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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 18.03.2008
Aktenzeichen: 6 U 86/07
Rechtsgebiete: RVG, VV RVG, BRAO, ZPO, BGB, GKG


Vorschriften:

RVG § 13
RVG § 14
RVG § 14 Abs. 2
VV RVG Nr. 1000
BRAO § 49b Abs. 5
ZPO § 445 Abs. 1
ZPO § 517
ZPO § 520
ZPO § 520 Abs. 2
ZPO § 524
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 543
BGB § 315 Abs. 2
GKG § 21 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 86/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 18.03.2008

Verkündet am 18.03.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2008 durch

den Vorsitzenden am Oberlandesgericht Dr. König, den Richter am Oberlandesgericht Kuhlig und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten und die als Anschlussberufung zu behandelnde Berufung des Klägers werden das am 16.5.2007 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus - 4 O 147/06 - und das zugrunde liegende Verfahren aufgehoben, die Sache wird an das Landgericht auch zur Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens zurückverwiesen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Rechtsanwalt und macht mit seiner Klage Rechtsanwaltshonoraransprüche gegen den Beklagten geltend.

Der Kläger wurde im Mai 2005 vom Beklagten mit der Wahrnehmung seiner Interessen in mehrererlei Hinsicht beauftragt.

Im vorliegenden Fall ging es darum, dass der Beklagte seiner damaligen Ehefrau im Jahre 1993 mit notariellem Grundstücksübereignungsvertrag vom 16.08.1993 - Notar ..., UR-Nr. 1268/1993 - (Bl. 32-35 d. A.) sein Geschäftshaus in F... übertragen hatte. Die Erwerberin übernahm die vorhandene Belastung des Grundstücks und stellte den Beklagten im Innenverhältnis von allen Ansprüchen aus dem eingetragenen Recht frei. Im notariellen Vertrag war ein Rückforderungsrecht des Beklagten vorgesehen für den Fall, dass der Antrag gestellt wird, die Ehe des Beklagten zu scheiden. Dabei sollte das Verlangen auf Rückübertragung nur innerhalb von acht Wochen von dem Zeitpunkt an ausgeübt werden können, zu dem der Veräußerer von den maßgeblichen Tatsachen Kenntnis erlangt.

In dem Geschäftshaus befinden sich mehrere Wohn- bzw. Gewerbeeinheiten. Der Beklagte selbst betreibt darin ein Schuhgeschäft, wobei er mit seiner Ehefrau eine monatliche Miete in Höhe von 2.530,60 € vereinbarte. Die Ehe der Vertragspartner wurde im Jahr 2000 rechtskräftig geschieden.

Im Jahre 2001 kam die Ex-Ehefrau des Beklagten ihrer Verpflichtung, die durch das streitgegenständliche Grundstück gesicherten Darlehen zu bedienen, nicht mehr hinreichend nach. Da der Beklagte gesamtschuldnerisch neben der Eigentümerin haftete, nahmen ihn die Banken aus dieser Verpflichtung auch in Anspruch. Im Innenverhältnis konnte die Eigentümerin geleistete Zahlungen des Beklagten nicht ausgleichen.

Der Beklagte war bestrebt, das Geschäftshaus von seiner geschiedenen Ehefrau zurück übertragen zu bekommen. Bei mehreren Gesprächen zwischen dem Kläger und dem Beklagten wurden die anstehenden Probleme erörtert. Der Kläger nahm Kontakt zu dem Bevollmächtigten der geschiedenen Ehefrau auf. Grundsätzlich hat die geschiedene Ehefrau des Beklagten auch einer Rückübertragung des Grundstücks ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zugestimmt. Deshalb wurde am 20.10.2005 beim Notar ... in C... ein Notartermin vereinbart. Zur Beurkundung eines Rückübertragungsvertrages an dem Grundstück ist es an diesem Tage jedoch nicht gekommen.

