Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 24.06.2008
Aktenzeichen: 6 U 104/07
Rechtsgebiete: AktG, BGB, ZPO, GG


Vorschriften:

AktG § 87 Abs. 2
AktG § 88
AktG § 93 Abs. 1
AktG § 93 Abs. 4 S. 2
AktG § 116
AktG § 264 Abs. 3
AktG § 265 Abs. 1
AktG § 265 Abs. 2
BGB § 138
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 157
BGB § 295
BGB § 615
BGB § 615 S. 2
BGB § 626
BGB § 626 Abs. 2
BGB § 626 Abs. 2 S. 1
ZPO § 517
ZPO § 520
GG Art. 12
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 104/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 24.06.2008

Verkündet am 24.06.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 03.06.2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König, den Richter am Oberlandesgericht Kuhlig und den Richter am Landgericht Schumacher

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 12. Juni 2007 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Cottbus (Az. 11 O 60/04) wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Der Kläger - ein promovierter Verfahrenstechnikingenieur in dem Bereich Wärmetechnik -war ehemals Vorstandsmitglied und sodann Liquidator der Beklagten und macht nunmehr aus der Zeit als Liquidator Ansprüche auf Verdienst aus dem Anstellungsvertrag geltend.

Die S... AG betrieb im sächsischen S... ein Holzkraftwerk. Auf Vermittlung von Prof Dr. Fr... von der Bergakademie in F... wollte die W... AG (im folgenden: W...), Muttergesellschaft der S... AG, auch in E... ein Kraftwerk mit der gleichen innovativen Technologie errichten. Aus diesem Grund wurde die Beklagte als weiteres Tochterunternehmen der W... im Jahre 1998 gegründet.

Das Kraftwerk sollte auf dem Gelände der St... E... GmbH errichtet und später von dieser GmbH betrieben werden. Geschäftsführer dieser GmbH war der Kläger. Die St... E... GmbH beteiligte sich mit einem Aktienkapital in Höhe von 500.000 DM an der Beklagten.

Die Finanzierung des Vorhabens sollte mittels eingeworbener Anlegergelder erfolgen. Es wurden Aktienkapital und stilles Beteiligungskapital in Höhe von ca. 16 Millionen DM aquiriert. Im weiteren Verlauf kaufte die Beklagte das für das Kraftwerk benötigte Grundstück für 1,98 Millionen DM.

Alleiniger Vorstand der Beklagten war H... T.... Auf Drängen der St... E... GmbH und zur Absicherung ihrer Interessen wurde am 20. Dezember 1999 ein Dienstvertrag zwischen dem Kläger und dem Vorstand der Beklagten abgeschlossen, welcher dem Kläger die Befugnisse eines Prokuristen einräumte. Alleiniger Kontoberechtigter über die Konten der Beklagten blieb Herr T....

Bereits mit Vertrag vom 22.12.1998 gewährte die Beklagte der S... AG ein Darlehen über 2.660.000 DM, befristet bis 30.06.2000, zur "Überbrückung bis zum Einfließen der aus der zweiten Kapitalerhöhung der S... AG zu erwartenden Valuta".

"Für die Vermittlung des Projektes E... Heizkraftwerk" stellte die WE... GmbH der Beklagten am 28.12.1998 eine Vermittlungsprovision von 1.566.000 DM brutto in Rechnung, die bis zum 15.2.1999 gezahlt wurde.

Am 29.12.1998 schloss die Beklagte, vertreten durch Herrn T..., mit der Z... GmbH einen Darlehensvertrag über einen Betrag von 1.500.000 DM, der bis zum 31.12.1998 von der Beklagten an die Darlehensnehmerin auszuzahlen war. Die Auszahlung erfolgte.

Im Januar 2000 wurden Herr T... sowie die Verantwortlichen der W... verhaftet. Letztere sind mittlerweile wegen Kapitalanlagebetrugs zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Der strafrechtliche Vorwurf geht dahin, dass die von der W... initiierten Projektgesellschaften einschließlich der Beklagten zu keinem Zeitpunkt ernsthaft beabsichtigten, die Industrieanlagen zu errichten, sondern die Anlegergelder ausschließlich der persönlichen Bereicherung dienen sollten. Ein Großteil der angeworbenen Gelder wurde zu diesem Zweck mittels Beratungs- und sonstigen Verträgen wieder aus den Gesellschaften abgezogen und floss so an die W... und Partnerfirmen zurück. Von den mindestens 17 Projektgesellschaften haben lediglich drei tatsächlich Industrieanlagen errichtet.

Mit Beschluss des Aufsichtsrates der Beklagten vom 31. Januar 2000 wurde der Kläger zu ihrem alleinigen Vorstand bestellt. Am 17. März 2000 schlossen die Parteien einen "Dienstvertrag für ein Vorstandsmitglied". Die wesentlichen Bestimmungen des Vertrages lauten wie folgt:

§ 2 Vertragsdauer

I.

Der Dienstvertrag gilt für die Zeit ab 01.02.2000 für die Dauer von 5 Jahren fest abgeschlossen. (...)

II.

Der Dienstvertrag endet, wenn das Vorstandsmitglied während der Laufzeit des Dienstvertrages dauernd arbeitsunfähig wird. (...)

III.

Angesichts der jetzigen Situation der Aktiengesellschaft wird Herrn Dr. F... ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt: Er kann das Dienstverhältnis jeweils mit einer Frist von 14 Tagen kündigen.

§ 3 Nebentätigkeit und Wettbewerb

I.

Das Vorstandsmitglied darf eine anderweitige berufliche entgeltliche oder ehrenamtliche Tätigkeit mit Zustimmung des Aufsichtsratsvorsitzenden, die nur bei wichtigem Grund widerrufen werden kann, übernehmen. Das gilt insbesondere für die Annahme von Aufsichtsratsmandaten sowie sonstige Ämter, durch die die Interessen der EH... berührt werden sowie für Gutachten, Veröffentlichungen und Vorträge.

II.

Das Vorstandsmitglied wird sich während der Dauer des Dienstvertrages nicht an einem Unternehmen beteiligen, das mit der EH... oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen in Wettbewerb steht oder in wesentlichem Umfang in Geschäftsbeziehungen mit der AG oder mit ihr verbundenen Unternehmen steht. Unberührt bleibt die Beteiligung, sofern sie keinen Einfluss auf die Organe des Unternehmens ermöglicht (vgl. § 88 AktG).

III.

Die vorstehenden Regelungen gelten nicht für die von Herrn Dr. F... bereits ausgeübte Tätigkeit als Geschäftsführer der St... E... GmbH. Diese Tätigkeit kann Herr Dr. F... - ohne jede Einschränkung - auch zukünftig ausüben; hierzu bedarf er weder einer Zustimmung des Aufsichtsratsvorsitzenden, noch kann ihm zukünftig diese Betätigung vonseiten der Gesellschaft untersagt werden.

Die EH... stellt insoweit sicher, dass Herr Dr. F... seinen diesbezüglichen, dienstvertraglichen Verpflichtungen auch zukünftig nachkommen kann. Dies gilt auch für die von ihm geschuldete Arbeitszeit/Dienstleistung. Eine Minderung der Vergütung (§ 4) ergibt sich nicht durch die von Herrn Dr. F... für die St... E... GmbH ausgeübte Dienstleistung.

§ 4 Vergütung

I.1)

Das Vorstandsmitglied erhält für seine Tätigkeit

a. eine Jahresvergütung von 90.000 DM

b. eine Tantieme, die der Aufsichtsrat für das abgelaufene Geschäftsjahr unter Berücksichtigung des Ergebnisses der AG und der Leistungen der Vorstandsmitglieder nach billigem Ermessen festsetzt. Die Tantieme beträgt mindestens 15.000 DM oder eine Erfolgsleistung von 2.000 DM je Prozentpunkt bei ausgeschütteter Dividende.

I.2)

Die Vergütung erhöht sich auf 130.000 DM p.a. zzgl. vorstehenden Leistungen, wenn die AG ein positives Jahresergebnis ausweist.

II.

Die Jahresvergütung nach Abs. 1 S. 1 wird in 12 gleichen Monatsraten am Schluss eines jeden Monats gezahlt. (...)

III.

Die Tantieme wird nach Ablauf jeweils des Kalenderjahres fällig.

