Dort werde eine Kaufpreisregelung festgelegt "1. bis 5. Jahr ... im 10. Jahr"; das Wort "im" verdeutliche, dass eine Regelung - wie in § 4 Abs. 1 lit. d) des Erbaurechtsvertrages erfolgt - gerade nicht aufgenommen worden sei. Es fehle hier schlichtweg die Formulierung "und die Folgejahre". Wenn der Kaufpreis über das 10. Jahr hinaus hätte gelten sollen, so hätte es an dieser Stelle der Aufnahme einer entsprechenden Regelung in den Kaufvertrag bedurft. Eine Folgerung von der zeitlichen Gestaltung der Erbbauzinsregelung auf den Kaufpreis lasse sich nicht ziehen. Nichts anderes ergebe sich unter Anlegung der weiteren Auslegungskriterien nach §§ 133, 157 BGB. Zwingende Anhaltspunkte, die für eine Fortgeltung des Kaufpreises aus dem 10. Jahr auch für die Folgejahre sprechen, habe die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht vorgetragen. Die zulässige Widerklage bleibe aus den vorgenannten Gründen ohne Erfolg. Der Beitritt des Streithelfers sei fehlgeschlagen, da er nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung erfolgt sei und ein Grund für eine Wiedereröffnung nicht vorliege.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit der Berufung.

Sie begehrt unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Abweisung der Klage und auf die Widerklage die Feststellung, dass der Kläger verpflichtet ist, das im Grundbuch von F... des Amtsgerichts ... Blatt 16744 verzeichnete Grundstück, Flurstück 676/34 der Flur 41, in Größe von 180 m² gegen Zahlung eines Kaufpreises von 48.058,00 € zu kaufen. Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, sie folge nicht der Auslegung des Landgerichtes, wonach die Kaufpreisregelung in § 15 des Erbaurechtsvertrages eine rechtliche Grundlage nur für das Ankaufsverlangen bilde, dass der Erbbauberechtigte, hier der Kläger, bis zum Ablauf des 10. Jahres ab Beurkundung des Kaufvertrages an den Grundstückseigentümer richte. Vielmehr habe § 15 des Erbaurechtsvertrages eine weiterreichende Schutzwirkung. Diese Regelung diene nämlich auch dem Zweck, den Erbbauberechtigten vor dem Risiko zu schützen, unter Umständen einen ganz erheblich über den Ursprungsvereinbarungen liegenden Grundstückskaufpreis zahlen zu müssen. Durch die Bezugnahme in § 13a Abs. 1 des Kaufvertrages auf die Regelung nach § 15 des Erbaurechtsvertrages sei darin eindeutig der Wille der Beteiligten festgehalten worden, dass sich der Kaufpreis für das Grundstück nach Ablauf des 10. Jahres nicht mehr erhöhen solle. Mit der gestuften Regelung über die Gestaltung des Grundstückskaufpreises sei das Bestreben der Vertragsparteien verankert worden, einen Anreiz für den zeitnahen Nachkauf des Grundstückes durch den Käufer zu schaffen. Der vom Kläger geltend gemachte "Verkehrswert" stelle lediglich einen Wert von Grund und Boden dar ohne Berücksichtigung der von der Beklagten veranlassten Infrastrukturmaßnahmen, wie z.B. Heranführung von Medien, Be- und Entwässerung, Anteil für öffentliches Straßenland u.s.w. Für sie sei es nicht interessensgerecht, wenn sie diese erbrachten Investitionen beim Verkaufspreis für den Boden nicht mitberücksichtigen könne.

