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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.05.2009
Aktenzeichen: 6 U 76/08
Rechtsgebiete: HGB, ZPO, BGB


Vorschriften:

HGB § 377 Abs. 2
ZPO § 517
ZPO § 520
ZPO § 520 Abs. 3 Nr. 3
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 7
ZPO § 538 Abs. 2 Satz 2
BGB § 142 Abs. 1
BGB § 367
BGB § 433 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 15.8.2008 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin - 2 O 38/08 -, berichtigt durch Beschluss vom 25.9.2008, wird zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das vorbezeichnete Urteil teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 78.800,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 8.10.2007 abzüglich am 9.11.2007 gezahlter 22.000,00 € und abzüglich am 13.12.2007 gezahlter 20.000,00 € zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 20 %, die Beklagte 80 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Restkaufpreiszahlung in Anspruch.

Die Parteien schlossen am 2. September 2007 einen Vertrag (Bl. 5 d. A.), mit dem die Klägerin der Beklagten "161 ha Mais zum Preis von 800 €/ha auf dem Halm" verkaufte. Die Klägerin hatte die Felder bestellt, die Beklagte hatte Ackerflächen vor Abschluss des Vertrages besichtigt. Nach dem Vertrag sollte die Rechnungslegung durch den Verkäufer erfolgen. Der Kaufpreis sollte in zwei Tranchen von jeweils 50 % zahlbar sein, die erste Rate sollte vor, die zweite am Tag der Aberntung zahlbar sein. Der Vertrag nimmt in Ziffer 2. auf einen Anhang Bezug, in dem die mit Mais bepflanzten Schläge näher bezeichnet sind (Bl. 48-50 d. A.).

Die Ernte durch die Beklagte begann am 25.9.2007. An diesem Tag bezahlte sie 50.000,00 € an die Klägerin.

Die Klägerin berechnete der Beklagten mit Rechnung vom 25. September 2007 (Bl. 6 d. A.) für das Abernten von 161,43 ha Silomais (x 820,00 €/ha =) 132.372,60 € zuzüglich Mehrwertsteuer (9.266,08 €) und abzüglich der von der Beklagten am 25. September 2007 geleisteten Anzahlung von 50.000,00 €, mithin insgesamt 91.638,68 €, und erklärte, der Betrag sei per 26.9.2007 mit Erntebeginn fällig. Sie forderte die Beklagte zur Zahlung bis zum 1. Oktober 2007 auf. Mit Schreiben vorn 2. Oktober 2007 (Bl. 7 d. A.) mahnte sie die Zahlung bis zum 8. Oktober 2007 nochmals an und ließ diese Mahnung mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 24. Oktober 2007 (Bl. 8-9 d. A.) wiederholen, die sie zur Zahlung des noch zu zahlenden Betrages von 91.638,68 € bis zum 31. Oktober 2007 aufforderten. Hierfür stellten diese 1.680,10 € netto an Anwaltsgebühren in Rechnung.

Die Beklagte zahlte auf die Rechnung vom 25. September 2007 am 9. November 2007 einen Betrag von weiteren 22.000,00 € und am 13. Dezember 2007 noch 20.000,00 €.

Die Klägerin hat behauptet, es sei die in Rechnung gestellte Fläche von der Beklagten abgeerntet worden. Der durchschnittlich zu erwartende Ertrag im Jahre 2007 habe bei Maisflächen um Bl... bei 30-35 t je ha betragen.