§ 5 Urlaub

Das Vorstandsmitglied hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf einen Jahresurlaub von 30 Werktagen. (...)

§ 6 Vergütung im Krankheitsfalle und Untersuchung (...)

§ 7 Unfallversicherung (...)

§ 8 Diensterfindungen (...)

§ 9 Dienstwagen

Die EH... stellt dem Vorstandsmitglied für die Dauer des Dienstverhältnisses einen seiner Stellung angemessenen Personenkraftwagen zur dienstlichen und privaten Nutzung zur Verfügung. (...)

§ 10 Ruhegeld (...)

§ 11 Hinterbliebenenversorgung (...)

Das Gehalt des Klägers für seine Tätigkeit bei der St... E... GmbH war genauso hoch wie das bei der Beklagten.

Der Kläger schloss - zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt - mit Wirkung ab März 2000 einen Vertrag mit der St... E... GmbH zur Ausführung von Buchführungs- und Schreibarbeiten, wobei die Buchführung mit monatlich 1.740 DM und die Schreibarbeiten mit monatlich 1.160 DM vergütet werden sollten.

Der Kläger erstellte ein Sanierungskonzept, das am 30. Juni 2000 den Aktionären der Beklagten auf einer Hauptversammlung und den atypisch stillen Beteiligten auf einer Anlegerversammlung am 7. Juli 2000 vorgestellt wurde. Die Sanierungsvorschläge scheiterten, da sich keine neuen Geldgeber fanden. Am 21. August 2000 beschloss die Hauptversammlung der Beklagten daraufhin ihre Liquidation.

In der Folge fungierte der Kläger als Abwickler der Beklagten.

Am 5. November 2000 und am 1. Februar 2001 legte Herr M... Fri..., damals Angestellter der St... E... GmbH, der Beklagten gegenüber Rechnung über Beratungsleistungen aus Oktober 2000 und Januar 2001 in Höhe von insgesamt 17.212,12 DM. Die Rechnungen wurden bezahlt.

Am 2. April 2001 zahlte die Beklagte an die St... E... GmbH für die Arbeitgeber- und sonstige Sozialversicherungsanteile des Klägers für das Jahr 2000 einen Betrag in Höhe von 7.668,12 DM, in den Monaten bis einschließlich September 2001 dann monatlich 689,06 DM.

Ende September 2001 endete die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer für die St... E... GmbH.

Ab Oktober 2001 ließ der Kläger sein Gehalt bei der Beklagten unter Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen abrechnen. Im Oktober 2001 erhielt der Kläger zudem eine Tantieme in Höhe von 15.000 DM.

Nachdem ein neuer Aufsichtsrat gebildet worden war, beschloss dieser auf seiner konstituierenden Sitzung am 6. November 2001 unter anderem, dass der Beklagte mit sofortiger Wirkung abberufen und der Vorstandsvertrag fristlos, hilfsweise fristgerecht, gekündigt werde. Zum neuen Liquidator wurde M... B... bestellt.

Am 28. November 2001 fasste der Aufsichtsrat einen weiteren Beschluss. Dieser wurde dem Kläger mit Schreiben vom 5. Dezember 2001 übersandt. In dem Schreiben heißt es: "Dem Beschluss können Sie konkludent entnehmen, dass Sie derzeit nicht wirksam abberufen sind. Weiterhin habe ich Ihrem Anwalt Herrn P... mitgeteilt, dass Sie mit Blick auf § 265 Abs. 2 AktG derzeit nicht wirksam abberufen sind." (Bl. 11)

Der Kläger übte seine Tätigkeit als Abwickler weiter aus, bis er durch Beschluss der Hauptversammlung der Aktionäre vom 22. Februar 2002 abberufen wurde. Neuer Liquidator wurde M... B....

Die Tätigkeit als Abwickler nahm der Kläger von einem Büro in seinem Privathaus aus wahr, da die Beklagte über keine eigenen Büroräumlichkeiten mehr verfügte. Er erhielt bis einschließlich Januar 2002 die im Vertrag vom 17. März 2000 vorgesehene Vergütung.

Gegen den Kläger ist ursprünglich strafrechtlich nicht ermittelt worden. Dies ist erst im Laufe des Jahres 2004 geschehen (StA Cottbus, Az. 1706 Js 45049/04).

Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten ist im November 2005 mangels Masse abgelehnt worden.

Mit der Klage begehrt der Kläger die Vergütung für den Zeitraum von Februar 2002 bis Januar 2005 von monatlich 7.500 DM sowie die Jahrestantiemen für die Jahre 2002 bis 2004 von jährlich 15.000 DM.

Die Beklagte hat gegenüber der Klageforderung hilfsweise die Aufrechnung mit Schadensersatzforderungen über eine Gesamtsumme von 6.395.933,50 DM erklärt. Diese Summe setzt sich wie folgt zusammen:

(1) Darlehen der Beklagten an S... AG vom 25.12.1998: 2.660.000 DM

(2) Liquidiätshilfe B...kraftwerk Z... 1999: 415.000 DM

(3) Zahlungen an WE... GmbH vom 28.12.98 und 15.2.99 1.566.000 DM

(4) Darlehen an Z... GmbH vom 30.12.98: 1.500.000 DM

(5) Zahlung an St... E... GmbH im Jahre 2000: 49.761,77 DM

(6) Zahlung an St... E... GmbH im Jahr 2001: 32.355,45 DM

(7) Spesen/Reisekosten des Klägers 2000: 12.535,71 DM

(8) Spesen/Reisekosten des Klägers 2001: 24.068,45 DM

(9) Überzahlung Gehalt Kläger Sept.-Dez. 2000 26.000,00 DM

(10) Überzahlung Gehalt Kläger Januar-Dez. 2001 78.000,00 DM

(11) Zahlung Tantieme 15.000,00 DM

(12) Zahlungen an Herrn Fri... 17.212,12 DM

Der Kläger hat die Meinung vertreten, der Dienstvertrag sei nicht wirksam gekündigt worden.

Die ordentliche Kündigung sei wegen der zeitlichen Befristung des Vertrages ins Leere gegangen. Die Beendigung der Organstellung habe nicht zur Beendigung des Dienstvertrages geführt.

Gründe für eine fristlose Kündigung seien nicht gegeben. Auch sei die Frist des § 626 BGB eingehalten sei. Die angeblich die Kündigung rechtfertigenden Tatsachen seien der Beklagten seit langem bekannt gewesen.

Selbst wenn man von einer wirksamen Kündigung ausginge, sei jedenfalls konkludent ein neuer Anstellungsvertrag abgeschlossen worden. Denn die Beklagte habe im Anschluss an die Kündigung unstreitig erklärt, sie werde aus der Abberufung des Klägers als Vorstand keine Rechte herleiten; dementsprechend habe sie ihn zu unveränderten Konditionen weiterbeschäftigt und bezahlt.

Der Beschluss, die Beklagte zu liquidieren, habe die Geschäftsgrundlage des Anstellungsvertrages nicht entfallen lassen, auch sei der Vertrag dadurch nicht obsolet geworden. Der Dienstvertrag habe in der Abwicklungsphase fortbestanden. Unerheblich für die Höhe der Vergütung sei der Umfang der entfalteten Tätigkeit; dass maximal fünf Stunden pro Woche anzusetzen gewesen seien, werde bestritten. Auch eine Herabsetzung der Bezüge im Hinblick auf den geringeren Umfang der Tätigkeit als Liquidator komme nicht in Betracht. Denn der für eine Herabsetzung der Bezüge nach den §§ 87 II, 264 III AktG erforderliche Aufsichtsratsbeschluss sei nicht getroffen worden. Zudem könne die Beklagte sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage nur ex nunc berufen. Bis Januar 2002 sei die Beklagte offensichtlich selbst nicht vom Wegfall ausgegangen, da die Vergütung ja weiterbezahlt worden sei.

Die Tantiemen seien gewinnunabhängig garantiert worden.