Gegen die Entscheidung wendet sich auch der Streithelfer der Beklagten mit der Berufung. Er ist der Auffassung, das Landgericht hätte die mündliche Verhandlung nach § 156 ZPO wiedereröffnen müssen, die Frage des Einzelrichters nach Absprachen im Vorfeld und bei den Kaufvertragsverhandlungen hätte mit einem rechtlichen Hinweis und Gelegenheit zu weiterem Vortrag dazu versehen werden müssen. Da dies nicht erfolgt sei, habe das Landgericht die Auslegung ohne hinreichende Aufklärung der tatsächlichen Umstände vorgenommen. Weiter ist er der Auffassung, die Klage sei bereits deshalb nicht schlüssig, weil der Kläger der Beklagten nicht einen Kaufvertrag mit Angaben gemäß § 15 Abs. 1 b) bis c), wie in dem Erbaurechtsvertrag enthalten, angeboten habe. Zudem sei die Beklagte - jedenfalls nach Ablauf des 10. Jahres - nicht verpflichtet, das Grundstück zu einem bestimmten Kaufpreis zu veräußern und das Eigentum daran zu übertragen. Bei der Bestimmung des Kaufpreises müsse eine Bewertung nach dem Ertragswert des Grundstückes erfolgen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 2. Mai 2007 - 1 O 487/06 - abzuändern und die Klage abzuweisen und auf die Widerklage festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, dass im Grundbuch beim Amtsgericht ... von F... Blatt 16744 verzeichnete Grundstück (Flurstück 676/34 der Flur 41) in Größe von 180 m² gegen Zahlung eines Kaufpreises von 48.058,00 € von der Beklagten zu kaufen.

Der Streithelfer der Beklagten beantragt,

das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 2. Mai 2007 - 1 O 487/06 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückweisen.

Er verteidigt im Wesentlichen das angefochtene Urteil und macht geltend, er sei bei Abschluss des Vertrages mit der Beklagten davon ausgegangen, eine Vereinbarung getroffen zu haben, die die Höhe des Kaufpreises für das Grundstück bis zum Ablauf des 10. Jahres bestimme. Über einen längeren Zeitraum hätte keine der beiden Parteien vernünftigerweise Prognosen über die Entwicklung der Grundstückskaufpreise anstellen können. Die abgeschlossene Vereinbarung habe beiden Vertragsparteien Gelegenheit gegeben, die Entwicklung der Grundstückspreise zu beobachten und ggf. darauf zu reagieren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

1.

Die Berufung der Beklagten und ihres Streithelfers ist zulässig, insbesondere statthaft und form- und fristgerecht bei dem zuständigen Brandenburgischen Oberlandesgericht eingelegt und begründet worden (§ 511 Abs. 1 und 2 Nr. 1 ZPO, §§ 517, 519, 520 ZPO, § 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG). Reichen, wie hier, sowohl Hauptpartei als auch Streithelfer (§ 67 ZPO) Rechtsmittelschriften ein, so handelt es sich um ein einheitliches Rechtsmittel (vgl. BGH NJW 1990, 190; NJW 1993, 2944; Zöller-Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., Vor § 511 Rn. 24 m.w.N.), über das auch nur einheitlich entschieden werden kann.

2.

Die Berufung hat in der Sache selbst keinen Erfolg. Die zulässige Klage gegen die Beklagte ist begründet, die zulässige Widerklage gegen den Kläger ist dagegen unbegründet.

a.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, das im Grundbuch von F... des Amtsgerichts ..., Blatt 16744, verzeichnete Flurstück 676/34 der Flur 41 von F... mit einer Fläche von 180 m² Zug-um-Zug gegen Zahlung eines Kaufpreises von 14.400,00 € an den Kläger aufzulassen.

aa.

Der Kläger ist nach § 13a des Kaufvertrages vom 22. Dezember 1995 berechtigt, von der Beklagten den Ankauf des Grundstückes zu verlangen. Nach § 13a Abs. 1 des Kaufvertrages unter Heranziehung der Regelung nach § 15 des Erbaurechtsvertrages vom 21. Dezember 1995 hat der Kläger gegenüber der Beklagten als Erbbauberechtigten auf einseitiges schriftliches Erfordern einen Anspruch auf Veräußerung sowie auf dinglichen Erwerb des Grundstückes. In § 13a des Kaufvertrages heißt es dazu u.a.:

(1) Der Grundstückseigentümer hat sich in § 15 des Erbbaurechtsvertrages, auf den Bezug genommen wird, verpflichtet, das Erbbaugrundstück auf jederzeit mögliches Erfordern des Erbbauberechtigten diesem zu verkaufen und aufzulassen. Diese Verpflichtung ist dinglicher Inhalt des Erbbaurechts, so daß auch das dieser Verpflichtung entsprechende Recht mit dem Erwerb des Erbbaurechts auf den Käufer übergeht. ... "

(2) Andererseits verpflichtet sich hiermit der Käufer, auf ein einseitiges schriftliches Verlangen der D..., das diese frühestens nach Ablauf des 9. (neunten ) Jahres nach dem im vorstehenden § 2 Abs. 2 a) genannten Zeitpunkt an den Käufer richten kann, dem Grundstückseigentümer das Erbaugrundstück zu den in § 15 Abs. 1) des Erbaurechtsvertrages festgelegten Konditionen abzukaufen."