Ihre zunächst auf einen Preis von 820,00 €/ha zuzüglich 7 % Mehrwertsteuer gestützte Klage hat die Klägerin insoweit zurückgenommen, als sie zuletzt ihre Forderung auf der Basis eines Preises von 800,00 € brutto/ha berechnet hat. Sie hat die Klage hinsichtlich der zunächst eingeklagten außergerichtlichen Kosten von 1.680,10 € ebenfalls zurückgenommen.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 78.800,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz darauf seit dem 8.10.2007 abzüglich am 9.11.2007 gezahlter 22.000,00 € und abzüglich am 13.12.2007 gezahlter 20.000,00 € zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, anlässlich der Vertragsunterschrift habe die Klägerin der Beklagten zwei Maisschläge mit einem durchschnittlichen Bestand nachgewiesen. Vereinbart sei die Lieferung von Mais mit einem in der Gegend normalen Ertrag. Der normale Maisertrag bewege sich bei ungefähr 45 Tonnen/ha. Der Mais auf den Schlägen, die sie, die Beklagte, gekauft habe, sei jedoch bei Beginn der Maisernte in der letzten Septemberwoche 2007 sehr ausgedünnt gewesen und habe einen Ertrag von unter 30 Tonnen/ha erbracht.

Die Beklagte hat gemeint, sie habe der Klägerin deshalb zu Recht lediglich für eine abgeerntete Fläche von ca. 115 ha einen Preis von 800,00 €/ha, mithin 92.000,00 € gezahlt.

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 36.800 € nebst Zinsen aus 78.800 € für die Zeit vom 8.10.2007 bis zum 8.11.2007, aus 56.800 € für die Zeit vom 8.11.2007 bis zum 12.12.2007 und aus 36.800 € seit 13.12.2007 zu zahlen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, nach den Vereinbarungen der Parteien habe die Beklagte für 161 ha jeweils 800 €/ha zu zahlen. Die Beklagte habe nicht schlüssig dargelegt, dass ihr ein Recht zustünde, den vereinbarten Kaufpreis auf 92.000 € zu mindern. Ein Minderertrag stelle keinen Mangel dar, weil die Parteien keine Vereinbarung getroffen hätten, dass die Klägerin dafür einstehen wolle, dass der Ertrag bei 45 to/ha liegen werde.

Gegen dieses Urteil, ihr zugestellt am 22.8.2008, hat die Beklagte durch bei Gericht am 22.9.2008 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese durch am 20.11.2008 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist auf ihren am 16.10.2008 eingegangenen Antrag bis zum 21.11.2008 verlängert worden war.

Die Klägerin, der das landgerichtliche Urteil am 21.8.2008 zugestellt worden ist, hat dagegen durch bei Gericht am 14.10.2008 eingegangenen Schriftsatz unselbständige Anschlussberufung eingelegt und diese im selben Schriftsatz begründet.

Die Beklagte meint unter Berufung auf ihr erstinstanzliches Vorbringen, sie sei zur Minderung des Kaufpreises berechtigt. Für ihre Behauptungen habe sie Beweis durch Zeugen und ein Sachverständigengutachten angeboten.

Die Beklagte meint weiter, die von den Parteien vertraglich vereinbarte Beschaffenheit sei der Ertragswert der von der Fläche je Hektar zu erntende Silomais. Der übliche Ertrag in der Anbauregion liege bei 40-45 Tonnen Mais je Hektar Ackerfläche. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin liege der Ertrag bei 34 t/ha, mithin deutlich darunter.

Die Klägerin gehe selbst davon aus, dass der Ertrag geringer als ortsüblich sei. Denn sie nehme den Dienstleister auf Schadensersatz in Anspruch, der für sie die Maisaussaat vorgenommen habe. Der Klägerin stehe jedoch kein eigener Schadensersatzanspruch gegen den Dienstleister zu, weil sie die Flächen zum vollen Preis an die Beklagte verkauft habe. Die Beklagte habe Anspruch auf Abtretung dieser Schadensersatzansprüche. Der Mitarbeiter der Beklagten E., der die Flächen vor Vertragsabschluss besichtigt habe, habe aufgrund kürzlich erfolgter Besichtigungen festgestellt, dass die Klägerin ihm bei Vertragsschluss andere und ordnungsgemäß bewachsene Ackerflächen zum Abernten angeboten hatte als diejenigen Flächen, welche sie der Beklagten zur Aberntung überlassen habe. Die Klägerin habe die Beklagte im Hinblick auf den Ertragswert der Ackerflächen arglistig getäuscht. Dieser Sachvortrag sei nicht verspätet, denn hiervon habe die Beklagte erst im Dezember 2008/Januar 2009 erfahren.

