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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 06.03.2008
Aktenzeichen: 5 Wx 39/07
Rechtsgebiete: EGBGB, GBO, GBVerfO, BGB


Vorschriften:

EGBGB Art. 237 § 1
EGBGB Art. 237 § 2
EGBGB Art. 237 § 2 Abs. 1
EGBGB Art. 233 § 7
GBO § 19
GBO § 53
GBO § 53 Abs. 1
GBO § 53 Abs. 1 Satz 1
GBO § 78
GBO § 80 Abs. 1
GBO § 144 Nr. 6
GBVerfO § 5 Abs. 1
GBVerfO § 22
BGB § 894
BGB § 900
BGB § 900 Abs. 1
BGB § 985
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

5 Wx 38/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht 5 Wx 39/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In den Grundbuchverfahren

betreffend:

1. das im Grundbuch von K... Blatt 226 unter der laufenden Nr. 1 des Bestandsverzeichnisses geführte Grundstück der Gemarkung K..., Flur 7, Flurstück 103 mit einer Größe von 31.503 m²

eingetragener Eigentümer: noch festzustellender Rechtsnachfolger nach Eigentum des Volkes,

Rechtsträger: S... F... S...,

2. das im Grundbuch von K... Blatt 570 unter der laufenden Nr. 1 des Bestandsverzeichnisses geführte Grundstück der Gemarkung K..., Flur 9, Flurstück 52 - Landwirtschaftsfläche - mit einer Größe von 13.084 m²

eingetragener Eigentümer: noch festzustellender Rechtsnachfolger nach Eigentum des Volkes,

Rechtsträger: LPG Pflanzenproduktion S... an denen beteiligt ist:

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth und die Richterin am Oberlandesgericht Kiepe

am 6. März 2008

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. September 2007 - Az. 19 T 382/07 und 19 T 401/07 - wird zurückgewiesen.

Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde: 6.000,00 € (jeweils 3.000,00 € für das im Grundbuch von K... Blatt 226 sowie im Grundbuch von K... Blatt 579 eingetragene verfahrensgegenständliche Grundstück)

Gründe:

I.

Bei den verfahrensgegenständlichen Grundstücken handelt es sich um ehemaliges Bodenreformland. Aufgrund eines Antrages des Bodenkulturamtes in F... vom 20. Februar 1946 wurde der Neubauer J... B... am 07. März 1946 als Eigentümer des in Blatt 579 des Grundbuchs von K... eingetragenen Grundstückes eingetragen; aufgrund des am 29. November 1946 durch die Kreiskommission bestätigten Aufteilungsprotokolls der Gemeindekommission in K... wurde J... B... hinsichtlich des im Grundbuch von K... Blatt 226 eingetragenen Grundstückes am 18. Dezember 1946 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. In Abteilung II des Grundbuches war für beide Grundstücke ein sogenannter Bodenreformsperrvermerk eingetragen.

Am 06. März 1979 erstellte der Rat des Kreises S..., Sachgebiet Agrar- und Bodenrecht, ein Nachtragsprotokoll, wonach das verfahrensgegenständliche Grundstück zu 1. neu in Eigentum des Volkes, Rechtsträger staatlicher Forstwirtschaftsbetrieb S..., Sitz M..., ...straße, übergegangen ist und am 07. März 1979 erstellte er ein weiteres Nachtragsprotokoll, wonach das verfahrensgegenständliche Grundstück zu 2. neu in Eigentum des Volkes, Rechtsträger LPG Pflanzenproduktion S... übergegangen ist. Mit Rechtsträgernachweisen vom 19. April 1979, wonach mit Wirkung vom 01. Juni 1979 zum einen Rechtsträger des verfahrensgegenständlichen Grundstückes zu 1. der staatliche Forstwirtschaftsbetrieb S..., zum anderen Rechtsträger des verfahrensgegenständlichen Grundstücks zu 2. die LPG Pflanzenproduktion S... war, beantragte der Rat des Kreises S... Abteilung Finanzen beim Rat des Bezirks F... - Liegenschaftsdienst Außenstelle in ... - den verfahrensgegenständlichen Grundbesitz zu 1. und 2. im Grundbuch in Eigentum des Volkes umzuschreiben und den jeweiligen Rechtsträger in die Liegenschaftskartei einzutragen. Die Anträge gingen beim Liegenschaftsdienst am 24. April 1979 ein (Bl. 11 rück der Grundakte zu Blatt 226, Bl. 3 rück der Grundakte zu Blatt 579).

