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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 09.03.2004
Aktenzeichen: 6 U 150/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, HGB


Vorschriften:

BGB §§ 21 ff.
BGB § 31
BGB § 54 Satz 1
BGB § 54 Satz 2
BGB § 145
BGB § 147 Abs. 2
BGB §§ 631 ff. a.F.
BGB §§ 705 ff.
BGB § 831
ZPO § 517
ZPO § 520
HGB § 128
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 150/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 9.3.2004

verkündet am 9.3.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. Februar 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 19.9.2002 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam - 11 O 334/01 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt eine Druckerei und begehrt von der Beklagten Vergütung für von ihr erbrachte Druckerleistungen.

Vom 26. bis 30.Oktober 1999 fand in P... ein regionales Treffen der M... (im folgenden M...) statt. Die M... ist ein loser Zusammenschluß von Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft aus der ganzen Welt mit mehr als 550 Mitgliedern, der sich die Verteidigung der freien Marktwirtschaft auf die Fahnen geschrieben hat.

Für die M... traten Frau Mü... und Frau H... an die Klägerin heran und erbaten verschiedene Angebote für den Druck von Ordnern, Teilnehmerlisten, Informationsmaterial und Plakaten. Frau Mü... korrespondierte unter dem 29.9.1999 als "Chairman Organizing Commitee" mit der Klägerin wegen deren Angeboten vom 2.9.1999 in deutscher Sprache unter dem Briefkopf "M... Regional Meeting 1999, October 26-30". Auf der rechten Seite des Briefkopfs ist unter der Überschrift "Organizing Committee" neben anderen Personen unterschiedlicher Nationalität unter "members" die Beklagte genannt. Sie ist dagegen nicht auf der Liste der dort ebenfalls angegebenen Mitglieder des "Program Committee" und des "Board of Directors 1998-2000" aufgeführt. Weiter unten heißt es auf dem Briefkopf: "Please reply to: Verein Pr... , M... P... ". Die Beklagte ist Vorstandsvorsitzende des Vereins Pr... e. V.

Die Klägerin versandte ihre Angebote an die M... unter der Postanschrift des Vereins Pr... und richtete sie an Frau Mü... und Frau H... . Frau H... erteilte der Klägerin schließlich unter dem 4.10.1999 unter Bezugnahme auf mehrere Angebote vom 1.10.1999 Aufträge "im Auftrag der M... ". Das Auftragsschreiben vom 4.10.1999 ist nicht mit dem Briefkopf der M... versehen, sondern mit der Postadresse der Frau H... .

Die Klägerin erteilte unter dem 24.11.1999 über die in Auftrag gegebenen Leistungen u. a. die beiden hier streitgegenständlichen, nicht bezahlten Rechnungen über 2.947,56 DM und 15.167,00 DM. Als Rechnungsempfänger nannte sie die MM... Consulting Group in Großbritannien, z. Hd. der Frau Mü... . Vier weitere Rechnungen der Klägerin wurden bezahlt.

Im Laufe des Rechtsstreits kündigte Frau Mü... mehrere Male an, die Klageforderung zu bezahlen und überreichte hierzu verschiedene Schecks. Die Klageforderung ist jedoch letztlich unbeglichen.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe alle in Auftrag gegebenen Leistungen ausgeführt. Die M... sei keine juristische Person, die selbst in Anspruch genommen werden könne. Es gebe auch keine zulässige Firmierung, die auf eine Gesellschaftsform hinweise oder auch nur die Angabe eines möglichen Sitzes. Die Klägerin hat gemeint, es bestehe deshalb ein Anspruch gegen die Mitglieder direkt. Hierzu gehöre die Beklagte.

Die Klägerin hat der M... und Frau Mü... den Streit verkündet und beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 18.114,56 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

Die Beklagte hat behauptet, sie sei weder Mitglied der M... noch durch einen Willensakt Mitglied des Organisationskommitees gewesen.