Im Übrigen schulde die Beklagte keine Zinsen, denn die Rechnung der Klägerin vom 25.9.2007 sowie die nachfolgenden Schreiben der Klägerin wiesen überhöhte Kaufpreise aus. Derartige Schreiben könnten die Beklagte nicht in Verzug setzen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 15.8.2008 - 2 O 38/08 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das landgerichtliche Urteil für richtig, soweit die Beklagte verurteilt worden ist.

Sie behauptet, die Parteien hätten sich vor Vertragsabschluss nahezu alle Schläge angesehen, die einen normalen, durchschnittlichen Bestand aufgewiesen hätten. Der für die Beklagte handelnde Zeuge E. habe die Maisschläge der Klägerin gekannt, weil er sie im Vorjahr ebenfalls abgeerntet habe. Ein anderer Kaufinteressent, der den Mais habe kaufen wollen, sei davon ausgegangen, dass 37,5 to/ha geerntet werden könnten. Auf einer Teilfläche von 1,7 ha, die die Beklagte im Ausgleich für die versehentliche Aberntung benachbarter Felder nicht abgeerntet habe, seien 34 to/ha geerntet worden.

Die Beklagte habe den von ihr behaupteten Mangel nicht unverzüglich gerügt. Damit greife jedenfalls die Genehmigungsfiktion nach § 377 Abs. 2 HGB ein.

Sie meint, die Beklagte sei weitergehend zu verurteilen. Das Landgericht habe zu Unrecht die Zahlungen zunächst auf die Hauptforderung verrechnet und nicht auf die Zinsen.

Die Klägerin beantragt mit ihrer Anschlussberufung,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 15.8.2008 - 2 O 38/08 - die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 78.800,00 € nebst 8 Prozentpunkte Zinsen darauf über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 8.10.2007 abzüglich am 9.11.2007 gezahlter 22.000,00 € und abzüglich am 13.12.2007 gezahlter 20.000,00 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Auf die Anschlussberufung der Klägerin musste das landgerichtliche Urteil jedoch teilweise abgeändert werden.

A. Die gemäß den §§ 517, 520 ZPO zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

I. Die Zulässigkeit der Berufung der Beklagten scheitert nicht an einer unzureichenden Berufungsbegründung.

Zwar ist die Berufungsbegründung der Beklagten außerordentlich kurz. Sie lässt jedoch erkennen, dass Berufungsgründe nach § 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO geltend gemacht werden sollen.

Die Beklagte hat unter Berufung auf einen erstinstanzlichen Schriftsatz vorgetragen, das Landgericht habe sich nicht mit ihrer Behauptung einer mündlichen Zusatzvereinbarung und den hierfür angebotenen Beweismitteln befasst. Wird diese Zusatzvereinbarung als gegeben unterstellt, würde dies eine Abänderung des landgerichtlichen Urteils rechtfertigen. Dies reicht zur Annahme der Zulässigkeit der Berufung aus.

II. Die Berufung der Beklagten ist zurückzuweisen.

1. Das landgerichtliche Urteil weist zwar formelle Mängel auf. Denn es ist ein als solches unerkannt gebliebenes Teilurteil. Der Senat sieht jedoch davon ab, die Sache gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO aufzuheben und an das Landgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung ist nicht sachdienlich.

Das Landgericht hat über den Klageantrag nicht vollständig entschieden. Dieser Fehler beruht offenbar auf der unrichtigen Wiedergabe des Klageantrages im Tatbestand. In der verkündeten Fassung des landgerichtlichen Urteils entsprechen Klageanträge und Entscheidungstenor einander.

