Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 27.11.2007
Aktenzeichen: 5 Wx 9/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, GBO, FGG


Vorschriften:

ZPO § 800
ZPO § 800 Abs. 1
BGB § 181
GBO § 18
GBO § 29
GBO § 78
GBO § 79 Abs. 1
GBO § 80 Abs. 1
FGG § 13a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

5 Wx 9/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Grundbuchsache

betreffend den im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts Königs Wusterhausen von M... Blatt 950 eingetragenen 27,91/10.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flur 3, Flurstücke 229, 230, 231, 232, 232 und 233 der Gemarkung M..., verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung nebst Keller im Haus Nummer 20, im Aufteilungsplan mit Nummer 170 bezeichnet,

hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth und Tombrink

am 27. November 2007

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 28. Februar 2007 - 5 T 724/05 - wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 45.460,- € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1) ist eingetragene Eigentümerin des im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts Königs Wusterhausen von M... Blatt 950 eingetragenen Wohnungseigentums. Durch notariellen Kaufvertrag vom 1. September 2005 zur UR-Nr. 1754/2005 des Notars M. M... O... in B... veräußerte die Beteiligte zu 1) das Wohnungseigentum an die Beteiligte zu 2). In § 9 des Vertrages ist folgendes bestimmt:

"§ 9 Belastungsvollmacht

Verkäufer bevollmächtigt und ermächtigt den Käufer Grundpfandrechte (ggf. Gesamtgrundpfandrechte) bis zur Höhe von 130% des Kaufpreises nebst bis zu 20 v. H. Jahreszinsen und bis zu 15 v. H. einmaliger Nebenleistung zu Gunsten von Grundpfandrechtsgläubigern an dem Kaufgegenstand zu bestellen, die dingliche Sicherung durch diesen zu erklären und alle in den Schuldurkunden abzugebenden Erklärungen auch im Namen des Verkäufers abzugeben und den jeweiligen Eigentümer der sofortigen Zwangsvollstreckung gem. § 800 ZPO in den Kaufgegenstand zu unterwerfen.

Eine persönliche Haftung des Verkäufers darf dabei jedoch nicht begründet werden.

Verkäufer und Käufer bevollmächtigen die Notariatsangestellten A... E..., K... H..., H... M... und N... S..., jeweils einzeln und mit der Befugnis, Untervollmacht zu erteilen und unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, unter Freistellung jeglicher persönlicher Haftung, die zur Bestellung und Eintragung von Finanzierungsgrundpfandrechten gem. Abs.1 erforderlichen Erklärungen für sie abzugeben, insbesondere den Käufer für den Betrag des Grundpfandrechts nebst Zinsen und Nebenleistungen der persönlichen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen.

(...)"

Am 21. September 2005bestellte die Notariatsangestellte A... E... zur UR-Nr.1922/2005 des Notars M. M... O... in B... unter Bezugnahme auf die in § 9 des Kaufvertrages vom 1. September 2005 erteilte Vollmacht der Beteiligten zu 1) und 2) zugunsten der Beteiligten zu 3) eine Buchgrundschuld über 45.460,- € nebst 14 v. H. Jahreszinsen; zugleich erklärte sie für die Beteiligten zu 1) und 2) die dingliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung nach § 800 Abs.1 ZPO und die persönliche Haftungsübernahme nebst (persönlicher) Zwangsvollstreckungsunterwerfung durch die Beteiligte zu 2).

Mit Schreiben vom 18. Oktober 2005 beantragte der Urkundsnotar unter Bezugnahme auf die Urkunden vom 1. und 21. September 2005 die Eintragung der Grundschuld und der dinglichen Zwangsvollstreckungsunterwerfung in das Grundbuch. Mit Zwischenverfügung vom 15. und 28. November 2005 beanstandete das Grundbuchamt das Fehlen einer Vollmacht der Notariatsangestellten E... für die Abgabe der dinglichen Unterwerfungserklärung nach § 800 ZPO. Hiergegen haben die Beteiligten mit Schreiben vom 5. Dezember 2005 Beschwerde eingelegt und ausgeführt, die Vollmacht der Notariatsangestellten E... für die Abgabe der Erklärung nach § 800 ZPO ergebe sich hinreichend eindeutig aus § 9 des Kaufvertrages vom 1. September 2005. Mit Beschluss vom 27. Dezember 2005 hat das Grundbuchamt der Beschwerde die Abhilfe versagt und sie dem Landgericht Potsdam zur Entscheidung vorgelegt. Mit Beschluss vom 28. Februar 2007 hat das Landgericht Potsdam die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen haben die Beteiligten mit Schreiben vom 12. April 2007 weitere Beschwerde eingelegt.

