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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 05.12.2006
Aktenzeichen: 6 U 32/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 181
BGB § 195 n. F.
BGB § 242
GmbHG § 43
GmbHG § 43 Abs. 2
ZPO § 517
ZPO § 520
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 32/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 05.12.2006

Verkündet am 05.12.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König, die Richterin am Oberlandesgericht Eberhard und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2.3.2006 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin - 3 O 181/05 - abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 96.122,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.6.2005 zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Der Beklagte war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der J. F... Z... GmbH, die in H... ein Zahnlabor betrieb.

Mit Kaufvertrag vom 25.2.1998 (Bl. 10-18 d. A) erwarb die Klägerin noch unter der Firmierung J. F... Z... GmbH & Co. (in Gründung) von der J. F... Z... GmbH deren Vermögensgegenstände zu einem Kaufpreis von 2.000.000,- DM. Grundlage des Kaufpreises war ein zwischen den Parteien vereinbarter Mindestumsatz des Zahnlabors im Zeitraum vom 1.3.1998 bis zum 28.2.2005 in Höhe von 32.900.000,- DM. Im Falle der Unterschreitung dieses Umsatzes sollte sich der Kaufpreis prozentual entsprechend der Minderung des Umsatzes mindern. Die Kaufpreisreduzierung war jedoch der Höhe nach auf insgesamt 600.000 DM beschränkt. Dieser mögliche Kaufpreisrückerstattungsanspruch wurde mit der in § 2 3. b) des Vertrages enthaltenen Vereinbarung abgesichert, wonach der Kaufpreis Zug um Zug gegen Übergabe einer Bankbürgschaft über 600.000,- DM fällig werden sollte.

Der Kaufvertrag sah außerdem vor, dass der Beklagte seit dem 1.3.1998 bei der Klägerin fest eingestellt werden sollte.

Nachdem die J. F... Z... GmbH eine entsprechende Bankbürgschaft (Bl. 19-20 d. A) zur Verfügung gestellt hatte, zahlte die Klägerin den Kaufpreis. Die die Bürgschaft gewährende Bank machte die Wirksamkeit der Bürgschaft davon abhängig, dass der Kaufpreis von 2.000.000 DM auf ein bei ihr eingerichtetes Treuhandkonto eingezahlt wurde.

Der Beklagte wurde zum weiteren Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin bestellt, ohne von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit zu sein. Neben ihm gab es zwei weitere Geschäftsführer. Immer zwei Geschäftsführer konnten die Komplementärin gemeinschaftlich vertreten.

Der Beklagte richtete unter dem 3.2.1999 ein von ihm nicht unterzeichnetes Schreiben (Bl. 21 d. A) unter dem Betreff "Geldanlage für die Summe, die ich mit einer Bankbürgschaft abgesichert habe" an die F... D... Zentrale. Darin heißt es:

Im Zuge des Unternehmenskaufvertrages wurde vereinbart, eine Summe von 600.000,00 DM mit einer Bankbürgschaft für sieben Jahre bei mir zu belassen. Diese Summe lasse ich zur Zeit von meiner Hausbank im Rahmen einer Vermögensverwaltung verwalten ... Ich habe die Absicht, dieses Geld in einer Lebensversicherung anzulegen mit einer Laufzeit von 12 Jahren. ... Die Lebensversicherung würde ich (der Klägerin) verpfänden. Für die Bankbürgschaft muß ich für die Dauer der sieben Jahre pro Jahr auch noch 1,5 % bezahlen. Mit diesem Schreiben möchte ich Ihre Zustimmung zu dieser Superidee erwirken. ... Ich würde mich freuen, wenn Sie eine positive Entscheidung treffen könnten.

Der damalige Mitgeschäftsführer der Klägerin Dr. L... vermerkte auf dem Schreiben sein Einverständnis und verfügte seine Weiterleitung an den weiteren Mitgeschäftsführer S....