Das Landgericht hat jedoch den Tatbestand auf Antrag der Klägerin inzwischen durch Beschluss vom 25.9.2008 berichtigt. Die Klägerin hat den Klageantrag dergestalt gestellt, dass sie die Zahlungen der Beklagten in Höhe von 22.000 € und 20.000 € nicht auf die Hauptforderung, sondern zunächst auf die Zinsen verrechnete. Das Landgericht hatte jedoch tenoriert, dass diese Zahlungen auf die Hauptforderung zu verrechnen sind. Die Tatbestandsberichtigung führt nunmehr dazu, dass der Tenor des Urteils in der Hauptsache und der im Tatbestand wiedergegebene Antrag einander nicht entsprechen. Der Klageantrag geht über das hinaus, worüber das Landgericht ausdrücklich eine Entscheidung getroffen hat. Eine Entscheidung über die weitergehende Klageforderung fehlt sowohl im Tenor als auch in den Gründen. Grundsätzlich wäre dies ein Grund, das angefochtene Urteil auch ohne einen Antrag der Parteien an das Landgericht zurückzuverweisen, § 538 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

Im vorliegenden Fall ist dies jedoch deshalb nicht erforderlich, weil die Klägerin den vom Landgericht nicht beschiedenen Teil des Klageantrages zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht hat, indem sie unselbständige Anschlussberufung eingelegt hat. Dem Berufungsgericht liegt mithin - ohne dass ein Heraufziehen des nicht beschiedenen Klageantrages in die Berufungsinstanz erforderlich wäre - der komplette Rechtsstreit der Parteien vor, wie er bereits dem Landgericht zur Entscheidung unterbreitet war.

2. Das landgerichtliche Urteil ist, soweit darin eine Entscheidung über den Klageantrag ergangen ist, in der Sache richtig.

Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung der Restforderung der Klägerin verurteilt, soweit sie sie nach mehrfachen Klagerücknahmen noch geltend gemacht hat. Sie errechnet sich aus dem vereinbarten Kaufpreis von 128.800 € (800 €/ha x 161 ha) abzüglich geleisteter Zahlungen. Anspruchsgrundlage ist § 433 Abs. 2 BGB i. V. mit dem Kaufvertrag der Parteien vom 2.9.2007. Es ist inzwischen als unstreitig anzusehen, dass die Beklagte 161 ha Mais abgeerntet hat. Hierfür hat sie den vereinbarten Kaufpreis von 800 €/ha zu zahlen.

a.) Der Vertrag vom 2.9.2007 ist wirksam zustande gekommen und nicht nachträglich als von Anfang an nichtig anzusehen, § 142 Abs. 1 BGB. Zwar hat die Beklagte nunmehr erklärt, der für sie handelnde Zeuge E. sei arglistig über den Bewuchs der Flächen getäuscht worden, die die Beklagte abernten wollte. Eine Anfechtung ist jedoch nicht erklärt worden. Selbst wenn sie noch erfolgen sollte, ist nicht ausreichend dargetan, dass tatsächlich eine arglistige Täuschung durch die Klägerin vorgelegen hat. So hat die Beklagte nicht vorgetragen, welche Schläge der Zeuge E. vor Vertragsunterzeichnung angesehen hat und dass gerade diese Schläge nicht zu den abzuerntenden Flächen gehört hätten. Es hätte auch näher dargelegt werden müssen, warum dies dem Zeugen E. erst über ein Jahr nach der Ernte aufgefallen ist. Schließlich war er nach dem Vorbringen der Beklagten bei Beginn der Ernte vor Ort.

b.) Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte auf Gewährleistungsrechte. Eine Vereinbarung des Inhalts, dass die abzuerntenden Schläge den in der Gegend üblichen Ertrag von 45 to/ha abwerfen sollten, hat die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Davon ist das Landgericht im Ergebnis zutreffend ausgegangen.

Die Parteien haben eine Vertragsurkunde aufgesetzt. Darin war ein Kaufpreis pro Hektar für im Einzelnen bezeichnete, abzuerntende Flächen festgelegt.

Demgegenüber behauptet die Beklagte, die Parteien hätten nicht etwa vereinbart, dass die Beklagte gegen ein Entgelt pro Hektar den darauf befindlichen Mais kauft. Vielmehr wird entgegen dem ausdrücklichen Wortlaut der Vertragsurkunde vorgetragen, die Beklagte habe den bei Mais in der Gegend üblichen Ertrag von 45 to/ha auf 161 Hektar kaufen wollen.

