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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 09.10.2001
Aktenzeichen: 6 U 166/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 319 I
Eine vertraglich vereinbarte Frist von zwei Wochen, innerhalb derer Einwendungen gegen ein von einem Sachverstandigen als Schiedsgutachter erstelltes Gutachten über den Wert lebenden und toten Inventars eines Landwirtschaftsbetriebes "spätestens" geltend gemacht werden können, ist eine Ausschlussfrist.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 166/00 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Verkündet am 09.10.2001

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht die Richterin am Oberlandesgericht und die Vorsitzende Richterin am Landgericht

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31. Juli 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.7.2000 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus - 3 O 55/00 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 330.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Das Urteil beschwert die Beklagten um 300.000,00 DM.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten aus einer von diesen übernommenen Mithaft für Darlehensverbindlichkeiten in Anspruch.

Die Landgut P GmbH (im folgenden GmbH) war infolge von Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin, die aufgrund eines Vermögenszuordnungsbescheides der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben deren Alleingesellschafterin war, rechnerisch überschuldet und befand sich daher in Liquidation. Die Beklagten wollten das Landgut als landwirtschaftlichen Betrieb fortsetzen. Zu dem landwirtschaftlichen Betrieb gehörten ca. 750 Stück Rindvieh sowie etwa 800 ha Pachtland.

Die Klägerin verkaufte mit notariell beurkundetem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 11.1.1999 (Bl. 8-24 d. A.) ihren Geschäftsanteil an der GmbH an die in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbundenen Beklagten zu einem Preis von 50.000,00 DM und trat ihn mit Wirkung zum 1.1.1999 an sie ab.

Zum Übertragungsstichtag sollte gemäß § 4 des Vertrages eine noch aufzustellende Verkaufsbilanz erstellt werden. Diese sollte im Ergebnis festlegen, welche Altschulden die Klägerin der GmbH erlassen und welche die Beklagten als neue Inhaber übernehmen sollten. In § 4 Nr. 12 war vereinbart, daß die Verkaufsbilanz von der einvernehmlich von den Parteien als Schiedsgutachter bestimmten Firma E mbH (im folgenden B GmbH) erstellt werden solle. Dabei sollte nach § 4 Nr. 2 des Erwerbsvertrages das Anlage- und Umlaufvermögen in einem Sachverständigenverfahren geschätzt und mit dem im Schätzgutachten ausgewiesenen Wert angesetzt Werden. Nach § 5 Nr. 1 sollte der von den Parteien einvernehmlich bestimmte landwirtschaftliche Sachverständige Dr. H den Wert des Inventars gemäß § 4 Nr. 2 nach billigem Ermessen schätzen. In § 5 Nr. 4 des Kauf- und Abtretungsvertrages heißt es:

Der Sachverständige wird als Schiedsgutachter tätig. Der von ihm ermittelte Wert des Inventars ist für beide Parteien verbindlich, soweit er nicht grob unbillig ist. Einwendungen gegen das Gutachten sind unverzüglich, spätestens innerhalb von zwei Wochen nach Aushändigung des Übergabeprotokolls schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend zu machen. Die Einwendungen begründen kein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich vorzunehmender Zahlungen oder sonstiger nach diesem Vertrag zu erbringender Leistungen.

Zur Beseitigung der Überschuldung der GmbH vereinbarten die Parteien, daß die GmbH von den Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin in Höhe der Differenz zwischen Aktiva und Passiva insoweit freigestellt wird, daß sich das rechnerische Eigenkapital in Höhe des Kaufpreises von 50.000,00 DM ergibt. Die Freistellung erfolgte in der Weise, daß die Verbindlichkeiten in der freizustellenden Höhe von einer anderen Gesellschaft mit schuldbefreiender Wirkung übernommen wurden. Im übrigen sollte die GmbH die Rückführung der Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin, die sich aus der Verkaufsbilanz ergeben, als Darlehen schulden, das in zwei Teilraten von 1,5 Mio. DM zinslos bis zum 31.1.1999 sowie 300.000,00 DM zinslos bis zum 31.5.3 999 fällig und zu zahlen sein sollte. In § 6 Nr. 3 des Erwerbsvertrages heißt es, daß die von den Beklagten gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts für die Zahlung des Darlehens durch die GmbH einstehe und der Verbindlichkeit der Gesellschaft insoweit beitrete.