Frau Mü... habe sie mit Schreiben vom 21.6.1999 gebeten, bei der Organisation des "Regional Meeting 1999" in P... behilflich zu sein, weil sie über entsprechende Kontakte in der Region verfüge. Demzufolge sei sie auch lediglich als Mitglied des "Organizing Committee" aufgeführt worden. Der Leiter der Geschäftsstelle des Pr... e. V., der Zeuge Pe... , habe den Kontakt zwischen der M... und der Klägerin hergestellt und dabei erklärt, daß der Verein Pr... e. V. der M... bei der Herstellung von Kontakten in P... und Umgebung behilflich sein wolle. Er habe aber klargestellt, daß weder die Beklagte noch der Verein Pr... e. V. das Treffen der M... organisieren wolle, sondern dies in der Verantwortung der Gesellschaft liege. Im übrigen habe er Frau Mü... vorgestellt und ihr die weiteren Verhandlungen mit der Klägerin überlassen.

Das Landgericht hat durch am 19.9.2002 verkündetes Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Parteien hätten miteinander keinen Vertrag abgeschlossen. Ein Vertrag sei vielmehr zwischen der Klägerin und der M... zustande gekommen. Daß die Beklagte Mitglied dieser Vereinigung gewesen sei, habe die Klägerin nicht näher präzisiert oder unter Beweis gestellt. Der Briefbogen der M... sei hierfür nicht ausreichend. Der Vertrag sei auch nicht mit dem Organisationskomitee bzw. dessen Mitgliedern geschlossen worden. Für eine Rechtsscheinvollmacht sei angesichts des Umstandes, daß der Auftrag für die M... erteilt worden sei, kein Raum.

Gegen dieses Urteil, ihr zugestellt am 27.9.2002, hat die Klägerin durch bei Gericht am 17.10.2002 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese durch am 14.11.2002 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin meint, der Auftrag sei der Klägerin nicht nur durch das Schreiben der Frau H... vom 4.10.1999, sondern auch durch dasjenige der Frau Mü... mit dem Briefkopf der M... vom 29.9.1999 erteilt worden.

Das Landgericht habe - da die M... unstreitig nicht rechtsfähig sei - nicht davon ausgehen dürfen, daß ein Vertrag mit dieser Vereinigung zustande gekommen sei. Es habe deshalb eine Eigenhaftung der Beklagten gemäß den §§ 705 ff. BGB prüfen müssen.

Das Landgericht habe auch nicht davon ausgehen dürfen, daß die Beklagte nicht Mitglied dieser Vereinigung gewesen sei. So sei die Beklagte mit ihrem Wissen auf dem Briefkopf der M... aufgeführt worden. Im übrigen hafte die Beklagte auch als Mitglied des Organisationskomitees für das regionale Treffen, das seinerseits als Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzusehen sei.

Mit Schriftsatz vom 24.4.2003 hat die Klägerin den Rechtsstreit wegen einer Scheckzahlung durch Frau Mü... in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Schriftsatz vom 8.5.2003 hat sie die Erledigungserklärung mit der Begründung widerrufen, der erhaltene Scheck sei rückbelastet worden.

Die Klägerin beantragt,

das am 19.9.2002 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 11 O 34/01 - aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.261,83 € nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das landgerichtliche Urteil für richtig. Sie wisse nicht, in welcher Rechtsform die M... organisiert sei. Sie habe weder veranlaßt noch genehmigt, daß sie auf einem Briefkopf der M... geführt werde. Das Schreiben der M... vom 21.6.1999, in dem sie als Mitglied des Organizing Committee genannt worden sei, sei ihr nicht bekannt gewesen. Der Zeuge Pe... habe es entgegengenommen und nicht an sie weiter geleitet. Sie habe sich gegenüber Frau Mü... lediglich bereit erklärt, daß an die M... gerichtete Post an die Adresse des Vereins Pr... geschickt werden und von der M... dort abgeholt werden könne. Sie habe bei der M... oder dem Organisationskomitee eine Aufnahme weder beantragt, gewünscht noch geduldet. Sie sei deshalb bei dem Regionaltreffen der M... auch lediglich als Gast geführt worden, wie sich aus der Teilnehmerliste ergebe.