Unter § 15 des Erbaurechtsvertrages vom 21. Dezember 1995 wird in diesem Zusammenhang angeführt:

"(1) Der Grundstückseigentümer ist verpflichtet, das Grundstück auf jederzeit mögliches schriftliches Erfordern des Erbbauberechtigten an diesen zu folgenden Konditionen zu verkaufen und zu Eigentum zu übertragen."

Dieses Ankaufsrecht hat der Kläger unstreitig durch einseitige formlose Willenserklärung gegenüber der Beklagten ausgeübt. Ohne dass diese Erklärung des Klägers vorgelegt worden ist, gehen die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass das Ankaufsbegehren von dem Kläger ausgeübt worden ist, und zwar nach Ablauf des 10. Jahres seit Beurkundung des Erbaurechtes am 21. Dezember 1995.

Dass die Parteien nach Ablauf des 10. Jahres einen Verkauf des Grundstückes generell ausschließen wollten, findet im Kaufvertrag keinen Niederschlag und wird auch von keiner Seite als Inhalt der Vereinbarung geltend gemacht. Im Gegenteil, mit der Widerklage geht die Beklagte selbst davon aus, dass auch sie jetzt berechtigt sei, ihrerseits eine Ankaufsverpflichtung des Klägers auszulösen.

Die Beklagte hat sich in § 15 des Erbbaurechtsvertrages verpflichtet, das Erbbaugrundstück auf ein solches jederzeit mögliches Erfordern des Klägers als Erbbauberechtigten diesem zu verkaufen und aufzulassen. Mithin ist ein Kaufvertrag zwischen den Parteien des Rechtsstreits zu den in der Vereinbarung gem. § 2 Nr. 7 Erbaurechtsgesetz festgelegten Bedingungen zustande gekommen. Das im Kaufvertrag vom 22. Dezember 1995 in der "Präambel" Ziffer 2 bezeichnete "Trennstück E 323 - Größe ca. 181 qm" ist unstreitig identisch mit dem verfahrensgegenständlichen im Grundbuch von F... des Amtsgerichts ..., Blatt 16744, verzeichneten Flurstück 676/34 der Flur 41 mit einer Fläche von 180 m².

bb.

Der Kaufpreis für das Grundstück bemisst sich nach dem Verkehrwert in Höhe von 14.400,00 €; der als solcher nicht bestritten ist.

Das Landgericht hat im Ergebnis der dort vorgenommen Auslegung angenommen, eine ausdrückliche Regelung für die Ermittlung des Kaufpreises lasse sich der Regelung des Erbaurechtsvertrages für den Fall des Ausübens des Ankaufsrechtes nach Ablauf des 10. Jahres seit Beurkundung des Erbbaurechtes nicht entnehmen. Insbesondere ergebe sie sich nicht aus § 15 Abs. 1 a) des Erbaurechtsvertrages. Dieser Vereinbarung lasse sich lediglich die Ermittlung des Kaufpreises ableiten, sofern das Ankaufsrecht vor Ablauf des 10. Jahres seit Beurkundung des Erbbaurechtes ausgeübt worden ist.

Der Senat hat nach § 513 Abs. 1, § 546 ZPO diese erstinstanzliche Auslegung einer Individualvereinbarung - auf der Grundlage der nach § 529 ZPO maßgeblichen Tatsachen - in vollem Umfang darauf zu überprüfen, ob die Auslegung überzeugt. Diese Prüfungskompetenz hinsichtlich der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellung folgt aus § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Hält das Berufungsgericht die erstinstanzliche Auslegung lediglich für eine zwar vertretbare, letztlich aber - bei Abwägung aller Gesichtspunkte - nicht für eine sachlich überzeugende Auslegung, so hat es selbst die Auslegung vorzunehmen, die es als Grundlage einer sachgerechten Entscheidung des Einzelfalles für geboten hält. Dem steht nicht entgegen, dass § 513 Abs. 1 ZPO auf § 546 ZPO verweist. Aus dieser Verweisung und dem Regelungsgehalt des § 546 ZPO ergibt sich nicht, dass das Berufungsgericht - bei der Kontrolle des vom erstinstanzlichen Gericht ermittelten Inhalts einer Vereinbarung - die mit der richterlichen Vertragsauslegung verbundene rechtliche Würdigung festgestellter Tatsachen in geringerem - nämlich revisionsrechtlich beschränktem - Umfang überprüfen dürfte als die von der Vorinstanz festgestellte Tatsachengrundlage des Vertragsinhalts, für deren Überprüfung § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gilt (vgl. BGH NJW 2004, 2751).

