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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 12.04.2005
Aktenzeichen: 6 U 51/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 985
BGB § 662
BGB § 667
BGB § 1006
BGB § 1006 I
BGB § 1006 I 2
BGB § 1006 II
ZPO § 418
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 51/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Verkündet am 12.04.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts in Brandenburg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2005 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 6. Februar 2003 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin - 3 O 56/02 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die klagende Stiftung ist das Landesmuseum ... in B.... Die Beklagte, die Tochter des Malers O... N... und seiner im Jahr 1983 verstorbenen Witwe W... N..., ist alleinige Erbin ihrer Mutter. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Herausgabe von 18 Bildern des Malers.

Im Jahr 1970 unternahm die in der DDR ansässige Mutter der Beklagten mit Genehmigung der staatlichen Behörden der DDR zwei Reisen nach B..., um dort aus einer Kunstsammlung des F... W... Ölgemälde und Pastelle des Malers zu erwerben. Die Einzelheiten der Reisen, insbesondere die Herkunft der Valuta zur Begleichung des Kaufpreises sowie die Identität der erworbenen Kunstwerke sind streitig.

Die streitgegenständlichen Bilder sind unter dem 10.9.1970 im Inventar des M... Museums eingetragen worden. In der Spalte "Vorbesitzer" und "Art der Erwerbung, Ankaufspreis" findet sich eine Bleieintragung mit folgendem Inhalt: "Bisher verschollene Bilder 1970 in West-Dt. aufgetaucht, zurückgekauft, 12.000,- einschl. Reisekosten". Außerdem wurden die Bilder auch in Karteikarten für Museen aufgenommen.

Sämtliche streitgegenständlichen Bilder sind in einem 1974 im H...verlag erschienenen Katalog, veröffentlicht von der Akademie ... und dem M... Museum, als "1970 durch Frau W... N... zurückerworben" verzeichnet.

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe sämtliche im Klageantrag genannten Bilder im Besitz. Diese Bilder seien im Jahr 1970 von der Mutter der Beklagten mit Mitteln und im Auftrag des M... Museums bzw. des Ministeriums für Kultur der DDR aus der Sammlung des F... W... erworben worden. Im Anschluß seien die Bilder dem M... Museum ausgehändigt und von diesem inventarisiert worden. Sodann seien sie dem ...-Haus , einer Dependance des M... Museums zu Ausstellungszwecken zur Verfügung gestellt worden. Der Verbleib der Bilder nach Auflösung des ...-Hauses im Jahr 1979 sei nicht mehr nachvollziehbar. Die Klägerin hat gemeint, die Bilder seien im Jahr 1970 an das M... Museum übereignet worden. Sie, die Klägerin, sei Rechtsnachfolgerin des M... Museums, da zu ihrem Stiftungsvermögen alle landeseigenen Museen des vormaligen Ost-Berlin gehörten.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zur Herausgabe von insgesamt 18 im einzelnen näher bezeichneten Werken/Bildern des Künstlers O... N... aus der Sammlung F... W..., gekauft 1970 in Westdeutschland zu verurteilen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat bestritten, im Besitz der Bilder 11 ("...") und 12 ("...") zu sein. Darüber hinaus habe ihre Mutter im Jahr 1970 aus eigenen Mitteln andere Kunstwerke als die hier streitgegenständlichen Bilder aus der Sammlung des F... W... erworben. Die Beklagte hat gemeint, sie sei Eigentümerin der streitgegenständlichen Bilder. Dies ergebe sich aus einem zwischen ihr und ihrer Mutter mit dem Magistrat von ... geschlossenen Vertrag vom 27. Oktober 1972 über eine "Dauerleihgabe" der Bilder, außerdem aus einem Leihvertrag zwischen dem ...-Haus einerseits und ihr sowie ihrer Mutter vom 27. Dezember 1978 andererseits. Für ihre Auffassung spreche zudem, daß ihrer Mutter die streitgegenständlichen Bilder im Jahr 1973 vom M... Museum nach Beendigung des Leihvertrages vom 27. Oktober 1972 zurückgegeben worden seien. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und sich auf Verwirkung berufen.