Die Beklagte habe sich im Annahmeverzug hinsichtlich der Dienste des Klägers befunden und schulde deshalb die vereinbarte Vergütung:

Im Rahmen der Übergabe der Unterlagen an seinen Nachfolger B... etwa am 10. März 2002 habe er - der Kläger - darauf hingewiesen, dass sein Dienstvertragsverhältnis unberührt bleibe, und gefragt, welche Tätigkeit er für die Beklagte nunmehr ausüben solle. Er habe auch ausdrücklich nach der Weiterzahlung seiner Vergütung gefragt. Daraufhin habe Herr B... ihm gesagt, dass er alle Telefonate umleiten solle und er sich ansonsten um nichts mehr zu kümmern habe. Der Annahmeverzug resultiere zudem bereits aus der Neubestellung eines Abwicklers.

Der Kläger hat ferner gemeint, er müsse sich seinen "Zwischenverdienst", den er aus seiner Tätigkeit für die gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft I... GmbH in der Zeit vom 1. März 2002 bis 1. Januar 2003 bei einem Jahresgehalt von 50.000 Euro brutto und für die St... S... GmbH in der Zeit vom 1. Januar 2003 bis 1. März 2006 bei einem Jahreseinkommen von 65.000 Euro erzielt habe, nicht anrechnen lassen. Die tatsächlichen Voraussetzungen, unter denen eine Anrechnung dieser Verdienste in Betracht komme, habe die Beklagte als der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Arbeitgerber nicht dargelegt.

Er sei bei der Beklagten quasi nur nebenberuflich, nämlich neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer, tätig gewesen. Mitglieder des Aufsichtsrates (die Herren Sch... und Scha...) hätten ihm zugesagt, dass sich seine Belastung in Grenzen halten werde. Routinetätigkeiten hätten an Dritte delegiert werden sollen. Die zeitmäßige Inanspruchnahme habe sich in Grenzen gehalten. Ihm habe nicht das technische Konzept, sondern die nebenberufliche Betreuung der Kapitalgeber und die Rückforderung von Fehlzahlungen oblegen.

Er habe keine dem vorliegenden Dienstvertrag vergleichbare Nebentätigkeit ausgeübt, sondern sei - insofern unstreitig - einer Hauptbeschäftigung nachgegangen: Vom 1. März 2002 bis 1. Januar 2003 sei er für die gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft I... GmbH tätig gewesen und habe dabei ein Jahresgehalt von 50.000 Euro brutto erzielt. Vom 1. Januar 2003 bis 1. März 2006 habe er für die St... S... GmbH gearbeitet und hierbei ein Jahreseinkommen von 65.000 Euro erzielt.

Rückforderungs- oder Schadensersatzansprüche stünden der Beklagten nicht zu.

Soweit in der Zeit, in der er als Prokurist der Beklagten tätig gewesen sei, Gelder aus der Beklagten abgeflossen seien, sei hierfür allein der damalige Vorstand T... verantwortlich gewesen. Er - der Kläger - habe keine Einsichtnahmemöglichkeiten in die wesentlichen Geschäftsvorgänge, insbesondere hinsichtlich der Darlehensgewährungen, gehabt. Viele Geschäftsunterlagen hätten sich entweder bei der W... oder im Ausland befunden; einen weiteren Teil habe die Staatsanwaltschaft beschlagnahmt.

Soweit bis zur Beendigung seiner Tätigkeit für die St... E... GmbH an diese Sozialversicherungsbeiträge gezahlt worden seien, habe dem eine entsprechende Abrede zu Grunde gelegen, wonach der Kläger nur dann für seine sehr zeitaufwendige Nebentätigkeit für die Beklagte habe freigestellt werden sollen, wenn die Beklagte auch einen Teil der Personalkosten bei der GmbH von der Beklagten übernehme. Nach Beendigung seiner Haupttätigkeit bei der St... E... GmbH im September 2001 seien von der Beklagten als dem verbliebenen Arbeitgeber zu Recht Sozialversicherungsbeiträge für den Kläger abgeführt worden. Dies sei mit dem Aufsichtsrat abgestimmt gewesen.

Soweit die Beklagte Rechnungen der St... E... GmbH über Buchführungs- und Schreibarbeiten bezahlt habe, hätten dem normale Verträge zu Grunde gelegen. Die vergüteten Leistungen hätten beschafft werden müssen, weil die Beklagte - neben dem Vorstand - über kein eigenes Personal verfügt habe.

Der Arbeitsumfang im Zusammenhang mit der Liquidation der Beklagten sei ganz erheblich gewesen, da die Beklagte - unstreitig - über ca. 150 Aktionäre und 600 atypisch stille Beteiligte verfüge, die nach Ruchbarwerdung der kriminellen Machenschaften alle hätten informiert werden müssen. Insoweit sei es auch zu einer Vielzahl telefonischer Nachfragen gekommen. Neben dem kompletten Aufbau der Buchhaltung habe mit sämtlichen Aktionären und Gesellschaftern korrespondiert werden müssen, man habe nach Beschlagnahme aller Unterlagen quasi bei Null anfangen müssen.

Die Zahlung für das Dienstfahrzeug sei erfolgt, weil der Kläger sowohl gegenüber der Beklagten als auch gegenüber der St... E... GmbH einen Anspruch auf Stellung eines Dienstfahrzeugs gehabt habe und verabredet gewesen sei, dass die Kosten des vorhandenen Dienstfahrzeugs der GmbH zur Hälfte von der Beklagten zu tragen seien.

Die Spesen seien im Rahmen der normalen Amtstätigkeit des Klägers angefallen, die Reisen seien notwendig gewesen. Der Berater Fri... habe Kontakte zu potentiellen Neugesellschaftern herstellen sollen.

Im Übrigen seien die Verträge jeweils im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat geschlossen worden. Über alle Reisen sei der Aufsichtsrat informiert worden.

Der Kläger hat zuletzt - teilweise klageerweiternd - beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger insgesamt einen Betrag in Höhe von 161.056,94 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die monatlichen Vergütungen für die Monate Februar 2002 bis Januar 2005 für jede einzelne Vergütung (7.500 Euro pro Monat) ab dem ersten Tag des Folgemonats und in Höhe der Jahrestantiemen in Höhe von 15.000 Euro ab dem 2. Januar 2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stünden bereits keine Ansprüche aus Dienstvertrag mehr zu; jedenfalls seinen derartige Ansprüche durch die erklärte Hilfsaufrechnung entfallen.

Durch den Liquidationsbeschluss sei die Grundlage des Vorstandsvertrages entfallen. Für alle Beteiligten sei ersichtlich gewesen, dass ab Liquidation ein Vorstand nicht mehr notwendig sei. Eine Vorstandstätigkeit sei ab diesem Zeitpunkt weder erbracht noch erforderlich gewesen.

Da ein Anstellungsvertrag, gerichtet auf Abwicklung, nicht zustande gekommen sei und der Vorstandsvertrag nicht mehr weiter gegolten habe, sei weder eine Einigung über die Vergütung noch über die Laufzeit des Vertrages zustande gekommen. Es liege damit ein unbefristeter Vertrag vor, geschuldet sei nur die ortsübliche Vergütung.

Aus der Fortzahlung des Gehaltes an den Kläger könne ein konkludenter neuer Vertragsschluss zu den bisherigen Konditionen nicht abgeleitet werden, weil der Kläger - unter Verstoß gegen seine Pflichten - selbst die Zahlung auf Seiten der Beklagten veranlasst habe.

Die Vergütung von 90.000 DM/Jahr habe jedenfalls ab dem Zeitpunkt, in dem die Liquidation beschlossen worden sei, in keinem vernünftigen Verhältnis zu der vom Kläger entfalteten Tätigkeit gestanden. Die Tätigkeit des Klägers habe sich auf die Abwicklung beschränkt und einen Umfang von maximal fünf Stunden pro Woche ausgemacht. Die angemessene Vergütung hierfür hätte ab September 2000 nur ca. 1.000 DM (also 6.500 DM weniger als vertraglich vorgesehen) monatlich betragen.

Wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gelte der Vorstandsvertrag ab Liquidationsbeschluss sowohl für die Vergütung als auch für die Laufzeitregelung nicht mehr.

Eine Tantieme stehe dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil sie eine aktive geschäftliche Tätigkeit und nicht eine reine Abwicklungstätigkeit voraussetze; sie sei im Übrigen auch nicht gewinnunabhängig versprochen worden.