Die Klägerin veranlasste daraufhin, dass die F... Zentrale GmbH die Bankbürgschaft mit Schreiben vom 12.2.1999 (Bl. 82 d. A.) der Bank zurückreichte. Eine Verpfändung einer Versicherungspolice durch den Beklagten zu Gunsten der Klägerin ist in der Folgezeit nicht erfolgt.

Der Beklagte meldete als Geschäftsführer der J. F... Z... GmbH, die zwischenzeitlich in E... GmbH umbenannt worden war, unter dem 24.1.2001 zum Handelsregister eine Änderung des Stammkapitals an (Bl. 100-102 d. A.). Aus der Anmeldung geht hervor, dass er nicht mehr Alleingesellschafter war. Im März 2002 veräußerten die Gesellschafter der E... GmbH die Geschäftsanteile an zwei nicht kreditwürdige Erwerber. Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der E... GmbH aus dem Jahr 2003 wurde mit Beschluss vom 6.3.2006 (Bl. 207 d. A.) mangels Masse zurückgewiesen.

Der Beklagte war seit dem 7.6.2002 Alleingeschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin und blieb dies bis zum 23.5.2005. Die Gesellschafterversammlung der Klägerin erteilte ihm Entlastung für die Wirtschaftsjahre 1999 bis 2003.

Mit Ablauf des 28.2.2005 wurde in dem von der Klägerin erworbenen Zahnlabor ein Umsatz seit dem 1.3.1998 in Höhe von 29.808.040,08 DM ermittelt. Den darin liegenden Minderumsatz ermittelt die Klägerin mit 9,4 % und errechnet hieraus die Klageforderung von 96.122,87 € (= 188.000,- DM).

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe die finanzielle Situation der Erwerber seiner Geschäftsanteile an der J. F... Z... GmbH gekannt und gewollt an unseriöse und zahlungsunfähige Erwerber veräußert. Sie hat gemeint, der Beklagte habe damit die ihm als ihrem, der Klägerin, Geschäftsführer obliegenden Pflichten verletzt.

Der Beklagte sei darüber hinaus durch die unter dem 3.2.1999 getroffene Vereinbarung verpflichtet gewesen, für die Sicherung der eventuellen Rückerstattungsforderung der Klägerin Sorge zu tragen. Der Mitgeschäftsführer L... habe auf dem Schreiben des Beklagten vom 3.2.1999 am 12.2.1999 nach Rücksprache mit dem Mitgeschäftsführer S... sein Einverständnis vermerkt und es dem Beklagten übergeben. Selbst wenn man in Vorstehendem die Begründung eines Vertragsverhältnisses nicht sehen wollte, seien mündliche Gespräche zwischen dem Mitgeschäftsführern L... und dem Beklagten geführt worden, die eine entsprechende mündliche Einigung enthielten.

Durch die Rückgabe der Bürgschaft sei der Beklagte ungerechtfertigt bereichert. Selbst wenn gegen ihn gerichtete Bereicherungsansprüche mit Ablauf des 31.12.2004 verjährt wären, müsse er die Klageforderung bezahlen. Denn er sei als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin dafür verantwortlich, dass die Ansprüche verjährt seien.

Ansprüche aus § 43 GmbHG seien nicht verjährt, weil der Lauf der Verjährung erst mit Anspruchsentstehung und damit mit Eintritt des Schadens beginne. Der Schaden habe aber erst mit Ablauf der Frist zur Berechnung des kaufpreisbildenden Mindestumsatzes beziffert werden können. Der Beklagte könne sich auch nicht auf eine Entlastung durch die Gesellschafterversammlung für die Wirtschaftsjahre 1999 bis 2003 berufen. Eine wirksame Entlastung hätte vorausgesetzt, dass den Gesellschaftern bei Beschlussfassung der den § 43 GmbHG ausfüllende Sachverhalt bekannt gewesen sei. Diese hätte jedoch erst 2005 Kenntnis über das dem Beklagten vorwerfbare Verhalten erlangt.

Die Gesellschafter der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin haben am 24.5.2005 (Bl. 30-31 d. A.) beschlossen, dass gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Geschäftsführung geltend gemacht werden sollen. Die Klägerin hat Ansprüche nicht nur aus eigenem Recht, sondern auch aus abgetretenem Recht ihrer Komplementärin geltend gemacht.