Das Landgericht hat durch das am 2.6.2003 verkündete Urteil die Klage mit folgender wesentlichen Begründung abgewiesen:

Der Herausgabeanspruch ergebe sich nicht aus § 985 BGB. Hinsichtlich der Bilder Nr. 11 und 12 fehle es bereits am Besitz der Beklagten. Hinsichtlich der übrigen Bilder sei das Eigentum der Klägerin nicht bewiesen. Zunächst spreche die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB für ein Eigentum der Beklagten, da die Bilder sich seit dem Tod von W... N... im Besitz der Beklagten befunden hätten. § 1006 I 2 BGB stehe dem nicht entgegen. Daß die Bilder der Klägerin abhanden gekommen gewesen seien, könne aus dem auf den Karteikarten angebrachten Vermerk "verschollen" nicht geschlossen werden. Gegen ein Abhandenkommen spreche auch der Leihvertrag vom 27.10.1972. Die Bilder seien laut Übergabeprotokoll vom 1.8.1973 unter dem Briefkopf des M... Museums an die Beklagte zurückgegeben worden. Der Gegenbeweis, daß die Klägerin bzw. das M... Museum Eigentum erworben habe, sei nicht geführt. Hierzu reiche es nicht aus, darauf zu verweisen, daß die Bilder 1970 in den Besitz des Museums gelangt seien. Vielmehr müsse der Nachweis geführt werden, daß die Besitzverschaffung der Eigentumsübertragung und nicht einem sonstigen Zweck gedient habe. Die Behauptung der Beklagten, die Übergabe habe der Vorbereitung einer Ausstellung im ...-Haus dienen sollen, sei letztlich nicht widerlegt. Den Inventarlisten und Karteikarten käme kein entscheidender Beweiswert hinsichtlich des Eigentums zu, da sie vom Museum selbst stammten. Inhaltlich besagten sie lediglich, daß man im Museum davon ausgegangen sei, Eigentum erworben zu haben. Über den Erwerbsvorgang sagten sie nichts aus. Die von der Klägerin angeführten Indizien seien unzureichend bzw. nicht bewiesen. Maßgebliches und entscheidendes Gewicht komme demgegenüber dem Leihvertrag vom 27.10.1972 zu.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, wie sie Eigentümerin der streitbefangenen Bilder geworden sei. Das Landgericht habe zunächst richtig der Beklagten die Auflage erteilt, zu dem Weg der streitgegenständlichen Bilder ab Übergabe durch Herrn W... unter Vorlage entsprechender Belege vorzutragen. Diese Auflage habe die Beklagte nicht erfüllt. Das Landgericht habe dies nicht berührt, sondern es habe sich ganz offen auf die Seite der Beklagten geschlagen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts stehe fest, daß die zum Erwerb der Bilder erforderlichen Devisen letztlich über die Veräußerung von Sammlungsbeständen des M... Museums beschafft worden seien. Fehlerhaft habe es nicht den Beweis dazu erhoben, daß die am 9.9.1970 übergebenen Bilder die gewesen seien, die am 10.9.1970 inventarisiert worden seien. Wenn das Bestreiten der Beklagten angesichts des Vortrages der Klägerin überhaupt erheblich sei, sei ihr Vortrag für eine Beweisaufnahme ausreichend. Was das Gericht mit einer "Annahmeverfügung" meine, die hätte vorgelegt werden sollen, sei unklar. Auch im übrigen habe das Landgericht die Beweise fehlerhaft gewürdigt. Auch der Leihvertrag vom 27.10.1972 belege nicht, daß die Klägerin nicht Eigentümerin der Bilder sei. Der Herausgabeanspruch sei weder verwirkt, noch verjährt. Die Berufung auf Verjährung sei jedenfalls treuwidrig. Denn im Ergebnis sei es Frau W... N... nur durch geschickte Manipulationen gelungen, aus auf fremde Rechnung erworbenen Gegenständen scheinbar eigene zu machen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 6.2.2003 - 3 O 56/02 - die Beklagte zu verurteilen, insgesamt 16 im einzelnen bezeichnete Werke / Bilder des Künstlers O... N... aus der Sammlung F... W..., gekauft 1970 in Westdeutschland herauszugeben. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des Parteivorbringens im einzelnen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat weder einen schuldrechtlichen Herausgabeanspruch noch einen solchen aus § 985 BGB gegen die Beklagte hinsichtlich der in der Berufung noch streitgegenständlichen Bilder.

