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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 24.02.2004
Aktenzeichen: 6 U 118/03
Rechtsgebiete: ZPO, UWG, StBerG


Vorschriften:

ZPO § 172 n. F.
ZPO § 283
ZPO § 517
ZPO § 520
ZPO § 929 Abs. 2
ZPO § 935
ZPO § 940
UWG § 3
UWG § 13 Abs. 2 Nr. 2
UWG § 25
StBerG § 6 Nr. 3
StBerG § 6 Nr. 4
StBerG § 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 118/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht da

Anlage zum Protokoll vom 24.02.2004

Verkündet am 24.02.2004

In dem Verfahren der einstweiligen Verfügung

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. Februar 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das am 5.6.2003 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Cottbus - 11 O 129/02 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt.

Der Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, aufgegeben, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken, Buchführung anzubieten und zu erbringen, sowie damit zu werben, und ihr Gewerbe unter "Buchführungsbüro" zu führen.

Von den Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der durch den Erlaß dieses Urteils verursachten Kosten haben die Verfügungsklägerin 2/3, die Verfügungsbeklagte 1/3 zu tragen. Die durch den Erlaß dieses Urteils verursachten Kosten trägt die Verfügungsbeklagte allein.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Tatbestand:

Die Verfügungsklägerin, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, ist die Berufskammer aller Steuerberater und Steuerbevollmächtigten im Bezirk der Oberfinanzdirektion ....

Die Verfügungsbeklagte ist keine Angehörige der steuerberatenden Berufe und nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt.

Die Verfügungsklägerin erfuhr, daß die Verfügungsbeklagte in den Gelben Seiten 2001/2002 für den Bereich Cottbus unter der Rubrik "Buchführung" eingetragen ist. Später stellte sie fest, daß die Verfügungsbeklagte auch in den Gelben Seiten 2002/2003 unter der gleichen Rubrik aufgeführt war. Die Gelben Seiten erscheinen regelmäßig im Oktober eines jeden Jahres.

Auf eine daraufhin veranlaßte Anfrage vom 30.9.2002 stellte die Verfügungsklägerin fest, daß die Verfügungsbeklagte im Gewerberegister ihr Gewerbe mit "Buchführungsbüro" hat eintragen lassen.

Die Verfügungsklägerin mahnte die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 23.10.2002 wegen der Eintragung in den Gelben Seiten 2001/2002 und der Eintragung in das Gewerberegister ab und forderte sie auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Die Verfügungsbeklagte ließ durch ihre nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben vom 20.11.2002 erklären, daß sie keine Unterlassungserklärung abgeben werde. In diesem Schreiben heißt es: "Für den Fall von Weiterungen bitten wir den Unterzeichner als zustellungsbevollmächtigt anzusehen. Äußerster anwaltlicher Vorsicht wegen haben wir eine Schutzschrift beim Landgericht Cottbus hinterlegt." Die Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten hinterlegten beim Landgericht Cottbus eine Schutzschrift vom 2.12.2002, die beim Landgericht am 3.12.2002 einging.

Auf entsprechenden Antrag der Verfügungsklägerin hat das Landgericht Cottbus am 5.12.2002 eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der der Verfügungsbeklagten untersagt worden ist, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Hilfeleistungen in Steuersachen anzubieten und zu erbringen, die nur den Angehörigen der steuerberatenden Berufe vorbehalten sind, solange ihr die dazu notwendigen berufsrechtlichen Voraussetzungen fehlen, sowie damit zu werben, insbesondere das Gewerbe unter "Buchführungsbüro" zu führen.

Im Beschluß sind die Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten nicht aufgeführt. Die Verfügungsklägerin hat die einstweilige Verfügung der Verfügungsbeklagten persönlich am 13.12.2002 zustellen lassen. Mit Beschluß vom 20.12.2002 hat das Landgericht Cottbus die einstweilige Verfügung berichtigt und die Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten in das Rubrum aufgenommen. Die Verfügungsklägerin ließ die berichtigte einstweilige Verfügung an die Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten am 15.1.2003 zustellen.

Die Verfügungsklägerin hat gemeint, die Werbungen der Verfügungsbeklagten mit "Buchführungsbüro" sowie unter Buchführung sei wettbewerbswidrig.

Sie hat bestritten, daß die Verfügungsbeklagte die Qualifikation zum Buchen laufender Geschäftsvorfälle habe.

Die Verfügungsklägerin hat beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 5.12.2002 aufrechtzuerhalten.

Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den auf ihren Erlaß gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte hat behauptet, sie habe die Einträge in die Gelben Seiten nicht veranlaßt.

