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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 26.06.2007
Aktenzeichen: 6 U 101/06
Rechtsgebiete: BUZ, SGB IX, SGB X, VVG


Vorschriften:

BUZ § 2 Abs. 1
BUZ § 2 Abs. 2
SGB IX § 69 Abs. 1
SGB X § 2 Abs. 1
SGB X § 2 Abs. 2
VVG § 11 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 101/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 26.06.2007

Verkündet am 26.06.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts in Brandenburg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 5. Juni 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König, den Richter am Oberlandesgericht Kuhlig und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 8. August 2006 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) - 12 O 578/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente aus einem Versicherungsvertrag.

Wegen der Feststellungen wird auf das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 08.08.2006 Bezug genommen (§ 540 I Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei ohne Berücksichtigung der gesundheitlichen Folgen des Unfalls vom 18.06.2005 nicht berufsunfähig, wie nach dem gerichtlichen Gutachten feststehe. Er müsse sich auf eine vergleichbare Tätigkeit bei der Vollstreckungsbehörde der Stadt F... sowohl im Innen- als auch im Außendienst verweisen lassen. Der Unfall vom 18.06.2005 sei nicht zu berücksichtigen, weil das Feststellungsverfahren bezüglich der Leistungspflicht der Beklagten nicht stattgefunden habe. Dies stehe der Fälligkeit der Leistung der Beklagten zurzeit entgegen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er seine Klageanträge weiterverfolgt.

Der Kläger rügt, er habe begründet gegen das gerichtliche Gutachten eingewendet, dass die seit März 2001 bestehenden Beschwerden im rechten Kniegelenk nicht berücksichtigt worden seien. Dem sei nicht nachgegangen worden; insbesondere sei eine weitere Beweisaufnahme unterblieben. Das Gutachten sei unvollständig. Er müsse sich auch nicht auf die Tätigkeit der Vollstreckungsbehörde im Außendienst verweisen lassen. Der Unfall vom 18.06.2005 sei zu berücksichtigen. Der Streitgegenstand werde dadurch nicht geändert, weil der Unfall auf die Vorschädigung des rechten Knies zurückzuführen sei. Selbst wenn von einer Klageänderung ausgegangen würde, wäre diese sachdienlich und deshalb zuzulassen. Auch wenn die Beklagte außergerichtlich ihre Feststellungen zum Versicherungsfall noch nicht getroffen habe, sei die Leistung fällig, weil die Beklagte ihre Einwilligung zu einer Klageänderung mit dieser Begründung versagt habe.

Der Kläger beantragt,

a. die Beklagte unter Abänderung des am 08.08.2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt (Oder) Az.; 12 O 578/04 zu verurteilen, an den Kläger eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 5.288,76 € jährlich vom 01.06.2004 bis zum 31.05.2023 zu zahlen;

b. festzustellen, dass die jährliche Dynamisierung der Berufsunfähigkeitsrente gem. lit. a) nach dem BUZ-Tarif der Beklagten erfolgt;

c. weiterhin festzustellen, dass der Kläger gem. § 21 I lit. a) der "Ergänzenden Bestimmungen betreffend die Zusatzversicherung für Berufsunfähigkeit" der Beklagten in voller Höhe von der Beitragszahlungspflicht für die Hauptversicherung und die eingeschlossenen Zusatzversicherungen ab dem 01.06.2004 befreit ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Beklagte ist nicht zum maßgeblichen Zeitpunkt am 31.05.2004 mindestens zu 50 % berufsunfähig i.S.d. § 2 I, II BUZ gewesen.

1. Der 31.05.2004 ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit des Klägers nach der Vereinbarung der Parteien vom 06.08.2001, mit der sie § 21 der ergänzenden Bestimmungen zur BUZ geändert haben.

2. Für den maßgeblichen Zeitpunkt 31.05.2004 ist zur Beurteilung der Berufsunfähigkeit des Klägers auf den von ihm zu diesem Zeitpunkt und damit zuletzt ausgeübten Beruf des Politeurs/Sachbearbeiters im Vollstreckungsaußendienst abzustellen, nicht auf den von ihm zuvor ausgeübten Beruf des Feuerwehrmannes / Rettungssanitäters. Das ergibt sich aus Nummer 2 der Vereinbarung der Parteien vom 06.08.2001, nach der nicht nur bis zu diesem Zeitpunkt eingetretene gesundheitliche, sondern auch berufliche Veränderungen für die nach den Grundsätzen der Erstprüfung vorzunehmende Prüfung der Berufsunfähigkeit des Klägers mit zu berücksichtigen sind.

3. Die Berufsunfähigkeit des Klägers für den Beruf des Politeurs ist nach dem Ergebnis des gerichtlichen Gutachtens aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils nicht bewiesen. Die vom Kläger in der Berufung erhobenen Einwendungen gegen dieses Gutachten greifen nicht durch.

a) Die seit März 2001 bestehenden Beschwerden des Klägers im rechten Kniegelenk sind im Gutachten berücksichtigt worden. Auch das rechte Knie des Klägers war Gegenstand der Begutachtung. Zum einen ergibt sich dies aus dem Beweisbeschluss des Landgerichts, nach dessen Nr. 1 auch die Kniegelenke mit dem Zustand nach Operation für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit des Klägers seit dem 01.02.2004 zu berücksichtigen waren. Dies hat der Sachverständige in seinem Gutachten eingangs zutreffend wiedergegeben. Zum anderen hat der Kläger diese Frage bereits zum Gutachten vom 07.07.2005 gestellt. Die ergänzenden Fragen des Klägers hat der Sachverständige mit Schreiben vom 24.04.2006 beantwortet. Zwar hat der Sachverständige dort eingangs missverständlich erwähnt, das Kniegelenk sei entsprechend dem Auftrag des Gerichts nicht Gegenstand der Begutachtung. Aus den weiteren Ausführungen ergibt sich jedoch, dass damit lediglich gemeint ist, dass der Schaden am rechten Kniegelenk als Folge des Unfalles des Klägers vom 18.06.2005 nicht berücksichtigt wurde. Im Weiteren geht der Sachverständige unter 1 in seinem Gutachten ausdrücklich auf das rechte Kniegelenk ein, den Unfallschaden nicht berücksichtigend. Die Epikrise wurde als Anlage A6 zum Gutachten berücksichtigt, ebenso wie die weiteren Befunde, ohne dass allerdings jeder Befund gesondert erwähnt worden wäre.

b) Der vom Landesamt für Soziales und Versorgung festgestellte Behinderungsgrad des Klägers von 50 % begründet entgegen der Auffassung des Klägers ebenfalls nicht dessen Berufsunfähigkeit von mindestens 50 % für den Beruf des Politeurs. Das Landesamt für Soziales und Versorgung hat nach § 69 I SGB IX die Behinderung des Klägers nach den Vorgaben des § 2 I, II SGB X festgestellt. Die Maßstäbe zur Feststellung der Behinderung unterscheiden sich jedoch von denjenigen, die für die hier interessierende Feststellung der Berufsunfähigkeit maßgeblich sind.

c) Der Senat hat keinen Anlass, den Sachverständigen ergänzend zu hören oder ein Zweitgutachten einzuholen. Die vom Sachverständigen zu beantwortenden entscheidungserheblichen Fragen zum Grad der Berufsunfähigkeit des Klägers sind aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils hinreichend beantwortet.

4. Der Unfall des Klägers vom 18.06.2005 und die daraus resultierende Verletzung des rechten Knies waren im vorliegenden Verfahren prozessual nicht zu berücksichtigen. Der Kläger will damit im Wege der Klageänderung einen neuen Streitgegenstand in das Verfahren einführen. Dem hat die Beklagte unter Hinweis auf das noch nicht durchgeführte bzw. nicht abgeschlossene Feststellungsverfahren widersprochen. Die Klageänderung ist auch nicht wegen Sachdienlichkeit zuzulassen. Die Zulassung wäre wegen § 11 I VVG nicht geeignet, den Streit der Parteien endgültig beizulegen. Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte auf Grund dieses Unfalles und in der Folge vom Kläger erlittener Verletzungen sowie einer sich daraus ergebenden Berufsunfähigkeit wären noch nicht fällig. Dass die Beklagte keine oder nicht sachdienliche Ermittlungen angestellt oder die Erhebungen ohne Grund in die Länge gezogen hätte, so dass für die Fälligkeit der Zeitpunkt maßgebend gewesen wäre, in dem die Erhebungen bei korrektem Vorgehen beendet gewesen wären (Prölls/Martin, VVG, 27. Aufl., Rn. 6), hat der Kläger nicht dargelegt, auch nicht im Schriftsatz vom 01.06.2007. Die Beklagte hat nach dem Vorbringen des Klägers mit erstem Schreiben vom 27.07.2006 auf den Fragebogen des Klägers reagiert. Mangels näherer Angaben des Klägers ist davon auszugehen, dass dies zeitnah geschah, nachdem der Kläger den Fragebogen ausgefüllt hatte. Dafür spricht auch, dass der Kläger erst mit Schriftsatz vom 26.05.2006 sein in diesem Verfahren geltend gemachtes Leistungsbegehren außergerichtlich gegenüber der Beklagten auch auf den neuerlichen Unfall stützte. Wie sich aus diesem Schreiben ergibt, hatte der Kläger jedoch nicht den weiteren für den Arzt bestimmten Fragebogen ausgefüllt, auch äußerten sich die beigefügten ärztlichen Bescheinigungen nicht zur Frage der Berufsunfähigkeit. Mit Schreiben vom 05.10.2006 reagierte die Beklagte auf den zwischenzeitlich vom Kläger übersandten Bericht des Arztes Dr. S... und kündigte an, den in diesem Verfahren tätigen Sachverständigen Dr. T... um eine neue Einschätzung unter Berücksichtigung der veränderten Gesundheitsverhältnisse zu bitten. Allerdings hat die Beklagte ausweislich ihres Schreibens vom 10.05.2007 am 20.11.2006 der Praxisgemeinschaft Dr. G... und Dr. B... einen Gutachtenauftrag erteilt. An wen sie den Gutachtenauftrag erteilt, steht ihr aber frei. Ungebührlich verzögert hat sie die Auftragserteilung danach ebenfalls nicht. Dass das Gutachten bisher nicht erstellt worden ist, ist nach dem Inhalt der vom Kläger eingereichten Schreiben nicht von der Beklagten zu vertreten.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 I, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 II Nr. 1 und 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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