Dem Kauf- und Abtretungsvertrag war eine vorläufige Verkaufsbilanz (Bl. 40-41 d. A.) beigefügt, aus der sich nach dem vertraglichen Konzept eine restliche Darlehensverbindlichkeit der GmbH gegenüber der Klägerin in Höhe von 1.810.796,29 DM ergab.

Soweit der Gesamtbetrag der vom Sachverständigen geschätzten Positionen den in der vorläufigen Verkaufsbilanz angenommenen Betrag von 1.810.000,00 DM übersteigt, war in § 6 Nr. 2 des Kauf- und Abtretungsvertrages vorgesehen, daß sich der Darlehensteilbetrag von 300.000,00 DM um den Differenzbetrag erhöht.

Der Schiedsgutachter Dr. H fertigte eine auf den 15.1.1999 datierte Niederschrift (Bl. 171-187 d. A.) über die Bewertung des lebenden und toten Inventars der GmbH an, die er mit den u. a. auch an die Beklagten gerichteten Schreiben vom 27.1.1999 (Bl. 188-192 d. A.) und vom 7.2.1999 (Bl. 193-197 d. A.) korrigierte. Er ermittelte in dem zuletzt genannten Schreiben eine Schätzungssumme von 1.996.633,00 DM.

Die Beklagten zahlten den Kaufpreis von 50.000,00 DM sowie einen Betrag in Höhe von 1,5 Mio. DM an die Klägerin.

Mit Schreiben vom 4.5.1999 (Bl. 87-89 d. A.) teilten die Beklagten der Klägerin mit, verdeckte Mängel in der Viehherde seien bei der Schätzung nicht benannt worden. Es seien grobe Mängel bei der Viehzählung und Zuordnung aufgetreten. Sie bestünden nicht auf Wandlung, erwarteten jedoch eine Reduzierung des Kaufpreises auf 1,5 Mio. DM. Weitere Zahlungen an die Klägerin leisteten sie nicht.

Aus der von der B GmbH erstellten endgültigen Verkaufsbilanz vom 14.4.2000 (Bl. 216-222 d. A.), die auf dem Gutachten des Sachverständigen Dr. H basiert, ergibt sich eine Zahlungsverpflichtung der GmbH und der Beklagten in Höhe von insgesamt 1.960.826,79 DM.

Die Klägerin hat gemeint, ihre Forderung in Höhe der Klageforderung sei fällig. Die Beklagten hätten ihr gegenüber ein selbständiges Garantieversprechen abgegeben, so daß sie sich nicht auf Einwendungen der Hauptschuldnerin berufen könnten. Im übrigen hätten die Verbindlichkeiten wegen der durch die von der Klägerin vorgenommenen Entschuldung gerade keinen eigenkapitalersetzenden Charakter mehr gehabt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 300.000,00 DM nebst 7 % Zinsen p. a, hieraus seit dem 1.6.1999 zu zahlen.

Die Beklagte haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben behauptet, die bei Abschluß des Erwerbsvertrages vorgenommene Schätzung der Aktivposten der GmbH sei grob unbillig gewesen. Der Gesundheitszustand der übernommenen Tiere sei verheerend gewesen. Die Qualität der erzeugten Milch sei derart schlecht gewesen, daß zum einen zur Erfüllung der Milchquote Tiere hinzugekauft werden mußten und zum anderen eine Milchproduktion von etwa 1/5 über der Quote erforderlich gewesen sei, damit die zu liefernde Menge die erforderliche Qualität aufweise. Diese Mängel hätten nicht binnen 14 Tage nach Fertigstellung und Übergabe der Schätzung erkannt werden können. Als diese versteckten Mängel des Viehbestandes erkannt worden seien, hätten sie sie am 29.4.1999 unverzüglich einer Außenstelle der Klägerin in C angezeigt. Die Beklagten haben gemeint, der geltend gemachte Betrag sei noch nicht fällig. Dem stehe schon entgegen, daß das Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt habe und die Überschuldung der GmbH fortbestehe. Wenn die GmbH nicht zur Rückzahlung verpflichtet sei, seien sie, die Beklagten, dies ebenfalls nicht. Voraussetzung für die Zahlung sei weiterhin die Vorlage einer Verkaufsbilanz, an der es fehle.