Sie hat gemeint, die Verfügungsklägerin sei nicht aktivlegitimiert. Die Eintragung beim Gewerberegister sei keine Werbemaßnahme.

Auch fehle es an der Dringlichkeit. Hierzu hat sie behauptet, die Verfügungsklägerin habe mit ihrem Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung über ein Jahr zugewartet, weil die Gelben Seiten 2001/2002 für den Bereich Cottbus bereits im Oktober 2001 erschienen seien. Wenn die Verfügungsklägerin erst im Herbst 2002 von den Gelben Seiten 2001/2002 Kenntnis erhalten habe sollte, fehle es gleichwohl an der Dringlichkeit, weil die Verfügungsklägerin eine Marktbeobachtungspflicht treffe, die sie nicht ausreichend erfüllt habe. Auch habe die Verfügungsklägerin den Antrag zu weit gefaßt.

Die Verfügungsbeklagte hat außerdem gemeint, die einstweilige Verfügung sei aufzuheben, da die Vollziehungsfrist versäumt sei.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Cottbus am 15.5.2003 hat die Verfügungsbeklagte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht die Erklärung abgegeben, daß sie sich verpflichte, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken mit "Buchführung" und/oder "Buchführungsbüro" zu werben und/oder werben zu lassen, wenn nicht im gleichen Zusammenhang mit diesen Begriffen angegeben wird, das "Buchen laufender Geschäftsvorfälle", die "laufende Lohnabrechnung" und "das Fertigen der Lohnsteuer-Anmeldungen". Diese Erklärung hat die Verfügungserklärung nicht angenommen.

Das Landgericht hat mit am 5.6.2003 verkündetem Urteil die einstweilige Verfügung vom 5.12.2002 aufgehoben und den auf ihren Erlaß gerichteten Antrag zurückgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, zwar sei die einstweilige Verfügung der Verfügungsbeklagten innerhalb der Vollziehungsfrist zugestellt worden. Die Verfügungsklägerin sei auch aktiv legitimiert. Es fehle jedoch an der Dringlichkeit. Die Verfügungsklägerin lasse den Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der Eintragung der Verfügungsbeklagten in den Gelben Seiten unerwähnt. Ihr Vortrag lasse jedoch den Schluß darauf zu, daß sie Kenntnis bereits im Herbst 2001 erlangt habe. Die entsprechende Behauptung der Verfügungsbeklagten habe die Verfügungsklägerin nicht ausreichend bestritten.

Gegen dieses Urteil, ihr zugestellt am 30.6.2003, richtet sich die am 28.7.2003 bei Gericht eingegangene und mit am 29.8.2003 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründete Berufung der Verfügungsklägerin.

Die Verfügungsklägerin hält das landgerichtliche Urteil für unrichtig. Sie behauptet, sie habe Kenntnis von dem Eintrag der Verfügungsbeklagten in die Gelben Seiten 2001/2002 erst im Oktober 2002 erlangt.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Cottbus vom 5.6.2002 - 11 O 129/02 - dem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung stattzugeben.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat sie den Antrag nicht gestellt, soweit er lediglich den Gesetzestext wiederholt und erklärt, insoweit werde die Klage zurückgenommen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte meint, die Vollziehungsfrist sei nicht eingehalten. Durch ihre im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht abgegebene Unterlassungserklärung sei die Wiederholungsgefahr entfallen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 517, 520 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Verfügungsklägerin hat Erfolg.

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist begründet. Der Senat hatte, weil das Landgericht die einstweilige Verfügung vom 5.12.2002 wieder aufgehoben hatte, nicht ihre Aufrechterhaltung auszusprechen, sondern die einstweilige Verfügung neu zu erlassen.

Die einstweilige Verfügung war zu erlassen, weil auf Seiten der Verfügungsklägerin ein Verfügungsgrund und ein Verfügungsanspruch besteht, §§ 935, 940 ZPO.