II.

1. Die weitere Beschwerde der Beteiligten ist gemäß §§ 78, 79 Abs.1, § 80 Abs.1 GBO zulässig, bleibt in der Sache selbst jedoch ohne Erfolg.

a) Gegen die einen Eintragungsantrag beanstandende Zwischenverfügung des Rechtspflegers nach § 18 GBO steht den Antragstellern der Beschwerdeweg offen; die Zwischenverfügung ist selbständig mit der Beschwerde anfechtbar und im Beschwerdeverfahren (allein) dahin zu überprüfen, ob die hierin enthaltenen Beanstandungen des Grundbuchamtes berechtigt sind (s. etwa OLG Naumburg, FGPrax 2004, S.202 m.w.Nw.; Demharter, GBO, 25.Aufl.2005, § 18 Rdn.53, 55; Kuntze/Ertl/Herrmann/ Eickmann, Grundbuchrecht, 6.Aufl.2006, § 18 GBO Rdn.62 ff. und § 71 GBO Rdn.15 ff.; Bauer/von Oefele/Wilke, GBO, 2.Aufl.2006, § 18 Rdn.26; Bauer/von Oefele/Budde, aaO., § 71 Rdn.10 [ff.]).

b) Das Rechtsmittel der Beteiligten ist aber unbegründet. Das Grundbuchamt hat zu Recht das Fehlen einer hinreichend eindeutigen, den Formerfordernissen nach § 29 GBO genügenden Bevollmächtigung der Notariatsangestellten E... zur Abgabe der dinglichen Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung gemäß § 800 Abs.1 ZPO beanstandet.

Das Grundbuchamt hat den Umfang einer Vollmacht selbständig zu prüfen (s. BayObLG, RPfleger 1986, S.216; RPfleger 1996, S.332; Demharter, aaO., § 19 Rdn.74 m.w.Nw.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13.Aufl.2004, Rdn.3579 f.). Im Grundbuchverfahren ist dem Bestimmtheitsgrundsatz in besonderem Maße Beachtung zu schenken; auf eine Auslegung von Erklärungen kann nur zurückgegriffen werden, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt (s. BGHZ Bd.129, S.1, 4; BayObLGZ 1984, S.122, 124; OLG Naumburg, FGPrax 2004, S.202, 203; Demharter, aaO., § 19 Rdn.28). Darauf, was die Beteiligten tatsächlich gewollt haben, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (s. etwa BayObLGZ 2002, S.263, 265; OLG Naumburg, FGPrax 2004, S.202, 203; Demharter, aaO., § 19 Rdn.28). Führt die Auslegung einer Vollmacht zu keinem eindeutigen Ergebnis, so gilt der Grundsatz, dass der geringere Umfang der Vollmacht anzunehmen ist, wenn sich der größere Umfang nicht nachweisen lässt (s. BayObLG, RPfleger 1996, S.332; Demharter, aaO., § 19 Rdn.75 m.w.Nw.; Schöner/Stöber, aaO., Rdn.3555).

Vorliegend bestehen begründete Zweifel, ob die den Notariatsangestellten in § 9 des Kaufvertrages vom 1. September 2005 erteilte Vollmacht auch die Abgabe der Unterwerfungserklärung nach § 800 Abs.1 ZPO umfasst. Diese Zweifel stehen der begehrten Eintragung entgegen.