Am 23. April 1997 wurden die Bodenreformsperrevermerke gelöscht. Vor dem 13. November 1998 verstarb J... B...; er wurde von dem Beschwerdeführer beerbt.

Am 24. Juli 2007 trug das Grundbuchamt aufgrund der Unterlagen aus dem Jahre 1979 als Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstücks zu 1. den "noch festzustellenden Rechtsnachfolger nach Eigentum des Volkes, Rechtsträger: staatlicher Forstwirtschaftsbetrieb S..., Sitz M..., ...straße" und als Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstücks zu 2. den "noch festzustellenden Rechtsnachfolger nach Eigentum des Volkes, Rechtsträger: LPG Pflanzenproduktion S..." ein.

Mit Schriftsatz vom 08. August 2007 machte der Beschwerdeführer geltend, er sei seit dem 15. November 1993 im Grundbuch eingetragen; sein Rechtsvorgänger, J... B..., sei vor dem 03. Oktober 1990 eingetragen worden, so dass er, der Beschwerdeführer, gemäß Art. 237 § 2 EGBGB als Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Grundstücke gelte. Bis zum 30. September 1998 sei weder eine Klage des wirklichen Eigentümers rechtshängig gemacht worden, noch sei durch einen Widerspruch die Eintragung angegriffen worden.

Mit Schriftsatz vom 09. August 2007 legte der Beschwerdeführer durch seinen Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde gegen die am 24. Juli 2007 vorgenommenen Eintragungen ein. Er macht geltend, das Grundbuchamt habe bei den Eintragungen die Vorschrift des Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB nicht beachtet. Er habe Eigentum erworben, da die Eintragung seines Rechtsvorgängers vor dem 03. Oktober 1990 erfolgt sei und bis zum Ablauf des 30. September 1998 durch den wahren Eigentümer keine fristwahrenden Maßnahmen ergriffen worden seien.

Mit Schreiben vom 15. August 2007 hat das Grundbuchamt mitgeteilt, dass es die Beschwerde als beschränkte Beschwerde im Sinne des § 71 Abs. 2 GBO mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruches verstehe. Die Voraussetzungen des § 53 GBO lägen indes nicht vor. Gemäß Art. 233 § 7 EGBGB seien die vor dem 03. Oktober 1990 geltenden Vorschriften anzuwenden. Das Ersuchen und die Unterlagen aus dem Jahre 1979 hätten der erforderlichen Form entsprochen, eine inhaltliche Prüfung sei weder erforderlich noch zulässig gewesen. Art. 237 § 2 EGBGB sei dagegen nicht anwendbar, das vorliegende Ersuchen käme den fristwahrenden Maßnahmen gleich.

Durch Nichtabhilfebeschluss vom 27. August 2007 hat das Amtsgericht - Grundbuchamt - die Sache dem Landgericht vorgelegt. Das Landgericht hat die Beschwerde des Beschwerdeführers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen zur Eintragung eines Amtswiderspruchs gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO lägen nicht vor. Die Eintragung eines solchen Widerspruchs sei nur zulässig, wenn das Grundbuchamt unter Verletzung der gesetzlichen Vorschriften eine Eintragung vorgenommen habe, durch die das Grundbuch unrichtig geworden sei. Dies sei nicht der Fall. Für eine Verletzung gesetzlicher Vorschriften durch das Grundbuchamt seien Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Maßgeblich seien die grundbuchrechtlichen Verfahrensvorschriften der ehemaligen DDR. Grundbuchverfahrensrechtliche Anträge, die bis zum 02. Oktober 1990 gestellt worden seien, unterlägen gemäß Anlage 1 Kapitel II Sachgebiet B Abschnitt III Nr. 1 f des Einigungsvertrages, § 144 Nr. 6 GBO weiterhin dem alten Verfahrensrecht. Das Verfahren richte sich daher nach der Anordnung über das Verfahren in Grundbuchsachen (Grundbuchverfahrensordnung) vom 30. Dezember 1975. Gemäß § 5 Abs. 1 Grundbuchverfahrensordnung seien staatliche Organe berechtigt gewesen, um Eintragungen in das Grundbuch zu ersuchen, soweit sie durch gesetzliche Vorschriften hierzu ermächtigt seien. Die Eintragung sei in einem solchen Fall auf der Grundlage des Ersuchens des staatlichen Organs gemäß § 14 Abs. 3 der Anordnung über die Rechtsträgerschaft von volkseigenen Grundstücken vom 07. Juli 1969 erfolgt. Bei den verfahrensgegenständlichen Grundstücken handele es sich um ehemaliges Bodenreformland. Im Hinblick auf solche ehemaligen Bodenreformgrundstücke habe sich eine nähere Konkretisierung über die Ausgestaltung des Ersuchens im Hinblick auf die Eintragung der Übertragung in Volkseigentum aus Abschnitt VII.94/97 der Anweisung Nr. 4/87 des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei über Grundbuchverfahren ergeben. Die Voraussetzungen für eine Eintragung hätten danach für beide Grundstücke vorgelegen. Es seien Ersuchen auf Eintragung des Rates des Kreises S... Abteilung Finanzen, die von dem Leiter der Abteilung Finanzen unterschrieben und mit einem Dienstsiegel versehen gewesen seien und die unter Verwendung der vorgesehenen Vordrucke und Angabe des eingesetzten Rechtsträgers erstellt worden seien, beim Liegenschaftsdienst eingereicht worden. Ebenso sei ein Nachweis der Rechtsgrundlage für das Entstehen von Volkseigentum vorhanden. Es lägen jeweils ein Rechtsträgernachweis und ein Nachtragsprotokoll vor. Das Nachtragsprotokoll stelle eine Verwaltungsentscheidung dar, welche im Sinne der Anordnung eines Besitzwechsels nach der Besitzwechselverordnung zu beurteilen sei. Danach sei das Grundbuchamt berechtigt gewesen, die beantragten Eintragungen ohne weitere Prüfung der Rechtmäßigkeit vorzunehmen.

Gegen diese Entscheidung des Landgerichts Frankfurt (Oder) wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner weiteren Beschwerde. Der Beschwerdeführer wendet sich nicht dagegen, dass sich die Eintragung grundsätzlich nach dem bis zum 2. Oktober 1990 geltenden Verfahrensrecht richtet, weil die entsprechenden Anträge bereits 1979 bei dem Liegenschaftsdienst eingereicht worden waren. Der Beschwerdeführer macht allerdings geltend, das Landgericht habe sich nicht mit der Frage beschäftigt, ob gemäß Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB Eigentum des Beschwerdeführers entstanden sei und deswegen die vorgenommene Eintragung in der Abteilung I der Grundbücher, wonach eingetragene Eigentümer der noch festzustellende Rechtsnachfolger nach Eigentum des Volkes sei, hätte vorgenommen werden dürfen.

II.

Die weitere Beschwerde des Beschwerdeführers ist gemäß §§ 78, 80 Abs. 1 GBO zulässig; das Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1.

Soweit das Landgericht ausgeführt hat, für die Bearbeitung der im Jahre 1979 beim Liegenschaftsdienst eingegangenen Anträge auf Eintragung von Volkseigentum seien die Verfahrensvorschriften der ehemaligen DDR maßgeblich, weil die Anträge bis zum 02. Oktober 1990 gestellt gewesen seien, so ist dies nicht zu beanstanden. Insoweit wird auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

2.

Mit der weiteren Beschwerde wird allein geltend gemacht, ein Amtswiderspruch nach § 53 Abs. 1 GBO sei deswegen einzutragen, weil der Beschwerdeführer gemäß Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB wirksam Eigentum erworben habe, da bis zum Ablauf der dort genannten Ausschlussfrist weder eine Klage auf Grundbuchberichtigung erhoben worden sei noch ein Antrag auf Eintragung eines Widerspruchs gestellt worden sei. Dies vermag im Ergebnis der weiteren Beschwerde allerdings nicht zum Erfolg zu verhelfen.

a)

Die Regelung des Art. 237 § 2 EGBGB dient, ebenso wie Art. 237 § 1 EGBGB, der Klärung zweifelhafter Eigentumsverhältnisse. Sie erfasst, insoweit weitergehend als die Regelung in § 1, alle natürlichen und juristischen Personen einschließlich deren Rechtsnachfolger, die als Eigentümer eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen sind, ohne das Eigentum erlangt zu haben (Kühnholz, in: Bamberger/Roth, Art. 237 § 2 EGBGB Rn. 3). Ziel der Regelung ist es, den von unrichtigen Eintragungen betroffenen innerhalb einer bestimmten Frist eine letztmalige Gelegenheit zu geben, den Erwerbsmangel geltend zu machen. Nach Ablauf der Frist ist mit dem Ziel der Herstellung des Rechtsfriedens die materielle Rechtslage an der Buchposition ausgerichtet, der Bucheigentümer erwirbt das Eigentum (Staudinger/Rausch, Art. 237 § 2 EGBGB Rn. 2). Die Regelung des Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB setzt also eine unrichtige Grundbucheintragung einer Person voraus, die materiell nicht Eigentümer ist (Münchener Kommentar/Busche, Art. 237 § 2 EGBGB Rn. 2), die Bestimmung vermittelt den bisher als Eigentümer nicht Berechtigten aufgrund seiner unzutreffenden Eintragung im Grundbuch den Eigentumserwerb (Staudinger/Rausch, a.a.O., Rn. 7 f).

b)

Der Anwendungsbereich des Art. 237 § 2 Abs. 1 BGB ist nach dessen Wortlaut sowie Sinn und Zweck dieser Regelung im vorliegenden Fall nicht eröffnet; eine entsprechende Anwendung der Vorschrift kommt ebenfalls nicht in Betracht.

aa)

Hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Grundstücke war bis zu der nunmehr vorgenommenen Eintragung der Vater des Beschwerdeführers als Eigentümer eingetragen. Dieser hatte aber zunächst Eigentum an dem Bodenreformland - und zwar unabhängig von seiner Eintragung, die insoweit nur deklaratorisch erfolgte (Palandt/Bassenge, 63. Aufl., Art. 233 § 11 EGBGB Rdnr. 1 m. w. Nachw.) wirksam erlangt, die Eintragung war ursprünglich insofern nicht unrichtig, sondern gab die materielle Rechtslage zutreffend wider. Nach dem Wortlaut des Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB fehlt es danach an dem Erfordernis, dass der Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, ohne dieses Eigentum erlangt zu haben. Die Regelung des Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB ist im Ergebnis auf Fälle zugeschnitten, in denen Eintragungen erfolgten, für die eine rechtliche Grundlage von Anfang an nicht bestand.

c)

Eine über diesen engen Wortlaut der Vorschrift hinausgehende Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB kommt jedenfalls in Konstellationen der vorliegenden Art nicht in Betracht.

aa)

Die Vorschrift des Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB entspricht, soweit es auf die Eintragung eines Nichtberechtigten ankommt, der Regelung des § 900 Abs. 1 BGB. Danach erwirbt derjenige das Eigentum an einem Grundstück, der als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, ohne dass er das Eigentum erlangt hat, wenn die Eintragung dreißig Jahre bestanden und er während dieser Zeit das Grundstück in Eigenbesitz gehabt hat. Die dreißigjährige Frist des § 900 Abs. 1 BGB wird in Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB durch das Erfordernis einer bis zum Ablauf des 30. September 1998 zu erhebenden Klage des wirklichen Eigentümers oder durch einen Antrag auf Eintragung eines Widerspruches innerhalb dieser Frist ersetzt.

Für den Geltungsbereich des § 900 BGB ist anerkannt, dass diese Vorschrift nicht dem Schutz des Begünstigten dient. Sein guter Glaube wird, wie bei Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB, nicht vorausgesetzt. Vielmehr soll im öffentlichen Interesse ein dauerndes Auseinanderfallen von Recht und Besitz vermieden werden. Andernfalls müsste auch dann noch als Eigentümer eines Grundstückes behandelt werden, wer diese Rechtsposition tatsächlich nicht mehr ausüben kann, weil sein Anspruch auf Herausgabe aus § 985 BGB jedenfalls gegenüber dem eingetragenen Besitzer verjährt wäre. Die nachlässige Wahrnehmung der Interessen durch den bisherigen Rechtsinhaber, der mehr als dreißig Jahre den unrichtigen Buch- und Besitzstand hat bestehen lassen, rechtfertigt nach § 900 Abs. 1 BGB die entschädigungslose Entziehung seiner Rechtsposition (m. w. N. BGH NJW 1994, 1152). Abweichend hiervon soll nach Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB den von einer unrichtigen Eintragung Betroffenen innerhalb einer knapp bemessenen Frist zwischen dem Inkrafttreten des Wohnraumsmodernisierungssicherungsgesetzes am 24. Juli 1997 und dem 30. September 1998 eine letztmalige Gelegenheit gegeben werden, den Mangel der Eintragung geltend zu machen. Nach Ablauf dieser Frist wird mit dem Ziel der Herstellung des Rechtsfriedens (Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449, 443) die materielle Eigentumslage an der Buchposition ausgerichtet, der Bucheigentümer erwirbt, wie gemäß § 900 Abs. 1 BGB nach einer Ersitzungszeit von dreißig Jahren, das Eigentum.

Ob Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB, ähnlich wie dies für § 900 Abs. 1 BGB diskutiert aber noch nicht entschieden ist (vgl. Münchener Kommentar/Wacke, § 900 BGB Rn. 1; Staudinger/ Gursky, § 900 BGB Rn. 4; BGH NJW 1994, 1152), auch dann Anwendung finden kann, wenn der eingetragene Eigentümer, jedenfalls bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, unzweifelhaft auch Berechtigter war, bedarf keiner Entscheidung. Selbst wenn man von einer solchen entsprechenden Anwendung der Vorschrift des Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB ausgehen wollte, so käme sie im vorliegenden Fall deswegen nicht in Betracht, weil vor Ablauf der in dieser Vorschrift geregelten Frist weder die Erhebung einer Grundbuchberichtigungsklage nach § 894 BGB noch ein Antrag auf Eintragung eines Widerspruchs im Grundbuch möglich gewesen wäre. Dementsprechend lehnt der BGH im vergleichbaren Regelungsbereich des § 900 Abs. 1 BGB eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift dann ab, wenn der Anspruch aus § 985 BGB während der Ersitzungszeit nicht verjähren konnte (BGH NJW 1994, a.a.O.).

cc))

Im vorliegenden Falle wäre eine innerhalb der Frist des Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB erhobene Klage auf Grundbuchberichtigung schon deswegen unzulässig gewesen, weil es für eine solche Klage am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis gefehlt hätte. Die Rechte des noch einzutragenden neuen Eigentümers waren dadurch gewahrt, dass sein Antrag auf Eintragung im Grundbuch eingegangen war und dort vor der Bearbeitung weiterer zeitlich nachfolgender Anträge bearbeitet werden musste. Einer Bewilligung einer Grundbuchberichtigung durch den eingetragenen Eigentümer bedurfte es ebenfalls nicht. Die Bodenreformgrundstücke waren, wovon das Landgericht zutreffend ausgegangen ist, auch ohne entsprechende Eintragung im Grundbuch - die Eintragung des Bodenreformeigentümers hatte, wie bereits ausgeführt, nur deklaratorische Bedeutung - in Volkseigentum übergegangen. Nach § 22 GBVerfO war, anders als nach § 19 GBO, der Bewilligung des Voreingetragenen nicht erforderlich. Mit der Klage nach § 894 BGB soll aber allein die Berichtigungsbewilligung als grundbuchrechtliche Verfahrenserklärung ersetzt werden; die materiell-rechtliche Bewilligung wird dadurch nicht ersetzt (Münchener Kommentar/Wacke, § 894 BGB Rdnr. 26). Wenn es aber einer solchen verfahrensrechtlichen Bewilligungserklärung nicht bedurfte, hätte eine solche durch eine Klage nach § 894 BGB auch nicht ersetzt werden können; für eine solche Klage hätte es am erforderlichen Rechtsschutzinteresse gefehlt.

Aus diesen Gründen wäre auch ein Antrag auf Eintragung eines durch Bewilligung oder einstweilige Verfügung begründeten Widerspruchs, der die Durchsetzung eines Anspruches nach § 894 BGB sichert (Palandt/Bassenge, § 899 BGB Rdnr. 2), nicht möglich gewesen. Auch ein Amtswiderspruch hätte nicht eingetragen werden können, weil die Eintragung des Vaters des Beschwerdeführers bereits nicht auf einem Verfahrensfehler beruhte.

Konnten danach aber die mit dem Fristablauf verbundenen Rechtswirkungen des Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB mit den dieser Vorschrift vorgesehenen Mitteln von vornherein nicht verhindert werden, so verbietet sich eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift jedenfalls in den Fällen, in denen der eingetragene Eigentümer zunächst wirksam Eigentum erlangt hatte, dieses aber später wieder verloren hat. Gerade im Hinblick auf die knapp bemessene Frist des Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB verbietet sich vor dem Hintergrund des in Art. 14 Abs. 1 GG gewährten Eigentumsschutzes bei der gebotenen engen Verfassungsgrundformenauslegung eine Ausdehnung des Anwendungsbereiches dieser Vorschrift auf Fälle der vorliegenden Art. Rechtsfrieden muss nur dort hergestellt werden, wo Vertrauenspositionen einander gegenüberstehen, aber langer Streit vermieden werden soll. Eine solche Konstellation ist aber dann nicht gegeben, wenn der wahre Eigentümer darauf vertrauen darf, dass wegen eines bereits eingereichten Eintragungsantrages seine materielle Rechtsposition durch eine entsprechende nachfolgende Eintragung im Grundbuch dokumentiert werden wird, ohne dass die in Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB vorgesehenen Rechtsbehelfe ergriffen werden.

Ist danach im vorliegenden Fall der Anwendungsbereich des Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB nicht eröffnet, so war ein Amtswiderspruch nach § 53 Abs. 1 GBO zu Gunsten des Beschwerdeführers nicht einzutragen, weil die jetzige Eintragung weder auf einen Verfahrensfehler beruht noch in der Sache unrichtig ist. Die weitere Beschwerde war demgemäß zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus dem Gesetz; eine Auslagenentscheidung (§ 13 a Abs. 1 FGG) war nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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