Die Klägerin hat mit ihrer am 27.5.2005 bei Gericht eingegangenen Klage beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 96.122,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

hilfsweise,

den Beklagten zu verurteilen, ihr ein Pfandrecht an seinen Ansprüchen gegen den Versicherer aus einem mit einer Beitragsleistung von mindestens 600.000,- DM (306.775,13 €) dotierten Lebensversicherungsvertrag zu verschaffen und der Klägerin den Versicherungsschein zu übergeben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Er hat gemeint, der Klageanspruch sei jedenfalls verwirkt, weil die Klägerin über sechs Jahre nicht an ihn herangetreten sei.

Er sei nicht zur Erstattung des überzahlten Kaufpreises verpflichtet, dies sei allein die J. F... Z... GmbH.

Er hat gemeint, ein Vertrag über den Ersatz der Bürgschaft durch Verpfändung einer Lebensversicherung sei zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Dem von ihm übersandten Schreiben fehle es an hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit. Auch hätte ein Austausch der Sicherung eine Änderung des Kaufvertrages vom 25.2.1998 bedeutet, für die die Vertragsparteien in § 9 Abs. 6 die Schriftform vereinbart hätten. Sein Telefax an die Klägerin vom 3.2.1999 schließe nicht mit einer Unterschrift und erfülle daher das Schriftformerfordernis nicht. Darüber hinaus sei ihm die auf dem Schreiben durch den Mitgeschäftsführer Dr. L... vermerkte Einverständniserklärung zu keinem Zeitpunkt zugegangen. Zum damaligen Zeitpunkt sei keiner der Mitgeschäftsführer zur Alleinvertretung berechtigt gewesen, so dass die Unterschrift des Mitgeschäftsführers Dr. L... eine vertragliche Vereinbarung nicht habe begründen können.

Auch als Geschäftsführer der Klägerin habe ihm keine Pflicht gegenüber der Klägerin oblegen, die J. F... Z... GmbH fortzuführen und nicht zu verkaufen. Den Gesellschaftern der Klägerin sei ein Mitverschulden vorzuhalten, weil es ihnen oblegen hätte, für die Ersetzung der Sicherung des Rückerstattungsanspruchs aus dem Kaufvertrag zu sorgen.

Er sei durch die Rückgabe der Bürgschaft nicht bereichert, dies sei allein die J. F... Z... GmbH.

Das Landgericht hat mit am 2.3.2006 verkündetem Urteil die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, zwar dürfte eine Pflichtverletzung des Beklagten gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG darin liegen, dass er für das zurückgegebene Sicherungsmittel der Klägerin keinen Ersatz verschafft habe. Der Anspruch sei jedoch verjährt. Die Verjährungsfrist habe am 12.2.1999 zu laufen begonnen, Verjährung sei im Februar 2004 eingetreten. Verjährt seien auch alle übrigen in Betracht kommenden Ansprüche. Dies gelte auch für den Hilfsanspruch.

Gegen dieses Urteil, ihr zugestellt am 10.3.2006, hat die Klägerin durch bei Gericht am 27.3.2006 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese durch am 28.4.2006 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie meint, Verjährung sei nicht eingetreten. Für den Verjährungsbeginn sei nicht auf die Rückgabe der Bürgschaft abzustellen. Hierbei habe das Landgericht einen Sachverhalt unterstellt, den der Beklagte selbst nicht vorgetragen habe. Der Eintritt des Schadens habe erst am 28.2.2005 festgestanden. Das Landgericht habe zu Unrecht nicht den Schluss gezogen, dass der Beklagte die Undurchsetzbarkeit der Ansprüche pflichtwidrig verursacht habe.

Die Klägerin hat mit der Berufung zunächst ihre erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt, in der mündlichen Verhandlung vom 7.11.2006 jedoch mit Zustimmung des Beklagten den Hilfsantrag zurückgenommen. Die Klägerin beantragt zuletzt, den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 2.3.2006 - 3 O 181/05 - zu verurteilen, an sie 96.122,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält das landgerichtliche Urteil für richtig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 517, 520 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hat Erfolg.