1.) Der Verfügungsgrund ist gegeben. Es besteht Dringlichkeit.

a.) Die Dringlichkeit ist nicht deshalb entfallen, weil die Verfügungsklägerin die einstweilige Verfügung vom 5.12.2002 nicht innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2 ZP0 vollzogen hätte. Insoweit zutreffend hat schon das Landgericht angenommen, daß die Verfügungsklägerin die Vollziehungsfrist von einem Monat gewahrt hat, indem sie die erwirkte einstweilige Verfügung an die Verfügungsbeklagte persönlich, nicht aber an ihre Verfahrensbevollmächtigten zustellte. Auf die insoweit zutreffenden Gründe des landgerichtlichen Urteils wird Bezug genommen.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, daß sich die Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten gegenüber der Verfügungsklägerin als zustellungsbevollmächtigt bezeichnet haben. Dies macht sie noch nicht zu Prozeßbevollmächtigten i. S. d. § 172 ZPO n. F., denen zwingend die einstweilige Verfügung hätte zugestellt werden müssen (so auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl. 2004, § 172 Rn 5). Daß es die angekündigte Schutzschrift tatsächlich gibt, wußte die Verfügungsklägerin im Zeitpunkt der Vollziehung nicht, weil die Verfahrensbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten in der Beschlußverfügung vom 5.12.2002 nicht aufgeführt waren. Deshalb ist die von der Verfügungsklägerin an die Verfügungsbeklagte selbst veranlaßte Zustellung ordnungsgemäß.

b.) Im übrigen wird die Dringlichkeit vermutet, § 25 UWG. Diese Vorschrift, die die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen erleichtern soll, befreit die Verfügungsklägerin von der Darlegung und der Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes.

Dringlichkeit besteht mithin, soweit die Verfügungsklägerin den Inhalt der Eintragung der Verfügungsbeklagten in das Gewerberegister beanstandet. Dasselbe gilt im Hinblick auf die Eintragung der Verfügungsbeklagten in die Gelben Seiten 2002/2003. Die Verfügungsklägerin hat unstreitig den Erlaß einer einstweiligen Verfügung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Erlangung der Kenntnis von diesen Eintragungen beim Landegericht beantragt.

Auf die Feststellung des Zeitpunkts der Erlangung der Kenntnis von der Eintragung der Verfügungsbeklagten in die Gelben Seiten 2001/2002 kommt es deshalb nicht an. Nur vorsorglich weist der Senat darauf hin, daß die vom Landgericht insoweit zur Dringlichkeit vertretene Auffassung nicht zutreffend ist. Zwar kann die Vermutung der Dringlichkeit widerlegt werden. Davon ist hier jedoch nicht auszugehen.

Die Vermutung der Dringlichkeit kann zwar nicht nur aufgrund des Vorbringens des Antragsgegners entfallen, sondern auch durch Umstände, die sich aus dem Verhalten des Antragstellers oder seinem eigenen Vorbringen ergeben. Daß die Verfügungsklägerin hier jedoch Umstände vorgetragen hat, die ihr Rechtsschutzbegehren als nicht dringlich erscheinen lassen, kann nicht angenommen werden.

Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, hat die Verfügungsklägerin erstinstanzlich nicht explizit vorgetragen, wann sie von der Eintragung der Verfügungsbeklagten in den Gelben Seiten 2001/2002 erfahren hat. Der Antragsschrift ließ sich jedoch entnehmen, daß die Kenntniserlangung im zeitlichen Zusammenhang mit der Gewerberegisteranfrage und dem Neuerscheinen der Gelben Seiten 2002/2003 erfolgt sein muß. So hat auch das Landgericht die Antragsschrift verstanden, anderenfalls hätte es die einstweilige Verfügung zunächst nicht erlassen.

Die ins Blaue aufgestellte, den erkennbaren Sinn des Vortrags der Verfügungsklägerin bewußt mißverstehende Behauptung der Verfügungsbeklagten, die Verfügungsklägerin habe bereits bei Erscheinen der Gelben Seiten 2001/2002 im Oktober 2001 von der beanstandeten Eintragung der Verfügungsbeklagten Kenntnis erlangt, kann die Vermutung der Dringlichkeit nicht widerlegen. Es fehlt insoweit schon an substantiierten Darlegungen. Im übrigen hätte die Verfügungsbeklagte die Kenntnis der Verfügungsklägerin glaubhaft zu machen. Daran fehlt es.

Die Verfügungsklägerin ist auch nicht so zu behandeln, als ob sie schon im Oktober 2001 von der Eintragung der Verfügungsbeklagten in den Gelben Seiten 2001/2002 und schon im Jahre 1998 von dem Inhalt ihrer Eintragung in das Gewerberegister gewußt hätte. Die Dringlichkeitsvermutung gilt auch dann, wenn der Antragsteller monate- oder jahrelang untätig geblieben ist, jedoch den Verstoß bei gehöriger Marktbeobachtung hätte erkennen können. Eine Marktbeobachtungspflicht besteht grundsätzlich nicht. Von diesem Grundsatz mag es im Einzelfall unter Verwirkungsgesichtspunkten Ausnahmen geben. Jedoch ist ein solcher Ausnahmefall hier nicht ersichtlich. Es ist nicht erkennbar, daß die Verfügungsklägerin personell und materiell in der Lage wäre, alle im Land Brandenburg erscheinenden Gelben Seiten beim Erscheinen auf mögliche Wettbewerbsverstöße durchzusehen und hinsichtlich aller neuen Anbieter von Hilfeleistungen in Steuersachen kostenpflichtige Gewerbeamtsanfragen auszubringen.