1. Die Klägerin hat keinen schuldrechtlichen Herausgabeanspruch. Auf einen solchen allenfalls aus §§ 662, 667 BGB denkbaren Anspruch hat sich die Klägerin bereits nicht berufen. Er ist auch nicht schlüssig dargelegt. Die Klägerin macht nämlich geltend, die Mutter der Beklagten habe entweder bereits für das M... Museum respektive zugunsten des Volkseigentums das Eigentum an den streitgegenständlichen Bildern erworben oder in Ausführung eines ihr erteilten Auftrages im Zuge der Übergabe der Bilder am 9.9.1970 das Eigentum dem M... Museum verschafft, mithin in Volkseigentum übertragen.

2. Die Klägerin hat auch keinen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB, weil nicht angenommen werden kann, daß sie Eigentümerin der streitgegenständlichen Bilder ist.

Der Klägerin ist zwar durch den Senat von B... auf der Grundlage des Art. 21 des Einigungsvertrages im Zusammenhang mit dem ersten und zweiten Museumsstiftungsgesetz des Landes B... sowie der Verordnung über die Errichtung der Klägerin das Eigentum an sämtlichem Inventar des M... Museums als Verwaltungsvermögen zu Eigentum übertragen worden. Das betrifft jedoch nach § 1 II 1 der Verordnung über den Staatlichen Museumsfonds der Deutschen Demokratischen Republik (GBl. der DDR Teil I 1978, Nr. 14 S. 165) nur die ehemals zum staatlichen Museumsfonds der DDR und mithin ehemals in Volkseigentum stehenden Vermögensgegenstände. Davon, daß die streitgegenständlichen Bilder dazugehörten, kann nicht ausgegangen werden. Der Klägerin ist daher das Eigentum an den streitgegenständlichen Bildern nicht übertragen worden.

a) Es kann nicht angenommen werden, daß das Eigentum an den Bildern durch dinglichen Vertrag, abgeschlossen von Frau W... N... als Vertreterin des dem Magistrat von ... zugeordneten nichtrechtsfähigen M... Museums bzw. des zu diesem Zeitpunkt nach der Rechtspraxis der DDR als rechtsfähig behandelten Magistrats von ... (vgl. Gläss, Höhere Anforderungen an Tagungen, Organe und Abgeordnete der örtlichen Volksvertretungen, NJ 1985, 411, 412), direkt zugunsten des Volkseigentums erworben worden ist. Die Klägerin hat nicht substantiiert vortragen können, daß Frau W... N... nicht in eigenem, sondern in fremdem Namen gegenüber dem ursprünglichen Eigentümer W... aufgetreten ist. Gegen ein derartiges Auftreten spricht im übrigen, daß die staatlichen Stellen der DDR sich wegen des Erwerbs der Bilder nicht direkt an den Sammler W... gewandt haben, sondern - möglicherweise, um die Absicht des staatlichen Erwerbs zu verdecken oder sonst günstigere Konditionen zu erreichen - einer durch persönliche Beziehung zum Künstler ausgewiesenen und damit aus der Sicht des Sammlers der Bilder "würdigen" Person bedienten. Angesichts dieses persönlichen Einschlags des Geschäfts kann auch nicht angenommen werden, daß dem Sammler der Verbleib der veräußerten Bilder gleich war, die Bilder also durch Geschäft für den, den es angeht, direkt in das Eigentum des Auftraggebers der Frau W... N... gelangt sind.