Wenn die Parteien tatsächlich eine Vereinbarung der Art getroffen hätten, wie sie die Beklagte behauptet, wäre die schriftliche Vergütungsabrede vollständig obsolet. Denn die Beklagte müsste danach nicht etwa ein Entgelt pro Hektar, sondern ein im Ergebnis nach Tonnen zu bemessendes Entgelt entrichten, bei dem es nicht darauf ankommt, wie groß die abzuerntenden Flächen sind. Es wäre dann auch nicht erforderlich gewesen, die abzuerntenden Schläge zu bezeichnen. Damit behauptet die Beklagte eine Abrede, die in der Vertragsurkunde keinen Niederschlag gefunden hat.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung hat die von den Parteien errichtete Vertragsurkunde die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich. Diese Vermutung ist zwar widerleglich. An Darlegung und Beweis der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Vertragsurkunde sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Beklagten nicht. Das Landgericht ist deshalb zu Recht davon ausgegangen, dass die Parteien insoweit keine Vereinbarung getroffen hätten.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 31.7.2008 nur vorgetragen, am 2.9.2007 hätten die Vertragsparteien eine Lieferung des Mais von mittlerer Art und Güte mit einem in der Gegend normalen Ertrag vereinbart, in der streitgegenständlichen Gegend bewege sich der normale Maisertrag bei Grünmais/Silomais bei ungefähr 45 Tonnen. Weiterer Vortrag ist in der Berufungsinstanz weder in der Berufungsbegründung noch in der Ergänzung zur Berufungsbegründung erfolgt.

Aus diesem Vortrag lässt sich schon nicht entnehmen, dass eine höhere als die tatsächlich auf den von der Klägerin bestellten Feldern mögliche Ernte vereinbart war. Angesichts des übereinstimmenden Vortrags beider Parteien, dass jedenfalls nicht ausnahmslos alle abzuerntenden Flächen vor Vertragsunterzeichnung angesehen wurden, kann dieser Vortrag zwanglos so verstanden werden, dass die Parteien sich dahingehend geeinigt hätten, dass alle Felder ungefähr gleichartig bepflanzt und deshalb ähnliche Erträge abwerfen sollten. Dass die Felder eine derartige Eigenschaft nicht aufgewiesen haben, ist nicht vorgetragen. Die Beklagte hat vielmehr vorgetragen, insgesamt hätten die von der Klägerin bestellten Schläge eine geringere als sonst übliche Ernte abgeworfen.

Dass die Parteien vereinbart haben, dass - unabhängig von dem tatsächlichen, bei Vertragsunterzeichnung sichtbaren Bestand - eine übliche Erntemenge von 45 to/ha zu erzielen sein soll, lässt sich aus dem vorstehend erwähnten Vortrag der Beklagten nicht entnehmen. Hierzu wäre aber näherer Vortrag erforderlich gewesen, weil dann nicht klar gewesen wäre, warum die Parteien dann überhaupt eine Besichtigung von Ackerflächen vorgenommen haben.

Nur dann, wenn die Parteien die von der Klägerin bestellten Flächen überhaupt nicht gesehen und den Vertrag "am grünen Tisch" geschlossen hätten, hätte die Beklagte als Käuferin - dies dann auch ohne ausdrückliche Vereinbarung - von üblichen Erträgen ausgehen können. So lag der Fall jedoch hier nicht. Denn unstreitig haben die Parteien jedenfalls Teile der Felder besichtigt. Kurz vor der Ernte Ende September 2007 konnte die Beklagte bei der Besichtigung am 2.9.2007 sehen, wie dicht die Pflanzen stehen und was für eine Ernte dies erwarten lässt. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Parteien in Kenntnis der zu erwartenden Erntemengen die Preisvereinbarung von 800 €/ha getroffen haben.