Die Beklagte meint weiter, die Erledigungserklärung der Klägerin sei nicht frei widerruflich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 517, 520 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

I. Die Berufung ist zulässig.

Zulässig ist auch der von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellte Antrag auf Abänderung des landgerichtlichen Urteils und Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der ursprünglichen Klageforderung.

Zwar hat die Klägerin schriftsätzlich die Erledigung der Hauptsache erklärt. Dies ist eine zulässige Klageänderung gemäß § 263 ZPO dahin, dass beantragt wird, die Erledigung der Hauptsache festzustellen. Dieser Erklärung hat sich die Beklagte jedoch nicht angeschlossen, so daß die Rechtshängigkeit des für erledigt erklärten Anspruchs nicht beseitigt worden ist. Die Klägerin hat anschließend erneut den bereits angekündigten erstinstanzlichen Antrag gestellt. Dies ist wiederum eine Klageänderung, die auch - weil der gesamte Prozeßstoff verwertet werden kann - sachdienlich und damit zulässig ist.

Dieser Auffassung steht nicht die Entscheidung des BGH vom 1.6.1990 (NJW 1990, 2682) entgegen, wie die Beklagte meint. Der Bundesgerichtshof hat die Frage der Widerruflichkeit der Erledigungserklärung in der dort zu treffenden Entscheidungen ausdrücklich offengelassen, weil es hierauf nicht ankam.

II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 631 BGB zu.

1.) Zwar hat die Klägerin einen Werkvertrag gemäß den §§ 631 BGB ff. a.F. über die Erstellung verschiedener Druckerzeugnisse abgeschlossen. Auf diesen Vertrag ist deutsches Recht anzuwenden, unabhängig davon, wer Vertragspartner der Klägerin geworden ist. Die Klägerin mit Sitz in Deutschland hatte die vertragstypische Leistung, das Erstellen des beauftragten Werks, zu erbringen. Danach gilt für den Vertrag deutsches Recht, Art. 28 Abs. 2 EGBGB.

2.) Die Beklagte ist aus diesem Werkvertrag jedoch nicht zur Leistung verpflichtet. Die Beklagte ist weder selbst Vertragspartnerin der Klägerin geworden, noch kann sie als Mitglied der M... oder als Mitglied des das Regional Meeting in P... gestaltenden Organizing Committee der M... auf Begleichung der Klageforderung persönlich in Anspruch genommen werden. Sie ist auch nicht nach Rechtsscheinsgrundsätzen zur Begleichung der Klageforderung verpflichtet. Auch deliktische Ansprüche scheiden aus.

a.) Unstreitig haben die Parteien unmittelbar miteinander keinen Vertrag abgeschlossen. Die Beklagte hat der Klägerin keinen Auftrag zur Erstellung von Druckerzeugnissen erteilt. Vielmehr hat auf Seiten des Bestellers Frau H... die maßgebliche Willenserklärung abgegeben.

Die Klägerin hat insgesamt sechs Einzelangebote gemäß § 145 BGB unterbreitet. Diese Angebote hat sie an die Adresse "Verein Pr... - M... " versandt. In ihren Schreiben hat sie Frau Mü... und Frau H... angesprochen.

Frau Mü... hat diese Angebote nicht angenommen. Sie hat mit ihrem Schreiben vom 29.9.1999 unter Bezugnahme auf Angebote der Klägerin vom 2.9.1999 "den Auftrag spezifiziert" und um die Zusendung eines korrigierten Angebots gebeten. Wegen etwa aufkommender Fragen hat sie die Klägerin an Frau H... verwiesen. Dieses Schreiben ist inhaltlich noch keine Annahmeerklärung, sondern die Aufforderung, ein neues Angebot abzugeben. Dieser Aufforderung ist die Klägerin gefolgt, denn die Angebote, die sie mit der Klageschrift vorgelegt hat, sind nach dem Schreiben der Frau Mü... vom 29.9.1999 verfaßt, nämlich am 1.10.1999, 28.10.1999 und 2.11.1999.