Das Mandatsverhältnis zwischen den Parteien wurde auf Grund eines Gespräches vom 22.11.2005 nicht fortgeführt und vom Beklagten am 07.01.2006 gekündigt.

Am 30.11.2005 schlossen der Beklagte und seine geschiedene Ehefrau einen notariellen Rückübertragungsvertrag wegen des streitbefangenen Grundstücks.

Der Kläger hatte im Weiteren dem Beklagten auch geraten, die Mietzinszahlung für die Gewerberäume ab Juni 2005 einzustellen und wegen dieser nicht gezahlten Miete Aufrechnung mit Zahlungen an eine Bank zu erklären. Wegen dieser nicht gezahlten Mieten wurde der Beklagte durch die damalige Grundstückseigentümerin vor dem Landgericht Cottbus - 1 O 152/05 - mit 17.024,27 € in Anspruch genommen. Die dabei entstandenen anwaltlichen Gebühren des Klägers hat die Rechtsschutzversicherung des Beklagten übernommen.

Darüber hinaus hat ein Mieter des Geschäftshauses auf entsprechendes Schreiben des Klägers hin seinen Mietzins nicht an die damalige Eigentümerin gezahlt, sondern direkt an den Kläger. Dieser hat dadurch 1.070,00 € eingenommen.

Unter dem 16.01.2006 stellte der Kläger dem Beklagten eine Rechnung (Bl. 37 d. A.) über eine 2,0-Geschäftsgebühr, der er einen Gegenstandswert von 350.000,00 € zugrunde legte. Dabei zog er ein Guthaben von 2.070,00 € ab.

Mit Rechnung vom 12.04.2006 (Bl. 6 d. A.) berechnete der Kläger eine 1,8-Geschäftsgebühr und eine Einigungsgebühr nach einem Gegenstandswert von 570.000,00 € mit 11.640,29 €, wobei er 1.000,00 € Guthaben in Abzug brachte. Der Beklagte zahlte darauf nichts. Diese Rechnung ist Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.

Der Kläger machte gegen den Beklagten vor dem Amtsgericht Cottbus noch zwei weitere Gebührenstreitigkeiten anhängig (38 C 328/06 und 38 C 259/06 = LG Cottbus 1 S 77/07).

Der Kläger hat behauptet, er habe dem Beklagten im Laufe der Gespräche ein zu erwartendes Honorar von zirka 10.000,00 € für seine Tätigkeit genannt. Insgesamt sei der Gegenstandswert von 570.000,00 € gerechtfertigt, da das streitgegenständliche Grundstück in dieser Höhe belastet gewesen sei.

Auch wenn die im Notarvertrag vom 16.08.1993 genannte Frist für eine Rückübertragung nicht eingehalten worden wäre, sei es dem Beklagten auch gerade darum gegangen, dieses Grundstück zurück zu bekommen. Dazu sei die geschiedene Ehefrau des Beklagten im Juli 2005 auch bereit gewesen. Er habe daher die Einigungsgebühr gem. § 13 RVG i. V. m. Nr. 1000 VV RVG verdient. Er habe wesentlichen Anteil an dem Zustandekommen des notariellen Rückübertragungsvertrages vom 30.11.2005 beigetragen.

Schließlich habe er den Beklagten nicht fehlerhaft beraten. So habe eine Aufrechnungslage im Innenverhältnis zwischen der Ex-Ehefrau und dem Beklagten wegen der Tilgung der Darlehen bestanden.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 11.640,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat gemeint, der Kläger habe ihn falsch beraten.

Nach dem notariellen Vertrag vom 16.08.1993 habe im Jahre 2005 kein Rückübertragungsanspruch zu Gunsten des Beklagten mehr bestanden. Die dort genannten Fristen seien abgelaufen gewesen. Der Kläger habe ihm erklärt, dass er, der Beklagte, dennoch ein Rückforderungsrecht gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau habe. Wenn er gewusst hätte, dass dies nicht der Fall gewesen sei, hätte er den Kläger nicht beauftragt.