b) Daß Frau W... N... die streitgegenständlichen Bilder in Erfüllung einer aus Auftrag resultierenden Pflicht gemäß § 667 BGB an das M... Museum mit der Folge weitergegeben hat, daß sie in Volkseigentum der DDR übergingen, kann gleichfalls nicht angenommen werden. Die Behauptung der Klägerin, die Bilder seien am 9.9.1970 von der Mutter der Beklagten dem damaligen stellvertretenden Direktor des M... Museums H... übergeben worden, weil sie dem M... Museum als Auftraggeber zugestanden hätten, ist unsubstantiiert und eines Beweises hinsichtlich der Überführung der Bilder in Volkseigentum nicht zugänglich. Das würde zunächst die Darlegung und den Beweis eines entsprechenden Auftrages vom M... Museum an Frau W... N... voraussetzen. Daran fehlt es.

c) Umstände, aus denen sich ein öffentlich-rechtlicher Erwerb des Eigentums an den Bildern herleiten ließe, hat die Klägerin ebenfalls nicht hinreichend dargelegt.

Zwar sind die streitgegenständlichen Bilder im Jahre 1970 in den Besitz des M... Museums gekommen und im Inventar verzeichnet worden. Nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Anordnung Nr. 3 vom 30.10.1957 hatte dies aber die Überführung in Volkseigentum nicht zur Folge; auch galt die Eintragung nicht als Nachweis des Volkseigentums. Erst die am 7.2.1980 erlassene 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über den Staatlichen Museumsfonds der DDR enthielt eine Regelung, wonach die Eintragung in das Inventarbuch das Volkseigentum an den eingetragenen musealen Objekten und Sammlungen rechtlich nachwies. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Vorschrift befanden sich aber die Bilder zum einen nicht mehr im Besitz des M... Museums. Zum anderen lagen die Voraussetzungen, unter denen nach den genannten Vorschriften Volkseigentum als nachgewiesen galt, nicht vor. Nicht ersichtlich bzw. hinreichend dargelegt ist zunächst, daß die Eintragungen, wie dies § 4 I der Anordnung Nr. 3 bzw. § 2 der 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über den Staatlichen Museumsfonds der DDR erfordert hätte, auf Grund ordnungsgemäßer Unterlagen und Belege vorgenommen worden sind. Entsprechende Unterlagen, die geordnet hätten aufbewahrt werden müssen, hat die Klägerin nicht vorgelegt. Zudem erfüllten die im Jahre 1970 erfolgten Eintragungen der streitgegenständlichen Bilder nicht die für ihre Rechtsverbindlichkeit geforderten formellen Voraussetzungen: Entgegen § 2 III der Anordnung Nr. 3 bzw. § 4 II 1 der 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über den Staatlichen Museumsfonds der DDR sind die Eintragungen in den Spalten "Vorbesitzer" und "Art der Erwerbung/Einkaufspreis" mit Bleistift statt mit Tinte oder urkundssicherem Stift vorgenommen worden. Der Eintragende ist durchweg nicht erkennbar. Die gemäß § 4 I letzter Satz der 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über den Staatlichen Museumsfonds der DDR bzw. die von § 2 III der Anordnung Nr. 3; § 5 I vorletzter Anstrich der 1. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über den Staatlichen Museumsfonds der DDR verlangte namentliche Abzeichnung fehlt.

Da die Bilder mithin nicht ordnungsgemäß entsprechend den Vorschriften der DDR in das Inventarverzeichnis des M... Museums aufgenommen worden sind, kann dahinstehen, ob dieses Verzeichnis als öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 ZPO das Eigentum des Museums bzw. das Volkseigentum beweisen würde (so LG Ingolstadt für ein in Bayern gelegenes Museum, KUR 2002, 117).

d) Im übrigen ist streitig und nicht bewiesen, daß die am 10.9.1970 im Inventarverzeichnis des M... Museums aufgenommenen Bilder tatsächlich die sind, die Frau W... N... von ihren unstreitigen zwei "Einkaufstouren nach Westdeutschland" Monate zuvor 1970 mitgebracht hat. Die Klägerin hat keine Quittungen, Abrechnungen oder ähnliches vorlegen können, aus denen im einzelnen die stets nur mengenmäßig erfaßten Werke O... N... ersichtlich wären.

e) Für das Eigentum des M... Museums bzw. das Volkseigentum an den Bildern streitet auch nicht die Eigentumsvermutung des § 1006 II BGB, unterstellt, sie würde trotz der Änderungen der Zivilrechtsordnung in der DDR überhaupt noch zugunsten des M... Museums greifen können, das zumindest vom 10.9.1970 bis zum 1.8.1973 im Besitz dieser Bilder war. Eine Eigentumsvermutung aus § 1006 I BGB zugunsten der Beklagten als gegenwärtiger Besitzerin würde ihr allerdings nicht entgegenstehen, weil die Beklagte sich lediglich auf einen Eigentumserwerb ihrer Mutter vor dem 10.9.1970 beruft, nicht dagegen nach dem (letzten) Besitzende des M... Museums. Die Eigentumsvermutung aus § 1006 II BGB wäre aber jedenfalls aus folgenden Überlegungen heraus widerlegt:

Der Magistrat von ... als das rechtsgeschäftlich für das M... Museum handelnde örtliche Staatsorgan und Verfügungsberechtigter hinsichtlich des Inventars des M... Museums auf der einen und die Rechtsvorgängerin der Beklagten sowie die Beklagte auf der anderen Seite haben am 27.10.1972 einen Leihvertrag über Werke von O... N... geschlossen. Danach sind u.a. jedenfalls 14 der noch streitgegenständlichen Bilder von Frau W... N... an den Magistrat von ... ausgeliehen worden. Der für das M... Museum handelnde Magistrat von ... hat bereits durch den Abschluß des Leihvertrages unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß er die Mutter der Beklagten und die Beklagte als Eigentümer der streitgegenständlichen Bilder ansieht. Wäre der Magistrat von ... davon ausgegangen, daß diese Bilder bereits Volkseigentum sind und er mithin Verfügungsberechtigter, hätte es nicht des Abschlusses dieses Leihvertrages bedurft. Zudem ist mit § 5 in den Vertrag ausdrücklich aufgenommen worden, daß das Eigentum und die Autorenrechte von Frau N... an den übernommenen Werken und Sammlungen erhalten bleiben und diese Rechte auf die Beklagte für den Fall übergehen sollten, daß sie Rechtsnachfolgerin Frau N... werde.

Die Bilder sind außerdem nach dem Tode des O... N... von seinen Erben bei dem Ministerium für Kultur der DDR entsprechend den Vorschriften des Kulturgutschutzgesetzes angemeldet worden. Das Ministerium hat auf die Anmeldung hin am 10.12.1984 bestätigt, daß die angemeldeten Werke - darunter 13 der noch streitgegenständlichen Bilder und hierunter wiederum die zwei Bilder, die nicht Gegenstand des Leihvertrages vom 27.10.1972 waren - Bestandteil des Nachlasses von O... N... sind. Da alle staatlichen Organe das gesellschaftliche Eigentum zu schützen und die sozialistische Gesetzlichkeit einzuhalten und zu festigen hatten, ist davon auszugehen, daß die Anmeldung durch das zuständige Ministerium nicht bestätigt worden wäre, wenn nach pflichtgemäßer vorheriger Prüfung der Eigentumslage festgestellt worden wäre, daß diese Werke nicht zum Nachlaß des O... N... gehörten, sondern Volkseigentum waren.

Schließlich hat das M... Museum selbst als Mitherausgeber des im Juli 1974 beim H...verlag Kunst und Gesellschaft B... erschienenen Werkverzeichnisses O... N... sämtliche streitgegenständlichen Bilder in der für die Angabe des Eigentümers des jeweiligen Werks vorgesehenen Rubrik als "durch W... N... zurückerworben" gekennzeichnet und damit nach außen hin allgemein dokumentiert, daß die streitgegenständlichen Bilder gerade nicht zu seinem Inventar gehörten.

II. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 I, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

III. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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