Aus § 9 des notariellen Kaufvertrages vom 1. September 2005 ist eine Vollmacht zur Abgabe einer Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung nach § 800 Abs.1 ZPO nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit zu entnehmen. Im ersten Absatz dieser Vertragsbestimmung wird für die Vollmachtserteilung und Ermächtigung des Verkäufers an den Käufer ausdrücklich unterschieden zwischen der Bestellung von Grundpfandrechten (mit einem näher festgelegten Höchstbetrag) an dem Kaufgegenstand einerseits und der dinglichen Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung gemäß § 800 ZPO andererseits. Die dingliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung wird gesondert erwähnt und lediglich mit der Konjunktion "und" (ohne weitere Zusätze wie etwa "insbesondere" oder "hierbei" oder "in diesem Zusammenhang") mit dem vorangehenden Text des Absatzes 1 verknüpft, so dass ihr nach Wortlaut und Satzstellung eine selbständige Bedeutung zukommt. Der dritte Absatz, der die Bevollmächtigung der Notariatsangestellten betrifft, bezieht sich seinem Wortlaut nach - nur - auf "die zur Bestellung und Eintragung von Finanzierungsgrundpfandrechten gem. Abs.1 erforderlichen Erklärungen" und auf die Unterwerfung der Beteiligten zu 2) (Käufer) unter die persönliche Zwangsvollstreckung. Die dingliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung nach § 800 Abs.1 ZPO ist hier jedoch nicht erwähnt.

Wie das Grundbuchamt und das Landgericht zu Recht ausgeführt haben, gehört die dingliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung nach § 800 Abs.1 ZPO nicht zu den für die Bestellung von Finanzierungsgrundpfandrechten "erforderlichen" Erklärungen. Bei der Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung nach § 800 Abs.1 ZPO handelt es sich um eine einseitige prozessuale Willenserklärung, die ein selbständiges prozessuales Nebenrecht begründet, das nicht zum Inhalt des Grundpfandrechtes gehört; es ermöglicht dem Gläubiger die Zwangsvollstreckung gegen spätere Grundstückeigentümer, ohne diese zuvor auf Duldung der Zwangsvollstreckung verklagen zu müssen (§§ 1147, 1192 Abs.1 BGB; s. BGHZ Bd.108, S.372, 375 f.; OLG Düsseldorf, RPfleger 1988, S.357; MittRhNK 1992, S.268; Demharter, aaO., § 44 Rdn.27; Schöner/Stöber, aaO., Rdn.2037; Bauer/von Oefele/Mayer, aaO., AT IV 88 [= S.215 f.]). Dementsprechend ermächtigt die Belastungsvollmacht (Vollmacht zur Bestellung von Grundpfandrechten) noch nicht ohne weiteres auch zur Abgabe einer Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung nach § 800 Abs.1 ZPO (s. BayObLG, RPfleger 1987, S.153; OLG Düsseldorf, RPfleger 1988, S.357; RPfleger 1989, S.499; MittRhNK 1992, S.268; Demharter, aaO., § 19 Rdn.75 und § 44 Rdn.28; Schöner/Stöber, aaO., Rdn.3555; Bauer/von Oefele/Mayer, AT IV 88 [= S.216] m.w.Nw. in dort. Fn.185; zweifelnd wohl Bauer/von Oefele/Mayer, aaO., AT IV 50 [= S.206]; a.A. Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, aaO., Einl. T 4 [= S.347]).

Mag die dingliche Zwangsvollstreckungsunterwerfung nach § 800 Abs.1 ZPO auch üblicherweise mit der Bestellung einer Grundschuld verbunden werden und die Bevollmächtigung der bezeichneten Notariatsangestellten zur Abgabe dieser Erklärung von den Beteiligten gewollt gewesen sein, so ist diese Vollmacht doch in den vorgelegten Urkunden nicht mit der im Grundbuchverfahren gebotenen Klarheit und Bestimmtheit zum Ausdruck gekommen.

2. Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 131 Abs.1 Satz 1 Nr.1 KostO, § 13a FGG nicht veranlasst. Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Verfahren der weiteren Beschwerde folgt aus § 31 Abs.1 Satz 1, § 131 Abs.2, § 30 Abs.1, § 23 Abs.2 KostO.

Ende der Entscheidung

Zurück