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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.07.2002
Aktenzeichen: 6 U 173/01
Rechtsgebiete: ZPO, UWG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 91
ZPO § 543 Abs. 1
UWG § 1
UWG § 3
BGB § 1004
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 173/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

verkündet am 16. Juli 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König, den Richter am Oberlandesgericht Kuhlig und den Richter am Landgericht Staats

auf die mündliche Verhandlung vom 25.6.2002

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.10.2001 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin (Az.: 6 O 79/01) abgeändert.

Die einstweilige Verfügung der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Neuruppin vom 2.8.2001 (6 O 79/01) wird aufgehoben; der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Verfügungsklägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Zu Unrecht hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil die von ihm erlassene einstweilige Verfügung aufrechterhalten. Denn die einstweilige Verfügung hätte nicht ergehen dürfen, weil der Verfügungsklägerin gegen die Verfügungsbeklagte ein Anspruch auf Unterlassung der beanstandeten Verhaltensweise - Befüllung von im Eigentum der Verfügungsklägerin stehenden, an Kunden der Verfügungsklägerin vermieteten und in deren unmittelbarem Besitz befindlichen Gasbehältern - aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zusteht.

Ein Verstoß gegen die Grundsätze des lauteren Wettbewerbs und damit ein Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin aus §§ 1, 3 UWG käme nur dann in Betracht, wenn die Verfügungsbeklagte die Kunden H und W, deren von der Verfügungsklägerin gemietete Tanks sie unstreitig mit Flüssiggas befüllt hat, zum Vertragsbruch verleitet oder deren Vertragsbruch in anstößiger Weise ausgenutzt hätte. Dass dem so war, hat die insoweit darlegungspflichtige Verfügungsklägerin bereits nicht hinreichend dargelegt. Vielmehr ist mit dem Vorbringen der Verfügungsbeklagten davon auszugehen, dass die Kunden auf ausdrückliche Frage der mit der Anlieferung des Flüssiggases befassten Bediensteten der Verfügungsbeklagten diesen gegenüber erklärt haben, die Tanks seien "bezugsfrei". Dass die Tanks mit der Firma der Verfügungsklägerin beschriftet waren, führt angesichts der unstreitigen Tatsache, dass auch einige Tanks mit einer derartigen Beschriftung im Eigentum von Gaskunden stehen, zu keiner anderen Beurteilung; die Bediensteten der Vefügungsbeklagten durften sich unter diesen Umständen mangels besonderer weiterer Anhaltspunkte für ein vertragwidriges Verhalten der Kunden gegenüber der Verfügungsklägerin auf die Angaben der Besteller verlassen.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht der Verfügungsklägerin auch aus § 1004 BGB ein Unterlassungsanspruch gegen die Verfügungsbeklagte nicht zu. Allerdings kann auch die Verfügungsklägerin als die Eigentümerin der vermieteten Tanks grundsätzlich gem. § 1004 BGB Dritte auf Unterlassung in Anspruch nehmen, wenn von deren Seite eine Beeinträchtigung des Eigentums in anderer Weise als durch Besitzentziehung - etwa durch Beschädigung oder Zerstörung - zu befürchten ist. Im vorliegenden Fall scheitert der Anspruch jedoch daran, dass der Dritte - die Verfügungsbeklagte - mit Willen des Mieters tätig geworden ist und sich im Rahmen der dem Mieter überlassenen Eigentümerbefugnisse gehalten hat. In einem derartigen Fall fehlt es nach richtiger Auffassung (vgl. Picker, Der negatorische Beseitigungsanspruch 1972; Gursky, JR 1989/397) an einer Beeinträchtigung im Sinne des § 1004 BGB. Diese ist nämlich nur dann gegeben, wenn ein Störer hinsichtlich einer beweglichen Sache oder eines Grundstückes Befugnisse für sich in Anspruch nimmt, die allein dem Eigentümer zustehen. Soweit der Eigentümer selbst derartige Befugnisse einem anderen überlassen hat, steht ihm ein Unterlassungsanspruch weder diesem noch gegenüber dritten Personen zu, die im Einverständnis des anderen und im Rahmen der diesem überlassenen Eigentümerbefugnisse tätig werden. Im vorliegenden Fall war den Mietern kraft der mit der Verfügungsklägerin abgeschlossenen Tankmietverträge die ursprünglich der Verfügungsklägerin zustehende Gebrauchsmöglichkeit, die Tanks mit in ihrem - der Mieter - Eigentum stehenden Flüssiggas zu befüllen, übertragen. Durch die Befüllung der Tanks mit nicht von der Verfügungsklägerin gelieferten Flüssiggas wurden zwar Vermögensinteressen der Verfügungsklägerin insofern beeinträchtigt, als ihre Mieter gegen die vereinbarte Lieferbindung verstießen und ihr damit die von den Mietern versprochene Einnahmemöglichkeit verlorenging; insofern mögen der Verfügungsklägerin Schadensersatz- und vertragliche Unterlassungsansprüche gegen die Mieter zustehen. Die Verfügungsbeklagte hat dagegen mit der Befüllung lediglich solche objektive Gebrauchsvorteile in Anspruch genommen, die die Verfügungsklägerin bereits ihren Mietern übertragen und damit für die Dauer des Mietverhältnisses verloren hatte. Sie hat damit die Verfügungsklägerin in ihren Eigentümerbefugnissen nicht über das durch die Gebrauchsüberlassung an die Mieter bereits eingetretene Maß hinaus beeinträchtigt.

Entgegen der von der Verfügungsbeklagten geäußerten Ansicht erscheint die Gewährung eines Unterlassungsanspruchs aus § 1004 BGB in Fällen der vorliegenden Art auch nicht aus übergeordneten rechtspolitischen Gründen geboten. Auf der einen Seite wird die Verfügungsklägerin schon deshalb nicht rechtlos gestellt, weil ihr aus der schuldrechtlichen Verbindung mit ihren Kunden Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche zustehen und ihr billigerweise zuzumuten ist, ihr Vertrauen dort zu suchen, wo sie es gelassen hat. Zum anderen würde die Annahme eines Unterlassungsanspruchs zu für die geschäftliche Tätigkeit der Verfügungsbeklagten unannehmbaren Konsequenzen führen. Da der Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB unabhängig von subjektiven Voraussetzungen ist, müsste er auch dann gegeben werden, wenn der Tank, mit dessen Befüllung die Verfügungsbeklagte beauftragt wird, keinerlei äußere Kennzeichen dafür trägt, dass der Kunde nicht Eigentümer des Tanks ist. Ohne die Gefahr, sich einem Unterlassungsanspruch auszusetzen, könnte unter diesen Umständen die Verfügungsbeklagte überhaupt nur dann Flüssiggas an ihre Kunden liefern, wenn es sich um von ihr selbst zur Verfügung gestellte Tanks handelt oder ihr durch rechtskräftiges Feststellungsurteil nachgewiesen ist, dass der zu beliefernde Kunde Eigentümer des Tanks ist.

Mangels eines Verfügungsanspruchs hätte daher die einstweilige Verfügung nicht ergehen dürfen; sie war aufzuheben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückzuweisen.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

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