Der Kläger habe ihm hinsichtlich der durch diesen Auftrag auf ihn zukommenden Kosten einen Kostenrahmen von 2.000,00 € bis 3.000,00 € genannt. Damit habe der Kläger gegen seine Hinweispflicht nach § 49 b V BRAO verstoßen.

Der der streitgegenständlichen Rechnung des Klägers zugrunde liegende Geschäftswert von 570.000,00 € werde mit Nichtwissen bestritten. Der Kläger sei an seine Rechnung vom 16.01.2006 gebunden, bei der er von einem Geschäftswert von 350.000,00 € ausgegangen sei.

Der Rückübertragungsvertrag vom 30.11.2005 sei ohne Zutun des Klägers zu Stande gekommen. Da der notarielle Vertrag noch nicht vollständig gewesen sei, sei der Beurkundungstermin vom 20.10.2005 abgesagt worden. Die Vergleichsverhandlungen seien beendet gewesen. Erst später hätten die Vertragsparteien ohne Zutun der Anwälte wieder Kontakt aufgenommen, was dann zur Beurkundung des notariellen Vertrages vom 30.11.2005 geführt habe.

In dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Cottbus 1 O 152/05 habe keine Erfolgsaussicht für die Verteidigung gegen die Inanspruchnahme durch die Grundstückseigentümerin wegen rückständiger Mietzahlungen des Beklagten bestanden. Dies habe der Kläger erkennen müssen. Daher stünden dem Beklagten Schadensersatzansprüche in Höhe der Gebührenansprüche zu.

Weiterhin müsse der Kläger mindestens 2.070,00 € in Abzug bringen. Die in Ansatz gebrachte Geschäftsgebühr von 1,8 sei zu hoch. Die üblichen Mittelgebühren lägen bei 1,3.

Das Landgericht hat der Klage im Betrag von 10.493,28 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe Anspruch auf die Geschäftsgebühr in Höhe einer 1,5-Mittelgebühr, nicht dagegen in Höhe einer 1,8-Gebühr, und einer Einigungsgebühr, jeweils aus einem Streitwert von 570.000,00 €. Gegenansprüche könne der Beklagte dem Gebührenanspruch des Klägers nicht entgegenhalten. Ob dem Kläger ein Beratungsfehler unterlaufen sei, könne dahinstehen. Jedenfalls sei dem Beklagten kein Schaden entstanden. Er habe das Grundstück zurückerhalten. Ein Schadensersatzanspruch resultiere auch nicht aus einer Verletzung der Hinweispflicht gemäß § 49b Abs. 5 BRAO. Jedenfalls habe der Beklagte keinen Beweis für seine Behauptung angeboten, der Kläger habe ihm einen Gebührenrahmen von 2.000 bis 3.000 € genannt. Dass dem Beklagten durch die auf Anraten des Klägers erklärte Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen gegen seine ehemalige Ehefrau ein Schaden entstanden sei, sei nicht ersichtlich. Soweit der Kläger Zahlungen in Höhe von 1.557,16 € von der Rechtsschutzversicherung des Beklagten erhalten habe, beträfen diese ein anderes Verfahren.

Gegen dieses Urteil richten sich die wechselseitigen Berufungen der Parteien.

Das Urteil ist dem Kläger am 8.6.2007 zugestellt worden. Dagegen hat er durch am 15.6.2007 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese durch am 9.8.2007 eingegangenen Schriftsatz begründet. Das Urteil ist dem Beklagten am 6.6.2007 zugestellt worden. Seine Berufung ist am 18.6.2007 und seine Berufungsbegründung am 6.8.2007 bei Gericht eingegangen.

Der Kläger meint, der Beklagte schulde ihm eine 1,8-Geschäftsgebühr.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Cottbus vom 16.5.2007 - 4 O 147/06 den Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere 1.147,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Beklagte hält das landgerichtliche Urteil für richtig, soweit die Klage abgewiesen worden ist.

