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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 07.12.2006
Aktenzeichen: 6 U 125/05
Rechtsgebiete: PAngV, UWG, ZPO


Vorschriften:

PAngV § 1
PAngV § 6
PAngV § 6 Abs. 1
UWG § 5 I
UWG § 8 I
UWG § 8 III Nr. 1
UWG § 12 II
ZPO § 517
ZPO § 520
ZPO § 938
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 125/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 07.12.2006

Verkündet am 07.12.2006

In dem Verfahren der einstweiligen Verfügung

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 07.11.2006 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König die Richterin am Oberlandesgericht Eberhard und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 13. 10. 2005 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Cottbus (11 O 78/05) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor zu 1 der mit ihm aufrecht erhaltenen einstweiligen Verfügung des Landgerichts Cottbus vom 20. 7. 2005 wie folgt neu gefasst wird:

Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten aufgegeben, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Verbrauchern für den Verkauf von Häusern in der Weise zu werben, dass lediglich eine monatliche Rate angegeben wird, insbesondere wie nachstehend wiedergegeben:

"Massive Häuser ab 490 € mtl. inkl. Grundstück

Gesamtfläche mit Terrasse ca. 115 qm... (Grundrissskizze eines Hauses) ...

Häuser zum Wohlfühlen.

...

P... GmbH

... Weg ...

... L...

Tel. ...

Internet www.p...-....de"

Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist rechtskräftig.

Tatbestand:

Auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils wird zunächst Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem am Schluss der mündlichen Verhandlung vom 13.10.2005 verkündeten Urteil die am 20.7.2005 erlassene einstweilige Verfügung bestätigt, mit der der Verfügungsbeklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt worden ist, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Verbrauchern für den Verkauf von Häusern zu werben, bei denen lediglich eine monatliche Rate ohne Angabe des effektiven Jahreszinses oder anfänglich effektiven Jahreszinses angegeben wird.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Verfügungsbeklagte verstoße mit ihrer Werbung gegen § 6 Abs. 1, 6 PAngV. Denn die Werbung vermittele den Eindruck, ein Erwerb des dargestellten Musterhauses sei unter Einsatz der angegebenen Rate zu realisieren. Der Leser werde zum Vergleich mit den Finanzierungsmodalitäten der Angebote anderer Immobilienhändler animiert. Die Verfügungsbeklagte verschaffe sich durch den Verstoß gegen die PAngV einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil und sei deshalb der Verfügungsklägerin als ihrer Mitbewerberin gegenüber zur Unterlassung verpflichtet. Neben dem Verfügungsanspruch liege auch der erforderliche Verfügungsgrund vor. Die Vermutung des § 12 II UWG sei - selbst wenn man von einer äußerst kurz bemessenen Regelfrist für die Geltendmachung des wettbewerblichen Unterlassungsanspruchs von nur einem Monat ausgehe - nicht widerlegt. Zwar sei diese Frist bei Eingang des Antrags auf Erlass der einstweiligen Verfügung bei dem zuständigen Landgericht Cottbus geringfügig überschritten gewesen. Abzustellen sei aber auf den Zugang des Antrags beim Landgericht Berlin. Die Verfügungsklägerin habe hierdurch deutlich gemacht, dass sie die Durchsetzung ihres Unterlassungsanspruchs für dringlich halte.

Gegen dieses ihr am 26.10.2005 zugestellte Urteil hat die Verfügungsbeklagte mit dem am 25.11.2005 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit dem am 22.12.2005 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Verfügungsbeklagte meint, es fehle bereits am Verfügungsgrund. Die Verfügungsbeklagte habe, obwohl sie bereits am 23.5.2005 von dem angeblichen Wettbewerbsverstoß der Verfügungsbeklagten Kenntnis erhalten habe, erst am 11.7.2005 - und dann noch bei einem unzuständigen Gericht - den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung gestellt. Dies zeige, dass sie die Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs selbst nicht für eilig gehalten habe. Ein Unterlassungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte sei im Übrigen nicht gegeben. Die Werbung der Verfügungsbeklagten verstoße nicht gegen die Vorschriften der PAngV. In ihr fehle es an allen relevanten Eckdaten, die für eine Finanzierung erforderlich seien oder einen Vergleich mit anderen Angeboten ermöglichten. Ein Angebot der Finanzierung liege schon nicht vor, weil ein zu finanzierender Gesamtkaufpreis und damit auch die Höhe eines erforderlichen Kredits der Werbung nicht entnommen werden könne. Da sie, die Verfügungsbeklagte, keinen Kreditbetrag genannt habe, sei sie auch nicht verpflichtet gewesen, einen anfänglichen effektiven Jahreszins anzugeben.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 13.10.2005 abzuändern und unter Aufhebung der am 20.7.2005 erlassenen einstweiligen Verfügung den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die gemäß den §§ 517, 520 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Verfügungsbeklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil die einstweilige Verfügung aufrechterhalten.

