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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 13.09.2005
Aktenzeichen: 6 U 158/04
Rechtsgebiete: StBerG, HGB, ZPO
Vorschriften:
StBerG §§ 3 ff. | |
StBerG § 8 Abs. 2 | |
StBerG § 23 i. V. m. 3 | |
HGB § 74 Abs. 2 | |
ZPO § 517 | |
ZPO § 520 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Teilanerkenntnis- und Schlussurteil
6 U 158/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht
Anlage zum Protokoll vom 13.09.2005
Verkündet am 13.09.2005
In dem Rechtsstreit
hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König, den Richter am Oberlandesgericht Kuhlig und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. August 2005
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 16.12.2004 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam - 51 O 106/04 - teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs es zu unterlassen, Hilfeleistung in Steuersachen anzubieten, ohne hierzu nach den §§ 3 ff. StBerG befugt zu sein, insbesondere solange er nicht als Beratungsstellenleiter eines Lohnsteuerhilfevereins eingetragen und von der zuständigen Oberfinanzdirektion anerkannt ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Der Kläger ist ein von der Oberfinanzdirektion K... anerkannter eingetragener Lohnsteuerhilfeverein. Er unterhält in der gesamten Bundesrepublik Deutschland 2.000 Beratungsstellen und hat über 350.000 Mitglieder. Der Beklagte war für den Kläger aufgrund Beratungsstellenvertrages vom 30.4.1993 (Bl. 8-11 d. A.) als freier Mitarbeiter in F... und P... tätig. In diesem Vertrag heißt es:
10. Nach Beendigung dieses Vertrages, ob einer fristgemäßen oder fristlosen Kündigung wegen, ist der Obmann verpflichtet, sich innerhalb eines Jahres vom Zeitpunkt der Vertragsbeendigung an gerechnet, keinem anderen Lohnsteuerhilfeverein anzuschließen, ausgenommen hiervon ist die Bestellung als Angehöriger der rechts- oder steuerberatenden Berufe.
11. Nach Beendigung des Vertrages hat der Obmann dem Verein alle noch bei ihm vorhandenen, unverbrauchten Druckstücke aus der Grundausstattung, das Hinweisschild sowie alle vollständigen Mitgliederakten innerhalb einer Woche kostenfrei an den Verein herauszugeben. Vom Zugang der Kündigung an und auch bei eigener Kündigung hat der Obmann zu unterlassen, Mitglieder auf sein Ausscheiden hinzuweisen oder sie sogar - auf welche Weise auch immer -zur Kündigung ihrer Mitgliedschaft zu veranlassen. Bei derartigen Kündigungen ist der Obmann zur Zahlung eines vollen Jahresbeitrages nach Maßgabe der letzten mit dem Verein abgerechneten Mitgliederbeitrages der betreffenden Mitglieder als Schadensersatz verpflichtet.
Nachdem ihm im Jahre 2003 insgesamt 172 Kündigungen von Mitgliedern zugegangen waren, die von der Beratungsstelle des Beklagten betreut wurden, erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 7.1.2004 ohne Abmahnung die fristlose Kündigung des Beratungsstellenvertrages. Gleichzeitig meldete der Kläger die Beratungsstelle des Beklagten bei der zuständigen Oberfinanzdirektion ab (Bl. 39 d. A.). Außerdem wandte er sich mit Schreiben vom gleichen Tag (Bl. 27 d. A.) an alle vom Kläger betreuten Mitglieder und unterrichtete sie davon, dass er sich von dem Beklagten aus wichtigem Grund fristlos getrennt habe. In dem Schreiben heißt es weiter:
Selbstverständlich ist gewährleistet, dass Sie auch weiterhin in einer fachlich qualifizierten Beratungsstelle ortsnah betreut werden. Sie können sich daher ab sofort an eine der nachfolgend aufgeführten Beratungsstellern in Ihrer Nähe wenden: ...
Der Beklagte wies zunächst mit Schreiben an den Kläger vom 16.1.2004 (Bl. 26 d. A.) die fristlose Kündigung zurück. Er richtete im Januar 2004 ein Schreiben (Bl. 12 d. A.) an die ehemals von ihm betreuten Mitglieder des Klägers, in dem es wie folgt heißt:
... Ich hoffe, dass Sie mit meiner Beratungstätigkeit zu Ihren Steuerangelegenheiten in der Vergangenheit zufrieden waren.
Ich möchte Ihnen mitteilen, dass der (Kläger) und meine Person sich getrennt haben.
In F... erreichen Sie unter der Ihnen bekannten Adresse eine Beratungsstelle des Lohnsteuerhilfevereins Pr... e. V., dort werden Sie weiterhin fachlich qualifiziert und umfassend beraten. Die Telefonnummer lautet wie folgt: ...
Unter der Ihnen bekannten Adresse in P... wird schon im Februar 2004 eine Beratungsstelle des Lohnsteuerhilfevereins Pr... e. V. eröffnen. Dort werden Sie weiterhin fachlich qualifiziert und umfassend beraten. Die Beratungsstelle erreichen Sie unter folgender Telefonnummer: ...
Der Beklagte wurde als Leiter einer Beratungsstelle des Lohnsteuerhilfevereins Pr... e. V. in P... am 24.2.2004 in das Verzeichnis der Oberfinanzdirektion B... eingetragen worden (Bl. 177 d. A.), seine Eintragung für eine Beratungsstelle in F... erfolgte mit Wirkung ab dem 24.3.2004; dort löste er eine andere Beratungsstellenleiterin ab (Bl. 178 d. A.).
Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe die von ihm betreuten Mitglieder aufgefordert, ihre Mitgliedschaft zum 31.12.2003 zu kündigen, um sie sodann für den Lohnsteuerhilfeverein Pr... e. V. weiterbetreuen zu können. Hierfür habe er ihnen in rund 180 Fällen Kündigungshilfe in der Weise geleistet, dass er ihnen vorgefertigte Kündigungsschreiben zur Verfügung gestellt habe. Mitgliedern, die beim Kläger geblieben seien, habe er angeboten, ihren Beitrag für das Jahr 2004 zu übernehmen, wenn sie kündigten und dem Lohnsteuerhilfeverein Pr... e. V. beiträten.
Der Kläger hat gemeint, das vom Beklagten verfasste Rundschreiben von Januar 2004 sei wettbewerbswidrig, weil der Beklagte wegen der Kündigung des mit ihm bestehenden Vertrages unter Abmeldung seiner Beratungsstelle bei der Oberfinanzdirektion nicht mehr befugt gewesen sei, Hilfeleistung in Steuerangelegenheiten anzubieten.
Das Rundschreiben stelle zudem eine unbefugte Abwerbung dar. Der Beklagte habe sich die aus seiner vorherigen Tätigkeit für den Kläger resultierende Kenntnis, dass bei den Adressaten seines Schreibens ein Beratungsbedarf bestehe, zunutze gemacht, um unaufgefordert im Einzelfall seine weitere Hilfeleistung in Steuersachen anzubieten. Das Schreiben aus Januar 2004 enthalte Selbstanpreisungen, die gegen das Sachlichkeitsgebot des Steuerberatungsgesetzes verstießen. Im Übrigen rechtfertigten die Ziffern 10 und 11 des Beratungsstellenvertrages die geltend gemachten Unterlassungsansprüche.
Der Kläger hat den Beklagten zunächst vor dem Landgericht Fr..., nach Verweisung vor dem Landgericht P... auf Herausgabe von Mitgliedsakten u. ä. sowie auf Zahlung der Vertragsstrafe gemäß Nr. 11 des Beratungsstellenvertrages in Anspruch genommen (Az.: 2 O 350/04). In diesem Rechtsstreit haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 21.7.2005 einen Vergleich geschlossen, in dem sich der Beklagte bei Kostenaufhebung verpflichtet hat, dem Kläger zum Ausgleich der Klageforderung einen Betrag von 7.500 € zu zahlen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Widerholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen,
1. Hilfeleistung in Steuersachen anzubieten, ohne hierzu nach den §§ 3 ff. StBerG befugt zu sein;
2. sich mit Rundschreiben oder sonstigen Medien an die Mitglieder des Klägers zu wenden und diesen gegenüber eine "fachlich qualifizierte und umfassende Beratung" anzubieten.
Den Klageantrag zu 2.) hat der Kläger vorsorglich auch hilfsweise gestellt.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat behauptet, er habe den Mitgliederschwund beim Kläger nicht zu vertreten. Grund für den Mitgliederschwund sei die Erhöhung der Mitgliederbeiträge durch den Kläger seit dem 1.1.2002. Er habe seit Beginn seiner Tätigkeit im Jahr 1993 Mitgliedern, die ihre Mitgliedschaft beenden wollten, einen Kündigungsvordruck zur Verfügung gestellt, ohne dass der Kläger dies in der Vergangenheit jemals moniert habe. Er habe sich genötigt gesehen, die ehemals von ihm betreuten Mitglieder anzuschreiben, nachdem diese wegen des Schreibens des Klägers vom 7.1.2004 in besorgten Anrufen und Gesprächen gefragt hätten, ob er an den bekannten Beratungsstellen nun überhaupt nicht mehr beraten würde. Er habe sie wahrheitsgemäß unterrichtet.
Der Beklagte hat gemeint, das nachvertragliche Wettbewerbs in Nr. 10 und 11 des Beratungsstellenvertrages sei unwirksam, weil ihm keine Karenzentschädigung eingeräumt werde. Er sei deshalb berechtigt, für den Lohnsteuerhilfeverein Pr... e. V. tätig zu werden. Er habe weder in marktschreierischer noch in irreführender Weise die ehemals von ihm betreuten Mitglieder informiert.
Das Landgericht hat mit am 16.12.2004 verkündetem Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klageantrag zu 2.) sei als Hauptantrag unzulässig, weil er gegenüber dem Klageantrag zu 1.) kein selbständiges weiteres Klagebegehren enthalte. Er sei allerdings als Hilfsantrag zulässig. Ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch sei nicht gegeben. Zwar habe der Beklagte gegen § 23 StBerG i. V. m. 3 StBerG verstoßen. Der Verstoß sei jedoch geringfügig. Auch sei keine Wiederholungsgefahr gegeben. Das vertragliche Wettbewerbsverbot sei analog § 74 Abs. 2 HGB unwirksam. Der Beklagte habe auch nicht Mitglieder des Klägers in unlauterer Weise abgeworben.
Gegen dieses Urteil, ihm zugestellt am 27.12.2004, hat der Kläger durch bei Gericht am 30.12.2004 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese durch am 25.2.2005 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Der Kläger meint, der Wettbewerbsverstoß des Beklagten sei nicht geringfügig, sondern geeignet, zu einer Beeinträchtigung seiner, des Klägers, Interessen zu führen. Das Landgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass lohnsteuerpflichtige Mitglieder zu Jahresbeginn einen besonderen Bedarf an lohnsteuerrechtlicher Beratung hätten, weil ihnen an einer raschen Rückerstattung überzahlter Lohnsteuer gelegen sei. Zu Unrecht sei das Landgericht auch davon ausgegangen, dass keine Wiederholungsgefahr vorliege. Das Landgericht habe auch verkannt, dass der Klageantrag zu 2.) ein eigenständiges Unterlassungsbegehren enthalte, nämlich dasjenige - unabhängig von der Befugnis nach dem Steuerberatungsgesetz - den Beklagten davon abzuhalten, seine Mitglieder zu kontaktieren und ihnen seine Leistungen anzubieten. Der Antrag zu 2.) sei deshalb kein Hilfsantrag.
Im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts habe der Beklagte auch in wettbewerbswidriger Weise Kunden abgeworben. Da der Beklagte bei dem Kläger langjährig steuerlicher Betreuer gewesen sei, habe er auch noch nach seinem Ausscheiden bei dem Kläger auf dessen Interessen Rücksicht nehmen müssen. Da über 139 Mitglieder im Jahre 2003 auf einen Schlag ihre Mitgliedschaft bei dem Kläger gekündigt hätten, spreche ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie dies nicht aus freien Stücken oder zufällig veranlasst hätten. Der Beklagte habe zweckwidrig und zielgerichtet das ihm vom Kläger anvertraute Adressenmaterial dafür verwendet, die von ihm betreuten Mitglieder anzuschreiben, um sie für den Lohnsteuerhilfeverein Pr... e. V. anzuwerben, und zwar auch noch nach seinem Ausscheiden. Das Landgericht habe im Übrigen übersehen, dass der Beklagte auch vertraglich verpflichtet sei, es zu unterlassen, Mitglieder auf sein Ausscheiden hinzuweisen oder sie sogar zur Kündigung ihrer Mitgliedschaft zu veranlassen. Die entsprechende vertragliche Regelung enthalte kein - unwirksames - Wettbewerbsverbot, weil sie es dem Beklagten nicht unmöglich mache, sich einem anderen Lohnsteuerhilfeverein anzuschließen.
Zu Unrecht habe das Landgericht seinen Vortrag im Schriftsatz vom 13.12.2004 zum Zeitpunkt der Kündigungen seiner Mitglieder nicht zum Anlass genommen, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
Der Kläger hat zunächst beantragt, das landgerichtliche Urteil abzuändern und den Beklagten entsprechend seinem erstinstanzlichen Antrag zu 1.) sowie dem gegenüber der ersten Instanz etwas ergänzten Antrag zu 2.) zu verurteilen. Nachdem er vom Senat in der mündlichen Verhandlung vom 23.8.2005 darauf hingewiesen worden ist, dass der Klageantrag zu 1.) unzulässig und der Antrag zu 2.) unbegründet sei, hat er die Anträge neu gefasst und beantragt:
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 16.12.2004 - 51 O 106/04 - abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs es zu unterlassen,
1. Hilfeleistung in Steuersachen anzubieten, ohne hierzu nach den §§ 3 ff. StBerG befugt zu sein, insbesondere solange er nicht als Beratungsstellenleiter eines Lohnsteuerhilfevereins eingetragen und von der zuständigen Oberfinanzdirektion anerkannt ist,
2. sich mit Rundschreiben oder sonstigen Medien mit dem ihm aus seiner Tätigkeit für den Kläger bekannten Adressenmaterial an die Mitglieder des Klägers zu wenden und diesen gegenüber eine "fachlich qualifizierte Beratung" unter Angabe einer Telefonnummer des Lohnsteuerhilfevereins Pr... e. V. anzubieten, wie dies mit Schreiben vom "Januar 2004" geschehen ist.
Der Beklagte hat den neu gefassten Klageantrag zu 1.) unter Protest gegen die Kostenlast anerkannt.
Er beantragt im Übrigen,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält das landgerichtliche Urteil im Ergebnis für richtig.
Er behauptet, jeweils 26 Mitglieder des Klägers hätten im Jahr 2003 wegen eines Ortswechsels bzw. deshalb gekündigt, weil sie arbeitslos, selbständig oder Altersrentner geworden seien.
Das Oberlandesgericht hat die Akten des Landgerichts Potsdam 2 O 350/04 beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 517, 520 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat, soweit der Beklagte den Klageanspruch nicht anerkannt hat, keinen Erfolg.
1.) Der Beklagte ist auf den neu gefassten Klageantrag zu 1.) entsprechend seinem Anerkenntnis zu verurteilen.
2.) Die Klage in ihrem Klageantrag zu 2.) ist abzuweisen, weil sie unbegründet ist.
Der Klageantrag zu 2.) ist entgegen der Ansicht des Landgerichts zulässig. Insbesondere enthält er ein über den Klageantrag zu 1.) hinausgehendes Begehren. Denn es ist eine Sache, ob jemand Hilfe in Steuersachen anbietet, ohne hierzu befugt zu sein. Hilfe in Steuersachen von Unbefugten ist wegen der besonderen Bedeutung des gesetzgeberischen Ziels des StBerG, dass Hilfeleistung in Steuersachen nur von besonders qualifizierten Personen erbracht wird, auch wettbewerbswidrig. Etwas anderes ist es, wenn jemand, unabhängig von den erforderlichen Qualifikationen, einem Wettbewerber die Mitglieder bzw. Kunden ausspannt.
Der Antrag zu 2.) ist jedoch nicht, auch nicht in der in zweiter Instanz geänderten Fassung, begründet.
a.) Ein entsprechender Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Beratungsstellenvertrag. Das vertragliche Wettbewerbsverbot gemäß Nr. 10 des Beratungsstellen-Vertrages ist unwirksam, weil der Beklagte hierfür keine Entschädigung erhält (BGH NJW 2003, 1864). Zu Unrecht meint der Kläger, dass Ziffer 11. des Vertrages wirksam bleibe, worin es heißt, dass es dem Beklagten untersagt ist, an Mitglieder des Klägers unter Hinweis auf eine Kündigung des Beratungsstellen-Vertrages heranzutreten und dass der Beratungsstellenleiter in diesem Fall einen Jahresmitgliedsbeitrag als Schadensersatz zu leisten hat. Denn wenn der Kläger nicht verpflichtet ist, Wettbewerb zu unterlassen, darf er auch an Mitglieder des Klägers herantreten und ihnen seine Dienste anbieten. Dabei müssen diese Mitglieder notgedrungen beim Kläger kündigen und beim Lohnsteuerverein des Klägers Mitglied werden. Das Verbot, an Mitglieder des Klägers heranzutreten, konkretisiert das Wettbewerbsverbot und ist deshalb genauso unwirksam wie Ziffer 10. des Vertrages.
Ob der Beklagte wegen der Verletzung vertraglicher oder nachvertraglicher Nebenpflichten dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet ist oder nicht, brauchte im vorliegenden Verfahren nicht entschieden werden.
b.) Auch aus wettbewerbsrechtlichen Gründen ist der Beklagte nicht zur Unterlassung verpflichtet ist.
Es besteht aus wettbewerbsrechtlicher Sicht kein Anspruch auf den Fortbestand des Kunden- bzw. Mitgliederstammes. Das Abwerben von Kunden gehört zum Wesen des Wettbewerbs. Auch das Einbrechen in fremde Vertragsbeziehungen ist nicht wettbewerbswidrig, wenn ein Kunde dazu bewogen wird, einen Vertrag unter Beachtung der Kündigungsfristen aufzulösen (BGH NJW 2004, 2385).
Das Einbrechen in fremde Vertragsbeziehungen ist nur wettbewerbswidrig, wenn besondere Unlauterkeitsmomente hinzutreten. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass solche Unlauterkeitsmomente bestehen.
Zwar können Wettbewerbshandlungen während eines laufenden Vertragsverhältnisses wettbewerbswidrig sein (so in dem der Entscheidung BGH NJW 2004, 2385 zu Grunde liegender Fall). Es erscheint auch möglich, dass der Beklagte derartige Handlungen begangen hat. Allerdings stützt der Kläger sein Unterlassungsbegehren nicht auf ein Verhalten des Beklagten während des Bestehens des Beratungsstellenvertrages. Vielmehr beanstandet er das Schreiben des Beklagten aus Januar 2004, das dieser unstreitig nach Ausspruch der fristlosen Kündigung durch den Kläger vom 7.1.2004 verfasst hat, die das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis letztlich beendet hat. Zwar hat der Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 16.1.2004 zunächst gebeten, die fristlose Kündigung zurückzunehmen, er hat sie jedoch später akzeptiert, wie sich aus seinem nachfolgenden Verhalten ergibt.
Der Kläger meint, dem Beklagten sei es auch nach Vertragsende untersagt, sich an seine Mitglieder zu wenden und ihnen nahe zu legen, die Dienste eines anderen Lohnsteuerhilfevereins in Anspruch zu nehmen. Dem kann sich der erkennende Senat nicht anschließen. Zwar klingt in der Entscheidung BGH NJW 2004, 2385, 2386, an, dass der Bundesgerichtshof ein Verhalten auch nach Vertragsbeendigung als wettbewerbswidrig ansehen würde, mit dem ein langjähriger ehemaliger Mitarbeiter von ihm betreuten Kunden nahe legt, die Dienste seines neuen Arbeitgebers in Anspruch zu nehmen. Allerdings war dies in dem dem Bundesgerichtshof vorliegenden Fall nicht zu entscheiden, weil der wettbewerbsrechtliche Vorwurf auf ein Schreiben des Mitarbeiters gestützt wurde, das dieser noch vor seinem Ausscheiden bei seinem alten Arbeitgeber unter Verwendung von dessen Adressmaterial verfasst hatte. Im vorliegenden Fall gehen die Treuepflichten des Beklagten jedoch nicht so weit, dass es ihm aus wettbewerbsrechtlicher Sicht untersagt wäre, nach seinem Ausscheiden beim Kläger an von ihm betreute Mitglieder des Klägers heranzutreten. Denn es war der Kläger selbst, der sich zunächst an seine Mitglieder gewandt und sie von dem Umstand unterrichtet hat, dass er das Vertragsverhältnis mit dem Beklagten durch fristlose Kündigung beendet hatte; er hatte ihnen auch mitgeteilt, durch welchen seiner Beratungsstellenleiter die weitere steuerrechtliche Betreuung erfolgen würde. Erst danach hat der Beklagte mit seinem Schreiben die Mitglieder des Klägers kontaktiert. Anders als in dem von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte der Beklagte mit seinem Schreiben aus dem Monat Januar 2004 also nicht seine Position beim Kläger ausgenutzt, um unvorbereitete Mitglieder auf einen Wechsel zum Lohnsteuerhilfeverein Pr... e. V. einzustimmen. Die Empfänger seines Schreibens wussten aufgrund des Schreibens des Klägers vom 7.1.2004, dass dieser sich vom Beklagten aus wichtigem Grund fristlos getrennt hatte.
c.) Dass der Beklagte sich das für sein Rundschreiben verwendete Adressenmaterial in unlauterer Weise verschafft hätte, hat der Kläger in beiden Instanzen nur ansatzweise behauptet, nicht aber substantiiert vorgetragen. Der pauschale Hinweis auf Vortrag in einem anderen Rechtsstreit der Parteien ersetzt keinen substantiierten Vortrag.
d.) Den Hinweis auf eine "fachlich qualifizierte Beratung" durch einen anderen Lohnsteuerhilfeverein kann der Kläger dem Beklagten schon deshalb nicht untersagen lassen, weil er selbst in seinem Schreiben vom 7.1.2004 mit einer derartigen Beratung geworben hat.
Das gleiche gilt auch für den Vorwurf, das Anschreiben des Beklagten aus Januar 2004 stelle eine einzelmandatsbezogene Werbung dar, die ihm gemäß § 8 Abs. 2 StBerG untersagt sei.
Im Übrigen stellt ein allgemein gehaltenes, mit gleichem Inhalt an eine Vielzahl von potentiellen Mandanten gerichtetes Rundschreiben keine Werbung um ein Mandat im Einzelfall dar (so auch OLG Stuttgart, Urteil vom 21.3.1997, 2 U 131/96, zitiert nach Juris; AnwGH München, Beschluss vom 22.1.1999, 3 AG 51/97, zitiert nach Juris).
3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, soweit die Berufung zurückgewiesen worden ist.
Soweit der Beklagte im Berufungsverfahren den neu gefassten Klageantrag zu 1.) anerkannt hat, waren dem Kläger die Kosten aufzuerlegen. Denn der Beklagte hat den Klageantrag sofort anerkannt, § 93 ZPO. Bis zur mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz war der Klageantrag zu 1.) unzulässig. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist. Mit dem Klageantrag zu 1.) in der ursprünglichen Fassung hätte der Kläger die gesamte Bevölkerung mit Ausnahme derjenigen in Anspruch nehmen können, die in erlaubter Weise Steuerberatung anbieten. Es handelt sich dabei um einen Antrag, der das Verbot des § 5 Abs. 1 StBerG wiederholt, der unzulässig ist (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 12.7.2001, I ZR 261/98, "Rechenzentrum", zitiert nach Juris). Soweit der Kläger diesen Antrag in der mündlichen Verhandlung vom 23.8.2005 vor dem Senat präzisiert hat, handelt es sich um einen neuen Antrag, den der Beklagte in derselben mündlichen Verhandlung anerkannt hat. Dieses sofortige Anerkenntnis führt zur Belastung des Klägers mit den Kosten des Rechtsstreits, soweit anerkannt worden ist.
4.) Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO, soweit die Berufung zurückgewiesen worden ist, im Übrigen aus § 708 Nr. 1 ZPO.
5.) Die Revision war nicht zuzulassen, § 543 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Ende der Entscheidung
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