Der Klägerin steht ein Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung des mit dem Zahlungsantrag geltend gemachten Betrages zu.

1.) Ein entsprechender Anspruch ergibt sich allerdings nicht schon aus § 2 Nr. 2 und 3 des Kaufvertrages vom 25.2.1998, den die Klägerin mit der J. F... Z... GmbH abgeschlossen hat. Der Unternehmenskaufvertrag ist nicht mit dem Beklagten abgeschlossen worden, sondern nur mit der J. F... GmbH. Der Beklagte hat zwar in diesem Vertrag einige persönliche Verpflichtungen übernommen, allerdings war er unzweifelhaft aus dem Unternehmenskaufvertrag nicht verpflichtet, der Klägerin eine Sicherheit für deren eventuellen Kaufpreisrückzahlungsanspruch zu bestellen oder aber ihr einen zu viel gezahlten Kaufpreis zu erstatten.

2.) Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien des Unternehmenskaufvertrages diesen dahingehend abgeändert haben, dass der Beklagte, und nicht die J. F... GmbH, eine Sicherheit bestellen und für etwaige Rückzahlungsansprüche der Klägerin einstehen sollte. Eine entsprechende Vereinbarung der Vertragsparteien, d. h. der Klägerin mit der J. F... GmbH, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Beklagte ist mit seinem an die F...-D... Zentrale gerichteten Schreiben vom 3.2.1999 unter einem Briefkopf der Firmengruppe, der die Klägerin angehört, aufgetreten, nicht im Namen der J. F... GmbH. In seinem Schreiben ist er ausdrücklich in eigenem Namen aufgetreten.

3.) Der Beklagte ist jedoch auf die Klage zu verurteilen, weil er mit der Klägerin vereinbart hat, dass er statt der von der J. F... GmbH gestellten Bankbürgschaft eine andere Sicherheit für den Kaufpreisrückzahlungsanspruch stellt, er diese Verpflichtung nicht erfüllt hat und die Klägerin ihren Rückzahlungsanspruch gegen die J. F... GmbH nicht realisieren kann.

a.) Die Parteien haben miteinander vereinbart, dass die Klägerin die von der J. F... GmbH gestellte Bankbürgschaft zurückgibt und der Beklagte der Klägerin eine Lebensversicherung verpfändet.

Der Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, der Klägerin das Fax vom 3.2.1999 übersandt zu haben. Es ist deshalb unschädlich, dass es von ihm nicht handschriftlich unterzeichnet ist.

Er hat darin die Klägerin gebeten, dass die J. F... GmbH aus der Verpflichtung entlassen wird, eine Sicherheit in Form einer Bankbürgschaft zu bestellen. Als Gegenleistung hierfür hat er angeboten, die Summe von 600.000 DM in einer (Kapital-)Lebensversicherung anzulegen, die zugunsten der Klägerin verpfändet werden soll. Zuzugeben ist dem Beklagten, dass er mit diesem Schreiben nicht eine ganz bestimmte Lebensversicherung zur Verpfändung angeboten, sondern vielmehr erklärt hat, es sei auch eine Lebensversicherung bei der Gothaer-Lebensversicherung möglich, wenn dieses Unternehmen bessere oder gleichwertige Konditionen anbiete wie die, welche er eingeholt habe. Dieser Umstand führt jedoch nicht dazu, dass das Angebot in dem Schreiben vom 3.2.1999 derart unbestimmt wäre, dass eine vertragliche Vereinbarung überhaupt nicht zustande gekommen ist. Die Auslegung des Schreibens vom 3.2.1999 ergibt vielmehr ohne weiteres, dass der Beklagte der Klägerin für den Fall der Rückgabe der Bankbürgschaft eine Ersatzsicherheit verschaffen wollte, die der Klägerin eine vergleichbare Sicherheit wie eine Bankbürgschaft bietet. Daraus ergibt sich, dass das Angebot des Beklagten von einem entsprechenden Rechtsbindungswillen getragen war.

Dieses Angebot hat die Klägerin angenommen. Zwar hat der Beklagte bestritten, dass die Klägerin ihm gegenüber durch ihren weiteren Geschäftsführer ausdrücklich die Annahme seines Angebotes erklärt hat. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Denn die Klägerin hat das Angebot des Beklagten jedenfalls dadurch konkludent angenommen, dass mit Schreiben vom 12.2.1999 an die Bayerische Vereinsbank AG die Bankbürgschaft zurückgegeben und die Bank gebeten hat, dem Avalkonto des Beklagten den Bürgschaftsbetrag gutzuschreiben und angekündigt hat, dem Beklagten eine Kopie dieses Schreibens zu übersenden. Dabei hat sie die Leistung, die der Beklagte von ihr begehrte, erfüllt. Darin liegt eine Annahme seines Angebotes.

Die Annahmeerklärung ist dem Beklagten auch zugegangen. Zwar hat der Beklagte bestritten, eine Kopie des Schreibens vom 12.2.1999 erhalten zu haben. Jedoch hat er jedenfalls als Geschäftsführer der J. F... Z... GmbH Kenntnis von der Rückgabe der Bürgschaftsurkunde an die Bayerische Vereinsbank AG erhalten. Der Beklagte war weit über diesen Zeitpunkt hinaus Geschäftsführer der J. F... GmbH, mindestens bis zum 24.1.2001.

Ausweislich des Inhalts der Bürgschaftsurkunde vom 6.4.1998 erlischt die Bankbürgschaft mit der Rückgabe der Urkunde. Das Erlöschen der Bürgschaft muss deshalb der J. F... Z...k GmbH als Auftraggeberin mitgeteilt worden sein. Denn diese wurde mit der Rückgabe der Bürgschaft von ihrer Verpflichtung frei, 1,5 % des Bürgschaftsbetrages zu zahlen. Außerdem endete mit der Rückgabe der Bürgschaft die Verwaltung des zu deren Besicherung hinterlegten Betrages, die ausweislich des Schreibens des Beklagten vom 3.2.1999 derart "wechselhaft und von starken Turbulenzen begleitet" war, dass sie seine Aufmerksamkeit in erheblichem Umfang gebunden haben muss. Der Beklagte hatte nämlich bei einer anderweitigen Anlage der Summe, die er mit einer Bürgschaft abgesichert hatte, in Aussicht gestellt, dass ein solches Engagement "nicht unbedingt (seine) volle Aufmerksamkeit" benötige, so dass er "noch mehr Zeit und Gedanken " dem klägerischen Konzern "widmen könne. Der Beklagte muss deshalb von der Rückgabe der Bürgschaft, dem Ende der Vermögensverwaltung und dem Entfallen der Zinszahlungsverpflichtung Kenntnis erlangt haben. Damit ist ihm die Annahmeerklärung der Klägerin auf sein Angebot vom 3.2.1999 zugegangen.

b.) Dass die Parteien bei dieser Vereinbarung die in § 9 Abs. 6 des Kaufvertrages vom 25.2.1998 vorgesehene Schriftform für Änderungen und Ergänzungen des Vertrages sowie für den Verzicht auf das Schriftformerfordernis nicht eingehalten haben, ist unschädlich. Denn die Parteien haben das Schriftformerfordernis insgesamt stillschweigend abbedungen.

Der entsprechende Verzicht auf das Schriftformerfordernis auf Seiten des Beklagten liegt in dem von ihm nicht unterschriebenen Telefax, mit der er der Klägerin ein Angebot von erheblicher wirtschaftlicher Tragweite gemacht hat. Die Annahme dieses Angebotes durch die Klägerin stellt gleichzeitig auch die Annahme des Angebotes auf Verzicht auf das Schriftformerfordernis dar.

c.) Unstreitig hat der Beklagte der Klägerin keine Ersatzsicherheit bestellt. Es ist auch unstreitig, dass die Klägerin ihren Anspruch auf Kaufpreisminderung nicht durchsetzen kann. Dies führt dazu, dass der Beklagte wegen Nichterfüllung seiner Verpflichtung der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet ist, wobei ihr Schaden dem entspricht, was sie von der J. F... Z... GmbH gemäß § 2 Nr. 2 als Kaufpreisminderung beanspruchen könnte. Der Anspruch der Klägerin entspricht der Höhe nach der Klageforderung, deren Berechnung der Beklagte nicht beanstandet hat.

d.) Dem Klageanspruch kann der Beklagte die Einrede der Verjährung nicht entgegenhalten.