Bei einer derartigen Sachlage hätte die Beklagte nur dann Gewährleistungsrechte, wenn die tatsächlich eingefahrene Ernte von der aufgrund der in Augenschein genommenen örtlichen Gegebenheiten zu erwartende Ernte abweichen würde. Hierzu hat die Beklagte jedoch nicht ausreichend vorgetragen. In zweiter Instanz hat sie nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist ansatzweise behauptet, die Klägerin habe der Beklagten zwei Vorführschläge gezeigt, die dann letztlich nicht Vertragsbestandteil geworden seien. Ob dieser späte Vortrag im Rechtsstreit überhaupt noch berücksichtigt werden kann, kann offen bleiben. Denn er ist unsubstantiiert. Es wird nicht einmal ansatzweise vorgetragen, welche Schläge genau der Beklagten vor Vertragsabschluss gezeigt worden sind, so dass nicht festgestellt werden kann, dass sie nicht zu den nach dem Vertrag der Parteien abzuerntenden Flächen gehört haben. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, dass dieser Vortrag als bestritten anzusehen ist, denn die Klägerin hat bereits erstinstanzlich vorgetragen, die Beklagte habe nahezu sämtliche abzuerntenden Flächen in Augenschein genommen, bevor die Vereinbarung vom 2.9.2007 unterzeichnet worden sei.

c.) Der Vortrag der Beklagten zu einem angeblichen Rechtsstreit der Klägerin mit eine Dienstleister, der für die Klägerin die Felder bestellt haben soll, ist für die hier zu treffende Entscheidung unerheblich.

Unterstellt, es gebe ein derartiges Verfahren, ist nicht zwingend davon auszugehen, dass der Klägerin infolge des Vertragsabschlusses mit der Beklagten durch eine mangelhafte Bestellung der Felder kein Schaden entstanden ist. Der Klägerin können sehr wohl Schadensersatzansprüche gegen den Dienstleister zustehen, wenn sie nämlich geltend macht, dieser habe die Felder so schlecht bestellt, dass sie den Mais nur zu einem geringen Preis verkaufen kann.

Die Beklagte kann deshalb ohne näheren Vortrag dazu, welchen Schaden die Klägerin angeblich gegen den Dienstleister geltend macht, der Klageforderungen nicht entgegenhalten, sie müsse wegen des Rechtsinstituts der Drittschadensliquidation nur gegen Abtretung von Schadensersatzansprüchen gegen den Dienstleister zahlen.

d.) Die Beklagte beanstandet zu Unrecht ihre Verurteilung zur Zinszahlung.

Die Beklagte meint, da die Klägerin zuviel gefordert habe, sei sie, die Beklagte nicht zur Leistung verpflichtet. Dies ist jedoch unrichtig. Es ist ein anerkannter Grundsatz in der Rechtsprechung, dass ein Schuldner auch dann in Verzug geraten kann, wenn der Gläubiger eine zu hohe Zahlung anmahnt. In solchen Fällen ist zu prüfen, ob der Schuldner die Erklärung als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung verstehen muss und der Gläubiger auch zur Annahme der gegenüber seinen Vorstellungen geringeren Leistung bereit ist. Davon ist hier auszugehen. Der Beklagten war es hier ohne weiteres möglich, den von ihr geschuldeten Betrag zu errechnen. In einem solchen Fall befreit sie eine inhaltlich unrichtige Mahnung nicht von der Zahlungspflicht. Diese Mahnung begründet auch den Verzug (vgl. BGH NJW 2001, 822).

B. Die Anschlussberufung der Klägerin ist rechtzeitig eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Das Landgericht hat zu Unrecht die Zahlungen der Beklagten zuerst auf die Hauptforderung verrechnet und nicht zunächst auf die Zinsen.

Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass die Zahlung auf die noch offenen Hauptforderung zuzüglich Zinsen bis zur Zahlung verrechnet werden muss, § 367 BGB (vgl. BGH 13.2.1985, IVa ZR 164/84).

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, § 543 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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