2.) Es besteht auch ein auf Unterlassung der im Tenor genannten Handlungen gerichteter Verfügungsanspruch. Er ergibt sich aus § 3 UWG.

a.) Die Verfügungsklägerin ist gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG klagebefugt. Sie ist ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen i. S. d. genannten Vorschrift, da sie ungeachtet ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgabenstellung auch die beruflichen Belange ihrer Mitglieder zu wahren und zu fördern hat (BGH DStR 2001, 1669; BGH GRUR 1987, 444).

b.) Die Verfügungsbeklagte hat mit der Eintragung ins Gewerberegister und in die Gelben Seiten über den Inhalt ihres Leistungsangebotes getäuscht.

aa.) Dabei hat sie zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Eintragung in die Gelben Seiten, die unzweifelhaft wettbewerbsbezogenen Charakter hat, sondern auch in Bezug auf die Eintragung im Gewerberegister.

Ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs liegt in jedem Verhalten, das äußerlich geeignet ist, den Absatz zu fördern. Dabei genügt es, daß die Handlung die Stellung eines Gewerbetreibenden im Wettbewerb irgendwie fördert. Dieser weite Begriff des Handelns zu Zwecken des Wettbewerbs erfaßt auch die Eintragung ins Gewerberegister. Dabei handelt es sich um ein Register, das jedermann einsehen kann, um sich über die gewerbliche Tätigkeit der Verfügungsbeklagten zu informieren. Die Veranlassung der Eintragung hat damit einen Bezug zum Wettbewerb.

bb.) Das Anbieten ihrer Leistungen unter dem Begriff "Buchführung" ist irreführend. Die Werbung mit diesem Begriff ist geeignet, die angesprochenen Gewerbetreibenden über den Umfang der Tätigkeiten, die sie in zulässiger Weise erbringen darf, zu täuschen. Sie hat damit im geschäftlichen Verkehr uneingeschränkt die Übernahme mit Buchhaltungsaufgaben angeboten, obwohl sie hierzu unstreitig nicht berechtigt ist.

Selbst wenn man unterstellt, daß die Verfügungsbeklagte die Qualifikation zur Vornahme der in § 6 Nr. 4 StBerG genannten Tätigkeiten besitzt, führt dies lediglich dazu, daß sie nicht in vollem Umfang dem Werbeverbot des § 8 StBerG unterliegt, sondern nur hinsichtlich der sog. Überschußwerbung, d. h. insoweit, als sie für Tätigkeiten wirbt, zu denen ein Kontierer nicht befugt ist. Die von der Verfügungsklägerin beanstandete Werbung des Verfügungsbeklagten stellt in jedem Falle eine solche unzulässige Überschußwerbung dar.

Die Verfügungsbeklagte hat mit den beanstandeten Handlungen im geschäftlichen Verkehr uneingeschränkt die Übernahme der Buchführung und damit Buchhaltung angeboten. Dies kann der Senat aus eigener Sachkunde beurteilen. Die angesprochenen Verkehrskreise werden nach dem Sprachsinn das Angebot im Sinne einer umfassenden Übernahme solcher Tätigkeiten verstehen, nicht nur als Angebot, das Buchen der laufenden Geschäftsvorfälle, die laufenden Lohnabrechnungen und das Fertigen der Lohnsteuer-Anmeldungen zu erledigen (BGH DStR 2001, 1669, 1670).

Die Übernahme der Buchhaltung ist der Verfügungsbeklagten nicht gestattet. Die Verfügungsbeklagte hat selbst nicht behauptet, Steuerberaterin zu sein. Daß sie dies nicht ist, ist unstreitig.

Sie hat sogar nicht einmal behauptet, zur Durchführung der Tätigkeiten nach § 6 Nr. 3 und 4 StBerG befugt zu sein. Sie unterfällt deshalb in uneingeschränktem Umfang dem Werbeverbot des § 8 StBerG.