Zwar ist davon auszugehen, dass der Primäranspruch auf Bestellung einer Sicherheit verjährt ist. Der Anspruch verjährt entsprechend Art. 229 § 6 Abs. 4 EGBGB nach der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB n. F. nach drei Jahren nach dem 1.1.2002, d. h. mit Ablauf des 31.12.2004. Die Klage ist erst danach, nämlich im Jahre 2005 erhoben worden.

Jedoch ist der Schadensersatzanspruch wegen Nicht-Gestellung der Sicherheit nicht verjährt. Die Verjährung für einen Schadensersatzanspruch beginnt erst mit Entstehung des Schadens. Ein Schaden ist erst im Jahre 2005 eingetreten.

Durch die Freigabe der Bürgschaft im Februar 1999 hat sich das Vermögen der Klägerin nicht vermindert. Die Bürgschaft sollte lediglich einen möglicherweise in der Zukunft einmal entstehenden Anspruch besichern. Ob dieser Anspruch einmal entstehen würde, war im Jahre 1999 nicht sicher. Dass der Klägerin ein Anspruch auf Teilrückzahlung des Kaufpreises zusteht, konnte vor dem 28.2.2005 überhaupt nicht festgestellt werden, weil der bis dahin angefallene Umsatz erst ermittelt werden musste. Erst in diesem Zeitpunkt konnte durch die unterbliebene Besicherung des Kaufpreisrückforderungsanspruches ein Schaden eintreten. Die Freigabe der Bürgschaft stellte für die Klägerin mithin lediglich eine Vermögensgefährdung dar, noch keinen Schaden. Der Schaden tritt in einem derartigen Fall erst dann ein, wenn sich die Vermögensgefährdung in einem Schaden manifestiert hat (BGH NJW 2002, 888). Dies war erst im Jahre 2005 der Fall. Die Klage ist kurz nach dem Schadenseintritt erhoben und damit die Verjährung gehemmt worden.

Selbst wenn man die Auffassung vertreten sollte, dass bereits mit der Weggabe der Sicherheit der Schaden eingetreten ist oder dass der Schadensersatzanspruch wegen Nicht-Gestellung der Sicherheit nicht nach dem Primäranspruch verjähren kann, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Zwar wäre dann Verjährung eingetreten. Der Beklagte ist jedoch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben daran gehindert, sich auf den Verjährungseintritt zu berufen. Dies würde gegen das Verbot unzulässiger Rechtsausübung verstoßen, § 242 BGB.

Es oblag nämlich u. a. dem Beklagten, für die Klägerin ihren Anspruch auf Gestellung einer Ersatzsicherheit in unverjährter Zeit durchzusetzen. Er war zunächst neben zwei weiteren Geschäftsführern, später allein Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin. Als Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin hatte er dafür zu sorgen, dass sich diese nicht gegenüber der Klägerin schadensersatzpflichtig machte. Die Komplementärin war aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Stellung der Klägerin gegenüber verpflichtet, von ihr Schaden fernzuhalten und dafür zu sorgen, dass die Klägerin im Verhältnis zur J. F... Z... GmbH nicht ohne Sicherheit für ihren möglichen Kaufpreisrückzahlungsanspruch blieb. Für die Komplementärin der Klägerin hätte der Beklagte deshalb verjährungsunterbrechende bzw. verjährungshemmende Maßnahmen ergreifen müssen. Dass er dies pflichtwidrig unterlassen hat, kann ihm nunmehr als Schuldner der Klägerin nicht zum Vorteil gereichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, § 543 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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