Frau H... hat mit ihrem Schreiben vom 4.10.1999 unter Bezugnahme auf sechs Angebote der Klägerin vom 1.10.1999 "die Aufträge erteilt", damit die Angebote der Klägerin gemäß § 147 Abs. 2 BGB angenommen und einen Vertrag mit der Klägerin zustande gebracht.

b.) Die Beklagte ist nicht deshalb zur Zahlung des der Klägerin versprochenen Werklohns verpflichtet, weil sie Mitglied der M... wäre. Dabei kann offen bleiben, ob die von der Beklagte bestrittene Mitgliedschaft besteht.

Zwar wäre eine persönliche Haftung der Beklagten für Verbindlichkeiten der M... denkbar, wenn es sich bei der M... um eine Außengesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß den §§ 705 ff. BGB gehandelt hätte und die Beklagte Gesellschafterin der M... gewesen wäre. Seitdem der Bundesgerichtshof die Parteifähigkeit der Außen-Gesellschaft bürgerlichen Rechts anerkannt hat (NJW 2001, 1056; NJW 2002, 1207), ist auch anerkannt, daß Gesellschafter einer GbR entsprechend den Regelungen des § 128 HGB neben oder unabhängig von der Gesellschaft aus Gesellschaftsverbindlichkeiten in Anspruch genommen werden können. Sie haften im Regelfall für die rechtsgeschäftlich begründeten Verbindlichkeiten ihrer Gesellschaft in ihrem jeweiligen Bestand persönlich und der Höhe nach unbeschränkt (BGH NJW 2002, 1642).

Dies würde allerdings voraussetzen, daß die M... eine Außen-Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach deutschem Recht ist. Dies kann jedoch nicht festgestellt werden.

Hier liegt ein Fall mit Auslandsberührung vor, bei dem das deutsche Internationale Privatrecht zu beachten ist. Die Auslandsberührung ergibt sich hier aus verschiedenen Aspekten. Zunächst hat die Klägerin selbst schon vorgetragen, daß die M... Mitglieder in aller Welt hat. Dies ist belegt durch den von der Klägerin vorgelegten Briefkopf der M... , in dem in Nord-, Mittel- und Südamerika, Asien, Australien und verschiedenen Ländern Europas ansässige Personen namentlich benannt sind. Weiter hat die M... keine Postadresse in Deutschland, sie hat vielmehr anlässlich des regionalen Treffens die Anschrift des Vereins Pr... als Postadresse benutzt. Weiterhin besteht der Name der M... aus englisch- und französisch-sprachigen Teilen. Letztlich hat die Klägerin ihre Rechnungen an eine in Großbritannien ansässige Gesellschaft gerichtet. Angesichts dieser Tatsachen kann nicht allein deshalb, weil die M... in Deutschland tätig geworden ist, darauf geschlossen werden, daß sie eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach deutschem Recht ist.

In einem derartigen Fall darf der deutsche Richter nicht so lange deutsches Recht anwenden, bis eine Partei die Anwendung ausländischen Rechts reklamiert. Das Kollisionsrecht ist vielmehr zwingend. Der Richter muß, wenn die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht kommt, in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen prüfen, ob das deutsche internationale Privatrecht die Anwendung deutschen Rechts oder eines ausländischen Rechts vorschreibt (BGH NJW 1993, 2305, 2306). Dabei hat das Gericht nicht nur den Vortrag der Parteien, sondern alle Erkenntnisquellen heranzuziehen, über die es verfügt. Insbesondere ist das Gericht nicht darauf beschränkt, den Inhalt der Schriftsätze der Parteien zu würdigen, sondern kann auch deren Anlagen verwerten, auch wenn die Parteien insoweit nicht gesondert vortragen.

Für die Frage der Rechtsfähigkeit und des Innenverhältnisses der Gesellschafter sowie die hier maßgebliche Frage der Außenhaftung der Gesellschafter sieht das deutsche internationale Privatrecht das Personalstatut der Vereinigung als maßgeblich an. Dies gilt sowohl für rechtsfähige als auch für nicht rechtsfähige Vereinigungen. Die Anknüpfung ist im deutschen EGBGB positivrechtlich nicht geregelt. Der Gesetzgeber hat es auch nach der Reform des Internationalen Privatrechts von 1986 weiterhin der Rechtsprechung und der Lehre überlassen, Anknüpfungstatsachen herauszuarbeiten.

Nach der im deutschen Recht vorherrschend vertretenen Sitztheorie ist maßgebliches Personalstatut einer Gesellschaft diejenige Rechtsordnung, in deren Bereich der tatsächliche Sitz ihrer Hauptverwaltung liegt. Ein solches Recht ist hier nicht ermittelbar. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, es gebe keinen Hinweis auf einen Sitz der M... . Die Beklagte ist dem nicht entgegengetreten. Sie hat lediglich das Schreiben der M... vom 21.6.1999 vorgelegt, aus dem sich in grobe Zügen die Geschichte und die Struktur der M... entnehmen läßt. Daraus ist ersichtlich, daß die M... aus einem Treffen von Persönlichkeiten aus Europa und den USA im Jahre 1947 am M... . oberhalb V... am ... See in der Schweiz gelegen - hervorgegangen ist, und daß sich die Gesellschaft seitdem jedes Jahr zu einem regionalen Treffen in irgendeinem Staat der Welt trifft, den die Mitglieder vorher auswählen. Weiter ergibt sich daraus, daß es auch sog. General Meetings der M... gibt, von denen das letzte in Washington stattgefunden hatte. Die in diesem Schreiben vom 21.6.1999 enthaltenen Informationen stimmen mit den Inhalten der allgemein zugänglichen Präsentation der M... auf ihrer Homepage im Internet überein. Daraus läßt sich kein Schluß auf einen Verwaltungssitz ziehen.

Ist kein Verwaltungssitz erkennbar bzw. hat eine Gesellschaft überhaupt keinen tatsächlichen Verwaltungssitz, versagt die Sitztheorie. In einem derartigen Fall ist für die Ermittlung des Personalstatuts einer Gesellschaft auf die Gründungstheorie zurückzugreifen (so auch OLG Frankfurt, RIW 1999, 783). Danach ist das Personalstatut einer Gesellschaft das Recht, nach dem die Gesellschaft gegründet worden ist. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte kommt deshalb allein das Schweizer Recht in Betracht.

Nach Schweizer Recht ist keine persönliche Haftung der Beklagten aufgrund des Handelns von Frau Mü... und Frau H... ersichtlich. Das Schweizer Recht kennt ebenso wie das deutsche Recht Vereine und Wirtschaftsgesellschaften. Idealvereine können "Persönlichkeit", d. h. Rechtsfähigkeit, durch Eintragung in das Handelsregister erlangen, Art. 60 und 61 Schweizerisches ZGB. Vereine ohne "Persönlichkeit" werden den einfachen Gesellschaften gleichgestellt, Art. 62 Schweizerisches ZGB. Als eine solche Gesellschaft ohne Persönlichkeit ist die M... anzusehen, weil nicht ersichtlich ist, daß sie in das Handelsregister eingetragen wäre. Das Recht der einfachen Gesellschaft ist im Obligationenrecht geregelt, Art. 530 ff. Dort heißt es in Art. 543 Abs. 1 OR, daß, wenn ein Gesellschafter im Namen der Gesellschaft oder sämtlicher Gesellschafter mit einem Dritten Geschäfte abschließt, die übrigen Gesellschafter dem Dritten gegenüber nur insoweit berechtigt und verpflichtet werden, als es die Bestimmungen über die Stellvertretung mit sich bringen. Nach dem Recht der Stellvertretung wird für ein wirksames Vertretergeschäft zum einen ein Handeln im Namen des Vertretenen vorausgesetzt, zum anderen eine Ermächtigung des Vertretenen, d. h. eine Vollmacht. Eine Vollmacht wird nach Art. 543 Abs. 3 OR bei einem Handeln im Namen der Gesellschaft oder der Gesellschafter vermutet. Es kommt allerdings darauf an, in wessen Namen gehandelt worden ist. Hier ist Frau H... bei der Bestellung der Werkleistungen im Namen der M... , also der Gesellschaft, nicht aber im Namen der Gesellschafter aufgetreten; sie konnten daher die Beklagte nicht wirksam verpflichten.

Selbst wenn man zugunsten der Klägerin die Anwendbarkeit deutschen Rechts auf die M... unterstellt, führt dies nicht zu einer Haftung der Beklagten. Die M... ist wegen ihrer körperschaftlichen Struktur und wegen ihrer Einrichtung auf wechselnden Mitgliederbestand keine GbR, sondern ein Verein. Da keine wirtschaftlichen Ziele verfolgt werden, wäre die M... nach deutschem Recht ein nichtwirtschaftlicher, nicht eingetragener und damit nicht rechtsfähiger Verein. Für einen nicht rechtsfähigen Idealverein gelten die §§ 21 ff. BGB. Nach allgemeiner Auffassung ist § 54 Satz 1 BGB, der auf das Recht der GbR verweist, auf einen nicht rechtsfähigen Idealverein nicht anzuwenden (anderes gilt für den nicht rechtsfähigen wirtschaftlichen Verein, BGH NJW 2001, 748). Für Verbindlichkeiten des nicht rechtsfähigen Idealvereins haften die Mitglieder nicht mit ihrem gesamten Vermögen, die Haftung ist vielmehr auf das Vereinsvermögen beschränkt.

Auch aus § 54 Satz 2 BGB kann die Klägerin die Beklagte nicht in Anspruch nehmen. Aus im Namen eines nichtrechtsfähigen Vereins abgeschlossenen Verträgen haftet nur der Handelnde mit seinem privaten Vermögen. Gehandelt hat hier jedoch Frau H... , nicht die Beklagte.

c.) Eine Haftung der Beklagten als Mitglied des Organizing Committee der M... ist ebenfalls nicht gegeben.

Allerdings ist das für die Planung des regionalen Treffens verantwortliche Organisationskomitee ein Rechtsgebilde, auf das deutsches Recht anzuwenden ist. Dabei handelt es sich ausweislich des Briefkopfes der M... um eine Gruppe von fünf Personen unter der Leitung der Frau Mü... . Diese Gruppe ist als sog. Gelegenheitsgesellschaft anzusehen. Für solche Gesellschaften ohne körperschaftliche Struktur ist das anwendbare Recht, anders als bei anderen Gesellschaften, durch zumindest konkludente Rechtswahl zu bestimmen. Nach Art. 28 Abs. 1 EGBGB ist mangels Rechtswahl das Recht des Staates anzuwenden, mit dem der Gesellschaftsvertrag die engste Verbindung aufweist. Dies ist wegen der Aufgabe des Organisationskomitees das deutsche Recht.

Jedoch ist das Organizing Committee keine Außengesellschaft bürgerlichen Rechts, für deren Verbindlichkeit die Beklagte haften würde. Es fehlt an vermögensrechtlichen Beziehungen der Mitglieder zueinander, an der Bildung eines Gesellschaftsvermögens, an einer Gewinnerzielungsabsicht und einer gewerblichen Betätigung der Mitglieder und des Komitees an sich. Richtig ist zwar, daß eine GbR auch einen ideellen Zweck haben kann. Ein solcher ideeller Zweck allein genügt für die Annahme des Vorliegens einer GbR jedoch nicht, der Zweck muß vielmehr auf Förderung durch vermögenswerte Leistungen gerichtet sein. Die Organisationsarbeit der Mitglieder des Komitees stellt keine derartigen Leistungen dar.

