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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 15.03.2005
Aktenzeichen: 6 U 90/04
Rechtsgebiete: ZPO, AktG


Vorschriften:

ZPO § 256
ZPO § 517
ZPO § 520
AktG § 241 Nr. 1
AktG § 242 Abs. 2
AktG § 248
AktG § 249 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

6 U 90/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

verkündet am 15.3.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 16.6.2004 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Neuruppin - 6 O 111/03 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand:

Die Kläger wehren sich gegen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 16.9.2002, mit denen der Kläger zu 2.) als Geschäftsführer der Beklagten abberufen und Herr B... D... als deren Geschäftsführer bestellt wurde.

Gesellschafter der Beklagten waren zunächst die S... K... GmbH und die S... K... GmbH & B... K...in GbR, wobei die S... K... GmbH einen Geschäftsanteil von 24.750,00 hielt und der von der GbR gehaltene Geschäftsanteil 250,00 betrug.

Der Kläger zu 2.) wurde zum Geschäftsführer der Beklagten berufen. Er ist bis heute als solcher im Handelsregister eingetragen.

Mit notariellem Vertrag vom 17.8.2001 (Bl. 5-8 d. A.), den Herr B... K... als vollmachtloser Vertreter abschloss, trat die S... K...GmbH nach Teilung ihres Geschäftsanteils in sechs Anteile fünf dieser Geschäftsanteile an die T... Verwaltung und Beteiligungen AG, S... J..., F... J...,S.... B... und den Kläger zu 1.) ab. Einen Anteil behielt die S... K...GmbH für sich. Herr B...K... verstarb in der Folgezeit.

Die S... K... GmbH und die T... Verwaltung und Beteiligungen AG schlossen am 13.6.2002 einen notariellen Vertrag, in dem die S... K...GmbH die Abtretung des Geschäftsanteils vom 17.8.2001 genehmigte. Außerdem vereinbarte sie mit der T...Verwaltung und Beteiligungen AG, dass die Abtretung des Geschäftsanteils aufschiebend bedingt durch die Zahlung des Kaufpreises sein sollte.

Am 16.9.2002 kam es zu einer "außerordentlichen Gesellschafterversammlung" der Beklagten, bei der lediglich die Geschäftsführerin der S... K... GmbH zugegen war, zugleich in ihrer Eigenschaft "als Vertreterin der GbR aus S... K... GmbH und dem Nachlass nach B...K...". Nachdem sie festgestellt hatte, "dass das Stammkapital der GmbH vollständig vertreten" sei, und sie auch "auf alle Fristen und Formen aus der Ladung" verzichtet hatte, fasste sie die streitgegenständlichen Gesellschafterbeschlüsse (Bl. 10 d. A.).

Nach Fassung dieser Beschlüsse wurden sowohl der Kläger zu 2.) als auch Herr B...D... für die Beklagte als Geschäftsführer tätig.

Das Landgericht Neuruppin erließ auf Antrag der Kläger am 1.10.2002 eine einstweilige Verfügung (Az.: 7 O 21/02), durch die der Beklagten vorerst untersagt wurde, die Beschlüsse vom 16.9.2002 auszuführen. Die Beklagte legte gegen diese einstweilige Verfügung mit Schriftsatz vom 8.10.2002 Widerspruch ein.

Am 29.10.2002 fand eine weitere Gesellschafterversammlung der Beklagten statt. Im Protokoll ist festgehalten, dass der Vertrag vom 17.8.2001 von den Kindern J..., S... B... und möglicherweise auch von der T... Beteiligung und Verwaltungen AG nicht genehmigt worden sei. Vorsorglich geladen seien die S..K.. GmbH, die GbR aus S... K... GmbH & B... K...(Nachlass), der Kläger zu 1.) und S... B.... Anwesend waren auch Vertreter der T... Beteiligung und Verwaltungen AG. Als Gesellschafter werden im Protokoll nur die S... K...GmbH mit 93 % und der Kläger zu 1.) mit 6 % des Stammkapitals aufgeführt. In dieser Versammlung fassten "alle Beteiligten" den Beschluss, den Kläger zu 2.) als Geschäftsführer der Beklagten abzuberufen; der Kläger zu 2.) legte unmittelbar nach seiner Abberufung vorsorglich sein Amt als Geschäftsführer nieder. Die Gesellschafterversammlung bestellte im Anschluss daran mit den Stimmen der S... K...GmbH Herrn B... D...zum Geschäftsführer, der Kläger zu 1.) stimmte dagegen. Herr B... D... erklärte durch Schreiben vom 30.12.2002 gegenüber Frau S... K..., er genehmige alle seine als Geschäftsführer der Beklagten getätigten Geschäfte seit dem unwirksamen Beschluss vom 16.9.2002.

Die Gesellschafterbeschlüsse vom 29.10.2002 sind bisher nicht angefochten worden.

Am Tag nach der Gesellschafterversammlung vom 29.10.2002 fand vor dem Landgericht Neuruppin im einstweiligen Verfügungsverfahren der Termin zur mündlichen Verhandlung statt. Dort erklärte die Beklagte, keine Rechtswirkungen für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft an die Gesellschafterbeschlüsse vom 16.9.2002 zu knüpfen. Die Kläger erklärten daraufhin die Verfügungsklage für erledigt. Die Beklagte stimmte nicht zu. Sie räumte zwar ein, dass die Beschlüsse vom 16.9.2002 nichtig seien. Sie meinte aber, dass die Kläger gleichwohl keinen Anspruch auf eine einstweilige Verfügung hätten, da sowohl die Eilbedürftigkeit als auch das Rechtsschutzinteresse fehle.

Das Landgericht Neuruppin stellte durch Urteil vom 18.12.2002 (Az.: 7 O 21/02) fest, dass sich das einstweilige Verfügungsverfahren erledigt habe.

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren erklärte die Beklagte nach Urteilsverkündung mit Schriftsatz vom 4.8.2003, es hätten sich weitere Gesichtspunkte ergeben, die an der Gesellschafterstellung des Klägers zu 1.) Zweifel aufkommen ließen, damit stehe und falle alles, sie beantrage, den Klägern eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage zu setzen. Mit Schriftsatz vom 27.8.2003 erinnerte die Beklagte an diesen Antrag, dem das Landgericht durch Beschluss vom 4.9.2003, den Klägern zugestellt am 11.9.2003, stattgab. Die Klagefrist betrug einen Monat.

Da das Landgericht den Schriftsatz der Beklagten vom 27.8.2003 als Antrag auf Aufhebung einer einstweiligen Verfügung verstanden und angefragt hatte, ob dieser Antrag zurückgenommen wird, teilte die Beklagte mit Schriftsatz vom 20.10.2003 mit, sie habe nicht beantragt, eine einstweilige Verfügung aufzuheben. Sie sei der Meinung, die Kläger hätten nie ein Rechtsschutzbedürfnis zur Geltendmachung eines Unterlassungs- oder Feststellungsanspruches gehabt und zwar auch nicht in der Hauptsache; der Hauptsacheanspruch der Kläger sei auch nicht erledigt. Sie habe das Verfahren der einstweiligen Verfügung mit dem streitigen Urteil enden lassen. Nun wolle sie die Hauptsache überprüft haben.

Die Kläger reichten im vorliegenden Verfahren mit am 10.10.2003 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Klage in der Hauptsache ein.

Die Kläger haben gemeint, die Beschlüsse vom 16.9.2002 seien nichtig, weil weder die Personen, die vor dem 17.8.2001, noch diejenigen, die nach diesem Datum Gesellschafter gewesen seien, ordnungsgemäß zur Gesellschafterversammlung eingeladen worden seien. Dies ergebe sich aus dem Beschlussprotokoll selbst.

Die Kläger haben angekündigt zu beantragen,

1. den in der "Gesellschafterversammlung" vom 16.9.2002 gefassten Beschluss, den Kläger zu 2.) mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abzuberufen, für nichtig zu erklären,

hilfsweise,

festzustellen, dass der in der "Gesellschafterversammlung" vom 16.9.2002 gefasste Beschluss, den Kläger zu 2.) mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abzuberufen, nichtig ist,

2. den in der "Gesellschafterversammlung" vom 16.9.2002 gefassten Beschluss, Herrn B...D... mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer zu bestellen, für nichtig zu erklären,

hilfsweise,

festzustellen, dass der in der "Gesellschafterversammlung" vom 16.9.2002 gefasste Beschluss, Herrn B...D... mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer zu bestellen, nichtig ist,

3. hilfs-hilfsweise festzustellen, dass der Streit erledigt ist.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26.5.2004 haben die Kläger erklärt, in erster Linie Nichtigkeitsfeststellungsklage zu erheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat gemeint, es bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage, und zwar im wesentlichen mit Blick auf ihre im Rahmen des vor dem Landgericht Neuruppin geführten einstweiligen Verfügungsverfahrens (Az.: 7 O 21/02) abgegebenen Erklärungen, die streitgegenständlichen Beschlüsse als nichtig anzusehen und diese Beschlüsse weder für Vergangenheit noch Gegenwart oder Zukunft ausführen zu wollen. Aber auch wegen des landgerichtlichen Beschlusses vom 4.9.2003, mit dem Klagefrist gesetzt worden sei, hätten die Kläger keinen Anlass zur Klageerhebung gehabt. Denn eine Aufhebung der damals ergangenen einstweiligen Verfügung sei ohnehin nicht in Betracht gekommen, da sich das einstweilige Verfügungsverfahren erledigt habe, also eine einstweilige Verfügung gar nicht mehr vorhanden gewesen sei. Die Nichtigkeitsfeststellungsklage sei im übrigen verspätet erhoben.

Das Landgericht hat mit am 16.6.2004 verkündetem Urteil den beiden Feststellungsanträgen stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis, nachdem die Beklagte im einstweiligen Verfügungsverfahren mit Schriftsatz vom 20.10.2003 durch ihre Anwälte habe erklären lassen, sie wolle die Hauptsache überprüft haben. Dass die streitgegenständlichen Gesellschafterbeschlüsse nichtig seien, sei zwischen den Parteien nicht in Streit. Die Beklagte habe den Klageanspruch anerkennen sollen. Da sie dies nicht getan habe, sei sie entsprechend zu verurteilen.

Gegen dieses Urteil, ihr zugestellt am 25.6.2004, richtet sich die am gleichen Tag bei Gericht eingegangene und begründete Berufung der Beklagten.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger halten das landgerichtliche Urteil für richtig. Sie meinen, schon der Schriftsatz der Beklagten in dem einstweiligen Verfügungsverfahren, mit dem sie beantragt hatte, den Klägern eine Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage zu setzen, begründe ein Rechtsschutzbedürfnis.

Der Senat hat die Akte des Landgerichts Neuruppin 7 O 21/02 beigezogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 517, 520 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht der von den Klägern erhobenen Klage stattgegeben. Sie ist zulässig und begründet.

I. Die Klage des Klägers zu 1.) ist als GmbH-rechtliche Nichtigkeitsfeststellungsklage zulässig.

1.) Die Nichtigkeitsklage ist gegen die Gesellschaft, vertreten durch die Geschäftsführer zu richten (Lutter/Hummelhoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004, Anh § 47 Rn 34). Dies ist hier erfolgt. Der Kläger zu 1.) ist als Gesellschafter zur Erhebung dieser Klage befugt.

2.) Auf Seiten des Klägers zu 1.) besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Die kassatorische Nichtigkeitsklage braucht nicht von einem individuellen Rechtsschutzinteresse des klagenden Gesellschafters getragen zu sein, denn die Anfechtungsbefugnis ist die formalisierte Befugnis, einen Beschluss mit Nichtigkeits- und Anfechtungsgründen zu bekämpfen. Die Klage wird nicht nur im Interesse des klagenden Gesellschafters erhoben.

Die Nichtigkeit eines Beschlusses kann von jedermann geltend gemacht werden, wenn nicht Heilung eingetreten ist. Heilung ist hier - noch - nicht eingetreten, weil weder drei Jahre seit Beschlussfassung verstrichen sind noch eine Eintragung im Handelsregister erfolgt ist, § 242 Abs. 2 AktG. Diese Vorschrift dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. So wie ein Urteil, das einer Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage stattgibt, mit der erweiterten Rechtskraftwirkung des § 248 AktG ausgestattet ist, wirkt umgekehrt auch die Heilung eines fehlerhaften Beschlusses für und gegen jedermann. Nach Fristablauf soll ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse eines Interessierten oder Betroffenen innerhalb wie außerhalb der Gesellschaft allgemein verlässlich feststehen, dass der Beschluss Bestand hat.

Der Kläger braucht sich deshalb auch nicht darauf verweisen zu lassen, die Beklagte habe ihm gegenüber erklärt, die Beschlüsse seien nichtig. Er würde für den Fall, dass die Beklagte sich hieran nicht mehr gebunden fühlen und eine Heilung von Beschlussmängeln herbeiführen sollte, riskieren, dass er in einem weiteren Verfahren mit seinem Arglisteinwand deshalb nicht durchdringt, weil er es versäumt hat, den Nichtigkeitsgrund in dem eigens dafür vorgesehenen Verfahren rechtzeitig geltend zu machen (so BGH WM 1984, 473, 474).

3.) Das Rechtsschutzbedürfnis ist auch nicht durch eine Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse entfallen. Die Gesellschafter der Beklagten haben eine derartige Aufhebung nicht beschlossen, wie sich aus der Erklärung des Geschäftsführers der Beklagten auf ausdrückliche Frage des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung ergibt.

4.) Das Rechtsschutzbedürfnis ist auch nicht durch die inhaltlich identischen Beschlüsse vom 29.10.2002 entfallen, weil zwischen beiden Beschlussfassungen ein nicht unerheblicher Zeitraum liegt.

II. Die Klage des Klägers zu 2.) ist zwar nicht als GmbH-rechtliche Nichtigkeitsklage, wohl aber als allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO zulässig.

1.) Die Frage, ob eine GmbH-rechtliche Nichtigkeitsklage nicht nur von einem Gesellschafter, sondern auch von einem Gesellschaftsorgan erhoben werden kann oder nicht, ist streitig. Die herrschende Meinung bejaht dies unter Hinweis auf eine analoge Anwendung des § 249 Abs. 1 AktG (Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 9. Aufl. 2002, § 45 Rn 134; Baumbach/Hueck/ Zöllner, GmbH-Gesetz, 17. Aufl. 2000, Anh 47 Rn 33).

Ob der herrschenden Meinung oder der Gegenmeinung der Vorzug zu geben ist, brauchte hier nicht entschieden zu werden. Auch nach der herrschenden Auffassung endet die Klagebefugnis eines Gesellschaftsorgans mit dem Fortfall des Amtes (Scholz/K. Schmidt, a. a. O., § 45 Rn 134 a. E.). Da der Kläger zu 2.) in der Gesellschafterversammlung nicht nur abberufen worden ist, sondern dort auch sein Amt niedergelegt hat, hat er jedenfalls durch die Amtsniederlegung seine Organstellung als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung verloren (BGH, Urteil vom 8.2.1993, II ZR 58/92, zitiert nach Juris). Damit ist er zur Erhebung der kassatorischen Klage nicht mehr befugt.

2.) Allerdings ist seine Klage auf Feststellung, dass der Beschluss vom 16.9.2002 nichtig sei, als einfache Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO zulässig (so auch Scholz/K. Schmidt, a. a. O., § 45 Rn 134). Es besteht auf seiner Seite ein Feststellungsinteresse.

a.) Dem steht nicht die Erklärung der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Neuruppin am 30.10.2002 in dem einstweiligen Verfügungsverfahren - 7 O 21/02 - entgegen, sie betrachte die angefochtenen Gesellschafterbeschlüsse als nichtig.

Es ist schon fraglich, ob diese Erklärung der Beklagten überhaupt erheblich sein und das Rechtsschutzbedürfnis entfallen lassen kann. Es wird nämlich z. T. die Auffassung vertreten, dass die mit der GmbH-rechtlichen Nichtigkeitsklage überzogene beklagte GmbH kein Anerkenntnis erklären könne, weil die durch den Geschäftsführer vertretene GmbH nicht über den Streitgegenstand (Beschluss der Gesellschafter) verfügen könne (Scholz, GmbHG, 9. Aufl. 2002, § 45 Rn 159).

b.) Diese Frage braucht jedoch nicht entschieden zu werden. Die Beklagte ist nämlich nach Abgabe der erwähnten Erklärung hiervon abgerückt. Sie hat nach dem Urteil im einstweiligen Verfügungsverfahren einen Antrag auf Setzung einer Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage gestellt und zum Ausdruck gebracht, die Hauptsache hänge von der - von ihr in Zweifel gezogenen - Gesellschafterstellung des Klägers zu 1.) ab.

c.) Der Umstand, dass die Gesellschafter der Beklagten Beschlüsse mit demselben Inhalt wie die angefochtenen Beschlüsse am 29.10.2002 noch einmal gefasst haben, der erneut bestellte Geschäftsführer D... alle seine Handlungen nach dem 16.9.2002 genehmigt hat und diese Beschlüsse nicht angefochten worden sind, führt nicht zu einem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses.

Der Kläger zu 2.) hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unwidersprochen erklärt, er sei auch nach dem 16.9.2002 für die Beklagte als Geschäftsführer tätig geworden. Wenn die angegriffenen Beschlüsse wirksam wären, hätte er sich durch diese Tätigkeit möglicherweise gegenüber der Beklagten schadensersatzpflichtig gemacht. Dies begründet auf seiner Seite ein Rechtsschutzbedürfnis, im Verhältnis zu der Beklagten festgestellt zu wissen, dass er nach den gesellschaftsinternen Zuständigkeitsregeln jedenfalls bis zum 29.10.2002 zu diesen Handlungen auch befugt war.

III. Die zulässigen Klagen sind auch begründet.

1.) Sie sind fristgerecht erhoben.

Die vom Kläger zu 1.) erhobene Nichtigkeitsklage kann noch, wie hier geschehen, ein Jahr, nachdem die streitgegenständlichen Beschlüsse gefasst worden sind, erhoben werden. Für sie gilt die in Anlehnung an die Regelungen des Aktienrechts (§ 246 AktG) im Gesellschaftsvertrag vorgesehene kurze Anfechtungsfrist von sechs Wochen nicht. Die Nichtigkeitsfeststellungsklage kann in entsprechender Anwendung von § 242 Abs. 2 AktG jedenfalls bis zu drei Jahre nach Beschlussfassung noch erhoben werden (BGH, Urteil vom 23.3.1981, II ZR 27/79, zitiert nach Juris).

Für die vom Kläger zu 2.) erhobene einfache Feststellungsklage gibt es keine Fristen.

2.) Die streitgegenständlichen Beschlüsse sind wegen Einladungsmängeln gemäß §§ 241 Nr. 1 AktG analog nichtig. Es sind nicht alle Gesellschafter zur Gesellschafterversammlung eingeladen worden. Hierüber besteht zwischen den Parteien Einigkeit.

Ohne Bedeutung ist allerdings der Vortrag der Kläger, dass auch die beiden Altgesellschafter nicht ordnungsgemäß eingeladen worden wären. Denn wenn die beiden Altgesellschafter alleinige Gesellschafter gewesen wären, wäre der Kläger zu 1.) mangels Gesellschafterstellung nicht zur Erhebung der GmbH-rechtlichen Nichtigkeitsklage befugt.

Zwischen den Parteien ist jedoch unstreitig, dass der Kläger zu 1.) Gesellschafter der Beklagten geworden ist. Dies ergibt sich auch aus dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 29.10.2002. Er war zu der Gesellschafterversammlung am 16.9.21002 weder eingeladen noch erschienen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Kläger haben zunächst mit ihren Hauptanträgen Anfechtungsklage und hilfsweise Nichtigkeitsfeststellungsklage erhoben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht haben sie erklärt "in erster Linie Nichtigkeitsfeststellungsklage" zu erheben. Werden Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gleichzeitig erhoben, ist das Rechtsschutzziel beider Klagen dasselbe. Wenn der Klage stattgegeben wird, ist deshalb keine teilweise Abweisung auszusprechen und auch keine Kostenquote zu ermitteln. Die Kosten sind vielmehr insgesamt der unterlegenen Gesellschaft aufzuerlegen.

V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

VI. Die Revision war nicht zuzulassen, § 543 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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