Davon ausgehend überzeugt die Auslegung des Landgerichts sachlich. Zutreffend geht das Landgericht von der Eindeutigkeit des Wortlautes von § 15 Abs. 1 a) des Erbaurechtsvertrages aus; dort heißt es u.a.:

"a) der Kaufpreis für das Grundstück ist aus der Grundstücksgröße unter Zugrundelegung folgender Preise für einen jeden Quadratmeter zu ermitteln:

 bei Geltendmachung des Ankaufsrechts innerhalb folgenden Zeitraums seit Beurkundung dieses Erbaurechts: DM/m²
1. bis 5 Jahr 485,00 DM
(...) 
im 9. Jahr 514,50 DM
im 10. Jahr 522,50 DM"

Diese vertragliche Grundlage für die Ermittlung des Kaufpreises erfolgt lediglich für die Geltendmachung des Ankaufrechtes in dem Zeitraum "1. bis 5. Jahr ... im 10. Jahr". Der Wortlaut der Vereinbarung "im 10. Jahr" beschränkt die Kaufpreisermittlungsgrundlage auf den Zeitraum bis zum Ablauf des 10. Jahres, sie erstreckt sich dagegen nicht auf die Folgejahre. Neben dem Wortlaut der Vereinbarung ist dafür anzuführen, dass eine Regelung für die Zeit nach Ablauf des 10. Jahres - so wie etwa in § 4 Abs. 1 d) des Erbaurechtsvertrages erfolgt -hier nicht aufgenommen worden ist. So heißt es unter § 4 "Erbauzins" des Erbaurechtsvertrages:

"(1) Als Erbauzins wird vereinbart:

...

d) für das auf den Zeitpunkt zu vorstehend a) folgende zehnte Jahr und die Folgejahre jährlich jeweils wie vorstehend cc) (vorbehaltlich einer Anpassung nach den folgenden Bestimmungen) DM 6.442,20"

In § 15 Abs. 1 des Erbaurechtsvertrages dagegen fehlt eine solche - auch sinngemäße - Formulierung "und die Folgejahre". Wenn auch die Kaufpreisermittlungsgrundlage über den Ablauf des 10. Jahr hinaus hätte gelten sollen, hätte es an dieser Stelle der Aufnahme einer entsprechenden Regelung in den Vertrag bedurft. Zudem ist - darauf ist das Landgericht allerdings nicht weiter eingegangen - zu berücksichtigen, dass eine mit § 4 des Erbaurechtsvertrages vergleichbare Regelung auch unter § 2 Abs. 2 cf) des Kaufvertrages vorhanden ist; dort heißt es nämlich:

"Neben dem Kaufpreis übernimmt der Käufer die Verpflichtung zur Zahlung des in § 4 des Erbaurechtsvertrages vereinbarten Erbaurechtszinses gegenüber dem Grundstückeigentümer (das ist z.Z. die Verkäuferin). Als Erbbauzins ist vereinbart:

cf) zehnte und folgende Jahr jeweils DM 6.442,20 (die Anpassungsregelung in § 4 Abs. 5) des Erbbaurechtsvertrages bleibt unberührt)"

Auch dort ist also der zeitliche Anwendungsbereich für das "zehnte und folgende Jahr" ausdrücklich geregelt worden.

Im Ergebnis der ergänzenden Vertragsauslegung kann der Erbaurechtsbestellung vom 21. Dezember 1995 sowie dem Kaufvertrag vom 22. Dezember 1995 entnommen werden, dass die Regelung für den Erbauzins über den Ablauf des 10. Jahres ausdrücklich vereinbart worden ist, nicht aber für die Regelung der Ermittlung des Kaufpreises.

Dieser unterschiedliche, zeitliche Anwendungsbereich ist ein wesentlicher Anhaltspunkt dafür, dass die Parteien hinsichtlich der Bemessung des Kaufpreises über den Ablauf des 10. Jahres hinaus - in § 15 des Erbaurechtsvertrages - keine Regelung getroffen haben. Die Regelung der Bemessung des Erbauzinses über den Ablauf des 10. Jahres ist zudem ein vertraglicher Anhaltspunkt, dass die Parteien bei Abschluss des Kaufvertrages über ein Erbaurecht mit Einfamilienhaus in Erwägung gezogen haben, dass die Erbbauberechtigten das Grundstück vor Ablauf des 10. Jahres (noch) nicht ankaufen. Eine solche Ankaufverpflichtung besteht für den Kläger als Käufer nicht. Auch umgekehrt besteht eine solche Verpflichtung für die Beklagte nicht. Soweit es unter § 13a Abs. 1 des Kaufvertrages u.a. heißt:

(2) Andererseits verpflichtet sich hiermit der Käufer, auf ein einseitiges schriftliches Verlangen der D..., das diese frühestens nach Ablauf des 9. (neunten ) Jahres nach dem im vorstehenden § 2 Abs. 2a) genannten Zeitpunkt an den Käufer richten kann, dem Grundstückseigentümer das Erbaugrundstück zu den in § 15 Abs. 1) des Erbaurechtsvertrages festgelegten Konditionen abzukaufen.

kann - aber nicht muss - die Beklagte ein solches Verlangen ab dem definierten Zeitpunkt geltend machen, woraus sich bei Ausübung allerdings seine Verpflichtung des Klägers ergibt. Soweit auch diese Regelung auf § 15 Abs. 1 des Erbaurechtsvertrages verweist, ergibt sich daraus nichts anders. Würde diese nur eine Regelung zum Kaufpreis enthalten, wäre der Verweis nach Ablauf des 10. Jahres gleichsam sinnentleert. Diese Regelung enthält vielmehr neben dem Kaufpreis weitere Regelungen zur Zahlung, Gewährleistung etc. Diese können auch im 11. oder in späteren Jahren noch als Vertragsregelungen in Betracht kommen und schon wegen der Gewährleistung Bedeutung haben. Daraus kann aber nicht geschlussfolgert werden, dass auch der Kaufpreis im 11. Jahr und der Folgejahren auf diesem Regelungsinhalt fortbestehend sei.

Die Ermittlung der Höhe des Kaufpreises für die Ausübung des Ankaufsverlangens nach dem Ablauf des 10. Jahres seit Beurkundung ist in § 15 des Erbaurechtsvertrages nicht geregelt. Eine solche Regelung lässt sich auch nicht dem Kaufvertrag entnehmen. Es spricht alles dafür, dass die Beklagte davon ausgegangen ist, dass im Tatsächlichen die Ankaufsfrage innerhalb von 10. Jahren geklärt wird. Dafür, dass die Parteien nach Ablauf von 10 Jahren den Verkauf bzw. den Ankauf ausschließen wollten, ist der Vereinbarung nichts zu entnehmen.

Im Gegenteil. Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass das Ankaufsrecht auch noch nach Ablauf von 10 Jahren ausgeübt werden kann; so will die Beklagte mit Schreiben vom 28. März 2007 gar dazu bringen, wenn auch zu einem anderen Kaufpreis, das Grundstück zu erwerben.

Soweit die Beklagte ihre wirtschaftlichen Überlegung und Amortisation im Wesentlichen damit geltend, dass ein niedrigerer Kaufpreis als der im 10. Jahr geltend zu machende Kaufpreis für sie nicht wirtschaftlich sei, ist anzumerken, dass sich auch dem Vorbringen der Beteiligten in der zweiten Instanz nicht entnehmen lässt, inwieweit diese Wirtschaftlichkeitsüberlegungen und Berechnungen dem Kläger bei Vertragsschluss überhaupt bekannt oder zumindest erkennbar waren. Im Gegenteil, soweit es unter § 2 Abs. 3 S. 2 des Kaufvertrages heißt, in dem Erbauzins seien sämtliche Erschließungskosten berücksichtigt, bestand vielmehr ein Anhaltspunkt für den Käufer, dass die Umlegung der Erschließungskosten, die von der Beklagten als Erbaurechtsberechtigten getragen worden sind, bereits bei der Bemessung der Höhe des Erbauzinses Berücksichtigung gefunden haben.

Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die behauptete Vorstellung der Beklagten, der Kaufpreis für das 10. Jahr gelte über diese Zeit hinaus fort, dem Kläger erkennbar war. Die von der Beklagten in der ersten Instanz vorgelegte Kalkulation enthält zwar als Wert für die Zeit ab dem 10. Jahr den Betrag von 48.085,41 €, doch daraus ergibt sich nicht, dass der Kläger bei Vertragsschluss davon Kenntnis hatte. Zudem handelt es sich insoweit um ein kalkulatorisches Risiko der Beklagten, dass nicht durch die Gestaltung des Kaufvertrages seine Absicherung für den Ankauf nach Ablauf des 10. Jahres erfahren hat.

Auch unter Einbeziehung der außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände in die Auslegung, soweit sie einen Sinngehalt der Erklärung zulassen (vgl. BGH NJW-RR 2000, 1002), folgt nichts anderes. Keine der Parteien hat vorgetragen, ob und gfs. mit welchem Inhalt § 13a des Kaufvertrages bzw. § 15 des Erbaurechtsvertrages Gegenstand einer Erörterung im Beurkundungstermin vom 22. Dezember 1995 gewesen ist.

Unter Heranziehung der Grundsätze eines Interessenausgleichs ergibt sich für das Ergebnis der Auslegung ebenfalls nichts anderes. Wäre eine andere Entwicklung der Verkaufspreise für Grundstücke eingetreten, hätte der Kläger - etwa nach dem Ankaufverlangen der Beklagten - gfs. das Grundstück zu einem höheren - als den jetzigen - Kaufpreis erwerben müssen. Mithin tragen beide Vertragspartner das Risiko, dass sich für den nicht geregelten Fall des Ablaufes des 10. Jahres - ohne ausgeübtes Ankaufsrecht - die Entwicklung des Wertes für die Kaufpreisbestimmung nicht einschätzen lässt. Im Rahmen des Interessenausgleiches erscheint es vielmehr sachgerecht, da eine Unwirksamkeit des Vertrages weder gewollt noch nahe liegend erscheint, als Kriterium für den Wert des Kaufgegenstandes einen ermittelbaren Wert, nämlich den Verkehrswert des Grundstückes, anzusetzen. Dieser beträgt unstreitig 14.400,00 €.

Das Vorbringen des Streithelfers im - nicht nachgelassenen - Schriftsatz vom 9. Juni 2008 gibt aus den vorgenannten Erwägungen keine Veranlassung für eine anderweitige Betrachtung.

cc.

Ein Verfahrensfehler des Landgerichts ist auch im Hinblick auf die Entscheidung über den Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht erkennbar. Der Streithelfer ist am 25. April 2007 nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 11. April 2007, aber vor dem Verkündungstermin vom 2. Mai 2007, auf Seiten der Beklagten dem Rechtsstreit beigetreten. Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung kann ein Streithelfer der Partei keine Unterstützung mehr gewähren. Zwar ist er berechtigt, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen (§ 74 Abs. 3 ZPO iVm. § 67 ZPO). Da aber bei Präklusion verspäteten Vorbringens allgemein auf die Hauptpartei abzustellen ist (vgl. Zöller-Vollkommer, a.a.O., § 67 Rn. 4 m.w.N.), war es dem Streithelfer hier verwehrt, neues tatsächliches Vorbringen anzubringen.

b.

Die im Wege der Widerklage erhobene Feststellungsklage gem. § 256 ZPO ist zulässig, aber aus den Gründen des zur Klage Ausgeführten unbegründet.

c.

Anlass die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, wie mit Schriftsatz des Streithelfers vom 16.06.2008 begehrt, besteht nicht, zumal in dem in Bezug genommenen Schriftsatz vom 09.06.2008, wie hervorgehoben wird, Rechtsausführungen dargelegt werden und ein auf der Grundlage dieser Rechtsausführungen ergänzender Sachverhalt nicht vorgetragen wird.

3.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 101 ZPO sowie auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 709 Satz 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision zum Bundesgerichtshof nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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