Dass die Beklagte an der Abberufung des Klägers als Liquidator nicht festgehalten habe, ändere nichts an der Wirksamkeit der Kündigung vom 6.11.2001. Wegen des Wegfalls der Laufzeitregelung habe der Dienstvertrag spätestens zum 31. Dezember 2000 gekündigt werden können. Der Aufsichtsrat sei das für die Kündigung zuständige Organ (§ 84 AktG).

Die Beklagte habe zudem zu Recht aus wichtigem Grund gekündigt. Die Frist des § 626 II 1 BGB sei eingehalten. Die Kenntnis der Kündigungsgründe müsse beim gesamten Aufsichtsrat vorliegen. Bei mehreren Kündigungsgründen genüge es, wenn für einen die Frist gewahrt sei. Der Aufsichtsrat in seiner Gesamtheit habe von den zahlreichen Kündigungsgründen erst in der Sitzung am 6.11.2001 Kenntnis erlangt.

Es fehle auch ein tatsächliches Anbieten der Arbeitsleistung. Im Rahmen der Unterlagenübergabe sei nicht über die Fortsetzung der Tätigkeit gesprochen worden.

Es sei auch falsch anzunehmen, dass die nachfolgenden Tätigkeiten des Klägers seinen Anspruch nicht berührten. Für die Annahme einer reinen Nebentätigkeit für die Beklagte gebe es im Vertrag keine Anhaltspunkte. Vielmehr habe er seine gesamte Arbeitskraft der Beklagten zur Verfügung stellen müssen und auch ein entsprechendes Gehalt bekommen; lediglich die Tätigkeit für die St... E... sei genehmigt worden. Die Höhe der jährlichen Bezüge und die weiteren vertraglichen Regelungen sprächen klar gegen eine nebenberufliche Tätigkeit. Ohne Freistellung von der der Beklagten geschuldeten Tätigkeit hätte der Kläger die neuen Tätigkeiten nicht aufnehmen können. Dies ergebe ich sich auch daraus, dass der Kläger die neue Tätigkeit erst sieben Tage nach Abberufung und nicht schon früher aufgenommen habe.

Mangels eigener Erkenntnisse hat die Beklagte die behaupteten Zeiträume und Jahresgehälter hilfsweise (für den Fall, dass Klage nicht abgewiesen werden würde) mit Nichtwissen bestritten und die Vorlage von entsprechenden Unterlagen verlangt.

Zu den Gründen für die fristlose Kündigung und zu den Gegenforderungen hat die Beklagte im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Der Kläger habe alle Zahlungen und wesentlichen Geschäftsvorgänge der Beklagten gekannt. Als Prokurist habe er erkennen müssen, dass insbesondere die ihm bekannte Mittelverwendung in Form von Darlehensgewährungen, Liquiditätshilfe und anderen Zahlungen an drei Firmen (S... AG, B...kraftwerk Z... AG, Z... GmbH) in Höhe von insgesamt 6.141.000 DM nicht vom Gesellschaftszweck der Beklagten gedeckt gewesen sei und den Tatbestand der Untreue erfüllt habe. Er sei in diese Vorgänge zudem eingebunden gewesen.

Als Vorstand habe er sich weder ernsthaft um Korrektur der vorangegangen Fehlzahlungen noch um Umsetzung des Gesellschaftszwecks mit dem restlichen Kapital bemüht. Er habe auch die Gesellschafter über die tatsächlichen Ausmaße des betrügerischen Vorgehens nicht informiert. Vielmehr habe er als Vorstand weitere Mittelfehlverwendungen verursacht. Er habe die Liquidation der Beklagten aktiv herbeigeführt. Damit habe er gegen den Vorstandsvertrag verstoßen. Spätestens ab März 2000 habe er mit einer anderen Firma die Errichtung des Kraftwerks und Realisierung des Projekts ohne die Beklagte geplant. Die Liquidation habe dazu gedient, den Weg hierfür frei zu machen.

Sozialversicherungsbeiträge seien zu Unrecht ab November 2001 abgeführt worden. Für die Zahlung dieser Beiträge an die St... E... GmbH bestehe keinerlei Grundlage.

Hinsichtlich der Zahlungen an die St... E... GmbH sei festzustellen, dass aufgrund geringer Buchungsvorfälle - maximal 20 pro Monat - ein monatlicher Aufwand von 2-3 Stunden für die Buchhaltung angemessen sei, ebenso für den Briefverkehr, so dass ein monatlicher Aufwandsersatz nicht in Höhe der abgerechneten 2.500 DM netto, sondern lediglich in Höhe von 360 DM angemessen gewesen wäre. Die geleisteten Zahlungen stünden offensichtlich in keinem Verhältnis zu den erbrachten Leistungen; diese Mittelverschwendung sei ein durch den Kläger kausal verursachter Schaden der Beklagten. Durch Abschluss von Verträgen mit der St... E... GmbH habe der Kläger der Beklagten einen nicht unerheblichen Schaden zugefügt, da diese sämtlichst nicht im Drittvergleich stattgefunden hätten.

Hinsichtlich der Spesenabrechnungen sei festzustellen, dass für einen Flug des Klägers nach L... kein Grund ersichtlich sei. Auch andere Reisen würden sich nicht erschließen. In Höhe der nicht gerechtfertigten Zahlungen sei der Beklagten ein Schaden mangels Gegenwert entstanden.

Für die geleisteten Zahlungen an Herrn M... Fri... sei nicht ersichtlich, wofür diese erfolgt seien. Die behaupteten Beratungsleistungen seien wegen eingetretener Liquidation offensichtlich nutzlos.

Ob der Aufsichtsrat die Geschäfte gebilligt habe, könne dahinstehen, da dies die Haftung des Vorstandes gegenüber der Gesellschaft nach § 93 IV 2 AktG nicht ausschließe.

Das Landgericht hat am 27. März 2006 einen ausführlichen Hinweis- und Auflagenbeschluss erlassen (Bl. 234 GA) und hat schließlich am 12. Juni 2007 im schriftlichen Verfahren ein klageabweisendes Urteil verkündet. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Ob der Dienstvertrag beendet worden sei und ob dem Kläger ein Anspruch auf Tantiemen zustünde, könne offen bleiben, da dem klägerischen Anspruch in Höhe von 161.056,94 € jedenfalls § 615 S. 2 BGB entgegenstehe. Annahmeverzug der Beklagten sei gegeben, da ein neuer Abwickler bestellt worden sei; der Annahmeverzug sei mit Beendigung des Dienstvertrages Ende Januar 2005 beendet gewesen.

Der anderweitige Verdienst des Klägers in Höhe von zumindest 177.083,33 € sei im Wege einer Gesamtberechnung brutto anzurechnen. Die neuen Tätigkeiten des Klägers seien keine Nebentätigkeiten gewesen. Dass diese Tätigkeiten kausal durch das Freiwerden der Arbeitskraft bei der Beklagten ermöglicht worden seien, zeige der klägerische Vortrag und die Auswertung des Vorstandsvertrages: der Kläger selbst habe vorgetragen, dass der Arbeitsumfang "ganz erheblich" bzw. "enorm" gewesen sei. § 3 des Vorstandsvertrages zeige bereits, dass die dort geregelte Tätigkeit als Vorstand eine Haupttätigkeit habe sein sollen. Dafür spreche auch die Vergütungshöhe, der Urlaubsanspruch von 30 Werktagen, Vergütung im Krankheitsfall und Unfallversicherung sowie die Bereitstellung eines Dienstwagens. Dass er zugleich Geschäftsführer der St... E... GmbH habe bleiben dürfen, ändere daran nichts. Auf die Hilfsaufrechnung der Beklagten komme es demnach nicht an.

Gegen das dem Kläger am 21. Juni 2007 zugestellte Urteil hat dieser mit Schriftsatz vom 18. Juli 2007 - per Fax am gleichen Tage eingegangen - Berufung eingelegt.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.

Er meint, die landgerichtliche Würdigung des Dienstvertrages übergehe den Parteivortrag, wonach die Tätigkeit des Klägers durch die Liquidation eine signifikante Änderung erfahren habe. Auch sei ausführlich vorgetragen worden, dass der Kläger nur eine nebenberufliche Aufgabenstellung innegehabt habe.