Das Landgericht hat durch am 19.7.2000 verkündetes Urteil der Klage stattgegeben. Gegen dieses Urteil, ihnen zugestellt am 2.8.2000, haben die Beklagten durch bei Gericht am 4.9.2000, einem Montag, eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel durch am 3.11.2000 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf ihren am 25.9.2000 eingegangenen Antrag bis zum 8.11.2000 verlängert worden war.

Die Beklagten behaupten, die zwecks Bestimmung der Leistung aus dem Erwerbsvertrag eingeholten Schiedsgutachten seien offensichtlich unbillig bzw. unrichtig und daher für die Beklagten nicht verbindlich. Sie meinen, deshalb stehe ihnen gegen die Klageforderung eine Einrede zu.

Sie hätten schon kurz nach erfolgter Betriebsübernahme feststellen müssen, daß die vom Sachverständigen Dr. H ermittelten Gebrauchswerte der Viehherde sowie der Vorräte bei weitem nicht den tatsächlichen Werten entsprochen hätten. Das mit Schreiben vom 7.2.1999 korrigierte Gutachten des Sachverständigen Dr. H weise erhebliche Mängel auf. So seien die Futtervorräte unbrauchbar bzw. minderwertig gewesen, der Sachverständige habe 96.333,35 DM bzw. 105.637,35 DM zuviel angesetzt. Die Rinderherde sei gesundheitlich nicht in gutem Zustand gewesen. Dies ergebe sich aus dem von ihnen eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr. H vom 31.3.2000 und 14.7.2000 (Bl. 209-214 d. A.). Der Minderwert der Herde betrage 54.000,00 DM. Die Minderqualität der Milch führe zu Verlusten von 94.000,00 DM jährlich. Die Sekretionsstörungen an den Eutern der Kühe führten zu jährlichen Mindererträgen bei der Milchproduktion von 67.000,00 DM. Es seien zusätzliche Aufwendungen in Höhe von 127.000,00 DM zur Überwindung der defizitären Herdenproduktion durch Zukauf von Tieren erforderlich.

Die in der Verkaufsbilanz als Anlagevermögen aufgeführten Gebäude im Wert von 100.000,00 DM hätten sich nicht im Eigentum der GmbH befunden. Ihnen, den Beklagten, sei es lediglich gelungen, ein Recht zum Besitz an Teilflächen gemäß Art. 233 § 2a EGBGB in das Grundbuch eintragen zu lassen.

Insgesamt ergebe sich ein Minderwert von 538.335,35 DM, der die von der Klägerin behaupteten Restdarlehensansprüche um 77.506,56 DM übersteige. Es sei nicht die Klägerin, die ihnen gegenüber weitere Ansprüche geltend machen könne. Es seien vielmehr sie, die Beklagten, denen noch Ansprüche gegenüber der Klägerin zustünden.

Die Beklagten meinen, sie seien auch nicht durch § 5 Nr. 4 des Erwerbsvertrages an der Geltendmachung dieser Einwendungen gehindert.

Weiterhin sei auch der vom Sachverständigen Dr. E ermittelte Wert für das Feldinventar um 40.821,25 DM überhöht.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 19.7.2000 - 3 O 55/00 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das landgerichtliche Urteil für richtig.

Sie behauptet, der Schiedsgutachter Dr. H habe zutreffende Wertansätze für die Silagen in Ansatz gebracht. Er habe auch nicht nur den üblichen Abzug wegen aufgetretener Fäulnisprozesse von 5 % gemacht, sondern 10 % abgezogen. Sollte ein höherer Prozentsatz unbrauchbar gewesen sein, sei dies auf eine unsachgemäße Lagerung und einen unsachgemäßen Anschnitt zurückzuführen. Mängel an der Viehherde könnten die Beklagten nicht geltend machen, weil insoweit die Gewährleistung ausgeschlossen sei. Jedenfalls habe der Schiedsgutachter Qualitätsmängel der Viehherde bei der Begutachtung bereits berücksichtigt. Die Gebrauchswerte einer mittel bis guten Viehherde lägen deutlich über den Wertansätzen des Schiedsgutachters.