1. Der Verfügungsklägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 I, III Nr. 1 UWG zu. Denn die Werbung der Verfügungsbeklagten ist irreführend im Sinne des § 5 I UWG. Sie verstößt zudem gegen den Grundgedanken der PAngV, wie er in den §§ 1 und 6 zum Ausdruck kommt. Zweck der PAnGV ist es, durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und Preisklarheit zu gewährleisten und damit dem Verbraucher die Möglichkeit zu einer objektiven Grundlage für einen Vergleich gleichartiger Angebote zu verschaffen (Hefermehl-Köhler, Rdnr. 2 vor § 1 PAngV).

Die Werbung der Verfügungsbeklagten führt den Leser dadurch in die Irre, dass sie mit der Angabe einer monatlichen "ab..."-Rate von 490 € den Eindruck erweckt, es werde ein in irgendeiner Weise konkret nachzuvollziehender Preis dargestellt, obwohl - worauf sich die Verfügungsbeklagte selbst beruft - die "Rate" weder auf einen konkreten Kaufgegenstand noch auf einen konkreten Gesamtkaufpreis oder eine konkrete Finanzierungsmöglichkeit dieses Kaufpreises bezogen wird. Der Leser wird damit dazu veranlasst, Vergleiche zuerst mit seinen Mietkosten, dann aber auch mit den Preisen anderer Anbieter und schließlich den Kosten einer etwaigen Kaufpreisfinanzierung anzustellen, obwohl die angegebene Rate von keinerlei Eckdaten flankiert wird, die einen derartigen Vergleich ermöglichen würden. Die Werbung der Verfügungsbeklagten ist auch gerade wegen ihrer Unvollständigkeit geeignet, den Leser zu veranlassen, bei der Verfügungsbeklagten die in der Werbung vorenthaltenen Informationen einzuholen und ihr damit die Möglichkeit zu verschaffen, auf seine Entschlusslage im Gespräch einzuwirken.

Die Verfügungsklägerin ist auch als Mitbewerberin auf demselben Markt, auf dem auch die Verfügungsbeklagte tätig ist, anzusehen. Soweit die Verfügungsbeklagte dies, nachdem sie in erster Instanz die Mitbewerbereigenschaft nicht angezweifelt hat, bestreitet, hat sie ihr Bestreiten nicht mit Fakten untersetzt und im übrigen auch nicht dargetan und glaubhaft gemacht, dass sie zur Geltendmachung des entsprechenden Vorbringens in erster Instanz nicht in der Lage gewesen ist. Das Vorbringen war daher nicht zuzulassen (§ 531 II ZPO).

2. Zu Recht hat das Landgericht auch das Vorliegen eines Verfügungsgrundes bejaht. Auf die Ausführungen des angefochtenen Urteils wird insoweit Bezug genommen. Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 II UWG ist entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten nicht widerlegt. Dies wäre nur dann der Fall, wenn sich aus dem Verhalten der Verfügungsklägerin ergäbe, dass sie eine Verfolgung ihres Unterlassungsanspruchs selbst nicht für dringlich erachtete. Aus der Tatsache, dass die Verfügungsklägerin innerhalb der ihr zuzubilligenden, vom Landgericht zutreffend bemessenen Überlegungsfrist zunächst ein unzuständiges Gericht angerufen hat, lässt sich eine derartige Willensrichtung der Verfügungsklägerin jedoch nicht schließen. Vielmehr bezeugt die Tatsache der Antragstellung, dass die Verfügungsklägerin den Willen hatte, auch auf dem Wege über das Gericht ihren Verfügungsanspruch baldmöglichst zu sichern.

3. Allerdings kann bei der gegebenen Sachlage, bei der in der Werbung weder Kaufgegenstand noch Kaufpreis oder Darlehenshöhe angegeben worden ist, der Verfügungsbeklagten im Rahmen der nach § 938 ZPO vom Gericht nach freiem Ermessen zu treffenden Anordnung nicht vorgeschrieben werden, in welcher Weise die Werbung der Verfügungsbeklagten zu ergänzen sein wird, um dem Verdikt der Wettbewerbswidrigkeit zu entgehen. Der Tenor war daher wie ersichtlich neu zu fassen. Die Abänderung des Tenors stellt sich nicht als teilweise Zurückweisung des Verfügungsantrags dar, weil sich der geänderte Ausspruch im Rahmen des von der Verfügungsklägerin erstrebten Rechtsschutzziels hält.

Damit wird auch nicht über einen nicht anhängig gemachten Streitgegenstand entschieden. Unzutreffend ist die Auffassung der Verfügungsbeklagten, der Streitgegenstand des Verfahrens der einstweiligen Verfügung sei durch den Antrag auf einen Unterlassungsanspruch wegen Verschaffens eines Wettbewerbsvorsprungs durch Rechtsbruch beschränkt. Bestimmt wird der Streitgegenstand des Verfahrens der einstweiligen Verfügung nämlich nicht durch die möglicherweise inkorrekte rechtliche Einordnung des vom Antragsteller reklamierten Verfügungsanspruchs, sondern durch das auf Sicherung des Anspruchs, wie er sich aus dem den Antrag begründenden Tatsachenvortrag ergibt, gerichtete Rechtsschutzziel des Antragstellers.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Eine Beteiligung der Verfügungsklägerin an den Kosten des Berufungsverfahrens kommt aus den oben unter 3. aufgeführten Gründen nicht in Betracht. Das Urteil ist rechtskräftig, § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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