Die Schilderung des Arbeitsaufwandes, auf die Landgericht und Beklagte abstellten, habe sich eindeutig auf die Tätigkeit des Klägers während der Vorstandszeit, d.h. unmittelbar nach der Bestellung zum Vorstand bezogen. Nach dem Liquidationsbeschluss sei das Informationsbedürfnis deutlich abgeflacht, der Kläger sei dann nicht mehr mit wesentlichen Tätigkeiten belastet worden.

Auch die Beklagte habe gewusst, dass der Kläger nach dem Liquidationsbeschluss nur noch geringfügige Arbeiten von nicht mehr als sechs bis sieben Stunden pro Woche erledigte.

Auch habe das Landgericht bei der Vertragsauslegung bzw. bei der Frage der Anrechnung die konkreten Umstände nicht berücksichtigt. Der Vertrag sei "synchron" zu den Bedingungen des Hauptvertrages mit der St... E... GmbH formuliert worden und habe deshalb die gleiche Urlaubszeit vorgesehen. Die Klausel über die Genehmigungspflicht von Nebentätigkeiten sei rechtswidrig, da sie gegen Art. 12 GG und das AGB-Recht verstoße.

Die Frage der geringfügigen Beschäftigung könne nicht anhand des Vertrages, sondern nur anhand der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung beurteilt werden. Es wäre Sache der Arbeitgeberseite gewesen, mehr zur Sache vorzutragen.

Schließlich sei die vorgenommene Gesamtanrechnung unzutreffend. Die Anrechnung müsse monatsweise erfolgen. Damit stehe dem Kläger jedenfalls für Februar 2002 eine Vergütung zu, da er dort keine andere anrechenbare Vergütung erhalten habe.

Sachvortrag der Beklagten zu § 626 II BGB fehle in Gänze.

Der Kläger beantragt - unter teilweiser Richtigstellung seines Zinsantrags - ,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 161.056,94 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die monatlichen Vergütungen für die Monate Februar 2002 bis Januar 2005 mit einem Monatsbetrag von jeweils 3.834,69 € ( entspricht 7.500 DM), fällig jeweils am Monatsletzten der Monate Februar 2002 bis Januar 2006, dergestalt zu verzinsen, dass diese ab dem ersten Tage des Folgemonats einsetzt, und die Verzinsung der Jahrestantiemen in Höhe von 7.669,38 € (entspricht 15.000 DM) ab dem 2. Januar 2005 erfolgt, zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil.

Sie meint, das Klägervorbringen sei unschlüssig, da der Kläger zwar die volle Vergütung verlange, andererseits aber vortrage, nur unwesentliche Zeit für die Tätigkeit aufgewendet zu haben.

Ein vorstandsgleiches Gehalt sei für den Liquidator nur dann sachgerecht, wenn das Amt des Abwicklers vorstandsgleich gestaltet sei. Das sei hier aber nicht der Fall gewesen.

Der Kläger habe im Übrigen nicht dargelegt, dass er neben seiner neuen Tätigkeit noch Zeit gehabt hätte, für die Beklagte tätig zu sein.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 517, 520 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht deshalb abgewiesen, weil der Kläger sich auf seinen möglicherweise bestehenden Vergütungsanspruch den seinen Klageanspruch übersteigenden anderweitigen Verdienst nach § 615 S. 2 BGB anrechnen lassen muss.

I.

Dahinstehen mag, ob der Anstellungsvertrag vom 17. März 2000 vor dem 1.2.2005 durch ordentliche oder außerordentliche Kündigung seitens der Beklagten beendet wurde und ob dieser Vertrag überhaupt noch Grundlage für die begehrte Vergütung in der geltend gemachten Höhe sowie für den Anspruch auf Tantieme sein konnte.

Denn auch wenn dem Kläger für den Zeitraum von Februar 2002 bis einschließlich Januar 2005 der geltend gemachte Anspruch auf Vergütung und Tantiemen in Höhe von insgesamt 161.056,94 € aus dem Anstellungsvertrag grundsätzlich zustand, ist dieser Anspruch jedenfalls durch Anrechnung des im Zeitraum März 2002 bis einschließlich Januar 2005 erlangten anderweitigen Verdienstes in (den Klagebetrag übersteigender) Höhe von 177.083,33 € gemäß § 615 S. 2 BGB erloschen. Nach dieser Vorschrift muss sich der Dienstverpflichtete, dem wegen Annahmeverzuges des Dienstberechtigten an sich die vereinbarte Vergütung zusteht, den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt. Diese Voraussetzungen liegen vor.

1.

Die Anrechnung ist nicht grundsätzlich durch einen Verzicht der Beklagten ausgeschlossen. Auch wenn die Beklagte die Arbeitsleistung des Klägers ausdrücklich nicht mehr wünschte, kann hieraus nicht geschlossen werden, dass sie auch auf eine eventuelle Anrechnung anderweitiger Verdienste des Klägers gem. § 615 S. 2 BGB keinen Wert mehr legte (a.a.O). Die bloße (regelmäßig einseitige) Arbeitsfreistellung führt nicht zum Erlöschen der vertraglichen Arbeitspflicht; hierfür wäre vielmehr der Abschluss eines Erlass- oder eines Änderungsvertrags erforderlich (vgl. BAG v. 9.11.1999, 9 AZR 922/98, zitiert nach juris; BAG v. 19.3.2002, NZA 2002, 1055; BAG v. 6.9.2006, NZA 2007, 36). Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien einen derartigen Erlassvertrag ausdrücklich oder konkludent abgeschlossen haben, sind nicht ersichtlich.

2.

Die Beklagte befand sich, wenn man die Fortgeltung des Anstellungsvertrages und damit der Dienstverpflichtung des Klägers unterstellt, mit der Annahme der Dienste des Klägers ab dem 22. Februar 2002 in Annahmeverzug. Ob der Kläger seine Dienstleistung tatsächlich angeboten hat, kann dahingestellt bleiben. Zwar ist nach § 295 BGB grundsätzlich zumindest ein wörtliches Angebot des Schuldners erforderlich, um den Annahmeverzug des Gläubigers herbeizuführen. Ein solches Angebot war jedoch nach Treu und Glauben vorliegend entbehrlich, weil die Beklagte durch die Abberufung des Klägers als Abwickler und die sofortige Bestellung eines neuen Liquidators durch Beschluss der Hauptversammlung vom 22. 2. 2002 sowie durch die Einstellung der Gehaltszahlung hat erkennen lassen, dass sie unter keinen Umständen bereit war, den Kläger weiter zu beschäftigen. In einem solchen Fall wäre das Verlangen eines wörtlichen Angebots bloße Förmelei (BGH v. 9.10.2000, NJW 2001, 287 ff.).

3.

Nach dem Vortrag des Klägers hat dieser in dem Zeitraum von März 2002 bis einschließlich Januar 2005 durch anderweitige Verwendung seiner Dienste einen Verdienst in Höhe von insgesamt 177.083,33 € erzielt. Dieser Betrag ist nach § 615 S. 2 BGB anzurechnen.

Anrechnungspflichtig nach dieser Vorschrift ist nur derjenige Verdienst, den der Dienstpflichtige durch anderweitige Verwendung desjenigen Teils seiner Arbeitskraft erwirbt, welche er dem Dienstherrn zur Verfügung zu stellen verpflichtet war (Kausalitätserfordernis; so schon RGZ 58, 402, 404; bestätigt von BAG v. 6.9.1990, NZA 1991, 221, 223; Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 2.A., § 78 Rn. 58; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, § 95 Rn. 88; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, § 615 BGB Rn.. 94; Soergel-Kraft, BGB 12.A., § 615 BGB Rn. 53; Staudinger-Richardi, BGB 2005, § 615 Rn. 146). Nebeneinnahmen, die zusätzlich zum Verdienst aus dem hauptberuflichen Arbeitsverhältnis erzielt werden können, bleiben bei der Anrechnung außer Betracht, weil sie nicht mit dem Freiwerden der Arbeitskraft zusammenhängen. Wird also der Verdienst durch Arbeitsleistungen in der eigentlich freien Zeit -beispielsweise nach Feierabend - erzielt, unterliegt er nicht der Anrechnung (BAG a.a.O; Staudinger-Richardi a.a.O).