Der Beklagte meint, für die anwaltliche Tätigkeit des Klägers sei allenfalls eine 1,3-Gebühr gerechtfertigt. Eigentlich schulde er, der Beklagte jedoch überhaupt nichts, weil der Kläger ihn über die Höhe der zu erwartenden Kosten im Unklaren gelassen habe. Wenn der Kläger ihm wahrheitsgemäß die voraussichtlich entstehenden Kosten mit 10.000 € beziffert hätte, hätte er ihn nicht beauftragt.

Der Kläger habe Mietzahlungen vereinnahmt und im Prozess gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau erklärt, dass diese Zahlungen nicht ihr, sondern ihm, dem Beklagten zustünden. Im vorliegenden Rechtsstreit trage der Kläger in rechtsmissbräuchlicher Weise vor, diese Zahlungen stünden seiner geschiedenen Ehefrau zu.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgericht Cottbus vom 16.5.2007 - 4 O 147/06 - teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen,

hilfsweise

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger hält den stattgebenden Teil des landgerichtlichen Urteils für richtig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen der Parteien führen zur Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

A. Die Berufung des Beklagten ist gemäß den §§ 517, 520 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung des Klägers ist zwar fristgemäß eingelegt, aber nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist des § 520 Abs. 2 ZPO bis zum 8.8.2007 begründet worden. Die Berufungsbegründungsschrift ist erst am 9.8.2007 bei Gericht eingegangen. Die Berufung des Klägers ist deshalb als Anschlussberufung gemäß § 524 ZPO zu behandeln.

B. Die Rechtsmittel der Parteien führen dazu, dass das Urteil und das Verfahren auf den Hilfsantrag des Beklagten aufzuheben und die Sache zur weiteren Verhandlung an das Landgericht zurückzuverweisen ist. Das Verfahren im ersten Rechtszug leidet unter einem wesentlichen Mangel, und aufgrund dieses Mangels ist eine umfangreiche bzw. aufwändige Beweisaufnahme notwendig. Eine eigene Sachentscheidung des Berufungsgerichts ist nicht sachdienlich, weil der Rechtsstreit nicht zur Entscheidung reif ist. Der Senat kann auch nicht über Teile des Streitgegenstandes durch Teilurteil entscheiden, weil bei den verschiedenen vom Kläger geltend gemachten Gebühren dieselben Vorfragen zu entscheiden sind.

II. Dem Kläger stehen sowohl eine Geschäftsgebühr als auch eine Einigungsgebühr gegen den Beklagten zu.

1. Soweit es die vom Kläger geltend gemachte Geschäftsgebühr gemäß "Nr. 2400 VV RVG" angeht - gemeint ist die Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG - ,geht der Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5, wobei eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig ist.

Bei derartigen Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände gemäß § 14 RVG nach billigem Ermessen. Das ist eine Bestimmung nach § 315 Abs. 2 BGB. An die Ausübung des Ermessens und an die von ihm getroffene Bestimmung der Gebühr innerhalb des vorgegebenen Rahmens ist der Rechtsanwalt dann grundsätzlich gebunden (BGH NJW 1987, 3203, zitiert nach Juris Rn 21). Das gilt auch hinsichtlich des von ihm mit zu ermittelnden Gegenstandeswerts (Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl. 2008, § 14 Rn 12).

Der Kläger hat für seine Tätigkeit zwei erheblich voneinander abweichende Rechnungen gestellt, zum einen die Rechnung vom 16.1.2006, zum anderen diejenige vom 12.4.2006.

Die erste Rechnung enthält die Einigungsgebühr nicht. Hierzu hat der Kläger erläutert, er habe von der Einigung des Beklagten mit seiner geschiedenen Ehefrau nichts gewusst. Ein solcher Umstand steht der Bindung an seine erste Rechnung entgegen und berechtigt ihn zur Nachberechnung der Einigungsgebühr.