Die Klägerin meint, deshalb sei auch die Verkaufsbilanz der B GmbH richtig. Außerdem stünden auch die in der Verkaufsbilanz aufgeführten Gebäude im Eigentum der GmbH.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 300.000,00 DM aus § 6 Nr. 2 b) und 3. des zwischen den Parteien abgeschlossenen Kauf- und Abtretungsvertrages vom 11.1.1999 zu. Aufgrund des in dieser Vertragsklausel enthaltenen Schuldbeitritts sind die Beklagten verpflichtet, auf die Darlehensverbindlichkeiten der GmbH gegenüber der Klägerin weitere 300.000,00 DM zu zahlen.

Dem können die Beklagten nicht entgegenhalten, das Darlehen der Klägerin habe eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt, so daß dem Rückzahlungsanspruch der Klägerin gegen die GmbH die Regelung des § 30 GmbHG entgegenstünde. Es ist angesichts des Inhalts des zwischen den Parteien geschlossenen Kauf- und Abtretungsvertrages vom 11.1.1999 vielmehr vom Gegenteil auszugehen. Das Darlehen, das die Klägerin der GmbH gewährt hatte, hatte zwar zunächst teilweise eigenkapitalersetzenden Charakter. Erkennbarer Zweck der im Vertrag der Parteien vereinbarten und auch vorgenommenen teilweisen Entschuldung der GmbH war die Beseitigung der bilanziellen Überschuldung in der Weise, daß das Darlehen soweit reduziert wird, daß die Bilanz ausgeglichen ist. Damit hatte das Darlehen insgesamt seinen eigenkapitalersetzenden Charakter verloren. Ihre Argumentation, daß das Darlehen, dessen Rückzahlung die Klägerin begehrt, Eigenkapitalersatz sei, haben die Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht weiter verfolgt.

Die Klage ist allerdings nicht schon deshalb begründet, weil § 5 Nr. 4 Satz 4 des Kauf- und Abtretungsvertrages vorsieht, daß Einwendungen gegen das Gutachten des Sachverständigen Dr. H kein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich vorzunehmender Zahlungen begründen. Ersichtlicher Zweck dieser Regelung war es, die vor Erstellung der endgültigen Verkaufsbilanz fällig werdenden Zahlungen möglichst zu beschleunigen. Sobald jedoch die von der B GmbH erstellte Verkaufsbilanz vorlag, war es möglich, die wechselseitig geschuldeten Leistungen abschließend zu ermitteln.

Die Beklagten machen allerdings zu Unrecht geltend, der von der Klägerin geltend gemachte Betrag werde von ihnen nicht geschuldet und müsse deshalb von der Klägerin gleich wieder zurückgezahlt werden, weil ihnen ihrerseits Ansprüche gegen die Klägerin in der gleichen Höhe zustünden, § 242 BGB (dolo agit qui petit quod statim redditurus est).

Aus der endgültigen Verkaufsbilanz, die entsprechend § 4 Nr. 12 des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 11.1.1999 von der B GmbH als Schiedsgutachter der Parteien erstellt worden ist, ergibt sich, daß die von der GmbH zu übernehmenden Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Klägerin zum Stichtag 1.960.826,79 DM betrugen. Hiervon sind 1,5 Mio. DM bereits getilgt. Die Beklagten schulden der Klägerin die Zahlung von weiteren 300.000,00 DM.

Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten darauf, daß die dieser Bilanz zugrundeliegende Inventarschätzung des Sachverständigen Dr. H grob bzw. offenbar unrichtig sei. In § 5 Nr. 4 Satz 1 ist festgelegt, daß der von dem Sachverständigen ermittelte Wert des Inventars für beide Parteien verbindlich ist, soweit er nicht grob unbillig ist. Dies lehnt sich an die gesetzliche Regelung des § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB an, der für Schiedsgutachter entsprechend gilt. Ob die Leistungsbestimmung des Sachverständigen Dr. H in diesem Sinne unbillig ist oder nicht, kann hier jedoch dahinstehen. Dem steht § 5 Nr. 4 Satz 2 des Erwerbsvertrages entgegen. Die Beklagten sind mit ihren im Prozeß geltend gemachten Einwendungen gegen das Gutachten ausgeschlossen. Sie haben diese Einwendungen nicht innerhalb der im Erwerbsvertrag festgelegten Frist von zwei Wochen nach Aushändigung des Übergabeprotokolls schriftlich gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht.

Das Übergabeprotokoll ist am 14. und 15.1.1999 erstellt worden, wie inzwischen zwischen den Parteien unstreitig ist. Der Sachverständige hatte sich eine Berichtigung bis zum 31.1.1999 vorbehalten. Zwei solche Berichtigungen sind auf entsprechende Mitteilungen der Klägerin erfolgt. Die letzte erfolgte mit Schreiben vom 7.2.1999. Daraus ergibt sich der letzte Stand des Übergabeprotokolls. Die Zwei-Wochen-Frist zur Erhebung von Einwendungen begann damit nach Zugang dieses Schreibens zu laufen. Wann ihnen das Protokoll zugegangen ist, haben die Beklagten nicht vorgetragen. Es ist allerdings davon auszugehen, daß es ihnen innerhalb von drei Tagen nach Absendung zugegangen ist. Die einzige schriftliche Mitteilung über Einwendungen, die die Beklagten der Klägerin übermittelt haben, stammt vom 4.5.1999 und nimmt Bezug auf eine Besprechung vom 29.4.1999. Zu diesem Zeitpunkt war die Zwei-Wochen-Frist lange abgelaufen.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagten hätten noch am 17.2.1999 die dem Gutachten zugrunde liegende Schätzungsliste angefordert, die ihnen der Schiedsgutachter mit Schreiben vom 13.3.1999 nochmals übersandt habe. Auf den Zugang der Schätzungsliste, deren Empfang die Beklagten in der Niederschrift vom 14./15.1.1999 bereits schriftlich bestätigt hatten, kommt es für den Lauf der Frist des § 5 Nr. 4 Satz 2 des Vertrages zwar nicht an. Selbst wenn man hier jedoch zugunsten der Beklagten die gegenteilige Ansicht vertreten würde, hätte der Lauf der Frist jedenfalls spätestens am 16.3.1999 begonnen. Dabei kommt man wiederum zu dem Ergebnis, daß die Frist zur Geltendmachung von Einwendungen Ende April bzw. Anfang Mai 1999 abgelaufen war.

Die Zwei-Wochen-Frist ist nach ihrem Wortlaut eine Ausschlußfrist. Die Verwendung des Wortes "spätestens" kann nicht anders verstanden werden, als daß Einwendungen gegen das Gutachten nach Ablauf der Frist nicht mehr geltend gemacht werden können. Wie die Beklagten in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 4.10.2001 selbst dargelegt haben, sollte diese Vertragsklausel bewirken, daß die Parteien "baldige Klarheit haben". Dies ist mit einer "Ordnungsklausel", deren Zweck die Beklagten auch nicht erläutern können, nicht zu bewerkstelligen, sondern nur mit einer hier auch vereinbarten Ausschlußklausel. Die Bestimmung eines Schiedsgutachters hat den Zweck, die Leistungsbestimmung dem Streit der Parteien zu entziehen. Es sollte gerade nicht Jahre später zwischen den Parteien darüber gestritten werden, ob das übernommene lebende und tote Inventar zutreffend bewertet worden ist oder nicht.

Damit haben die Parteien § 319 Abs. 1 BGB modifiziert. Dies ist durch Individualvereinbarung zulässig. Daß es sich bei dem Vertrag um individualvertraglich modifizierte Allgemeine Geschäftsbedingungen der Klägerin gehandelt hat, haben die Beklagten auf Seite 4 ihres Schriftsatzes vom 3.4.2000 selbst dargelegt. Selbst wenn es sich bei dieser Vertragspassage um Allgemeine Geschäftsbedingungen handeln würde, wäre nicht ersichtlich, daß sie die Beklagten in unangemessener Weise benachteiligen würden. Diese Bestimmungen weichen nicht von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen ab. Der Sachverständige hatte gebrauchtes Feldinventar und Maschinen sowie Vieh und verderbliche Vorräte zu bewerten. Gebrauchte Sachen hätten, wenn sie an die Beklagten verkauft und nicht als Teil des Vermögens der erworbenen Gesellschaft auf die Beklagten übergegangen wären, zulässigerweise unter Ausschluß jeglicher Gewährleistung veräußert werden können. Auch beim Viehkauf gelten kurze, durch Vertrag sogar noch verkürzbare Gewährleistungsvorschriften, vgl. §§ 481 ff. BGB.

Soweit die Beklagten einwenden wollen, die Mängel an dem übernommenen Inventar seien versteckt und ihnen erst später aufgefallen, kann dies, wenn man zu ihren Gunsten § 377 Abs. 2 HOB entsprechend anwenden will, dazu führen, daß sie innerhalb von zwei Wochen nach Entdeckung den Mangel bei der Klägerin hätten anzeigen müssen, § 377 Abs. 3 HGB entsprechend. Auch dies ist jedoch nicht vorgetragen. Vorgetragen haben die Beklagten vielmehr das Gegenteil. So haben sie auf Seite 6 der Berufungsbegründung behauptet, kurz nach erfolgter Betriebsübernahme hätten sie festgestellt, daß die von dem Sachverständigen ermittelten Gebrauchswerte der Viehherde sowie der Vorräte bei weitem nicht den tatsächlichen Werten entsprächen. Dann hätten sie unverzüglich, jedenfalls aber innerhalb von zwei Wochen Einwendungen erheben müssen. Das haben sie jedoch unterlassen.

Daß die Klägerin ihr bekannte Mängel den Beklagten arglistig verschwiegen hätte, haben die Beklagten nicht - jedenfalls nicht ausreichend substantiiert - vorgetragen.

Da die Beklagten mit allen Einwendungen gegen das Gutachten des Sachverständigen Dr. H ausgeschlossen sind, können sie auch gegen die von der B GmbH erstellte Verkaufsbilanz nicht gemäß § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB einwenden, sie sei deshalb offenbar unbillig, weil das Gutachten des Sachverständigen Dr. H unbillig sei.

Nicht ausgeschlossen sind sie möglicherweise mit ihren in zweiter Linie geltend gemachten Einwendungen, die die Bewertung des Gebäudeeigentums an den beiden Lagerhallen betreffen, weil dies einen Teil der Verkaufsbilanz betrifft, der von der Bewertung des Sachverständigen Dr. H unabhängig ist. Zwar ist nicht recht verständlich, warum die Bilanz insoweit offenbar unrichtig sein soll. Den Beklagten ist es nach ihrem eigenen Vortrag gelungen, ein Recht zum Besitz an Teilflächen gemäß Art. 233 § 2a EGBGB in das Grundbuch eintragen zu lassen. Schon allein dieses Besitzrecht hat einen wirtschaftlichen Wert. Die Frage, ob die Bilanz insoweit offenbar unrichtig ist oder nicht, brauchte hier jedoch nicht entschieden werden. Selbst wenn die Behauptung der Beklagten richtig und der Wert der Lagerhallen mit 0,00 DM anzusetzen wäre, würde die Aktivseite der Verkaufsbilanz mit 2,334.955,33 DM enden. Auf der Passivseite müßten die Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin bzw. der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben um 100.000,00 DM auf 1.860.826,79 DM reduziert werden, damit die Bilanz ausgeglichen ist. Auch in diesem Falle betrüge die Darlehensverbindlichkeit, die die Beklagten zu bedienen hätten mehr als 1,8 Mio. DM, so daß der hier von der Klägerin eingeklagte Betrag in jedem Falle geschuldet ist.

Der Betrag in Höhe von 300.000,00 DM ist auch fällig. Dies hat das Landgericht zu Recht festgestellt.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 6 Nr. d) des Kauf- und Abtretungsvertrages vom 11.1.1999.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 4.10.2001 war gemäß § 296 a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen. Er bat auch keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Beschwer der Beklagten ist gemäß § 546 Abs. 2 S. 1 ZPO anzugeben.

Ende der Entscheidung

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