Welche Anforderungen an die demnach erforderliche Kausalität zu stellen sind, ergibt sich letztlich aus dem Normzweck des § 615 S. 2 BGB. Die Vorschrift soll gewährleisten, dass der Dienstverpflichtete aus dem Annahmeverzug keinen finanziellen Vorteil zieht und keinen Gewinn auf Kosten des Dienstberechtigten macht (BAG a.a.O S.223; Soergel-Kraft a.a.O Rn. 54). Der Dienstverpflichtete ist so zu stellen, als ob das Dienstverhältnis normal weitergeführt worden wäre (Erfurter Komm. zum Arbeitsrecht a.a.O Rn. 94; Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht a.a.O Rn. 58). Deshalb ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls die Kausalität zu prüfen. Anhaltspunkte können sich dabei sowohl aus objektiven als auch aus subjektiven Umständen ergeben (BAG a.a.O S.223), wobei diese nicht isoliert zu betrachten sind. Die objektive Kausalität wäre beispielsweise gegeben, wenn beide Beschäftigungen nur zur gleichen Zeit ausgeübt werden können oder aus rechtlichen Gründen nicht nebeneinander ausgeübt werden dürfen. Subjektive Kausalität wäre gegeben, wenn nach dem Willen des Arbeitnehmers die neue Tätigkeit an die Stelle der alten treten sollte. Nur auf die eine oder andere Kausalität abzustellen, könnte zu eng, aber auch zu weit sein; abzustellen ist vielmehr auf die Gesamtumstände (BAG a.a.O.).

Darlegungs- und beweisbelastet für die Kausalität ist an sich der Arbeitgeber. Da dieser naturgemäß über die neue Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht vollständig informiert sein wird, genügt er seiner Pflicht zur Darlegung, wenn er Indizien vorträgt bzw. sich solche aus dem Sachvortrag der Parteien ergeben, die für das Vorliegen des Kausalzusammenhangs sprechen; sodann muss der Auftragnehmer im Rahmen des qualifizierten Bestreitens darlegen, weshalb die Kausalität nicht vorliegen sollte (BAG a.a.O S. 224).

Von diesen Grundsätzen ausgehend, gilt folgendes:

a)

Die Kausalität ist schon deshalb zu bejahen, weil der Kläger ohne die Freistellung von der Tätigkeit für die Beklagte rechtlich gar nicht befugt gewesen wäre, die von ihm ausgeübten Tätigkeiten bei der gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft I... und der St... S... GmbH aufzunehmen. Hieran hätte ihn § 3 Abs. 1 des Anstellungsvertrages gehindert, wonach dem Kläger eine anderweitige Tätigkeit nur mit Einwilligung des Aufsichtsrats gestattet war.

aa)

Diese Klausel ist entgegen der Ansicht des Klägers wirksam. Sie stellt eine zulässige Erweiterung des Wettbewerbsverbotes aus § 88 AktG dar, wonach dem Vorstandsmitglied bereits von Gesetzes wegen zahlreiche andere Tätigkeiten untersagt sind. Ein Verstoß gegen § 138 BGB liegt nicht vor. Zwar sind bei der Auslegung der zivilrechtlichen Generalklauseln die Wertentscheidungen der Verfassung zu berücksichtigen (BGH v. 14.7.1997, NJW 1997, 3089; BVerfG v. 7.2.1990, NJW 1990, 1469; Maunz-Dürig-Scholz, 2006, Art. 12 GG Rn. 81), hier also insbesondere Art. 12 GG. Der Schutzbereich des Art. 12 GG ist auch grundsätzlich eröffnet, denn Art. 12 Abs. 1 GG umfasst auch das Recht, mehrere Berufe zu wählen und gleichzeitig nebeneinander auszuüben (BVerfGE 21, 173, 179; Maunz-Dürig-Scholz aaO Rn. 292). Mangels unmittelbarer Drittwirkung der Grundrechte führt diese Beeinträchtigung jedoch nur dann zu einer Beschränkung oder Unwirksamkeit der Vertragsklausel, wenn sie insgesamt sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB ist, wobei dem Schutzauftrag der Verfassung vor allem in Fällen gestörter Vertragsparität mit den Mitteln des Zivilrechts Geltung zu verschaffen ist (BVerfG v. 7.2.1990 a.a.O.). Solche aus § 138 BGB, Art. 12 GG folgende Beschränkungen werden vor allem für nachvertragliche Wettbewerbsverbote angenommen; für ein solches nachvertragliches Verbot wird deshalb ein berechtigtes Interesse der Gesellschaft verlangt (vgl. Hüffer, AktG, 8.A., § 88 Rn. 10; Münchener Kommentar AktG, 2. A., § 88 Rn. 39; Kölner Komm.-Mertens, 2.A., § 88 AktG Rn. 26, 27). Diese zusätzliche Voraussetzung ist nicht auf die Zeit während der Vertragslaufzeit übertragbar (anders Großkomm. zum AktG, 4.A., § 88 AktG Rn. 124; OLG Frankfurt NZG 2000, 738). Denn im Rahmen der bei § 138 BGB erforderlichen Abwägung ist zum einen zu beachten, dass das Vorstandsmitglied während der Vertragslaufzeit auch als Ausgleich für das Nebentätigkeitsverbot eine angemessene Vergütung erhält, so dass schon deshalb eine unbillige Belastung durch das Verbot nicht erkennbar ist (vgl. Münchener Kommentar a.a.O. § 88 AktG Rn. 39). Zum anderen soll durch das umfassende Nebentätigkeitsverbot der - auch von § 88 AktG bewirkte - Zweck verfolgt werden, dass das Vorstandsmitglied seine ganze Arbeitskraft der Gesellschaft widmet (vgl. zu diesem Zweck Kölner Komm. a.a.O. § 88 AktG Rn. 2; Großkomm. zum AktG a.a.O, § 88 Rn. 1; BGH v. 2.4.2001, NJW 2001, 2476). Diese Verpflichtung folgt letztlich aus der Loyalitätspflicht des Vorstandsmitglieds gegenüber der Aktiengesellschaft und ist Ausdruck seiner verantwortlichen - arbeitgebergleichen - Rechtsstellung als Leiter der Gesellschaft (Kölner Komm. a.a.O § 88 AktG Rn. 2; Münchener Kommentar a.a.O. § 88 AktG Rn. 1). Beides zusammengenommen führt zur Verneinung der Sittenwidrigkeit der vorliegenden Klausel (für Zulässigkeit auch Münchener Kommentar a.a.O. § 88 AktG Rn. 5). Die Sicherung der vollen Arbeitskraft würde im Übrigen auch das von der oben zitierten Entscheidung des OLG Frankfurt verlangte berechtigte Interesse der Gesellschaft erfüllen. Durch den Einwilligungsvorbehalt wird dem berechtigten Schutz der Gesellschaft vor einer Beeinträchtigung der Arbeitskraft des Vorstandsmitglieds genüge getan.

bb)

Die das Nebentätigkeitsverbot bzw. den Einwilligungsvorbehalt enthaltende Vertragsklausel gilt auch für den Zeitraum ab Liquidation der Beklagten. Grundsätzlich wird der Anstellungsvertrag eines Vorstandsmitglieds nicht von der Liquidation der Gesellschaft berührt, sofern -wie hier - das Vorstandsmitglied "geborener" Abwickler nach § 265 Abs. 1 AktG wird (Schmidt/Lutter-Riesenhuber, AktG (2008), § 264 AktG Rn. 7; Münchener Kommentar a.a.O § 265 AktG Rn. 7; Hüffer a.a.O § 265 AktG Rn. 3). Dies ist regelmäßig auch sachgerecht, da das Amt des Abwicklers vorstandsgleich ausgestaltet ist (§§ 265 II, 268 I, II AktG; Schmidt/Lutter-Riesenhuber a.a.O § 264 AktG Rn. 7). Da mithin auch das Vorstandsmitglied in der Funktion als Abwickler weiterhin die Loyalitätspflicht und Leitung der Gesellschaft trifft und ihm dafür grundsätzlich der im Anstellungsvertrag vereinbarte Vergütungsanspruch zusteht (vgl. Münchener Kommentar a.a.O § 265 AktG Rn.7), ist es gerechtfertigt, insoweit auch das vertraglich vereinbarte Tätigkeitsverbot fortgelten zu lassen (Bürgers/Körber-Füller, AktG (2007), § 269 AktG Rn. 10). Soweit die wohl herrschende Meinung die Ansicht vertritt, dass im Zweifel Wettbewerbsklauseln für den Abwickler nicht fortgelten (Kölner KommKraft a.a.O § 268 AktG Rn. 25; Münchener Kommentar a. a .O § 268 AktG Rn. 31), bestehen in Fällen wie dem vorliegenden, in dem der Anstellungsvertrag des Vorstandsmitglieds - insbesondere auch hinsichtlich der Vergütungshöhe - unverändert fortgesetzt wird, im Rahmen der Vertragsauslegung aus den genannten Gründen an der Fortgeltung des Einwilligungsvorbehalts für Nebentätigkeiten keine Zweifel, so dass die Zweifelsregelung nicht eingreift.