Dem kann die Verfügungsbeklagte nicht entgegenhalten, die Verfügungsklägerin habe nicht rechtzeitig gerügt, sie, die Verfügungsbeklagte, sei nicht einmal Kontiererin. Die Verfügungungsklägerin hat dies mit ihrem Schriftsatz vom 12.5.2003 erstinstanzlich bereits beanstandet. Der entsprechende Schriftsatz ist im Original im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.5.2003 übergeben worden. Das Landgericht hat der Verfügungsbeklagten gemäß § 283 ZPO hierzu keine Schriftsatzfrist eingeräumt, weil es hierauf seiner Auffassung nicht ankam. Die Verfügungsklägerin hat jedoch die mangelnde Qualifikation der Verfügungsbeklagten in der Berufungsbegründung vom 28.8.2003 erneut beanstandet. Hierzu hätte sich die Verfügungsbeklagte bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht am 3.2.2004 äußern und insbesondere der ihr insoweit obliegenden Darlegungslast genügen können.

cc.) Die Verfügungsbeklagte kann sich auch nicht darauf berufen, daß sie von ihrer Eintragung in den Gelben Seiten nichts gewußt haben will. Zwar muß der Handelnde grundsätzlich alle Tatumstände gekannt haben, die bei objektiver Würdigung die Sittenwidrigkeit seiner Wettbewerbshandlung begründen. Wer sich jedoch der Kenntnis einer erheblichen Tatsache bewußt verschließt oder entzieht, steht dem Kennenden gleich. Die Verfügungsbeklagte hat selbst vorgetragen, daß der ... Verlag, der die Gelben Seiten herausgebe, die Daten aus den Telefonbüchern abschreibe und die Überschriften ohne Wissen und Genehmigung der betroffenen Personen vornehme; dies sei allgemein bekannt. Dies war demnach auch der Verfügungsbeklagten bekannt. Wenn sie daraufhin als Gewerbetreibende ihre Eintragung in den Gelben Seiten nicht überprüft hat, hat sie sich der Kenntnis des Wettbewerbsverstoßes bewußt entzogen.

dd.) Die Verfügungsklägerin kann nicht nur Unterlassung der Werbung, sondern auch Unterlassung hinsichtlich des Anbietens und des Erbringens von Buchführungsleistungen begehren. Hinsichtlich der Werbung besteht grundsätzlich Wiederholungsgefahr, weil die Verfügungsbeklagte bereits einen Wettbewerbsverstoß begangen hat. Hinsichtlich des Anbietens bzw. der Erbringung von den steuerberatenden Berufen oder Kontierern vorbehaltenen Leistungen ist zwar kein Fall der unbefugten Tätigkeit vorgetragen. Es besteht angesichts der Werbung aber Erstbegehungsgefahr. Wer mit Buchführung wirbt bzw. ein Buchführungsbüro betreibt, will auch Buchführung anbieten und ausführen.

Die Wiederholungsgefahr ist auch nicht durch die im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht abgegebene Unterlassungserklärung beseitigt worden ist. Die Verfügungsklägerin hat diese Unterlassungserklärung nicht angenommen. Bei dieser Sachlage kann die Wiederholungsgefahr nur dann als beseitigt angesehen werden, wenn die Unterlassungserklärung so gefaßt gewesen wäre, daß die Verfügungsklägerin sie hätte annehmen müssen. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die Unterlassungserklärung bleibt in mehrfacher Weise gegenüber dem Antrag der Verfügungsklägerin zurück. So hat sich die Verfügungsbeklagte nur zur Unterlassung der Werbung verpflichten wollen, nicht jedoch dazu, Buchführungsleistungen nicht abzubieten oder zu erbringen. Weiter hat sie die Unterlassungserklärung so gefaßt, daß sie in Zukunft noch als Kontiererin werben darf. Daß sie Kontiererin ist, konnte im vorliegenden Verfahren jedoch nicht festgestellt werden. Das Verbot der Hilfeleistung in Steuersachen steht unter Erlaubnisvorbehalt. Daß eine solche Erlaubnis gegeben ist, hat die Verfügungsbeklagte darzulegen und zu beweisen. Daran fehlt es. Im Gegenteil hat die Verfügungsbeklagte hierzu nichts vorgetragen.

Da die Verfügungsklägerin die Unterlassungserklärung mithin nicht annehmen mußte, war mit dieser Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr nicht beseitigt.

2.) Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO. Die im Termin zur mündlichen Verhandlung am 3.2.2003 erklärte Klagerücknahme hat der Senat, weil ihr die Verfügungsbeklagte nicht zugestimmt hat, als Berufungsrücknahme gewertet.

Ende der Entscheidung

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