Weiter ist der Kläger in seiner ersten Rechnung von einem deutlich niedrigeren Gegenstandswert ausgegangen. Hier spricht alles dafür, dass er nicht später nach einem deutlich höheren Streitwert abrechnen darf. Zu diesem rechtlichen Gesichtspunkt hat sich der Kläger bisher nicht äußern können. Dies kann er im Verfahren vor dem Landgericht nachholen.

Dann hat der Kläger unterschiedliche Gebührensätze zugrunde gelegt, zuerst eine Rahmengebühr von 2,0, zuletzt eine solche von 1,8. Da die Frage, ob der vom Kläger in Rechnung gestellte Gebührensatz angemessen ist oder nicht, zwischen den Parteien streitig ist, hätte das Landgericht zwingend ein Gebührengutachten der Rechtsanwaltskammer einholen müssen, § 14 Abs. 2 RVG, und hätte nicht ohne ein solches Gutachten die Mittelgebühr von 1,5 für gerechtfertigt halten dürfen. Wegen dieses Versäumnisses ist eine Aufhebung und Zurückverweisung gerechtfertigt (so auch Hartmann, a. a. O. § 14 Rn 43 m. w. N.).

2.) Soweit es die vom Kläger in der streitgegenständlichen Rechnung geltend gemachte Einigungsgebühr angeht, besteht keine Bindung des Klägers an seine erste Rechnung, soweit er darin die Einigungsgebühr nicht berechnet hat. Dass diese Gebühr entstanden sein könnte, wusste er zum Zeitpunkt der Erstellung der Rechnung noch nicht, weil er von dem Zustandekommen des Rückübertragungsvertrages vom Beklagten nicht unterrichtet wurde.

Wenn der Kläger hinsichtlich der Geschäftsgebühr an seine Wertberechnung gebunden sein sollte, führt dies dazu, dass er auch eine Einigungsgebühr nur nach einem Streitwert von 350.000 € berechnen kann. Es kann in derselben Angelegenheit für verschiedene Gebühren nicht ohne sachlichen Grund verschiedene Wertberechnungen geben.

Der Kläger hat die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG verdient. Der Kläger hat mit der geschiedenen Ehefrau des Beklagten über die Rückübertragung des Grundstücks verhandelt. Er hat an der letztlich erfolgten Einigung mitgewirkt. Dass das Handeln des Klägers nicht ursächlich war, müsste angesichts des Wortlauts des Nr. 1000 Abs. 2 VV RVG der Beklagte darlegen und beweisen. Seine Darlegungen hierzu sind nicht ausreichend. Der Umstand, dass der notarielle Rückübertragungsvertrag nicht am 20.10.2005, sondern letztlich einige Wochen nach dem vom Kläger vermittelten Termin abgeschlossen worden ist, unterbricht die Kausalität nicht.

II. Überwiegend greifen die Einwendungen des Beklagten nicht durch. Das Landgericht muss jedoch den Sachverhalt hinsichtlich einer Einwendung des Beklagten weiter aufklären.

1.) Der Beklagte kann allerdings den Gebührenansprüchen des Klägers nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass der Kläger ihn nicht ausreichend gemäß § 49b Abs. 5 BRAO belehrt habe.

Zwar begründet der unterbliebene Hinweis des Rechtsanwalts darauf, dass sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, einen Schadensersatzanspruch gegen den Rechtsanwalt. Allerdings ist der Rechtsanwalt nur verpflichtet zu erklären, dass sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten. Daraufhin hätte der Beklagte vortragen müssen, wie er auf eine solche allgemeine Information reagiert hätte (BGH NJW 2007, 2332, zitiert nach Juris Rn 21). Dies ist nicht geschehen. Eines Hinweises des Beklagten auf diesen Umstand bedurfte es nicht, schließlich hat er sich selbst auf die vorstehend genannte höchstrichterliche Entscheidung bezogen und sie ausführlich, teilweise im Wortlaut zitiert.

2.) Soweit der Beklagte einen Schadensersatzanspruch gegen den Kläger aus dem behaupteten Umstand herleiten will, dass ihm der Kläger die Höhe der zu erwartenden Kosten unrichtig zu niedrig mitgeteilt habe, kann dies seiner Verteidigung gegen die Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Jedenfalls müsste der Beklagte darlegen und beweisen, dass der Kläger ihn nicht entsprechend belehrt hat (BGH, Urteil vom 11.10.2007, IX ZR 105/06, zitiert nach Juris). Hierzu hat er keinen Beweis angeboten. Soweit er als Beweis die eigene Vernehmung als Partei anbietet, ist dies nicht ausreichend. Er hätte nur die Vernehmung des Klägers als Partei anbieten können, § 445 Abs. 1 ZPO. Dies hat er nicht getan. Mit einer Vernehmung des Klägers hätte der Beklagte auch kaum den ihm obliegenden Beweis führen können. Schließlich hat der Kläger schriftsätzlich erklärt, er habe auf eine Gebührenhöhe von 10.000 € hingewiesen. Darauf kommt es jedoch nicht an, weil der Beklagte überhaupt kein zulässiges Beweismittel angeboten hat. Die entsprechende Behauptung des Beklagten ist damit beweislos geblieben.

3.) Nicht aufgeklärt ist der Sachverhalt, soweit der Beklagte eine Aufrechnung mit Ansprüchen wegen vom Kläger vereinnahmter Mietzinsbeträge erklärt hat. Die Mieteinnahmen in Höhe von 1.070,00 € durch den Kläger sind unstreitig. Streitig ist, wem diese Beträge zustehen, dem Beklagten oder seiner geschiedenen Ehefrau.

Dabei hat der Kläger darzulegen und zu beweisen, dass diese Ansprüche nicht dem Beklagten, sondern seiner geschiedenen Ehefrau zustehen. Schließlich hat er in seiner ersten Rechnung die vereinnahmten Mietzinszahlungen von seinen Forderungen gegen den Beklagten abgesetzt. In diesem Zusammenhang wird das Landgericht zu prüfen haben, ob es erforderlichenfalls die Akten der übrigen gerichtlichen Verfahren der Parteien beizieht, um abwägen zu können, ob der Kläger in treuwidriger Weise jeweils dem Beklagten oder seiner geschiedenen Ehefrau entgegenhält, jeweils der andere sei Forderungsinhaber.

4.) Soweit der Beklagte der Klageforderung entgegenhält, ihm stehe Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung im Mietprozess gegen seine geschiedene Ehefrau zu, hat er hierzu nicht ausreichend vorgetragen. Darauf hat bereits das Landgericht hingewiesen.

5.) Inwiefern vereinnahmte Zahlungen seiner Rechtsschutzversicherung auf den Bestand der Klageforderung Einfluss haben sollen, hat der Beklagte - wie schon das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht hinreichend vorgetragen.

C. Nach alledem waren das angefochtene Urteil und das zugrunde liegende Verfahren aufzuheben und war die Sache an das Landgericht - auch zur Entscheidung über die Kosten des vorliegenden Berufungsverfahrens - zurückzuverweisen.

Der Senat hat davon abgesehen, die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG niederzuschlagen. Zwar war die Höhe der vom Kläger geltend gemachten Geschäftsgebühr streitig, so dass das Landgericht insoweit zwingend ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer hätte einholen müssen. Auch haben beide Parteien die Höhe der Geschäftsgebühr zum Vorbringen in der Berufungsinstanz gemacht. Da das Landgericht an das Gutachten der Rechtsanwaltskammer nicht gebunden wäre und die Parteien auch eine Reihe anderer Streitpunkte miteinander ausgetragen haben, kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass es nicht zu einem Berufungsverfahren gekommen wäre, wenn das Landgericht das Gutachten der Rechtsanwaltskammer ordnungsgemäß eingeholt hätte.

Die Revision war nicht zuzulassen, § 543 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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