cc)

Das Tätigkeitsverbot bzw. der Einwilligungsvorbehalt des § 3 Abs. 1 des Anstellungsvertrages ist mit Abberufung des Klägers am 22. Februar 2002 und seiner dadurch bedingten faktischen Freistellung entfallen. Denn mit der Abberufung und Freistellung endete seine Pflicht, seine gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen, so dass eine Rechtfertigung für das Tätigkeitsverbot ab diesem Zeitpunkt nicht mehr bestand (Großkomm. zum AktG a.a.O, § 88 AktG Rn. 111). Der Dienstverpflichtete kann in einem solchen Fall gemäß § 157 BGB davon ausgehen, nunmehr in der Verwertung seiner Arbeitsleistung frei zu sein. Dies entspricht auch der beiderseitigen Interessenlage, insbesondere auch derjenigen des Dienstberechtigten, der zum Ausdruck bringt, dass ihn Wettbewerbshandlungen des Dienstverpflichteten wegen der Möglichkeit der Verdienstanrechnung nicht stören (BAG v. 5.9.2006, NZA 2007, 36 ff.).

dd)

Das durch die Freistellung entfallene Nebentätigkeitsverbot des § 3 Abs. 1 des Anstellungsvertrages hätte die vom Kläger ab März 2002 ausgeübten Tätigkeiten erfasst. Damit wird die Freistellung rechtlich kausal für den anderweitigen Einsatz der Arbeitskraft des Klägers (so auch OLG Oldenburg v. 17.2.2000, NZG 2000, 1038).

Mit "Nebentätigkeit" ist damit nicht lediglich eine geringfügige Tätigkeit gemeint, sondern -wie allgemein - jede Tätigkeit, die außerhalb des vertraglichen Dienstverhältnisses für andere ausgeübt wird. Erfasst wird demnach auch eine anderweitige Haupttätigkeit, wie sie der Kläger nach seinem eigenen Vortrag und auch angesichts der dort erzielten Vergütung ab März 2002 ausgeübt hat.

Dass diese Tätigkeiten vom Aufsichtsratsvorsitzenden genehmigt worden wären, kann nicht angenommen werden. Grundsätzlich steht die Zustimmung des Aufsichtsratsvorsitzenden -ebenso wie bei § 88 AktG - in seinem freien Ermessen (Belieben); ein Anspruch auf Zustimmung besteht grundsätzlich nicht (Spindler/Stilz-Fleischer, AktG (2007), § 88 AktG Rn. 29; Großkomm. zum AktG a.a.O. § 88 AktG Rn. 61). Da es in der vorliegenden Konstellation gar nicht zur Befassung des Aufsichtsrates mit dieser Frage kommen kann, ist allerdings zu prüfen, ob eine Sachlage gegeben ist, bei der mit Sicherheit eine Zustimmung erteilt worden wäre. Ein solcher Fall wäre beispielsweise anzunehmen, wenn der Kläger als neue Tätigkeit lediglich für eine Stunde in den Abendstunden gearbeitet hätte, so dass eine Beeinträchtigung seiner Abwicklertätigkeit gänzlich ausgeschlossen gewesen wäre. Wenn er aber - wie vorliegend - eine anderweitige Haupttätigkeit aufnimmt, die dann auch noch in einem anderen Bundesland (N...) auszuüben ist, ist eine Gefährdung bzw. Beeinträchtigung seiner voll geschuldeten Arbeitskraft als Abwickler nicht ausgeschlossen und dürfte der Aufsichtsrat einer solchen Nebentätigkeit nicht zustimmen, ohne selbst gegen §§ 116, 93 Abs. 1 AktG zu verstoßen. Dabei kommt es nicht auf den tatsächlichen Umfang der Tätigkeit als Abwickler an, der zwischen den Parteien streitig ist. Allein entscheidend wäre hier, dass der Kläger als Abwickler - ebenso wie zuvor als Vorstandsmitglied - den vollen Einsatz seiner Arbeitskraft schuldete und die Aufnahme einer weiteren Haupttätigkeit die Erfüllung dieser Verpflichtung gefährden würde. Denn auch wenn der Arbeitseinsatz tatsächlich gering sein sollte, wäre nicht auszuschließen, dass in bestimmten Phasen der Abwicklung - sei es auch nur tage- oder wochenweise - ein erhöhter Arbeitseinsatz erforderlich wäre, den der Kläger dann zwar vertraglich schulden würde, dessen Erbringung dann jedoch wegen seiner anderweitigen Haupttätigkeit konkret gefährdet wäre.

Dass der Kläger sowohl als Vorstandsmitglied als auch nach dem Liquidationsbeschluss als Abwickler nach dem Anstellungsvertrag vertraglich vom Umfang her eine Haupttätigkeit schuldete, hat das Landgericht zutreffend angenommen. Dafür sprechen insbesondere die Höhe der Vergütung, der Einwilligungsvorbehalt hinsichtlich Nebentätigkeiten und der Urlaubsanspruch, welcher sich nach seinem eindeutigen Wortlaut entgegen der Ansicht des Klägers nicht nach der Anzahl der geleisteten Wochenstunden reduzieren würde.

Dass dem Kläger nach § 3 Abs. 3 des Anstellungsvertrages daneben die Tätigkeit als Geschäftsführer der St... E... GmbH erlaubt wurde, spricht weder gegen die Annahme einer der Beklagten geschuldeten Haupttätigkeit noch für eine Zustimmung hinsichtlich der vom Kläger ab März 2002 ausgeübten Tätigkeiten. Vielmehr war diese vertragliche Bestimmung der besonderen Interessenlage geschuldet, wonach die St... E... GmbH an dem Projekt der Beklagten interessiert und maßgeblich beteiligt war und durch den Einsatz des Klägers ihre Interessen wahren wollte. Die vertragliche Gestaltung war vor diesem Hintergrund so gewählt, dass der Kläger beide (Haupt-) Tätigkeiten ausüben durfte, wobei die Tätigkeit für die GmbH Vorrang haben sollte. Man rechnete also durchaus mit einer Überschneidung der Tätigkeiten hinsichtlich des Arbeitseinsatzes und regelte deshalb die daraus resultierenden Folgen.

Mit Beendigung der Tätigkeit als Geschäftsführer für diese GmbH Ende September 2001 lief diese Sonderregelung in § 3 Abs. 3 des Vertrages aus. Da es sich eindeutig um eine Sonderregelung handelt, ist sie nicht auf anderweitige Tätigkeiten des Klägers für andere Gesellschaften übertragbar; hierfür verbleibt es bei dem Einwilligungsvorbehalt des § 3 Abs. 1 des Vertrages.

b)

Ist schon deshalb die Anrechnung geboten, führt aber auch die eingangs als erforderlich beschriebene Gesamtabwägung der weiteren Umstände zum Anrechnungsgebot.

aa)

Erstes Indiz für die Kausalität ist bereits der Umstand, dass die neue Tätigkeit des Klägers nicht etwa eine geringfügige Nebenbeschäftigung, sondern - wie dargelegt - eine Vollbeschäftigung (zur Deckung seines Lebensunterhaltes) darstellte. Nimmt ein Dienstverpflichteter während des Annahmeverzuges eine solche Vollbeschäftigung auf, spricht bereits dies dafür, dass dies nur möglich wurde durch das Freiwerden seiner Arbeitskraft (so offenbar auch BGH v. 9.10.2000, NJW 2001, 287). Denn typischerweise kann eine Vollbeschäftigung nur zu Lasten der anderen vertraglichen Hauptbeschäftigung durchgeführt werden. Dies belegen auch die Entscheidungen, die sich mit der Kausalitätsfrage bei § 615 BGB auseinandergesetzt haben: Dort ging es jeweils nur um die Frage, ob der Verdienst aus der im Annahmeverzug aufgenommenen geringfügigen Nebenbeschäftigung kausal mit dem Freiwerden der Arbeitskraft zusammenhing oder nicht (so beispielsweise BAG v. 6.9.1990, NZA 1991, 221; LAG Köln v. 10.12.2007, Az. 14 Ss 1148/07, zitiert nach juris; Hessisches LAG v. 13.1.2006, Az. 3 Sa 1019/05, zitiert nach juris; LAG Bremen v. 17.9.2001, NZA-RR 2002,186).

