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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 30.04.2009
Aktenzeichen: 5 W (Lw) 11/06
Rechtsgebiete: LwAnpG, LwVG, BGB, DMBilG, ZPO, KostO, GKG


Vorschriften:

LwAnpG § 43 Abs. 2 Satz 2
LwAnpG § 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
LwAnpG § 49
LwAnpG § 49 Abs. 2
LwAnpG § 49 Abs. 3
LwAnpG § 51a
LwAnpG § 65 Abs. 2 Satz 1
LwAnpG § 65 Abs. 3
LwVG § 22 Abs. 1
LwVG § 24 Abs. 1 Satz 2
LwVG § 31
LwVG § 33
LwVG § 34 Abs. 1
LwVG § 35 Abs. 1 Nr. 4
LwVG § 44 Abs. 1
LwVG § 45 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 398
BGB § 1922 Abs. 1
DMBilG § 17
DMBilG § 36
ZPO § 788
KostO § 18
KostO § 30
KostO § 31 Abs. 1 Satz 2
GKG § 44
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin und die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Guben vom 11. Mai 2006 (70 Lw 65/01) - unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde - abgeändert.

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an die Antragstellerin 14.442,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Januar 2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird der Zahlungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen haben die Antragstellerin zu 1/4 und die Antragsgegnerin zu 3/4 zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Gegenstandswert für das Verfahren in beiden Instanzen wird auf 19.349,- € festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin aus ererbtem bzw. abgetretenem Recht nach ihren Eltern, R. und E. H., auf Abfindung gemäß § 44 Abs.1 Satz 2 Nr.1, §§ 49, 51a LwAnpG in Anspruch.

Die Antragsgegnerin ist aufgrund Umwandlungsbeschlusses vom 16. Dezember 1991, Anmeldung vom 20. Dezember 1991 und Eintragung vom 23. März 1992, mit Wirkung vom 1. Juli 1991 Rechtsnachfolgerin der Agrargenossenschaft O. - vorher: LPG "..." O. -, die aus einem Zusammenschluss eines Teils der LPG (P) O. mit der LPG (T) "..." O. und der LPG (T) "V." G. entstanden ist. Zum 30. Juni 1991 wurde ein Jahresabschluss (Schlussbilanz) der LPG (Agrargenossenschaft) und zum 30. Juni/1. Juli 1991 eine Vermögensauseinandersetzungsbilanz der Antragsgegnerin erstellt. Der Umwandlung wurde die Schlussbilanz der LPG (Agrargenossenschaft) zum 30. Juni 1991 zugrunde gelegt.

Die Antragstellerin ist (mit einem Anteil von 1/4) neben ihrer Mutter E. H. (Anteil von 1/2) und ihrem Bruder G. H. (Anteil von 1/4) Erbin nach ihrem am 27. August 1994 verstorbenen Vater R. H.. G. und E. H. haben sämtliche Ansprüche gegen die Antragsgegnerin an die Antragstellerin zur alleinigen Durchsetzung abgetreten. Die Eheleute E. und R. H. wurden 1971 Mitglieder der LPG "..." O. und beendeten ihre Mitgliedschaft in der LPG (Agrargenossenschaft) ohne Teilnahme an der Umwandlung in die Antragsgegnerin zum 16. Dezember 1991. In die LPG wurden 12,96 ha landwirtschaftliche Nutzfläche eingebracht, wobei streitig ist, ob E. H. (als Bodeneigentümerin) oder R. H. (als registrierter Inventareinbringer) Einbringer dieser Flächen war. Unstreitig wurden Pflichtinventarbeiträge von 6.480,00 M und zusätzliche Inventarbeiträge sowie Fondsausgleich in Höhe von 36.773,00 M eingezahlt. Die Beteiligten sind sich darüber hinaus einig, dass das Feldinventar mit einem Wert von 250,- M je Hektar zu berücksichtigen ist, im vorliegenden Fall daher mit 3.240,- M. Dies ergibt einen Gesamtwert für geleistete Inventarbeiträge in Höhe von 46.493,- M/DM. Die Antragsgegnerin zahlte auf die Abfindungsansprüche der Eheleute E. und R. H. im Dezember 1994 und im August 1997 jeweils einen Betrag von 4.325,30 DM (insgesamt also 8.650,60 DM).

Insgesamt wurden in die LPG O. landwirtschaftliche Nutzflächen im Umfang von 2.952,52 ha eingebracht. Die Summe aller Ansprüche gem. § 44 Abs.1 Satz 2 Nr.1 LwAnpG beträgt 3.930.596,02 DM, einschließlich des Feldinventars (250,- DM/ha x 2.952,52 ha = 738.130,- DM) 4.668.726,02 DM.

Nach Einreichung eines Stufenantrags im Dezember 2001 und Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Auskunftserteilung durch Beschluss des Landwirtschaftsgerichts vom 20. Februar 2003 hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 7. Juli 2003 die Zahlung eines Betrages von 19.349,- € [46.493,- DM ./. 8.650,60 DM = 37.842,40 DM = 19.348,51 €] nebst 5% Zinsen seit Antragszustellung als Abfindung gemäß § 44 Abs.1 Satz 2 Nr.1 LwAnpG begehrt.

Die Antragstellerin hat geltend gemacht, es stehe mit einem Umfang von etwa 5 Millionen DM hinreichend Eigenkapital zur vollständigen Erfüllung sämtlicher Abfindungsansprüche nach § 44 Abs.1 Satz 2 Nr.1 LwAnpG zur Verfügung.

Die Antragsgegnerin hat demgegenüber eingewandt, dass das abfindungsrelevante Eigenkapital allenfalls 622.574,15 DM betrage oder sogar negativ ausfalle, so dass der Antragstellerin keine offenen Abfindungsansprüche mehr zustünden.

Mit Beschluss vom 11. Mai 2006 hat das Landwirtschaftsgericht die Antragsgegnerin antragsgemäß verpflichtet, an die Antragstellerin 19.349,- € nebst 5% Zinsen seit dem 16. Januar 2002 zu zahlen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Antragstellerin stehe aus ererbtem bzw. abgetretenem Recht nach R. H. (als Inventareinbringer) der geltend gemachte Abfindungsanspruch aus § 44 Abs.1 Satz 2 Nr.1 LwAnpG in vollem Umfange zu. Bei rechtlicher Würdigung der maßgeblichen Schlussbilanz zum 30. Juni 1991 ergebe sich ein abfindungsrelevantes Eigenkapital von 6.178.659,09 DM, das zur vollständigen Erfüllung sämtlicher Ansprüche nach § 44 Abs.1 Satz 2 Nr.1 LwAnpG ausreiche.

Gegen diesen ihr am 22. Mai 2006 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin mit Eingang vom 30. Mai 2006 sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Antragsgegnerin macht geltend, auf der maßgeblichen Grundlage der Schlussbilanz zum 30. Juni 1991 ergebe sich ein negatives Eigenkapital von 1.413.276,68 DM oder allenfalls ein positives Eigenkapital von 1.862.253,15 DM. Danach sei der Zahlungsanspruch der Antragstellerin unbegründet.

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Zahlungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz begehrt werden.

Sie verteidigt die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts.

Der Senat hat Beweis erhoben zur Höhe des abfindungsrelevanten Eigenkapitals durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Betriebswirt R. He.. Wegen der Einzelheiten und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Beschlüsse des Senats vom 19. Juli 2007 und 25. September 2008 sowie auf die schriftlichen Sachverständigengutachten vom 5. Juni 2008 und 22. Dezember 2008 Bezug genommen. Die Beteiligten haben hierzu widerstreitend Stellung bezogen. Der Sachverständige hat sein Gutachten in der Sitzung vom am 12. Februar 2009 mündlich erläutert und ergänzt.

II.

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig. Sie ist gemäß § 65 Abs.2 Satz 1 LwAnpG i.V.m. § 22 Abs.1 LwVG an sich statthaft und form- und fristgerecht bei dem Landwirtschaftsgericht eingelegt worden; zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist das Brandenburgische Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - (§ 65 Abs.1 Satz 3 und Abs.2 Satz 1 LwAnpG, §§ 9, 22 Abs.1 LwVG, § 20 Abs.1, §§ 21, 22 Abs.1 FGG). Soweit die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 18. Februar 2009 weitergehende Zinsen begehrt, handelt es sich um eine zulässige Anschlussbeschwerde (§ 22 Abs.2 LwVG).

2. Die Rechtsmittel haben teilweise Erfolg. Der Abfindungsanspruch der Antragstellerin ist nach Maßgabe der Höhe des abfindungsrelevanten Eigenkapitals - nur - in einem Umfang von 14.442,08 € nebst Zinsen, und zwar in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, begründet.

Der Abfindungsanspruch der Antragstellerin findet seine Grundlage in § 44 Abs.1 Satz 2 Nr.1, § 49 Abs.2 und 3 LwAnpG (1991) i.V.m. § 1922 Abs.1, § 398 BGB und ist zwischen den Beteiligten dem Grunde nach unstreitig. Dies gilt namentlich für die Aktivlegitimation der Antragstellerin [wobei es hier unerheblich ist, ob und inwieweit der Abfindungsanspruch zunächst E. H. oder aber R. H. zugestanden hat, da durch Erbfolge und Abtretung die Ansprüche beider Eheleute letztlich an die Antragstellerin übergegangen sind], für die Passivlegitimation der Antragsgegnerin [die wirksame formwechselnde Umwandlung der LPG/Agrargenossenschaft in die Antragsgegnerin steht nicht im Streit] und für das Ausscheiden der Eheleute H. aus der LPG zum 16. Dezember 1991 vor ihrer Umwandlung in die Antragsgegnerin. Es wäre im übrigen auch unschädlich, wenn man die Wirksamkeit der Kündigung vom 9. Dezember 1991 gemäß § 43 Abs.2 Satz 2 LwAnpG erst für Mitte März 1992 annähme, da die Kündigung auch dann noch vor der Eintragung der Umwandlung am 23. März 1992 wirksam geworden wäre mit der Folge, dass die Eheleute H. nicht Mitglieder der Antragsgegnerin geworden, sondern aus der LPG/Agrargenossenschaft ausgeschieden sind; entscheidend ist nämlich die Beendigung der Mitgliedschaft vor der Eintragung der Umwandlung (s. BGHZ Bd.124, S.192, 196 f.; OLG Dresden, VIZ 2004, S.287, 295). Unstreitig sind auch die Berechnungsgrundlagen des Abfindungsanspruchs nach § 44 Abs.1 Satz 2 Nr.1 LwAnpG und die Maßgeblichkeit der Schlussbilanz der LPG (Agrargenossenschaft) zum 30. Juni 1991. Folgt dem Ausscheiden des Mitglieds - wie auch hier - keine ordentliche Bilanz der LPG nach, weil die LPG umgewandelt wurde, so ist die Umwandlungsbilanz (Schlussbilanz) maßgeblich (s. BGH VIZ 2001, S.455, 456; AgrarR 1994, S.297, 298).

Nach der überzeugenden Darlegung des Sachverständigen He. ist für das abfindungsrelevante Eigenkapital zum Stichtag am 30. Juni 1991 (§ 44 Abs.6 LwAnpG) ein Betrag von 3.704.989,94 DM zu Grunde zu legen.

Das abfindungsrelevante Eigenkapital entspricht nicht notwendig dem in der Bilanz ausgewiesenen Eigenkapital; maßgeblich ist vielmehr das Eigenkapital, das dem nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ermittelten tatsächlichen Wert aller Vermögensgegenstände entspricht, der sich aus dem Verkehrswert aller Vermögensgegenstände ergibt; es geht - unter besonderer Berücksichtigung der Aufdeckung "stiller Rücklagen" - um die Ermittlung des Saldos zwischen dem "Gesamtvermögen" und den "Gesamtschulden" des Unternehmens (vgl. BGHZ Bd.138, S.371, 380 ff.; Bd.139, S.394, 398 ff.; BGHZ Bd.131, S.260, 265 = VIZ 1996, S.346, 348; BGH ZIP 1994, S.234, 235 = AgrarR 1994, S.158; Nies, in: RVI, § 44 LwAnpG Rdn.95). Die Bewertung der Vermögensgegenstände hat nach Maßgabe der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse des Einzelfalls grundsätzlich unter Fortführungsgesichtspunkten zu erfolgen (BGHZ Bd.138, S.371, 386; Nies, aaO., § 44 LwAnpG Rdn.98 f.). Spätere Berichtigungen der Wertansätze sind nach Maßgabe von § 36 DMBilG zu berücksichtigen (BGHZ Bd.138, S.371, 381). Je nach Lage des Falles und der Eigenart des betroffenen Vermögensgegenstandes kann die Bewertung im Rahmen einer "Gesamttaxe" oder (modifizierten) "Zerlegungstaxe" auf Grundlage des Vergleichswert-, des Ertragswert- oder des Sachwertverfahrens erfolgen (BGHZ Bd.139, S.394, 400 f.; Nies, aaO., § 44 LwAnpG Rdn.96).

Nach diesen Maßgaben ist die Ermittlung des abfindungsrelevanten Eigenkapitals durch den Sachverständigen He. in seinem Gutachten vom 5. Juni 2008 - unter Mitberücksichtigung seines Ergänzungsgutachtens vom 22. Dezember 2008 und der Erläuterungen im Termin vom 12. Februar 2009 - überzeugend und plausibel.

Ohne Berücksichtigung des Sonderverlustkontos bzw. der Sonderrücklage nach § 17 DMBilG (jeweils 388.699,64 DM auf der Aktiv- und auf der Passivseite) hat der Sachverständige für die Aktiva (Vermögen) per 30. Juni 1991 eine Summe von 13.808.669,54 DM ermittelt und somit 475.674,13 DM weniger als in der Schlussbilanz der LPG ausgewiesen und für die Passiva - ohne Eigenkapital - eine Summe von 10.102.205,60 DM und somit 4.182.138,07 DM weniger als in der Schlussbilanz der LPG ausgewiesen. Die Minderung der Aktiva beruht in erster Linie auf einer geringeren Bewertung der Vorräte und des Tierbestandes (5.118.889,80 DM statt 6.172.622,55 DM = - 1.053.732,75 DM), die nur teilweise durch eine etwas höhere Bewertung der Sachanlagen (6.585.154,91 DM statt 6.087.705,78 DM = +497.449,13 DM) und der Forderungen (593.987,59 DM statt 513.379,09 DM = +80.608,50 DM) ausgeglichen wird. In den Passiva wurden die Rückstellungen von 2.987.789,07 DM (Schlussbilanz zum 30. Juni 1991) auf nurmehr 770.949,01 DM gekürzt und die eingestellten Verbindlichkeiten von 11.296.554,60 DM (Schlussbilanz zum 30. Juni 1991) auf nurmehr 9.331.256,59 DM. Hiernach hat der Sachverständige He. ein abfindungsrelevantes Eigenkapital von 3.706.463,94 DM errechnet. Diesen Ansatz hat er in seinem Ergänzungsgutachten vom 22. Dezember 2008 (dort: Seite 12) hinsichtlich des Tierbestandes (nur 202 statt 209 Kälber 1-6 Monate) um einen Abschlag von 1.474,- DM korrigiert, so dass sich die Summe des abfindungsrelevanten Eigenkapitals auf 3.704.989,94 DM ermäßigt. Danach ergibt sich für die Ansprüche aus § 44 Abs.1 Satz 2 Nr.1 LwAnpG eine Quote von 79,36% [= 3.704.989,94 DM/4.668.726,02 DM x 100] und für den Anspruch der Antragstellerin folgende Berechnung:

- Summe der Inventarbeiträge und gleichstehender Leistungen (einschließlich Feldinventar): 46.493,- DM

- davon 79,36%: 36.896,85 DM

- abzüglich schon geleisteter Zahlungen: 8.650,60 DM

- ergibt: 28.246,25 DM = 14.442,08 €

Die von den Beteiligten mitgeteilten Einwände und Erläuterungswünsche hat der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten vom 22. Dezember 2008 und in der Erläuterung im Termin vom 12. Februar 2009 überzeugend behandelt. Der Sachverständige hat eine Einzelwertermittlung nach dem Verkehrswert unter Berücksichtigung von Fortführungsgesichtspunkten vorgenommen und den Liquidationswert bzw. Veräußerungserlös dementsprechend nur für solche Vermögensgegenstände angesetzt, deren betriebliche Nutzung zeitnah zum Bilanzstichtag aufgegeben wurde oder die nicht dem eigentlichen Betriebszweck dienen. Die Bewertung der Gebäude im Rahmen eines kombinierten Ertragswert-/Sachwertverfahrens differenziert folgerichtig nach der Verwend- und Verwertbarkeit der Gebäude innerhalb und/oder außerhalb des landwirtschaftlichen Betriebs. Als berücksichtigungsfähige Rückstellungen für Abbruch- und Sanierungskosten hat der Sachverständige nur solche Positionen anerkannt, die sich auf Gebäude beziehen, die zeitnah zum Stichtag abgebrochen oder keiner Nutzung zugeführt worden sind. Entgegen den Einwänden der Antragstellerin ist der Sachverständige He. von den Bilanzbuchwerten ausgegangen und hat diese Werte sodann auch der gebotenen kritischen Überprüfung auf den "wahren Wert" unter besonderer Berücksichtigung der Aufdeckung "stiller Rücklagen" unterzogen. Bei der Bewertung der Inventarstücke und des Tierbestandes hat der Sachverständige in überzeugender Weise ein besonderes Gewicht auf die Gesichtspunkte der Gebrauchsfähigkeit, der betrieblichen Verwendbarkeit, der Nutzungsdauer und der Verwertbarkeit gelegt. Die Beanstandung der Antragstellerin, die Außenanlagen der Ortslage S. (S.292 des Gutachtens vom 5. Juni 2008) seien nicht als werthaltig berücksichtigt worden, geht offensichtlich fehl, denn der Sachverständige He. hat hierfür einen Wert von 42.000,- DM angesetzt (s. auch S.6-7 des Ergänzungsgutachtens vom 22. Dezember 2008). Bei der Gebäudewertermittlung hat der Sachverständige die dort vorhandenen Betriebsvorrichtungen (technische Einrichtung) nicht mit berücksichtigt, so dass - entgegen der Befürchtung der Antragsgegnerin - keine doppelte Bewertung der technischen Einrichtung erfolgt ist (s. S.11 des Ergänzungsgutachtens vom 22. Dezember 2008). Zur Bewertung der Kälber auf Seite 401 des Gutachtens vom 5. Juni 2008 hat der Sachverständige im Termin vom 12. Februar 2009 erläutert, dass keine Doppelbewertung vorgenommen worden ist; die Bezeichnung "Kälber 0 bis 3 Monate" bezieht sich allein auf frisch geborene Kälber, die nicht zugleich auch unter der Bezeichnung "Kälber 1- 6 Monate" erfasst wurden. Die Zahlen zum Tierbestand hat der Sachverständige aus den ihm zur Verfügung gestellten Inventarlisten übernommen.

Mithin ist der Abfindungsanspruch der Antragstellerin in einem Umfang von 14.442,08 € begründet. Der Zinsanspruch rechtfertigt sich aus §§ 291, 288 Abs.1 BGB (a.F./n.F.).

Die in den Schriftsätzen der Antragstellerin vom 18. und 23. Februar sowie vom 27. März 2009 mitgeteilten Einwände gegen die Darlegungen des Sachverständigen sind bereits in den schriftlichen Gutachten und im Zusammenhang mit der mündlichen Befragung des Sachverständigen im Termin vom 12. Februar 2009 behandelt worden und vermögen die Überzeugungskraft der ausführlichen und abgewogenen Wertermittlung des Sachverständigen nicht in Zweifel zu ziehen. Den Tierbestand hat der Sachverständige differenziert nach Zucht- und Mastvieh (Gebrauchswert bzw. Schlachtwert) bewertet und bei der Bewertung des Schlachtviehs den konkreten Zustand der Tiere, den Vermarktungsaufwand und den (teilweise: hohen) Aufwand für die weitere Mästung bis zur Schlachtreife mit berücksichtigt (s. Seite 398-399, 400-404 des Gutachtens vom 5. Juni 2008 und Seite 8 und 12 des Ergänzungsgutachtens vom 22. Dezember 2008). Die bei den einzelnen Bestandteilen des Anlage- und Umlaufvermögens vorgenommenen Abschläge hat der Sachverständige anhand der Vorgaben zur Wertbemessung im damaligen zeitlichen Kontext plausibel dargestellt. Zu den Feldbestellungs- und Erntekosten hat der Sachverständige im Termin vom 12. Februar 2009 eingehend dargelegt, dass keine Doppelberechnung vorgenommen worden ist, sondern nur nach dem 30. Juni 1991 anfallende Kosten in Ansatz gebracht worden sind.

Hinsichtlich ihrer im Schriftsatz vom 18. Februar 2009 vorgetragenen Anspruchsberechnung unterliegt die Antragstellerin einem Rechenfehler, da sie den auf den geltend gemachten Abfindungsanspruch seitens der Antragsgegnerin gezahlten Betrag von 8.650,60 DM von dem ungekürzten (vollen) Umfang der Inventarbeiträge (46.493,- DM) in Abzug bringt und nicht - wie geboten - von dem in Höhe von 79,36% berechtigten Anspruchsumfang (36.896,85 DM).

Über die im Schriftsatz vom 18. Februar 2009 beantragte Erstattung von Vollstreckungskosten in Höhe von 97,40 € ist durch den Senat an dieser Stelle nicht zu entscheiden; insoweit gilt § 31 LwVG i.V.m. § 788 ZPO.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 65 Abs.2 Satz 1 LwAnpG i.V.m. § 34 Abs. 1, § 44 Abs. 1 LwVG; für die Anordnung der (teilweisen) Erstattung außergerichtlicher Kosten gemäß § 45 Abs.1 LwVG sieht der Senat keinen Anlass, da die Beschwerde der Antragsgegnerin zu einem nicht ganz unerheblichen Teil Erfolg gehabt hat. Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 65 Abs.2 Satz 1 und Abs.3 LwAnpG i.V.m. §§ 33, 35 Abs.1 Nr.4 LwVG i.V.m. §§ 18, 30 KostO. Die Wertfestsetzung des Landwirtschaftsgerichts ist gemäß § 31 Abs.1 Satz 2 KostO abzuändern, da nach dem Rechtsgedanken in § 44 GKG insgesamt nur der Wert des (höheren) Zahlungsbegehrens maßgeblich und der Wert des Auskunftsbegehrens sonach nicht zu berücksichtigen ist.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gemäß § 24 Abs.1 Satz 2 LwVG sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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