Zwar sind die gesetzlichen Regelungen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts weitgehend dispositiv, so daß die GbR sehr unterschiedliche Erscheinungsformen haben kann. Allerdings muß die infragestehende GbR, wenn man einen ihrer Gesellschafter wie den Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft gemäß § 128 HGB behandeln will, mit der OHG Ähnlichkeiten aufweisen. Der Bundesgerichtshof hat seine neue Rechtsprechung zur Eigenhaftung des GbR-Gesellschafters bei einer bauwirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaft entwickelt (NJW 2001, 1056), die gewerblich und in Gewinnerzielungsabsicht handelt. Der BGH hat denn auch seine in diesem Urteil aufgestellten Grundsätze bereits hinsichtlich einer besonderen Form der GbR wieder eingeschränkt (Urteil vom 21.1.2002 II ZR 2/00, NJW 2002, 1642: keine volle gesamtschuldnerische, sondern nur anteilige Haftung von Anlagegesellschaftern geschlossener Immobilienfonds).

Aus alledem ergibt sich, daß das mit der Planung des regionalen Treffens der M... befasste Organisationskomitee nicht mit einer OHG vergleichbar ist, deren Zweck der Betrieb eines Handelsgewerbes ist. Es verbietet sich deshalb, die Beklagte wie einen persönlich haftenden Gesellschafter einer Handelsgesellschaft zu behandeln.

Selbst wenn das Organisationskomitee jedoch als GbR anzusehen wäre, scheidet eine Haftung der Beklagten aus. Der Vertrag ist von Frau H... nicht im Namen des Organisationskomitees geschlossen worden, sondern ausdrücklich im Namen der M... .

d.) Die Beklagte haftet auch nicht aus Rechtsscheinsgesichtspunkten. Art. 12 EGBGB, auf den sich die Klägerin beruft, ist nicht einschlägig.

Grundsätzlich richtet sich die Rechts- und Geschäftsfähigkeit nach dem Personalstatut, Art. 7 EGBGB. Art. 12 EGBGB trifft für die Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit einer natürlichen Person, deren Personalstatut einem anderen Recht unterliegt, eine Ausnahmeregelung im Interesse des Verkehrsschutzes und schützt das Vertrauen auf eine nach dem Recht des Abschlußortes bestehende Rechts-, Geschäfts- und Handlungsfähigkeit einer natürlichen Person, deren Personalstatut einem anderen Recht unterliegt. Art. 12 EGBGB ist direkt damit nur auf natürliche Einzelpersonen anwendbar. Eine analoge Anwendung von Art. 12 EGBGB ist für juristische Personen erwogen worden (offengelassen in BGH NJW 1998, 2452), aber jedenfalls für nicht rechtsfähige ausländische Gesellschaften unzulässig.

Auch die Rechtsinstitute von Anscheins- und Duldungsvollmacht helfen der Klägerin nicht. Diese Rechtsinstitute können nur bei einem zurechenbar veranlaßtem Rechtsschein eine in Wahrheit nicht bestehende Vollmacht ersetzen. Die Inanspruchnahme der Beklagten scheitert jedoch nicht an einer fehlenden Vollmacht, sondern deshalb, weil die Beklagte selbst nicht gehandelt hat und der Handelnde, Frau H... , nicht in ihrem Namen tätig geworden ist.

e. Auch eine Haftung der Beklagten für die Folgen des betrügerischen Verhaltens der weiteren Beteiligten Frau H... und Frau Mü... , die entweder von vornherein die im Namen der M... eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllen wollten oder aber nunmehr die Klägerin um ihren Werklohn zu prellen beabsichtigen, kommt nicht in Betracht. Eine Haftung aus § 831 BGB scheidet aus, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass Frau H... oder Frau Mü... als Verrichtungsgehilfen - also in sozial abhängiger Stellung zur Beklagten - gehandelt haben. Da es sich bei der M... um einen nicht rechtsfähigen Verein handelt, der als solcher nicht Organe im Sinne des § 31 BGB haben kann, scheidet auch eine Haftung nach dieser Vorschrift aus.

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, § 543 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen vor. Angesichts der fortschreitenden Entwicklung des Rechts der GbR hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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