Gegen dieses Indiz spricht nicht der Umstand, dass der Kläger auch schon früher (bis September 2001) einer anderweitigen Hauptbeschäftigung nachging. Denn dass der Kläger zugleich Geschäftsführer der St... E... GmbH sein durfte, war - wie oben bereits dargelegt -eine Ausnahme und der besonderen Konstellation geschuldet. Die Regelung in § 3 Abs. 3 des Vertrages zeigt im Übrigen - wie gleichfalls bereits dargelegt - , dass die Parteien eine Beeinträchtigung der Arbeit des Klägers für die Beklagte für möglich hielten.

bb)

Weiteres Indiz ist die geographische Lage der neuen Arbeitgeber: I... und S... sind Städte in N..., bei H.... Wird eine neue Arbeitsstätte fernab vom Sitz des früheren Dienstberechtigten (hier: E...) gewählt, spricht auch dies typischerweise dafür, dass beide Tätigkeiten nicht parallel zueinander ausgeübt worden wären, sondern dass die neue Tätigkeit an die Stelle der alten treten sollte.

cc)

Auch das Zeitmoment wurde von der Beklagten zu Recht als Indiz herangezogen: obwohl der Kläger bereits seit Oktober 2001 "nur noch" für die Beklagte arbeitete und nicht mehr für die St... E... GmbH, nahm er die neue Tätigkeit erst auf, kurz nachdem er als Abwickler abberufen wurde (22.2.02). Dass er die neue Tätigkeit nicht bereits nach Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit im Herbst 2001, also nicht parallel zur Tätigkeit für die Beklagte aufgenommen hat, spricht (wie auch im Fall von BAG NZA 1991, 223) gleichfalls für den Willen, die neue Tätigkeit als Ersatz für die bisherige Tätigkeit bei der Beklagten zu begreifen.

Soweit der Kläger hierzu in der letzten mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dies sei ein zeitlicher Zufall gewesen, er habe mit der Suche nach einer neuen Stelle bereits Monate zuvor begonnen, vermag dies nicht zu überzeugen. Denn Anlass, nach einer neuen Stelle zu suchen, hatte der Kläger spätestens nach Ausspruch der Kündigung im November 2001, da dort ersichtlich wurde, dass der neue Aufsichtsrat sich von ihm würde trennen wollen. Dass er aber ab diesem Moment eine Stelle zum sofortigen Antritt, also unabhängig von einer Freistellung bei der Beklagten, suchte, hat er nicht vorgetragen.

dd)

Die für die Kausalität sprechenden Indizien zu widerlegen, ist dem Kläger nicht gelungen. Die Behauptung, die Arbeitsbelastung durch die Tätigkeit als Liquidator sei geringfügig gewesen, seine Aufgaben habe er grundsätzlich telefonisch von zu Hause aus erledigen können, genügt hierfür nicht. Vielmehr hätte der Kläger konkret darlegen müssen, wie hoch seine Arbeitsbelastung durch die Tätigkeit als Liquidator und diejenige durch die neuen Tätigkeiten in N... war und wie beide Tätigkeiten miteinander hätten verbunden werden können. Zum Arbeitsaufwand und den Arbeitszeiten seiner neuen Tätigkeit hat der Kläger nichts vorgetragen. Sein Vorbringen zum Umfang seiner Tätigkeit für die Beklagte - ausschließlich telefonisch oder schriftlich - erscheint wenig plausibel: auch im Rahmen einer Liquidation dürfte es zur Aufgabenwahrnehmung eines Abwicklers gehören, persönliche Besprechungen mit Mitgliedern des Aufsichtsrates durchzuführen oder auf Hauptversammlungen persönlich anwesend zu sein. Dass es im Rahmen der Liquidation nicht nur telefonische Kontakte, sondern auch persönliche Arbeitstreffen gab, ergibt sich im Übrigen auch aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen zur Abrechnung von Spesen und anderen Kosten: so hat der Kläger noch bis Ende 2001 Ausgaben für das Betanken seines Dienstfahrzeugs in Rechnung gestellt, zuletzt am 10.12.2001 in Höhe von 538,44 DM (für "Tanken, Porto etc."). Ferner haben ausweislich der beiden Rechnungen des Herrn Fri... für angeblich erbrachte Beratungsleistungen im Januar 2001 Treffen stattgefunden, an denen neben dem Kläger auch der Aufsichtsratsvorsitzende sowie der Bürgermeister Herr Sch... (der auch Mitglied des Aufsichtsrates der Beklagten war) teilgenommen haben.

Schließlich ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger selbst der rein telefonische Kontakt neben seiner neuen Haupttätigkeit möglich gewesen wäre, ohne in zeitliche Kollision mit dieser Tätigkeit zu geraten. Denn ein telefonischer geschäftlicher Kontakt erfolgt üblicherweise zu den normalen Geschäftszeiten - also zu einer Zeit, in der er seine Arbeitskraft seinem neuen Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen hatte - und nicht zu Zeiten - früh morgens oder spät abends - über die er frei hätte verfügen dürfen.

3. Der durch den anderweitigen Einsatz der Arbeitskraft erzielte Verdienst ist - wie es auch das Landgericht getan hat - im Rahmen einer Gesamtberechnung der Vergütung für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste insgesamt und nicht etwa in Zeitabschnitten gegenüberzustellen. Der Senat schließt sich insoweit der vom Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung an (BAG v. 24.8.1999, NZA 2000, 818, 820 sowie v. 22.11.2005, NZA 2006, 736 ). Nur durch diese Gesamtberechnung wird dem Sinn und Zweck des Anrechnungsgebots genügt, wonach der Dienstverpflichtete durch den Annahmeverzug nicht mehr und nicht weniger als die vereinbarte Vergütung erhalten und keinen Gewinn erzielen solle. Erst durch die Freistellung erhält der Dienstverpflichtete die Chance auf eine anderweitige höhere Vergütung. Auch wären bei einer zeitabschnittsweisen Betrachtung den Manipulationsmöglichkeiten Tür und Tor geöffnet (BAG v. 22.11.2005 a.a.O.). Der vom Kläger zitierten abweichenden Entscheidung des LAG Düsseldorf v.1.9.2005 (DB 2005, 2825) ist deshalb nicht zu folgen.

Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist demnach der ab März 2002 erzielte anderweitige Verdienst dem seit Februar 2002 bei der Beklagten erzielten Verdienst bis zum Ende des Annahmeverzugs Ende Januar 2005 gegenüberzustellen; ein isoliertes Zusprechen des Verdienstes für Februar 2002 scheidet insoweit aus. Nach dieser Berechnung verbleibt dem Kläger kein Anspruch mehr: den eingeklagten 161.056,94 Euro stehen 177.083,33 Euro an "Zwischenverdienst" gegenüber. Hierbei handelt es sich um eine automatisch eintretende Kürzung und nicht um eine Aufrechnung (BAG v. 29.7.1993, NZA 1994,116).

II.

Da dem Kläger bereits kein Vergütungsanspruch mehr zusteht, kam es auf die von der Beklagten hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Ansprüche nicht mehr an.

III.

Auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 11. Juni 2008 kam es nach alle-dem nicht an; Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bestand nicht.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, § 543 ZPO. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert war auf 161.056 € festzusetzen. Da über die hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Ansprüche keine Entscheidung getroffen wurde, erhöhen sie den Streitwert nicht, § 45 Abs. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück