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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 13.11.2008
Aktenzeichen: 5 W (Lw) 2/08
Rechtsgebiete: LwAnpG, GenG
Vorschriften:
LwAnpG § 3 a | |
LwAnpG § 44 | |
LwAnpG § 42 | |
LwAnpG § 44 Abs. 1 | |
LwAnpG § 44 Abs. 1 Nr. 1 | |
LwAnpG § 44 Abs. 1 Nr. 2 | |
LwAnpG § 44 Abs. 1 Nr. 3 | |
GenG § 90 | |
GenG § 90 Abs. 1 |
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den am 14. Dezember 2007 verkündeten Beschluss des Amtsgerichts Cottbus - Landwirtschaftsgericht - (34 Lw 15/07) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 20.000,- € trägt der Antragsteller.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob der Antragsteller von der in Liquidation befindlichen Antragsgegnerin Zahlung seiner Beteiligung gemäß § 44 LwAnpG verlangen kann.
Der Antragsteller war seit dem 1. Januar 1963 landeinbringendes (14,3 ha) Mitglied der LPG H. D. mit einem Pflichtinventarbeitrag von (500 M/ha=) 7.150,00 M/DDR. Die LPG H. D. schloss sich am 1. Januar 1976 mit der LPG M. zu einer LPG Typ III "E." M. zusammen. Bei diesem Zusammenschluss zur LPG Typ III wurde für den Antragsteller ein Fondsausgleich von 14.300 M/DDR gebucht. Im Zuge der Spezialisierung entstand u.a. aus der LPG Typ III "E." die LPG (P) P., deren Mitglied der Antragsteller fortan war.
Am 27. März 1991 beschlossen die LPG (P) P., LPG (T) M. und die LPG (T) R. ihren Zusammenschluss zur LPG (P) und (T) P. (im folgenden LPG) mit dem Ziel, die zusammengeschlossene LPG in eine nach dem LwAnpG zulässige Rechtsform umzuwandeln. Der Zusammenschluss wurde am 3. Mai 1991 berichtigend im LPG-Register registriert.
Im Zuge der (letztlich gescheiterten) Umwandlung und damit verbundenen Firmengründungen, nämlich der Landwirtschaftlichen Vermögensverwaltungs GmbH LPG P. sowie der Agrar GmbH P., wurde der Agrar GmbH P. das gesamte Anlagevermögen LPG überlassen, die es fortan nutzte.
Nachdem eine Prüfungskommission des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Jahre 1993 festgestellt hatte, dass sich die Geschäftsführung der LPG P. im Zusammenhang mit der Teilung der LPG und der Abfindung ausgeschiedener Mitglieder gesetzwidrig verhalten hätte, beschlossen die LPG-Vorstandsmitglieder der LPG als deren Liquidatoren mit notariellem Vertrag vom 15. Februar 1995 (Notar D. in F., UR-Nr. 83/1995) die Übertragung des gesamten LPG-Vermögens auf die Landwirtschaftliche Vermögensverwaltungs GmbH P. gegen Übernahme sämtlicher Verbindlichkeiten der LPG i.L. einschließlich der Abfindungsverbindlichkeiten gegenüber den ausgeschiedenen Mitgliedern. In einer zum 19. September 1996 einberufenen Vollversammlung der LPG i. L. wurde diese Übertragung des Vermögens mit Wirkung vom 1. November 1991 an genehmigt.
Die Antragsgegnerin bzw. deren vermeintliche Rechtsnachfolgerin zahlte dem Antragsteller auf seine Ansprüche aus § 44 LwAnpG 4.335,00 DM sowie weitere 2.435,00 DM.
Der Antragsteller, der seine Mitgliedschaft in der LPG nie gekündigt hatte, verlangt, nachdem er in dem Stufenverfahren von dem Auskunftsantrag Abstand genommen hatte, nunmehr Auskunft, hilfsweise Zahlung seiner Beteiligung in der LPG.
Demgegenüber beruft sich die Antragsgegnerin auf mangelndes Eigenkapital und verweist im Beschwerdeverfahren darauf, dass ihr Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 7. Februar 2008 durch Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 14. Mai 2008 mangels Masse zurückgewiesen worden sei, weil gemäß Gutachten des Sachverständigen Sch. vom 29. April 2008 die Eröffnungsgründe der Zahlungsunfähigkeit sowie der Überschuldung vorlägen.
Das Landwirtschaftsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landwirtschaftsgericht ausgeführt, zwar sei das Sperrjahr abgelaufen, für die Mitglieder der Liquidations-LPG sei aber kein zur Verteilung stehendes Vermögen vorhanden. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob der notarielle Vertrag aus dem Jahre 1995 wirksam sei oder nicht. Sei er unwirksam, müsste die Agrar GmbH P. alles im Jahre 1995 und davor von der LPG Erhaltene an diese zurückgeben. Die LPG habe im Gegenzug alle von der GmbH übernommenen Verbindlichkeiten auszugleichen. Auszahlungen scheiterten hier an dem Umstand, dass nicht klar sei, ob alle Schulden durch Vermögen gedeckt wären, mithin vor Abschluss der Liquidation überhaupt Auszahlungen an die Liquidationsmitglieder vorgenommen werden könnten. Im Falle der Wirksamkeit des notariellen Vertrages müsste von der Vermögenslosigkeit der Antragsgegnerin ausgegangen werden. Sie habe Mitte des Jahres 2007 mehr Schulden als Aktiva. Selbst wenn die Liquidationseröffnungsbilanz fehlerhaft sei, könne der Antragsteller daraus für sich keine Vorteile ziehen. Bei einer fehlerhaften Bilanz wären alle falsch bewerteten Aktiva und Passiva mit dem notariellen Vertrag auf die Landwirtschaftliche Vermögensverwaltungs GmbH P. übertragen worden. Ein falscher Ansatz des Anlage- und Umlaufvermögens sowie ein falscher Ansatz auf der Passivseite der Bilanz wirke sich danach nicht mehr aus. Wäre er wirksam, könnte die Antragsgegnerin daraus nach 12 Jahren keine Rechte mehr herleiten. Eventuelle Schadensersatzansprüche gegen die Liquidatoren der drei LPG?en wären in analoger Anwendung des § 3 a LwAnpG ebenso verjährt. Auf das derzeitige Vermögen der Antragsgegnerin hätte eine solche Betrachtung keine Auswirkungen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde.
Der Antragsteller hält den notariellen Vertrag vom 15. Februar 1995 für nichtig, da die drei LPG?en zu diesem Zeitpunkt nicht rechtswirksam vertreten worden seien. Seinerzeit habe die LPG nicht mehr von ihrem Vorstand vertreten werden können, so dass er weder eine LPG-Mitgliederversammlung rechtswirksam habe einberufen können noch rechtswirksame Beschlüsse habe fassen können. Hierzu sei allein ein vom Registergericht bestellter Liquidator befugt gewesen. Das neu gegründete Unternehmen, die Landwirtschaftliche Vermögensverwaltung GmbH P. habe das LPG Vermögen 1991/92 in ungekürztem Wert übernommen. Gemäß dem Bericht des Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 5. April 1993 habe der Jahresabschluss in Gestalt der fehlgeschlagenen Umwandlungsbilanz zum 30. April 1991 ein Eigenkapital von 13,2 Mio. DM ausgewiesen. Dieses Eigenkapital sei den LPG Mitgliedern zuzuordnen. Mit diesen vollen ungekürzten Vermögenswerten habe das neu gegründete Unternehmen all die Jahre gewirtschaftet und auch dies nach 1996 so fortgesetzt. Im Ergebnis hätten die Liquidatoren dem neu gegründeten Unternehmen pro Jahr 528.000 DM für die Nutzung in Rechnung stellen müssen. Der Antragsgegnerin stehe daher gegen die GmbH ein Bereicherungsanspruch bzw. Schadensersatzansprüche gegen die Liquidatoren zu. Angesichts dieser Forderungen der Antragsgegnerin könne von einer Vermögenslosigkeit der Antragsgegnerin nicht ausgegangen werden.
Der Antragsteller beantragt,
in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Cottbus vom 14. Dezember 2007
1. die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm Auskunft zu erteilen über die Quote gemäß § 44 Abs. 1 LwAnpG, Stand 1991, 2,4 Millionen DM Eigenkapital;
hilfsweise,
2. die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn 20.000 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 7. Januar 2002 zu zahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss mit näherer Darlegung und verweist auf das im Insolvenzverfahren eingeholte Gutachten vom 29. April 2008, in dem ihre Vermögenslosigkeit ausgewiesen sei.
II.
1. Die Beschwerde ist statthaft und zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden (§ 65 Abs. 2 LwAnpG, § 22 Abs. 1, § 9 LwVG, § 22 Abs. 1 FGG).
2. In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg.
a) Soweit der Antragsteller mit seinem Antrag eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erteilung einer Auskunft seiner Quote nach § 44 Abs. 1 LwAnpG zum Stand 1991 begehrt, ist der Antrag unzulässig. Dem Antragsteller fehlt für diesen Antrag das Rechtschutzinteresse.
Das Mitglied einer Liquidations-LPG hat zwar vor Abschluss des Liquidationsverfahrens einen Anspruch darauf, dass ihm sein Anteil am Liquidationserlös (§ 42 Abs. 1 LwAnpG) von der LPG berechnet und die Berechnung mitgeteilt wird (BGH ZIP 1998, 1126, 1127). Die Abfindungsansprüche der LPG-Mitglieder sind jedoch nicht nach der Umwandlungsbilanz, sondern auf der Grundlage der Liquidationseröffnungsbilanz festzustellen. Vorliegend befindet sich die Antragsgegnerin seit dem 1. Januar 1992 (unerkannt) in Liquidation. Dem Antragsteller steht also der Anspruch auf Auskunft über seine Quote nicht zum Stand 1991 sondern zum 1. Januar 1992 zu. Dieser Anspruch ist bereits tituliert. Denn am 7. August 2003 haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Landwirtschaftsgericht einen Vergleich geschlossen, worin sich die Antragsgegnerin verpflichtet hat, dem Antragsteller die Liquidationseröffnungsbilanz zum 1. Januar 1992 neben den Inventarlisten, Prüfbericht und Erläuterungen der Rechnungsstellungen zu übergeben sowie ihm die Gesamtvermögenseinzelpersonifizierung im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 1 - 3 LwAnpG zum 1. Januar 1992 nebst Angabe der Quote mitzuteilen.
Damit verfügt der Antragsteller bereits über einen Titel auf Berechnung seines Anteils, so dass für eine weitere Auskunftserteilung kein Rechtsschutzinteresse erkennbar ist.
b) Der Antragsteller kann auch nicht, wie von ihm hilfsweise geltend gemacht, Zahlung verlangen. Der Antrag ist nicht zur Zahlung fällig, da das Liquidationsverfahren nicht abgeschlossen ist.
Im Fall der Auflösung und Abwicklung der LPG erfolgt die Vermögensaufteilung zwar nach dem Maßstab des § 44 Abs. 1 LwAnpG, nicht jedoch nach der Liquidationseröffnungsbilanz (§§ 89, 33 Abs. 1 GenG), die der Liquidator sofort bei Beginn der Liquidation aufzustellen hat (vgl. OLG Jena, AgrarR 2000, 345, 346), sondern nach dem Eigenkapital, das nach Tilgung oder Deckung der Schulden übrig bleibt. Denn das Ziel der Liquidation besteht darin, das nach Tilgung der Verbindlichkeiten verbleibende Vermögen der Genossenschaft an die Mitglieder aufzuteilen.
Grundsätzlich haben deswegen vor Abschluss des Liquidationsverfahrens LPG-Mitglieder, denen ein Anteil am Liquidationserlös ihrer LPG zusteht (§ 42 Abs. 1 LwAnpG) nur einen Anspruch darauf, dass ihnen ihr Anteil von ihrer LPG berechnet und die Berechnung mitgeteilt wird (BGH ZIP 1998, 1126, 1127).
Die Vermögensaufteilung der LPG i. L. und damit die Befriedigung der Mitglieder, richtet sich nach § 90 GenG, der kraft ausdrücklicher Verweisung in § 42 LwAnpG auch für die Liquidation einer LPG gilt (BGH a. a. O.). Nach dieser Vorschrift kann eine Auszahlung nicht schon dann verlangt werden, wenn die auf sechs Monate verkürzte Mindestfrist (§ 42 Abs. 1 Satz 2 LwAnpG) seit der Gläubigeraufforderung (§ 82 Abs. 2 GenG) verstrichen ist. Vielmehr verlangt § 90 Abs. 1 GenG als weitere Auszahlungsvoraussetzung, dass alle Schulden getilgt oder gedeckt sind. Denn das Ziel der Liquidation besteht gerade darin, erst nach Tilgung der Verbindlichkeiten das verbleibende Vermögen der Genossenschaft an die Mitglieder aufzuteilen. § 90 GenG schließt in jedem Fall eine Vermögensverteilung vor Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger eine Vermögensverteilung aus.
Dass vorliegend alle Gläubigerforderungen sichergestellt oder ausgezahlt sind, hat der Antragsteller nicht dargetan.
Hinzu kommt, dass der Antragsteller nicht alleiniger Gläubiger einer Forderung nach § 44 LwAnpG ist. Es gibt weitere Mitglieder, deren Ansprüche ebenfalls nicht befriedigt wurden. Es haben deswegen nicht nur die Schulden sondern auch die Beteiligungen der weiteren Mitglieder Einfluss auf die Höhe des verteilbaren Eigenkapitals, so dass derzeit verbindlich nicht festgestellt werden kann, ob und in welcher Höhe Abfindungsansprüche nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 und 2, wie sie hier geltend gemacht werden, befriedigt werden können, denn diese hängen - sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach - von dem zur Verfügung stehenden Eigenkapital ab. Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Verweisung des § 42 LwAnpG auf die Berechnung nach § 44 LwAnpG, die nach dem Willen des Gesetzgebers auf die Verteilung des nach der Tilgung aller Schulden verbleibenden Eigenkapitals entsprechend angewendet werden soll. Steht dieser Berechnungsfaktor aber noch nicht fest, kann kein bestimmter Zahlungsanspruch des Mitglieds errechnet werden.
Aus diesem Grund kann auch dahinstehen, ob, wie vom Antragsteller geltend gemacht, Ansprüche der LPG gegen die Landwirtschaftliche Vermögens GmbH auf Rückübertragung des Vermögens bzw. Nutzungsentgelt für jahrelange Nutzung des ihr übertragenen Vermögens zustehen. Ebenfalls kann dahinstehen, ob Schadensersatzansprüche der LPG gegen die Liquidatoren bestehen. Denn auch in diesem Fall könnte der Antragsteller, bevor nicht alle Voraussetzungen des § 90 Abs. 1 GenG vorliegen, keine Auszahlung seiner Beteiligung verlangen. Auch dann liefe eine Auszahlung auf eine vorzeitige Vermögensverteilung hinaus (BGH a. a. O.). Denn solange nicht feststeht, ob und wenn ja in welcher Höhe derartige Forderungen realisierbar sind, und in welcher Höhe ein Überschuss verbleibt, findet eine Vermögensverteilung an die Mitglieder der Liquidations-LPG nicht statt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 44 Abs. 1, § 45 Abs. 1, Satz 2 LwVG.
Ende der Entscheidung
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